Es war die zweite Parlamentswahl innerhalb von sechs Wochen: Inmitten der schwersten Rezession seit dem Zweiten Weltkrieg waren 9,7 Millionen wahlberechtigte Griechen am Sonntag erneut zur Stimmabgabe aufgerufen.
Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen Konservativen und Linksradikalen
Nach Auszählung von über 99 Prozent der Stimmen steht Nea Dimokratia (ND, Mitte-Rechts) mit 29,7 Prozent als stärkste Partei fest. Knapp dahinter liegt das linksradikalen Parteienbündnis "Syriza" (Koalition der Radikalen Linken), das auf 26,9 Prozent der Stimmen kommt. Bei einer Koalition der ND mit der sozialistischen Pasok-Partei, die 12,3 Prozent erhielt, hätte diese eine Mehrheit von 162 Mandaten im Parlament, dem 300 Abgeordnete angehören. Das griechische Wahlrecht belohnt die stärkste Partei mit 50 zusätzlichen Sitzen.
Der Parteivorsitzende der ND, Antonis Samaras, betonte vor der Wahl, dass das Land in der Eurozone bleiben müsse. Allerdings fordert er eine Lockerung des von Brüssel verordneten Sparkurses.
Syriza-Chef Alexis Tsipras will die Sparauflagen auf Ebene der EU-Staats- und Regierungschefs neu verhandeln. Syriza lehnt die strenge Sparpolitik im Gegensatz zu ND und PASOK strikt ab, tritt aber auch für den Verbleib seines Landes in der Eurozone ein.
Drohender Staatsbankrott
Sollte eine neue Regierung in Athen die mit der "Troika" aus EU-Kommission, Europäischer Zentralbank und Internationalem Währungsfonds vereinbarten Sparvereinauflagen aufkündigen, droht dem Land eine Einstellung der Hilfszahlungen und somit der Staatsbankrott. Griechenland könnte dann gezwungen sein, die Eurozone zu verlassen.
Dabei ist eine Mehrheit der Griechen – wie aus Meinungsumfragen hervorgeht – für den Verbleib innerhalb der Eurozone und gegen die Rückkehr zur Drachme. Deshalb hoffen nahezu alle griechischen Parteien auf ein Entgegenkommen der EU und eventuelle Nachverhandlungen über das Hilfsprogramm.
Die Hoffnungen auf veränderte Bedingungen stützen sich auch auf aktuelle Ereignisse: Die Eurozone hatte erst kürzlich Finanzhilfen für Spanien im Umfang von bis zu 100 Milliarden Euro zugesagt. Madrid will allerdings nur Hilfen für den Bankensektor und soll dafür weniger strenge Auflagen bekommen als Griechenland.
Griechenland in schwerer Rezession
Griechenland befindet sich in einer schweren Rezession. Nach Angaben von Eurostat ist das Bruttoinlandsprodukt (BIP) Griechenlands seit Beginn der weltweiten Wirtschafts- und Finanzkrise im Jahr 2008 um über 13 Prozent eingebrochen. Für 2012 wird ein weiterer Rückgang von bis zu 5 Prozent vorhergesagt. Die griechische Staatsverschuldung wuchs auf über 165 Prozent des BIP – mit Hilfe der EU soll sie bis 2020 wieder auf 120 Prozent zurückgefahren werden. Die Arbeitslosigkeit lag im ersten Quartal 2012 auf einem Rekordniveau von 22 Prozent, bei den unter 25-jährigen war sogar jeder Zweite ohne Job.