Der Zugang zu Verhütungsmitteln und damit die Möglichkeit zur Familienplanung fördert die wirtschaftliche und soziale Entwicklung eines Landes, konstatiert der diesjährige Bevölkerungsbericht des UN-Bevölkerungsfonds (United Nations Population Fund, UNFPA). Die Armut würde reduziert, die gesundheitliche Situation der Bevölkerung verbessert und die Gleichstellung der Geschlechter vorangetrieben - allein durch die Tatsache, dass Frauen und Paare selbst bestimmen könnten, wann und wie viele Kinder sie bekommen möchten.
Menschenrecht Familienplanung
Der Fokus des diesjährigen Berichts liegt auf der Familienplanung und dem damit verbundenen Recht eines jeden Menschen, selbst über seine Reproduktion zu bestimmen. Dieses Recht sei "nahezu universell als unantastbares Menschenrecht anerkannt", so Werner Haug vom UN-Bevölkerungsfonds bei der Vorstellung des Berichts am Mittwoch (14. November) in Berlin.
Die Möglichkeit zur Familienplanung sei eine Frage des Selbstbestimmungsrechts, so auch der Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, Dirk Niebel. Durch eine Ausweitung der Familienplanungsdienste könne für junge Frauen weltweit ein Ausweg aus der Armutsfalle geschaffen werden. Wenn Frauen selbst über Zeitpunkt und Anzahl von Schwangerschaften bestimmen können, haben sie die Möglichkeit am Erwerbsleben teilzunehmen. Sie sind außerdem besser geschützt vor Risikoschwangerschaften, was die Sterblichkeit von Müttern und Neugeborenen erheblich senkt.
Allerdings haben weltweit 220 Millionen Frauen keinen Zugang zu Verhütung und Familienplanung. Zehntausende Frauen sterben jedes Jahr durch Komplikationen bei Schwangerschaft oder Geburt, Millionen lassen Abtreibungen vornehmen. In den ärmsten Ländern der Welt ist etwa ein Drittel der Geburten die Folge einer ungewollten Schwangerschaft.
Verhütung verhindert Abtreibungen
80 Millionen ungewollte Schwangerschaften gab es weltweit im Jahr 2012, schätzt die UNFPA. Die Hälfte davon wird durch eine Abtreibung beendet. 8,1 Milliarden US-Dollar seien erforderlich, um Frauen, die dies wünschen, zu beraten und mit Verhütungsmitteln zu versorgen. Wären diese Mittel vorhanden, könnten 54 Millionen ungewollte Schwangerschaften vermieden und geschätzte 26 Millionen Abtreibungen verhindert werden. Zurzeit wird allerdings nur die Hälfte des Betrages international zur Verfügung gestellt.
Am dringendsten ist der Beratungsbedarf zur Familienplanung unter den 300 Millionen jungen Frauen im Alter von 15 bis 19 Jahren. Hier könnte eine hohe Zahl von frühen, ungewollten Schwangerschaften verhindert werden. In Subsahara-Afrika zum Beispiel kommen auf 1.000 Mädchen in diesem Alter im Schnitt 120 Geburten - die höchsten Raten weltweit.
Laut Bericht verwenden mehr als 220 Millionen junge Frauen in den Entwicklungsländern keine modernen Verhütungsmittel. Gründe hierfür sind unter anderem Armut und sozialer Druck, auch die fehlende Gleichstellung der Geschlechter und die daraus resultierende Diskriminierung trägt zu den Missständen bei. Hindernisse sind neben der ungenügenden politischen und finanziellen Unterstützung durch Regierungen auch kulturelle und religiöse Normen, die den Zugang zu Verhütungsmitteln auf verheiratete Frauen beschränken oder ganz untersagen.
UNFPA
Der UNFPA (United Nations Population Fund) ist der Bevölkerungsfonds der Vereinten Nationen. Er wurde 1967 gegründet, finanziert wird er nicht aus dem UN-Haushalt sondern durch freiwillige Beiträge. Der Fonds soll Entwicklungsländer in ihrer Politik zur Bevölkerungsentwicklung unterstützen. Schwerpunkte sind Familienplanung, Gesundheitsfürsorge für Mütter und Kinder, Sexualerziehung und Gesundheitsmaßnahmen für Jugendliche. In Deutschland wird der Bericht jährlich von der Stiftung Weltbevölkerung übersetzt und vorgestellt.
Ziele bis 2020
Bei einem Familienplanungsgipfel im Juni 2012 haben die Entwicklungs- und Geberländer den Initiativen des UNFPA 4,6 Milliarden US-Dollar zugesichert. Bis zum Jahr 2020 sollen mit diesem Geld zusätzlich 120 Millionen Frauen durch Familienplanungsdienste erreicht werden.
Mehr zum Thema