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Einführung und Überblick: Was bedeutet Digitalisierung?

Jaana Müller-Brehm Philipp Otto Michael Puntschuh

/ 3 Minuten zu lesen

Die Digitalisierung ist aus dem Alltag nicht mehr wegzudenken. Ihre Wirksamkeit entfaltet sie im Zusammenspiel mit Menschen, die sie ersinnen, gestalten und nutzen. Auf diese Weise haben sich in den vergangenen Jahrzehnten in vielen Gesellschaftsbereichen tiefgreifende Veränderungen vollzogen.

Die Digitalisierung ist keine isolierte Entwicklung, sondern fester Teil unseres Alltags. Wer über die Grundlagen, die Funktionsweise und die Auswirkungen digitaler Angebote Bescheid weiß, kann Möglichkeiten der Digitalisierung selbstbestimmt individuell und zum gesellschaftlichen Nutzen ausschöpfen. (© Photo by CoWomen on Unsplash)

"Digitalisierung! Zugleich Fluch, Verheißung und alternativlos, das Großthema der Stunde. Der Mittelstand, die Bildung, die Industrie, die Medien, die Politik, die Gesellschaft, alle digitalisieren. Irgendwie." So eröffnete Sascha Lobo am 2. November 2016 einen Beitrag im Rahmen seiner Spiegel Online-Kolumne "Die Mensch-Maschine". Seit einigen Jahren engagiert sich der Blogger und Buchautor mit dem roten Irokesen-Haarschnitt dafür, einer breiten Öffentlichkeit in Talkshows, Interviews und Medienberichten die Entwicklungen und Auswirkungen der Digitalisierung verständlich zu machen.

Sein Eingangszitat verdeutlicht dabei vor allem eines: Die Digitalisierung erstreckt sich auf viele Lebensbereiche. Sie beeinflusst, wie wir lernen, arbeiten, kommunizieren, konsumieren und unsere Freizeit gestalten, kurz gesagt: wie wir im Alltag leben und wirken. Sie betrifft uns direkt oder indirekt alle ohne Ausnahme und lässt sich nicht ignorieren.

Zugleich vermittelt das "Irgendwie", mit dem laut Zitat digitalisiert wird, den Eindruck einer verbreiteten Unsicherheit darüber, wie genau das zu gestalten ist, was Lobo im Weiteren als "digitale Revolution" bezeichnet. Aus der Bedeutung der Digitalisierung für unser Leben und den augenscheinlichen Unklarheiten im Umgang mit ihr erwächst die Notwendigkeit, sich genauer mit ihr zu befassen, um sie reflektiert nutzen und den technologischen Wandel mitgestalten zu können.

In einem ersten Schritt sollte daher geklärt werden, was mit "Digitalisierung" genau gemeint ist. Der Begriff der Digitalisierung beschreibt auf einer technologischen Ebene insbesondere zwei Entwicklungen: den Prozess, der Informationen in maschinenlesbare Daten umsetzt und speichert, sowie Vorgänge der Datenverarbeitung, -übermittlung und -kombination. Mit ihrer Hilfe werden Formate wie Schrift, Sprache oder Bild umgewandelt und damit für uns Menschen erfassbar. Diese Prozesse finden mithilfe von Computern, Interner Link: Software und dem Internet automatisiert und vernetzt statt. Das nachfolgende Kapitel greift diese zentralen Elemente der Digitalisierung auf und schafft damit die Grundlage für die darauf folgenden Ausführungen.

Die Digitalisierung beschränkt sich jedoch nicht nur auf technologische Aspekte. Sie betrifft unseren Alltag und damit uns als Individuen, als Teil verschiedener Gruppen und als Mitglieder der Gesellschaft. Deshalb muss das Verständnis der Digitalisierung um die Dimension gesellschaftlicher Prozesse erweitert werden, die sie anstößt und in denen sie wirksam wird. Diese Wirksamkeit entfaltet sich im Zusammenspiel mit und durch Menschen, die entsprechende Technologien ersinnen und verfeinern, sie nutzen, ihren Einsatz gestalten und das zugleich beobachten und diskutieren können.

Um diese gesellschaftliche Perspektive nachvollziehen zu können und mit Substanz zu füllen, hilft ein Blick auf den aktuellen Stand der Veränderungen, die sich mit der Digitalisierung in zentralen Bereichen unseres Lebens und Wirkens vollzogen haben: in Interner Link: Kommunikation, Medien und Öffentlichkeit, in Interner Link: Gesellschaft, Kultur und Bildung, in Interner Link: Infrastruktur und Umwelt, in Interner Link: Wirtschaft und Arbeit, in Bezug auf Interner Link: Gesundheit und Krankheit sowie auf Interner Link: Kriminalität, Sicherheit und Freiheit. Diese Kapitel veranschaulichen beispielhaft die Rolle technologischer Entwicklungen bei übergeordneten gesellschaftlichen Veränderungen in den genannten Einzelbereichen und zeigen zugleich zentrale politische Fragestellungen, Herausforderungen und Chancen auf, die sich in Bezug auf das jeweilige Thema ergeben.

Den Einfluss der Digitalisierung getrennt nach Einzelbereichen zu untersuchen, reduziert zwar die komplexe Realität mit all ihren wechselseitigen Abhängigkeiten, macht sie jedoch zugleich zugänglicher. Auf diese Weise entsteht ein breites Spektrum des gegenwärtig stattfindenden, umfassenden technologischen und gesellschaftlichen Wandels und der Begriff der Digitalisierung lässt sich mit Inhalt füllen.

Um die Wechselwirkungen zwischen den Bereichen zu verdeutlichen, zentrale Chancen und Herausforderungen sowie den gegenwärtigen Umgang mit ihnen zu skizzieren, behandeln die letzten beiden Kapitel übergeordnete Entwicklungen in Interner Link: Politik, Recht und Verwaltung sowie vorhandene Interner Link: Handlungsspielräume und digitalethische Fragestellungen.

Die folgenden Ausführungen können aufgrund der umfassenden, teils rasanten Veränderungen in allen Lebensbereichen nur Ausschnitte zeigen und beispielhafte Entwicklungen aufgreifen.

Die Darstellung eröffnet einen Einblick in das breite Spektrum dessen, was sich hinter dem viel bedienten Schlagwort Digitalisierung verbirgt. Deutlich wird: Die Digitalisierung ist nicht einfach über uns gekommen. Vielmehr vermitteln neuere Gesellschaftstheorien – wie etwa die des Soziologen Armin Nassehi in seinem Buch "Muster. Theorie der digitalen Gesellschaft" –, dass sich in der Ausgestaltung der Digitalisierung Gesellschaftsstrukturen ablesen lassen. Sich mit Digitalisierung zu beschäftigen bedeutet demnach, sich mit Gesellschaft zu befassen und damit letztlich auch mit sich selbst.

Jaana Müller-Brehm ist Sozialwissenschaftlerin und übernimmt beim iRights.Lab analytische, redaktionelle und koordinatorische Aufgaben in den Themenfeldern Öffentlichkeit, Demokratie, Menschenrechte, Gesellschaft und Bildung immer im Zusammenhang mit der Digitalisierung.

Philipp Otto ist Gründer und Direktor des Think Tank iRights.Lab und einer der führenden Digitalisierungsexperten in Deutschland. Er ist Jurist und war Visiting Researcher beim Berkman Center for Internet & Society an der Harvard University. Auch leitet er das Innovationsbüro Digitales Leben des BMFSFJ und verschiedene weitere hochrangige Bundesprojekte in anderen Häusern. Er hat eine Vielzahl an Büchern, Aufsätzen und strategischen Analysen an der Schnittstelle zwischen Recht, Technik, Gesellschaft und Politik im Kontext der Digitalisierung veröffentlicht.

Michael Puntschuh ist Sozialwissenschaftler und Projektkoordinator beim iRights.Lab. Zu seinen Arbeitsgebieten gehören Menschenrechte online, Governance des Cyberspace und Digitale Ethik sowie andere gesellschaftliche und rechtliche Fragen digitaler Technologien.