Mit 51,62 Prozent der Stimmen hat François Hollande von der Sozialistischen Partei (PS) die Stichwahl gewonnen. Nicolas Sarkozy, der erneut als Spitzenkandidat für die konservative UMP ins Rennen ging, kam auf 48,38 Prozent. Hollande hatte bereits die erste Runde der Wahlen am 22. April gewonnen. Die Wahlbeteiligung bei der Stichwahl lag bei rund 80 Prozent.
Nach 17 Jahren zieht wieder ein Sozialist in den Élysée-Palast ein
Sarkozy räumte seine Niederlage ein und kündigte seinen Rückzug aus der Politik an. Der UMP-Politiker steht seit 2007 an der Spitze des Staates. Mitte Mai übergibt er seinem Nachfolger das Präsidentenamt. Damit wird Frankreich nach 17 Jahren konservativer Führung erstmals wieder von einem Sozialisten regiert. In der Geschichte der Fünften Republik gab es bislang erst einen linken Präsidenten: François Mitterand, der von 1981 bis 1995 an der Macht war.
Letzte Mobilisierung der Bevölkerung
In den vergangenen zwei Wochen warben Hollande und Sarkozy um die Wähler der acht Kandidatinnen und Kandidaten, die in der ersten Runde der Präsidentschaftswahlen unterlegen waren. Einige von ihnen gaben Wahlempfehlungen ab: Der Kandidat der Linken Front Jean-Luc Mélenchon und die Grünen-Politikerin Eva Joly riefen ihre Anhänger und Anhängerinnen auf, für Hollande zu stimmen.
Sarkozy hatte im Wahlkampf versucht, mit Themen wie der Kontrolle der Einwanderung Wählerinnen und Wähler des rechtsextremen Front National (FN) zu gewinnen. FN-Kandidatin Marine Le Pen hatte im ersten Wahlgang 17,9 Prozent der Stimmen bekommen, anschließend jedoch keine Wahlempfehlung ausgesprochen.
Hollande hatte im Wahlkampf einen Katalog mit insgesamt 35 Maßnahmen vorgestellt und die Umsetzung im ersten Jahr seiner Amtszeit versprochen. Im Zuge einer Steuerreform will er einen Spitzensteuersatz von 75 Prozent auf Jahreseinkommen von über 1 Million Euro einführen. Mit den Mehreinnahmen will Hollande Verbesserungen im Bildungssystem und neue Arbeitsplätze finanzieren. Es sollen 60.000 neue Stellen für Lehrer und 150.000 staatlich finanzierte Jobs für Berufsanfänger entstehen. Auch will er für Arbeitnehmer, die 41 Beitragsjahre vorweisen können, wieder die Möglichkeit einführen, bereits mit 60 Jahren in Rente zu gehen. Hollande verspricht, bis 2017 einen ausgeglichenen Haushalt vorzulegen.
"Neustart für Europa"
Nach seinem Wahlsieg sprach Hollande von einem "Neustart für Europa". Er will den europäischen Fiskalpakt, der die Euroländer und acht weitere EU-Staaten zu mehr Haushaltsdisziplin zwingen soll, um ein Investitionsprogramm erweitern.
Welche Macht hat der französische Staatspräsident?
Der Staatspräsident nimmt im politischen System Frankreichs eine zentrale Stellung ein. Er ist nicht dem Parlament verantwortlich; auch sind seine Handlungen verfassungsgerichtlich nicht kontrollierbar. Obwohl der Staatspräsident in der Verfassung im Kapitel "Regierung" nirgends auftaucht, ist er faktisch Bestandteil der "doppelköpfigen" Exekutive. Stellt die Partei, der auch der Präsident angehört, in der Nationalversammlung die Mehrheit, hat er einen größeren politischen Gestaltungsspielraum als in Zeiten einer "Kohabitation": Hier entspricht die parteipolitische Zugehörigkeit des Präsidenten nicht der Mehrheit in der Nationalversammlung.
Erster wichtiger Meilenstein: Die Parlamentswahlen im Juni
Einen ersten Stimmungstest für den neuen Präsidenten stellen die französischen Parlamentswahlen im Juni dar. Das Parlament besteht aus zwei Kammern, Nationalversammlung und Senat. Derzeit stellen die Konservativen in der Nationalversammlung die Mehrheit, die Sozialisten im Senat.