Die Wahl in Pakistan ist von historischer Bedeutung: Erstmals in der Geschichte des Landes hat eine demokratisch gewählte Regierung eine volle Legislaturperiode überstanden und wird durch Wahlen abgelöst.
Bislang waren alle zivilen Regierungen in Pakistan entweder durch einen Militärputsch entmachtet oder vorzeitig zum Abtritt gezwungen worden. Seit der Unabhängigkeit von Großbritannien 1947 wurde Pakistan etwa die Hälfte der Zeit von Militärdiktaturen beherrscht. Stabile demokratische Strukturen und staatliche Institutionen konnten sich vor diesem Hintergrund kaum entwickeln.
Seit dem Rücktritt Pervez Musharrafs 2008 untersteht der Atomstaat Pakistan einer zivilen Regierung. Im Februar 2008 hatte die oppositionelle Pakistanische Volkspartei (PPP) die ersten demokratischen Wahlen seit 1999 gewonnen. Die PPP, deren Vorsitzende bis zu ihrer Ermordung im Dezember 2007 Benazir Bhutto war, löste die dem damaligen Machthaber Musharraf nahestehende Muslimliga PML-Q als Regierungspartei ab.
Prognosen und Umfragen
Aktuelle Umfragen deuten darauf hin, dass der konservative Oppositionspolitiker Nawaz Sharif die Wahl gewinnen könnte. Sharif war in den 1990er Jahren zweimal Regierungschef. Nach einer im März veröffentlichten Umfrage des Gallup-Instituts Pakistan liegt er mit seiner Muslimliga PML-N bei 37 Prozent. Der regierenden PPP werden dagegen nur 16 Prozent der Stimmen prognostiziert. Die Mitte-Links-Partei, gilt in der Bevölkerung als durch und durch korrupt. Bei ihrem Wahlsieg 2008 hatte sie noch 30 Prozent der Stimmen errungen.
Neben den beiden traditionell konkurrierenden Parteien – PPP und PML-N – tritt diesmal mit der Partei des populären ehemaligen Cricket-Weltmeisters Imran Khan auch eine klassische Protestpartei an: Laut Gallup kommt seine Pakistanische Bewegung für Gerechtigkeit (PTI) auf 16 Prozent. Vor allem bei der Jugend gelten Khan und seine PTI als Hoffnungsträger. Kahn will unter anderem Reiche höher besteuern und die Korruption bekämpfen.
Musharraf, der Pakistan von 1999 bis 2008 autoritär regierte, darf nicht bei der Parlamentswahl antreten. 2008 war er unter großem innenpolitischen Druck als Präsident zurückgetreten und ins Exil geflohen. Erst vor wenigen Wochen war der ehemalige General nach Pakistan zurückgekehrt, um mit seiner neuen Partei "All Pakistan Muslim League" (APML) an den Wahlen teilzunehmen. Ende April 2013 wurde Musharraf höchstrichterlich mit einem lebenslangen Politikverbot belegt.
Gegen den Ex-Diktator laufen mehrere Verfahren. Musharraf wird unter anderem eine Mitverantwortung an der Ermordung von Benazir Bhutto zur Last gelegt. Zudem soll er während seiner Amtszeit 2007 mehrfach die Verfassung verletzt haben.
Wirtschaftliche Situation
Die wirtschaftliche Situation Pakistans bleibt äußerst angespannt: Armut, Energie-Engpässe und wiederholte Naturkatastrophen bestimmen den Alltag der pakistanischen Bevölkerung. Aus dem Weltentwicklungsbericht des UN-Entwicklungsprogramms (UNDP) 2013 geht hervor, dass 49 Prozent der pakistanischen Bevölkerung in Armut leben. Der Anteil der Menschen, die in extremer Armut leben und mit weniger als 1,25 US-Dollar pro Tag auskommen müssen, liegt dem Bericht zufolge bei 21 Prozent. Pakistan gilt außerdem seit langen als Hort der Korruption. Im Korruptionsindex von Transparency International lag das Land für 2012 - wie schon in den Jahren zuvor - im hinteren Viertel des Rankings unter den besonders korrupten Staaten (Rang 139 von 174).
Die fehlende politische und wirtschaftliche Konsolidierung des Landes wirkt sich vor allem auf die Infrastruktur aus. So steckt Pakistan mitten in einer Energiekrise: Private Haushalte und Unternehmen müssen mit chronischen Stromausfällen leben, in ländlichen Regionen sind es bis zu 20 Stunden am Tag. Das liegt vor allem an den völlig maroden Versorgungsnetzen. Wegen des Mangels an Strom und Gas kam es in der Vergangenheit in vielen Provinzen bereits zu gewalttätigen Protesten und Unruhen.
Zu allem Übel wird das Land immer wieder von Naturkatastrophen heimgesucht. Ein Erdbeben im Oktober 2005 hat mehr als 70.000 Menschen das Leben gekostet und in der Region Azad Jammu und Kaschmir große Teile der Infrastruktur zerstört. Im Sommer 2010 sorgten starke Monsunregenfälle für katastrophale Überschwemmungen. Jeder zehnte Pakistani war von der Flutkatastrophe betroffen. Auch 2011 und 2012 kam es erneut zu Überschwemmungen, von denen mindestens je vier Millionen Menschen betroffen waren. Die wirtschaftliche Entwicklung des Landes wurde damit wiederholt um Jahre zurückgeworfen.
Prekäre Sicherheitslage im Innern
Hinzu kommt die anhaltend schwierige Sicherheitslage des Landes. Pakistan gilt weltweit als eines der gefährlichsten Länder. Als Verbündeter Washingtons steht das Land immer wieder im Visier islamistischer Terroristen. Im Nordwesten und an der Grenze zu Afghanistan und Iran werden regelmäßig blutige Terroranschläge verübt. Regelmäßig kommt es zu Gefechten des Militärs mit den Taliban. Die Auseinandersetzungen haben in den vergangenen Jahren bereits Tausende von Todesopfern gefordert. Neben Militär und Polizei geraten auch politische Gegner der Taliban sowie religiöse Minderheiten wie die Schiiten ins Visier von Terroristen.
Zunehmende Gewalt vor den Wahlen
Im Vorfeld der Wahl häuften sich die gewaltsamen Anschläge. Von einem freien, fairen Wahlkampf kann in Pakistan keine Rede sein. Seit Beginn des Wahlkampfes am 11. April starben nach Angaben von Menschenrechtsorganisationen mehr als 100 Menschen – bei Anschlägen auf Wahlbüros, Kandidaten und deren Sympathisanten. Die Angriffe gelten vor allem den säkularen Parteien des Landes. So wurde nur eine Woche vor der Wahl Saddiq Zaman Khattak von der Awami-Nationalpartei (ANP) zusammen mit seinem dreijährigen Sohn in der südlichen Hafenmetropole Karachi erschossen.
Die desolate Sicherheitslage könnte auch bewirken, dass sich viele Wähler aus Angst vor Anschlägen nicht zu den Urnen trauen. Die pakistanische Wahlkommission hat inzwischen mehr als 30.000 der knapp 70.000 Wahllokale hinsichtlich der Sicherheitslage als "sensibel oder sehr sensibel" eingestuft. Mehr als 600.000 Sicherheitskräfte sollen die Wahl schützen.