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Nationalsozialismus: Aufstieg und Herrschaft Editorial „Volksgemeinschaft“? Aufstieg Machteroberung 1933 „Volksgemeinschaft“ Verfolgung Literaturhinweise und Internetadressen Impressum und Anforderungen

Aufstieg

Michael Wildt

/ 43 Minuten zu lesen

Die Folgen des verlorenen Krieges, Wirtschaftsprobleme und der mangelnde Rückhalt der Bevölkerung schwächen die Weimarer Republik. Diesen Umstand nutzt die NSDAP durch geschickte Propaganda und kann so ihre Stimmanteile bei Wahlen erheblich steigern. Bald wenden sich immer mehr Menschen den Nationalsozialisten zu.

Anfänge der NSDAP in München

Während einer Großveranstaltung der deutschen Nationalisten 1922, dem "Deutschen Tag" in Coburg, posiert die Delegation der NSDAP vor einem Hauseingang. (© Bundesarchiv, Bild 119-5519 / Fotograf: o.A.)

Der Nationalsozialismus entwickelte sich aus dem Geist und der Gewalt des Ersten Weltkriegs. In vielen Ländern Europas entstanden nach dem Krieg faschistische Bewegungen, die sich in ihrer antikommunistischen Stoßrichtung, in ihrem „Führerglauben“, ihrer gewalttätigen Politik und ihrem radikalen Nationalismus sowie in ihrer Ablehnung einer bürgerlich-liberalen Gesellschaft durchaus ähnelten. Ihr gemeinsames Vorbild war der italienische Faschistenführer Benito Mussolini, der als ehemaliger Sozialist 1919 die „Fasci di combattimento“ (Kampfbünde) gegründet hatte und 1922 an die Macht gelangt war.

Adolf Hitler, der zuvor ein unbedeutendes Bohemienleben geführt hatte, fühlte sich durch die Mobilmachung für den Krieg 1914, die er in München erlebte, wie auferweckt. „Mir selber kamen die damaligen Stunden wie eine Erlösung aus den ärgerlichen Empfindungen der Jugend vor“, formulierte er zehn Jahre später in „Mein Kampf“. Wie Zehntausende anderer junger Männer meldete er sich freiwillig zum Militärdienst und tauchte ein in jenes trügerisch-großartige Erleben der „Volksgemeinschaft“ 1914, in das Gefühl von Einheit und Siegesgewissheit, das realitätsnahe Erwartungen zum Charakter und zur Dauer des Krieges verschwinden ließ.

Als Hitler im Herbst 1916 an der Westfront durch einen Angriff zum ersten Mal verwundet wurde, waren seine Illusionen über einen raschen Sieg verflogen, der Glaube an die Unbesiegbarkeit Deutschlands jedoch keineswegs. Aus dem Lazarett an die Front zurückgekehrt, wurde er im Oktober 1918 Opfer eines Giftgasangriffs, erblindete kurzzeitig und erlebte das Kriegsende im Krankenbett. Erst wenige Wochen vor dem Ende, Anfang Oktober 1918, hatten die führenden Generäle Paul von Hindenburg und Erich Ludendorff eingestanden, dass der Krieg verloren sei. Doch entzogen sie sich ihrer Verantwortung und überließen es der zivilen Reichsregierung, am 3. Oktober 1918 bei den Siegermächten um einen Waffenstillstand zu bitten.

QuellentextAdolf Hitlers frühe Jahre

Adolf Hitler, am 20. April 1889 in der österreichischen Stadt Braunau geboren, stammte aus kleinen Verhältnissen. Sein Vater war Zollbeamter, hinterließ aber, als er 1903 starb, so viel Geld, dass seine Witwe und sein Sohn davon ihren Lebensunterhalt bestreiten konnten. Hitler brach die Schule nach der 9. Klasse ab und blieb zunächst bei seiner Mutter, an der er sehr hing, in Linz wohnen. Ihr Tod im Dezember 1907 bedeutete zweifellos die einschneidendste Zäsur in seiner Jugend. Er zog danach nach Wien, scheiterte jedoch mit seinen Versuchen, an der Wiener Kunstakademie als Student aufgenommen zu werden. So führte er als „Künstler“ und „Schriftsteller“ ein orientierungsloses, müßiggängerisches, kärgliches Leben, verdiente sich Geld mit Gelegenheitsarbeiten und dem Verkauf selbst gemalter Ansichtspostkarten, wohnte in Männerwohnheimen, las völkische und antisemitische Broschüren, besuchte politische Veranstaltungen und hörte leidenschaftlich Wagner-Opern in der Wiener Staatsoper. Ob Richard Wagners Antisemitismus Hitler beeinflusst hat, ist in der Geschichtsschreibung strittig. Immer wieder wird allerdings darauf aufmerksam gemacht, dass die öffentliche theatralische Inszenierung der Politik, wie sie später zum Beispiel auf den Reichsparteitagen praktiziert wurde, durchaus mit dieser frühen Theaterleidenschaft Hitlers verbunden war. Auch die späteren gigantischen Baupläne für die Reichshauptstadt Berlin lassen sich auf die Wiener Jahre zurückführen, in denen Hitler von sich glaubte, ein begabter Künstler und Architekt zu sein.
Als 1913 der Einberufungsbefehl in die österreichische Armee drohte, setzte sich Hitler nach München ab, weil er als sich Deutschland zugehörig fühlender Nationalist in keinem Fall für das österreichische Vielvölkerimperium kämpfen wollte. Stattdessen meldete er sich in München Anfang August 1914 als Freiwilliger. Der Krieg gab ihm die Ordnung, die seinem Leben fehlte. Hitler machte beim Militär keine Karriere, sondern blieb Gefreiter, ein unterer Dienstgrad. Offenkundig war er ein verlässlicher, wenig auffallender Soldat. Entgegen seiner eigenen Selbststilisierung in der 1925/27 erscheinenden programmatischen Schrift „Mein Kampf“ war er allerdings kaum an der Front eingesetzt gewesen, und die Auszeichnung mit dem Eisernen Kreuz I. Klasse verdankte er der Fürsprache Hugo Gutmanns, eines jüdischen Offiziers.

"Dolchstoßlegende"

Für Hitler wie für Millionen anderer Deutscher war die Armee unbesiegt geblieben und angeblich von hinterhältigen Verbrechern an der „Heimatfront“ verraten worden. „In diesen Nächten wuchs mir der Hass, der Hass gegen die Urheber dieser Tat“, schrieb Hitler in „Mein Kampf“ und hielt unmissverständlich fest, wer für ihn die „Urheber“ waren: „Mit dem Juden gibt es kein Paktieren, sondern nur das harte Entweder – Oder. Ich aber beschloss, Politiker zu werden.“

Selbstverständlich erschuf Hitler hier seine eigene Legende. Seine tatsächliche Entscheidung, in die Politik zu gehen, fiel erst zwei Jahre später. Und natürlich waren nicht Juden verantwortlich für die Niederlage Deutschlands. Aber es ist kennzeichnend, dass er diese Wende in seinem Leben an eben jenem historischen Punkt ansetzte, als das Deutsche Reich seine bis dahin tiefste Niederlage erlebte. Aus dem Moment der absoluten Ohnmacht heraus, der Empfindung, Opfer zu sein und Vergeltung üben zu müssen, erwuchs sein Entschluss. Nicht konstruktiver politischer Gestaltungswillen, sondern Hass bildete die Emotion, mit der Hitler seinen Eintritt in die Politik begründete.

Schon während des Krieges hatte der Antisemitismus, insbesondere der Vorwurf, „jüdische Schieber“ und „Kriegsgewinnler“ verdienten Millionen, während die Bevölkerung hungern müsste, rasch an öffentlicher Resonanz gewonnen. Tatsächlich aber hatte imperialistische Überheblichkeit das Deutsche Reich in den Krieg getrieben, und die Siegesgewissheit war schnell in den fürchterlichen Schlachten des Weltkrieges zerstoben. Da das Reich nicht auf einen längeren Krieg vorbereitet war, mangelte es bald an Lebensmitteln und anderen Versorgungsgütern. Und schon seit 1915 protestierten die Arbeiter mit Streiks gegen die schlechten Lebens- und Arbeitsbedingungen. Antisemiten machten „die Juden“ zu Sündenböcken und verdächtigten sie sogar, sich vor dem Militärdienst zu drücken. Deshalb wurde im Oktober 1916 eine offizielle „Judenzählung“ im deutschen Heer durchgeführt. Da diese Maßnahme willkürlich und ohne Konzept vorgenommen wurde und die Zahlen dieses antisemitische Vorurteil vermutlich bloßstellten, wurden die Ergebnisse nicht veröffentlicht, was die antisemitische Kampagne noch verstärkte. Als sich nach dem unerwarteten Eingeständnis der Obersten Heeresleitung Ende September 1918, dass der Krieg nicht mehr gewonnen werden könne, plötzliche Ernüchterung einstellte, wurden vielfach „die Juden“ ebenso wie die politische Linke, die die Arbeiter zu Streiks aufgewiegelt habe, für die Niederlage verantwortlich gemacht. Revolutionäre mit jüdischer Herkunft wie Rosa Luxemburg, Hugo Haase oder Eugen Leviné schienen die antisemitische wie antikommunistische Weltsicht zu bestätigen, dass es „jüdische Bolschewisten“ seien, die dem deutschen Heer einen „Dolch in den Rücken“ gestoßen hätten und nun den Umsturz wollten. Diese Sicht und seine Chance, sich damit aus der Verantwortung zu stehlen, unterstützte der inzwischen im Ruhestand befindliche Ex-Generalfeldmarschall von Hindenburg durch eine entsprechende Erklärung vor dem Untersuchungsausschuss der Nationalversammlung zur Kriegsschuldfrage am 18. November 1918.

QuellentextUnbewältigte Kriegstraumata

[...] Der Erste Weltkrieg zerstörte die alten herrschaftlichen und gesellschaftlichen Strukturen Mittel- und Osteuropas. Am Ende standen Hunger, Niedergang, Chaos und Not, Dumpfheit und Hass. Auf deutscher Seite waren zwei Millionen zumeist junge Männer gefallen, ein Viertel von ihnen während der letzten Kriegsmonate. Millionen Menschen fristeten ihr Leben als Kriegskrüppel, Witwen und Halbwaisen. Infolge der britischen Seeblockade waren 500000 Deutsche verhungert. 1917 standen pro Ein- wohner in den Städten durchschnittlich 1400 Kalorien pro Tag zur Verfügung. „Das Schlangenstehen vor den Lebensmittelgeschäften der Städte machte die Zermürbten wild und aufsässig und vor allem grimmig gegen die Reichen, die sich ‚hinten herum‘ besser ernährten.“
Hunderttausende starben an Tuberkulose, an Grippeepidemien und allgemeiner Entkräftung vor ihrer Zeit. Kinder litten an Unterernährung und Rachitis. Demobilisierte Soldaten, verzweifelte, ausgemergelte Frauen irrten durch ihr schwieriges Leben.
Die deutschen Männer hatten umsonst gelitten. „Wie soll man weiterleben“, fragten sie sich, „wenn alles vergeblich war.“ Ihre Frauen hatten umsonst gehungert. Mit den Kriegsanleihen, die das Bürgertum in vaterländischem Pflichtgefühl gezeichnet hatte, verloren die gehobenen Mittel- und Oberschichten erhebliche Teile ihres Vermögens. Das kaiserliche Feldheer war geschlagen. Folglich konnten die Schrecken der Front, konnten die schweren psychischen Verletzungen der elf Millionen heimkehrenden Soldaten nicht in Siegesfeiern gewürdigt, abgebaut und verarbeitet werden. Trommelfeuer, Giftgasalarm, Granatsplitter und Tod, kurz: die Kriegstraumata fraßen in ihnen. [...]
Voller Wut und Gram mochten die meisten der geschlagenen Soldaten die Sinnlosigkeit ihres Kampfes nicht einsehen. Stattdessen vergruben sie sich in dem Gefühl, ihr – seit dem 9. November 1918 demokratisch regiertes – Vaterland behandle sie mit „maßloser Undankbarkeit“. [...]
Den Friedensvertrag von Versailles, den die deutschen Abgesandten im Sommer 1919 ohne jede Diskussion und unter Androhung militärischer Gewalt unterzeichnen mussten, empfanden die Besiegten als ungeheuerliche Ungerechtigkeit. Sie vergaßen dabei freilich, was sie – nach einem vergleichsweise kleinen Krieg von 1870/1871 mit 120000 gefallenen deutschen und französischen Soldaten – Frankreich an Gebietsverlusten und Kontributionen zugemutet und dass sie im Januar 1918 der jungen Sowjetunion einen Frieden diktiert hatten, der die Härten des Versailler Vertrags deutlich übertraf. [...]
Den von Wilson verkündeten und von Deutschland im Oktober 1918 akzeptierten Kerngedanken eines „Friedens ohne Sieger“ verletzte insbesondere Artikel 231 des Versailler Vertrages. Er schob den Deutschen die alleinige Kriegsschuld zu und bildete die Grundlage für die Reparationsforderungen. Diese sollten nicht – wie bis dahin bei Friedensverträgen üblich – als gewissermaßen natürliche Folge der Niederlage bezahlt werden, sondern aufgrund einer zuvor anerkannten schweren Schuld. [...]
Der Kriegsschuldparagraph führte dazu, dass sich die Deutschen bald mehrheitlich darauf verständigten, jede Mitschuld am Krieg zu leugnen. So konnte die NSDAP später erfolgreich die Mär verbreiten: „Die Unschuld Deutschlands am Weltkrieg ist heute urkundlich nach jeder Richtung hin erhärtet.“ Eine gleichfalls ungute psychologische Wirkung entfalteten die extrem hohen Reparationsforderungen. Sie erlaubten den Deutschen, jede Mitverantwortung für Kriegsfolgen, Inflation, Arbeitslosigkeit und Wirtschaftskrise von sich zu weisen und die Misere fremden, nicht zuletzt angeblich weltweit vernetzten jüdischen Kräften anzulasten. [...]

Götz Aly, Warum die Deutschen? Warum die Juden? Gleichheit, Neid und Rassenhass 1800-1933, S. Fischer Verlag Frankfurt/M. 2011, S. 152 ff.

Bürden der Republik

Die Revolution 1918/19 hatte Hoffnungen auf eine demokratische und soziale Republik geweckt. So deutlich die im November und Dezember 1918 rasch im ganzen Reich gebildeten Räte für eine parlamentarische Regierung votiert hatten, so vernehmlich hatten sie zugleich Forderungen nach einer Reform der militärischen Strukturen sowie nach einer Sozialisierung der Schwerindustrie, nach der Demokratisierung der Betriebe und einem Acht-Stunden-Arbeitstag erhoben. Noch inmitten der revolutionären Wirren machten die Unternehmer sozialpolitische Zugeständnisse, indem sie den zurückkehrenden Soldaten den alten Arbeitsplatz garantierten, die freien Gewerkschaften als einzigen Verhandlungspartner bei Tarifverhandlungen akzeptierten und die Einführung des Acht-Stunden-Tages bei vollem Lohnausgleich versprachen.

Weitergehende Reformen des Wirtschaftslebens blieben jedoch aus. Der Rat der Volksbeauftragten aus Mehrheitssozialdemokraten (MSPD) und Unabhängigen Sozialdemokraten (USPD), die sich 1917 wegen der Unterstützung des Krieges durch die sozialdemokratische Mehrheit abgespalten hatten, wehrte die Forderungen nach Sozialisierung der Schwerindustrie ab. Ebenso traute die sozialdemokratische Führung in Berlin eher der alten militärischen Elite zu, die Sicherheit der Republik zu gewährleisten. Sie unterließ es daher, eigene republiktreue Militärverbände aufzubauen. Stattdessen bildeten sich aus den Gruppen von demobilisierten Soldaten, die nicht ins Zivilleben zurückkehren wollten, sogenannte Freikorps, die im Baltikum oder in den umstrittenen östlichen Gebieten, die von Polen wie von Deutschen beansprucht wurden, weiterkämpften.

Diese Versuche der MSPD, die revolutionäre Dynamik abzubremsen, stießen auf den Widerstand der Linken, die – insbesondere nach Gründung der Kommunistischen Partei am 1. Januar 1919 – immer wieder versuchte, nach dem Muster der bolschewistischen Oktoberrevolution in Russland die Macht zu ergreifen. Aber auch viele Arbeiter waren von der Politik der MSPD enttäuscht, zumal die Berliner Regierung die linken Aufstände mit brutaler Gewalt durch jene Freikorpsverbände niederschlagen ließ, die aus ihrer republikfeindlichen, konterrevolutionären Gesinnung keinen Hehl machten.

Die kurze Einmütigkeit, die sich in den Wahlen zur Nationalversammlung am 19. Januar 1919 äußerte, in denen die MSPD stärkste Partei wurde und zusammen mit dem katholischen Zentrum und der liberalen Deutschen Demokratischen Partei eine verfassungstreue Regierung bilden konnte, war rasch vorbei. Die Rechte, ermuntert durch die militärischen Erfolge gegen linke Aufständische, glaubte die Zeit reif für den Staatsstreich. Im März 1920 marschierte das Freikorps Ehrhardt mit Unterstützung des Reichswehrchefs in Berlin, General Walther Freiherr von Lüttwitz, in die Reichshauptstadt ein. Doch brach der Putschversuch am zivilen Widerstand der Beamten zusammen, die den Anweisungen der selbst ernannten Regierung nicht folgten. Ein Generalstreik im ganzen Reich brachte die Putschisten endgültig zu Fall; der Staatsstreich von rechts war durch eine republikanische Loyalität „von unten“ verhindert worden.

Gewerkschaften und streikende Arbeiter sahen nun die Gelegenheit gekommen, um grundlegende Reformen durchzusetzen, und führten den Streik fort. Im Ruhrgebiet übernahmen sogar bewaffnete Arbeitermilizen örtlich die Macht. Wieder ließ die Regierung Freikorps, darunter jene Einheiten, die eben noch gegen die Republik geputscht hatten, gegen die Streikenden marschieren und vor allem im Ruhrgebiet den Aufstand blutig niederschlagen. Über tausend Tote waren auf Seiten der Aufständischen zu beklagen. Als am 6. Juni 1920 der erste Reichstag gewählt wurde, erlitt die MSPD eine schwere Niederlage, während die linke USPD ihre Stimmen mehr als verdoppelte. Ebenso gewannen rechte Parteien deutlich an Zustimmung. Der republikanische Konsens war zerbrochen.

Und doch fanden auch in der Folgezeit immer wieder eindrucksvolle Manifestationen zugunsten der Weimarer Republik statt. Nach dem Mordanschlag auf Außenminister Walther Rathenau durch rechtsradikale Terroristen am 24. Juni 1922 riefen die Gewerkschaften einen eintägigen Generalstreik aus; überall im Reich demonstrierten Menschen gegen die Terrorpolitik von rechts und für die Republik.

Aber der jungen Republik waren auch schwere Bürden auferlegt, allen voran der Versailler Vertrag. Ohne dass eine deutsche Delegation hatte mitverhandeln können, wurde ihr im Mai 1919 das Ergebnis präsentiert, das massive Gebietsabtretungen vorsah, was mit einem empfindlichen Verlust von Kohle-, Erzvorkommen und industriellen Ressourcen einherging. Westpreußen kam zu Polen, Frankreich erhielt Elsass-Lothringen zurück. Die ehemaligen Kolonien wurden unter das Mandat des Völkerbundes gestellt, ebenso das Saarland, dessen Bevölkerung fünfzehn Jahre später entscheiden sollte, ob sie zu Frankreich oder Deutschland gehören wollte. Für Oberschlesien wurde eine Volksabstimmung im Jahr 1921 beschlossen, in der eine Mehrheit für die Zugehörigkeit zu Deutschland votierte. Dennoch teilten die Alliierten die Region und schlugen die industriellen Teile Oberschlesiens Polen zu. Das künftige deutsche Heer sollte höchstens 100000 Mann umfassen. Dem Reich wurden hohe Reparationszahlungen auferlegt, und es hatte zu akzeptieren, dass es die alleinige Kriegsschuld trug. Der sozialdemokratische Ministerpräsident Philipp Scheidemann sagte, dass einem deutschen Politiker die Hand verdorren müsse, wenn er diesen Vertrag unterschriebe, und trat zurück.

Doch die Drohung der Alliierten, in Deutschland einzumarschieren, wenn der Vertrag nicht unterschrieben würde, ließ der Reichsregierung keine Wahl. Nachdem der Reichstag mehrheitlich für die Annahme gestimmt hatte, wurde der Vertrag am 28. Juni 1919 vom sozialdemokratischen Außenminister Hermann Müller und dem Zentrumspolitiker Johannes Bell im Namen der Reichsregierung unterzeichnet.

Obwohl die britische und die US-amerikanische Regierung die Notwendigkeit von Nachverhandlungen über den Zahlungsmodus der Reparationsforderungen anerkannten und verhindern wollten, dass das Deutsche Reich durch eine hohe Schuldenaufnahme ökonomisch in die Krise geriet, war der Versailler Vertrag eine schwere Belastung für die Republik. Denn die Rechte mobilisierte mit aller Kraft gegen das „Schanddiktat von Versailles“ und nutzte jede Gelegenheit, republiktreue Politiker als „Erfüllungspolitiker“, „Novemberverbrecher“ und „Handlanger der Alliierten“ zu diffamieren. Auch die Mordanschläge auf den früheren Reichsfinanzminister und Unterzeichner des Waffenstillstandes Matthias Erzberger (Zentrum), den Industriellen und Reichsaußenminister Walther Rathenau (DDP) und andere zielten darauf, im aufgebrachten politischen Klima den Bürgerkrieg zu provozieren.

Gründung der NSDAP

In diesem politischen Umfeld gründeten in München der Eisenbahnschlosser Anton Drexler und der Journalist Karl Harrer am 5. Januar 1919 die Deutsche Arbeiterpartei (DAP), eine von vielen rechtsextremen, völkischen Gruppen, die den Kampf gegen die „Novemberverbrecher“, gegen den „jüdischen Bolschewismus“ und Marxismus auf ihre Fahnen geschrieben hatten. In ihrer radikalen Ablehnung des Versailler Friedensvertrages 1919 als „Diktat“ und „Schande“ waren die Völkischen nicht randständig, denn die harten Bedingungen des Vertrages lehnten auch weite Teile des Bürgertums bis hinein in die Sozialdemokratie ab. In der hämischen Kritik am liberalen Rechtsstaat der Weimarer Republik und am parlamentarischen System unterschied sich die DAP wenig von anderen rechten Gruppierungen. Ebenfalls trieb sie wie etliche andere rechtsextreme Organisationen ein radikaler Antisemitismus um. Was indessen die Nationalsozialisten von anderen Antisemiten unterschied, war die Bereitschaft zur Gewalt. Für Hitler galt nur ein Antisemitismus der Tat.

Hitler, der 1919 noch für die Reichswehr tätig war, um die rechtsradikale Szene in München zu bespitzeln, erhielt im September den Auftrag, eine Versammlung der DAP zu besuchen. Drexler entdeckte rasch das Rednertalent Hitlers und warb ihn an, wie auch er in der Gruppe ein Betätigungsfeld für seine politischen Ambitionen sah. Hitler, der kurz darauf aus der Reichswehr ausschied, um sich ganz auf die Parteiarbeit zu konzentrieren, wurde zum Hauptredner der Partei; über seine öffentliche Agitation – er bestritt jede Woche mehrere Versammlungen – gewann die Nationalsozialistische Arbeiterpartei Deutschlands, wie sie seit Februar 1920 hieß, zunehmend mehr Mitglieder.

Im Winter 1919/1920 arbeiteten Drexler und Hitler das Parteiprogramm aus, das im Laufe der nächsten Jahre für unabänderlich erklärt wurde. Viele der 25 Punkte unterschieden sich in ihrer Zielsetzung nicht von anderen völkischen Programmen der Zeit. Gefordert wurden die Aufhebung des Versailler Vertrages, der Anschluss Österreichs, die Rückgabe der Kolonien und die Verstaatlichung von Großbetrieben. Für den Mittelstand wurde die Auflösung der Warenhäuser zugunsten der kleinen Gewerbetreibenden verlangt, für die Bauern in einer schwammigen Formulierung eine den „nationalen Bedürfnissen angepasste Bodenreform“. Von dem damals bekannten völkischen Wirtschaftstheoretiker Gottfried Feder stammte die Forderung nach „Brechung der Zinsknechtschaft“, was die Abschaffung von Einkommen aus Zinserträgen bedeuten sollte. „Arbeit“, vor allem Handarbeit, stand im Mittelpunkt und die Parole: „Gemeinnutz geht vor Eigennutz“. Insbesondere zielte das Programm auf die Herstellung einer „Volksgemeinschaft“ ohne Juden. Unter Punkt 4 hieß es klipp und klar: „Staatsbürger kann nur sein, wer Volksgenosse ist. Volksgenosse kann nur sein, wer deutschen Blutes ist, ohne Rücksicht auf Konfession. Kein Jude kann daher Volksgenosse sein.“

Auf einer Großveranstaltung Ende Februar 1920 mit rund 2000 Menschen im Festsaal des Hofbräuhauses präsentierte Hitler das Programm, las die einzelnen Forderungen vor und erhielt laut Polizeibericht starken Beifall. Hitler entwarf persönlich die Parteifahne mit dem Hakenkreuz in einem weißen Kreis auf rotem Grund und verband damit absichtlich ein bekanntes völkisches Symbol mit der Farbe der Arbeiterbewegung. Bald war Hitler der häufigste Redner der NSDAP mit mehreren öffentlichen Auftritten in der Woche, der mit seinen Ausfällen gegen die Republik, insbesondere gegen die sozialdemokratisch geführte Reichsregierung in Berlin, gegen den Versailler Vertrag und gegen die Juden überhaupt rasch bekannt und von einflussreichen, rechten Kreisen protegiert wurde.

QuellentextAntisemitismus

Antisemitismus prägte die Ideologie des Nationalsozialismus, aber Judenfeindschaft existierte bereits im christlichen Mittelalter in Europa. Juden waren gezwungen, in eigenen Stadtbezirken zu wohnen, mussten bestimmte Kleidung tragen und unterstanden einem besonderen Judenrecht. Waren es damals religiöse Vorurteile wie der Vorwurf, Juden hätten Jesus getötet, die den Judenhass bestimmten, so entstand mit dem modernen, naturwissenschaftlichen Weltbild seit dem 18. Jahrhundert eine neue Dimension der Judenfeindlichkeit.
Der Siegeszug, den die Biologie, insbesondere Charles Darwins Buch über die Entstehung der Arten, im europäischen Denken nahm, führte dazu, auch Menschen nach biologischen Kriterien in angeblich höher- und minderwertige Rassen einzuteilen. Darwins Formulierungen wie „natürliche Auslese“ oder „Überleben der Tüchtigsten“ („survival of the fittest“) wurden politisch missbraucht, um angeblich „lebensunwertes Leben“ zu definieren. Rassismus war durchaus bis in die Wissenschaft hinein verbreitet; die Forderung nach „Rassereinheit“ und nach erbbiologischen Maßnahmen, damit sich nur die „Besten“ vermehrten und die „Minderwertigen“ sich nicht fortpflanzten, fanden selbst in der Sozialdemokratie Gehör.
Die traditionelle religiöse Judenfeindschaft, die sich im 19. Jahrhundert aufgrund der Emanzipation der Juden in der bürgerlichen Gesellschaft auch um den Neid auf deren wirtschaftliche Entwicklung erweiterte, wurde nun auch rassistisch bestimmt. Es entstand der moderne Antisemitismus, der glaubt, in den Juden eine zersetzende, zerstörerische Rasse zu erkennen, die insbesondere die „arische Rasse“ vernichten wollten. Vor allem der Engländer Houston Stewart Chamberlain verbreitete mit seinem viel gelesenen Buch „Die Grundlagen des 19. Jahrhunderts“ diese Ideologie. Chamberlain, der eng mit der Familie Richard Wagners verbunden war, traf Hitler Anfang der 1920er- Jahre in Bayreuth und sah in ihm den kommenden Retter des deutschen Volkes.
Die wirtschaftlichen Turbulenzen, die sozialen Verwerfungen durch Industrialisierung und Urbanisierung ließen den Antisemitismus zu einer in allen gesellschaftlichen Schichten aufzufindenden Ideologie werden, auch wenn sich die Sozialdemokratie offiziell stets von der Judenfeindlichkeit distanzierte. Der bekannte preußische Historiker Heinrich von Treitschke formulierte 1879 öffentlich: „Die Juden sind unser Unglück.“ Die populäre Familienzeitschrift „Die Gartenlaube“ veröffentlichte antisemitische Arti- kel. Über 250000 Bürger unterstützten 1881 eine Petition der „Antisemitenliga“, die den Ausschluss von Juden aus dem öffentlichen Dienst und ein Zuwanderungsverbot von Juden aus Osteuropa forderte. Zwischen 1893 und 1898 saßen 16 Abgeordnete antisemitischer Parteien im Reichstag.
Zwar verloren antisemitische Parteien in den folgenden Jahren an Einfluss, aber der Antisemitismus in der Gesellschaft war keineswegs verschwunden. In den völkischen, nationalistischen Verbänden, in denen sich Hunderttausende von Deutschen organisierten, gehörte Antisemitismus zum politischen Repertoire. Und nicht zuletzt zeigten die öffentlichen Werbeschriften von zahlreichen deutschen Badeorten an der Ost- und Nordsee, dass sie Juden vom Kurbetrieb ausschließen würden, wie tief die alltägliche Judenfeindschaft in die deutsche Gesellschaft eingedrungen war.

Unterstützung für die NSDAP

Zwar stellte die NSDAP zu dieser Zeit in München nur eine unter etlichen völkischen Gruppen dar. Aber es gab honorige und vor allem vermögende Gönner der jungen Partei wie den Verleger Julius F. Lehmann, der mit medizinischen Fachbüchern viel Geld verdiente, das er rechtsextremen Organisationen zukommen ließ, oder Rudolf Freiherr von Sebottendorf, den Vorsitzenden der sogenannten Thule-Gesellschaft. Diese war ein exklusiver völkischer Klub, dem unter anderen Julius F. Lehmann, Gottfried Feder, Rudolf Heß und Hans Frank angehörten, und zu dem andere, wie der einflussreiche Publizist Dietrich Eckart sowie der spätere NSDAP-Führer Alfred Rosenberg, Kontakt hielten. Sebottendorf kaufte, um die völkische Agitation zu forcieren, die Zeitung „Münchner Beobachter“, die im August 1919 ihren Namen in „Völkischer Beobachter“ änderte. Immer wieder unterstützten in diesen frühen Jahren wohlhabende Sympathisanten, wie der junge Geschäftsmann Kurt Lüdecke, der Klavierfabrikant Edwin Bechstein oder der Verleger Hugo Bruckmann samt ihrer Ehefrauen, die finanzschwache Partei mit zum Teil beträchtlichen Spenden.

Aber auch die Verbindung Hitlers zur Reichswehr kam der Partei zugute. Durch seinen früheren militärischen Vorgesetzten Karl Mayr lernte Hitler im Frühjahr 1920 den Hauptmann Ernst Röhm kennen, der großen Einfluss auf die sogenannten Einwohnerwehren in Bayern besaß, die als bewaffnete Einheiten zur Bekämpfung revolutionärer Umtriebe nach dem Krieg entstanden waren und denen Anfang 1920 mehr als eine Viertelmillion Mitglieder angehörten. Auch finanziell förderte das Militär die junge Partei. 3000 NSDAP-Broschüren zum Versailler Vertrag, die der Lehmann-Verlag im Juni 1920 lieferte, bezahlte die Abteilung von Hauptmann Mayr. Als Ende 1920 die NSDAP den „Völkischen Beobachter“ übernahm, kamen 60000 Reichsmark, die Hälfte der erforderlichen Kaufsumme, aus einem Reichswehrfonds.

Hitler, der sich im Kampf um die Macht in der Partei erfolgreich gegen Drexler durchsetzte und im Juli 1921 zum Parteivorsitzenden gewählt wurde, setzte ganz auf Propaganda – das hieß stets Aufruf zur Tat und Demonstration von Stärke durch Gewalt. Schon 1920 begann die NSDAP einen Saalschutz aufzustellen, um in Prügeleien mit dem politischen Gegner gewappnet zu sein. Aus dieser Truppe bildete sich die Sturmabteilung (SA) heraus, wie sie ab Oktober 1921 genannt und von Röhm geleitet wurde. Röhm kümmerte sich darum, die Schlägertruppe in eine paramilitärische Organisation umzuwandeln, wobei der SA zugute kam, dass ihr aus den Freikorpsverbänden erfahrene und ausgebildete Kämpfer zuströmten.

Zum „Deutschen Tag“ im nordbayerischen Coburg am 14./15. Oktober 1922, einem Aufmarsch der Rechtsradikalen aus allen Teilen Deutschlands, erschienen Hitler und die übrige Parteiführung in einem eigens angemieteten Sonderzug mit rund 800 SA-Männern, die trotz eines polizeilichen Verbots in geschlossener Formation marschierten, Hakenkreuzfahnen entrollten und eine Massenschlägerei mit sozialistischen Arbeitern am Straßenrand provozierten. Obwohl die NSDAP-Delegation zu den kleinsten gehörte, hatte sie sich mit Gewalt erfolgreich einen Namen in Nordbayern gemacht. Als sich ebenfalls im Oktober der einflussreiche völkische Politiker Julius Streicher in Nürnberg mitsamt seiner Anhängerschaft der NSDAP unter Hitler anschloss, war die Partei erstmals über München hinausgekommen und hatte ihre Mitgliederzahl auf rund 20000 verdoppelt.

Ein weiteres Ereignis im Oktober 1922 sollte für die junge NSDAP prägend werden: Mussolinis „Marsch auf Rom“. Zwar war hinter den Kulissen in Absprache mit dem italienischen König die Übergabe der Macht an Mussolini bereits eine fest verabredete Angelegenheit gewesen, aber als etwa 20000 faschistische „Schwarzhemden“ am 28. Oktober aus verschiedenen Richtungen auf Rom zumarschierten, war der Mythos vom „Marsch auf Rom“ als heldenhafte faschistische Machtergreifung geboren und wirkte sich sofort auf die rechten, putschbereiten Gruppen in Deutschland aus. Anfang November 1922 verkündete der „Völkische Beobachter“, dass nun auch Deutschland einen Mussolini habe: „Er heißt Adolf Hitler“.

Krisenjahr 1923

Hyperinflation

Als die Reichsregierung im Herbst 1922 um die Stundung von Reparationszahlungen bat und auch mit den Lieferungen von Kohle und Holz in Verzug kam, besetzten französische und belgische Truppen am 11. Januar 1923 das Ruhrgebiet, um die Lieferung von Kohle und Eisen zu erzwingen. Der daraufhin von der deutschen Regierung ausgerufene „passive Widerstand“ zerrüttete Wirtschaft und Staatsfinanzen und trieb die Geldentwertung in eine kaum vorstellbare Dimension. Hatte der Wechselkurs der Mark zum US-Dollar im Dezember 1922 noch bei 8000 gelegen, stieg er bis zum April 1923 auf 20000 an und erreichte Anfang August die schwindelerregende Marke von einer Million. Danach sank der Wert der Reichsmark ins Bodenlose. Vor allem die sozial Schwachen, Soldatenwitwen, Rentner oder Kriegsinvaliden, waren der Hyperinflation, die ihre ohnehin kärglichen Renten radikal dezimierte, ohnmächtig ausgeliefert. Hingegen minimierte die Hyperinflation ebenso alle Geldschulden. Gerade diejenigen, denen es mit Geschick und Skrupellosigkeit gelang, sich Geld zu leihen, um damit Sachwerte zu kaufen, konnten glänzende Geschäfte machen. Alle antisemitischen Ressentiments gegen angeblich jüdische Geschäftemacher und Spekulanten wurden wieder virulent. Bürgerliche Grundsätze wie: „Gutes Geld für gute Arbeit“ oder „Sparen heißt das Alter sichern“ zerstoben im Wirbel der Hyperinflation, die eben nicht nur die materiellen Sparvermögen vernichtete, sondern auch den Glauben an die Gültigkeit der immateriellen Werte bürgerlicher Gesellschaft. Erst im November 1923 gelang es dem neuen Reichskanzler Gustav Stresemann von der rechtsliberalen Deutschen Volkspartei (DVP), mit einer einschneidenden Währungsreform die Hyperinflation zu stoppen und wieder die Stabilität des Geldwertes zu erreichen.

Rheinlandbesetzung

Politisch geriet der „Ruhrkampf“ zu einer Arena separatistischer wie nationalistischer Extremisten. Insbesondere erregten die schwarzen französischen Soldaten aus den Kolonien die deutschen Gemüter. Selbst ein in seinem republikanischen Denken unzweifelhafter Sozialdemokrat wie Reichspräsident Friedrich Ebert äußerte im Februar 1923, „dass die Verwendung farbiger Truppen niederster Kultur als Aufseher über eine Bevölkerung von der hohen geistigen und wirtschaftlichen Bedeutung der Rheinländer eine herausfordernde Verletzung der Gesetze europäischer Zivilisation“ sei.

Die französische Seite reagierte auf den zivilen Widerstand mit Verhaftungen, Hausdurchsuchungen und Ausweisungen. Ende März wurden bei einer Demonstration in Essen 14 Krupp-Arbeiter von französischen Truppen erschossen. Als am 26. Mai 1923 der junge nationalsozialistische Aktivist und ehemalige Freikorpsoffizier Albert Leo Schlageter, der als Führer eines Sabotagekommandos Eisenbahnschienen gesprengt hatte, zum Tode verurteilt und hingerichtet wurde, stilisierte ihn die NSDAP zum nationalsozialistischen Märtyrer. Selbst die Kommunisten versuchten, durch nationale Rhetorik und Lobreden auf den „jungen Aktivisten“ Schlageter, der das Richtige gewollt, sich jedoch der falschen Seite angeschlossen habe, aus der nationalen Welle Gewinn zu ziehen.

Linke wie Rechte waren bemüht, die Krise radikal für sich zu nutzen. Die KPD versuchte im Oktober 1923 mit finanzieller Hilfe der Sowjetunion einen Aufstand, der aber nur in Hamburg wenige Tage zu spüren war und kläglich scheiterte. Die NSDAP, der in diesen Krisenmonaten über 35000 neue Mitglieder zuströmten, fühlte sich stark genug, den „Marsch auf Berlin“ zu wagen. In Großkundgebungen hetzten die Nationalsozialisten und andere Organisationen in München gegen die „Novemberverbrecher“ in Berlin. Zentrale Symbolfigur der völkischen Staatsstreichpläne war General Erich Ludendorff, bei dem sich die Spitzen der paramilitärischen Organisationen trafen und der Hitler nunmehr Reputation auch auf Reichsebene verschaffte. Die Ernennung Gustav Ritter von Kahrs zum Staatskommissar in Bayern mit diktatorischen Vollmachten durch die dortige rechtskonservative Regierung, verbunden mit der Erklärung des Ausnahmezustands, fachte die kursierenden Staatsstreichpläne weiter an.

Hitler-Ludendorff-Putsch

Im November wagte Hitler in München, die putschbereiten Kräfte vor vollendete Tatsachen zu stellen. Zusammen mit Ludendorff heckte er den Plan aus, bei einer Versammlung am 8. November im Bürgerbräukeller, zu der alle prominenten rechten Politiker erscheinen würden, die Übernahme der Regierung zu erklären und die zögernde Rechte zum Mitmachen zu zwingen. Doch schlossen sich weder das Militär noch die Polizei dem Putsch an. Hitler, der glaubte, durch eine Demonstration der Stärke doch noch zum Erfolg zu kommen, marschierte mit seinen Anhängern am Morgen des 9. November durch die Münchner Innenstadt. Vor der Feldherrenhalle wurden die Demonstranten von einer Polizeitruppe aufgehalten. Welche Seite zuerst schoss, konnte nie geklärt werden. Im anschließenden heftigen Schusswechsel kamen vier Polizisten und 14 Putschisten, darunter Max Erwin von Scheubner-Richter, der vorne Arm in Arm mit Hitler marschiert war, ums Leben. Hätte die Kugel nur wenige Zentimeter weiter rechts getroffen, bemerkte der britische Historiker und Hitler-Biograph Ian Kershaw lapidar, wäre die Weltgeschichte anders verlaufen.

Hitler und die anderen Hochverräter wurden verhaftet und vor Gericht gebracht. Was das endgültige Ende der politischen Karriere Hitlers und der NSDAP hätte bedeuten müssen, geriet indessen zur propagandistischen Umdeutung und Mythologisierung der „Novemberrevolution“ von 1923. Der Vorsitzende Richter besaß offenkundig viel Sympathie für die Putschisten und ließ den Angeklagten breiten Raum für deren propagandistische Verteidigung. Über den Prozess und über die Reden der Angeklagten wurde ausführlich in den Zeitungen berichtet; als am 1. April 1924 das Urteil verkündet wurde, waren die Zuschauerbänke des Gerichtssaals voll besetzt. Ludendorff wurde freigesprochen, Hitler zu fünf Jahren Festungshaft verurteilt, aus der er bereits am 20. Dezember 1924 entlassen wurde. Für seine weitere politische Karriere in Deutschland war weit mehr von Bedeutung, dass er als österreichischer Staatsangehöriger nicht ausgewiesen wurde, was angesichts seiner Straftat eigentlich erwartbar gewesen wäre.

Bei den bayrischen Landtagswahlen im April 1924 erzielte das Wahlbündnis Völkischer Block einen Stimmenanteil von 17 Prozent und lag damit gleichauf mit der SPD. Und auch bei den Reichstagswahlen einen Monat später gaben 16 Prozent der bayrischen Wählerinnen und Wähler ihre Stimme den Völkischen, die reichsweit auf 6,5 Prozent der Stimmen kamen und mit 32 Abgeordneten, darunter zehn Nationalsozialisten, in den Reichstag einzogen. Aber trotz des Triumphes vor Gericht und der folgenden, durchaus beachtlichen Wahlergebnisse war klar, dass der Weg des Staatsstreiches vorerst an sein Ende gelangt war und eine neue politische Strategie ausgearbeitet werden musste.

Erste Erfolge

Hitler nutzte die Festungshaft in Landsberg, um die politische Taktik der NSDAP nach dem Putschdebakel neu abzustecken. Dabei kam ihm zugute, dass er einerseits innerhalb der Partei und der völkischen Szene mittlerweile die Aura eines unbeugsamen Führers errungen hatte, andererseits aus dem Gefängnis heraus nicht in die organisatorischen Tagesgeschäfte eingreifen konnte. Also überließ er es der zweiten Führungsriege, die Partei zu verwalten, zog sich offiziell für eine Zeit aus der Politik zurück und konnte sich sicher sein, dass jeder Streit unter den rivalisierenden Gruppen und Anführern seinen eigenen Nimbus als Führer nur stärken würde.

Er selbst schrieb iwährend seiner Haftzeit, in der er bequem mit nahezu unbeschränkten Besuchs- und Versorgungsmöglichkeiten ausgestattet war, den ersten Teil von „Mein Kampf“.

Quellentext„Mein Kampf“

„Mein Kampf“ umfasste zwei Bände: eine politisch stilisierte Auto-biographie Adolf Hitlers und eine programmatische Schrift zu sämtlichen Aspekten der nationalsozialistischen „Weltanschauung“: eine Abrechnung mit den „Novemberverbrechern“ und dem Parlamentarismus, Ausführungen zum völkischen Rassismus, radikalen Antisemitismus, Antimarxismus, zur „Lebensraum-Philosophie“ und zum Führerkult.

Der erste Band wurde 1925, der zweite Ende 1926 veröffentlicht. Eine sogenannte Volksausgabe in einem Band erschien 1930. Trotz zunächst eher mäßigen Verkaufserfolgen blieb Hitlers Buch nicht unbeachtet. Die Reaktionen reichten von intellektueller Geringschätzung über harsche Kritik aus dem konkurrierenden völkischen Lager, teils wohlwollenden Einschätzungen aus konfessionellen Milieus bis hin zu Bewunderung. Ein „ungelesener Bestseller“, wie Historiker noch Mitte der 1960er-Jahre glaubten, war „Mein Kampf“ keineswegs.

Waren schon 1932 nach den Wahlerfolgen der NSDAP beachtliche 90000 Exemplare verkauft worden, explodierten die Verkaufszahlen nach der Machtübernahme 1933. Von 1936 an sollte allen neu vermählten Ehepaaren eine Ausgabe als Hochzeitsgeschenk überreicht werden, was aber keineswegs alle Standesämter taten. Ab 1939 entwickelte sich die Wehrmacht zum Großabnehmer des Buches.

Bis 1945 wurde „Mein Kampf“ in über zehn Millionen Exemplaren verkauft und in 16 Sprachen übersetzt, wodurch der Autor Adolf Hitler Millionen verdiente und 1933 publikumswirksam auf sein Gehalt als Reichskanzler verzichten konnte. Dieses Vermögen diente Hitler unter anderem dazu, Würdenträger des Regimes und Wehrmachtsgeneräle mit großzügigen Geldgeschenken an sich zu binden.

Als Hitler am 20. Dezember 1924 das Gefängnis verließ, befand sich die völkische Bewegung auf einem Tiefpunkt. In den Reichstagswahlen vom 7. Dezember 1924 hatte die Nationalsozialistische Freiheitsbewegung, einer der mannigfaltigen Versuche einer völkischen Einheitsorganisation unter Einschluss der Nationalsozialisten, nur noch drei Prozent der Stimmen erhalten und damit real über eine Million Wähler verloren; die völkischen Führer hatten sich als wenig erfolgreich erwiesen und waren untereinander zerstritten. Während es den bürgerlichen Weimarer Politikern schien, als sei die völkische Politik erledigt, bot deren Krise Hitler die Chance eines Neubeginns unter seiner ausschließlichen Führung.

Am 16. Februar 1925 wurde in Bayern das Verbot der NSDAP und des „Völkischen Beobachters“ wieder aufgehoben; allerdings hatte Hitler außerhalb Bayerns weiterhin ein öffentliches Redeverbot. Sogleich verkündete er die Neugründung der Partei zum 27. Februar 1925, der nur beitreten konnte, wer einen erneuten Mitgliedsantrag stellte. Damit hatte die Parteiführung eine zentrale Mitgliederkontrolle in der Hand.

Erneut kam Hitler ein günstiger Zufall zugute. Am 28. Februar 1925 starb Friedrich Ebert, der erste und einzige sozialdemokratische Reichspräsident der Weimarer Republik. Sozialdemokraten, Liberale und katholisches Zentrum einigten sich auf den Zentrumspolitiker Wilhelm Marx als Kandidaten, dessen Sieg sicher schien. Für die politische Rechte ging der 78-jährige Generalfeldmarschall Paul von Hindenburg ins Rennen. Hitler hatte Ludendorff überredet, im ersten Wahlgang als Kandidat der extremen Rechten anzutreten, was diesem schmeichelte, aber für ihn in einer deutlichen Niederlage endete. Ludendorff erhielt nur ein Prozent der Stimmen, das war noch einmal ein Rückgang gegenüber der Reichstagswahl 1924. In der Stichwahl siegte Hindenburg gegen Marx, weil es ihm gelang, über das konservative protestantische Milieu in Nord- und Ostdeutschland hinaus auch katholische Kreise in Süd- und Westdeutschland zu gewinnen.

Hitlers Macht konzentrierte sich nach wie vor auf München und Süddeutschland. Außerhalb Bayerns war er auf einflussreiche Parteiführer wie Gregor Straßer angewiesen, der die Arbeitsgemeinschaft der nordwestdeutschen Gauleiter, also der dortigen regionalen Parteiführer, anführte, ein lockeres Bündnis eher „linker“ Strömungen in der NSDAP. Dessen Bruder, Otto Straßer, gab die Zeitschrift „Der Nationale Sozialist“ heraus und vertrat eine betont sozialistische Linie. Auch der junge Joseph Goebbels gehörte als Redakteur der „Nationalsozialistischen Briefe“ zur parteiinternen „Linken“. Erst im Frühjahr 1926 gelang es Hitler, auf einer Parteiführertagung in Bamberg diese konkurrierenden Strömungen zurückzudrängen, nicht zuletzt weil Goebbels mit Begeisterung auf Hitlers Seite wechselte. Nun erklärte Hitler jede programmatische Diskussion für beendet.

Nach Ludendorffs Debakel und dem Sieg über die innerparteilichen Konkurrenten galt Hitler als anerkannter „Führer“, der für sich die absolute Herrschaft innerhalb der NSDAP beanspruchte. Immer stärker inszenierte die Partei einen „Führerkult“ um Hitler. Parteimitglieder hatten nun mit „Heil Hitler“ zu grüßen; die Jugendorganisation wurde „Hitlerjugend“ genannt; Hitlers Wort galt in der Partei als unumstößlich; das Parteiprogramm verschmolz immer mehr mit seiner Person. Insbesondere Goebbels, der 1930 Reichspropagandaleiter wurde, stellte die Außenwirkung der Partei ganz entscheidend auf die Person Hitlers ab, der nicht als „Führer“ der NSDAP, sondern des ganzen Deutschland präsentiert wurde. Hitlers Machtstellung gründete damit zum einen in der unumstrittenen Führungsrolle innerhalb der NSDAP, zum anderen in der außergewöhnlichen symbolischen Position eines „Führers“. Die Führererwartung breiter gesellschaftlicher Kreise, die sich Orientierung erhofften, traf auf den bewusst inszenierten Führerkult, den die Propaganda der Partei unaufhörlich betrieb.

Zusätzlich entstand in den folgenden Jahren ein Netzwerk von Berufs- und Sonderorganisationen um die NSDAP herum. Neben der „Hitler-Jugend“ gründeten sich 1926 der „Nationalsozialistische Deutsche Studentenbund“, 1928 der „Bund Nationalsozialistischer Juristen“, 1929 der „Nationalsozialistische Deutsche Ärztebund“ und der „Kampfbund für Deutsche Kultur“, 1929 der „Nationalsozialistische Schülerbund“, 1930 der „Agrarpolitische Apparat“ und die „Nationalsozialistische Betriebszellenorganisation“ (NSBO).

QuellentextHitlers Weltbild

[...] Wenn man die starren Koordinaten [von Hitlers] Weltbild [...] systematisch ordnet, stößt man auf zehn axiomatische Basisüberzeugungen.
1. Hitler verstand die Geschichte als endlosen sozialdarwinistischen Kampf, in dem sich das Recht des Stärkeren, die natürliche Auslese der Überlegenen, das Überleben der Tüchtigsten durchsetzte. Der Krieg wurde als „Vater aller Dinge“ glorifiziert. So gesehen verstand Hitler seine Politik zuerst als Kriegserklärung, dann als Kriegsführung gegen die bestehende Welt und die vorherrschende Weltauffassung.
2. In diesem welthistorischen Kampf besaß das „arische“ Volk der Deutschen dank seiner unübertrefflichen Rassequalität im Prinzip die Überlegenheit, die ihm das Anrecht auf die Eroberung der weltpolitischen Führung gewährte. [...]
3. Innerhalb dieses von der Natur privilegierten Rassestaats galt das Führerprinzip. [...]
4. Als Handlungseinheit und Loyalitätspol, als Integrationszentrum und Lebenssinn besaß die Nation den höchsten Wert. [...]
5. Das innere Ordnungsgefüge der Nation mußte zur „Volksgemeinschaft“ umgebaut werden [...].
6. Mit der Etablierung der „Volksgemeinschaft“ sollte auch der Marxismus, den die NS-Bewegung von Anfang an erbittert bekämpft hatte, endgültig überwunden werden. [...]
7. Wie die Zielutopie und die Politik aller Linksparteien abgelehnt wurden, gehörten auch Liberalismus und Demokratie in die Rumpelkammer der Geschichte. Die Republik und der Parlamentarismus mußten einer autoritären Staatsform weichen. Dank dieser antiliberalen und antidemokratischen, antirepublikanischen und antiparlamentarischen Grundhaltung wurde der Nationalsozialismus zum Erben aller völkischen und rechtsradikalen Strömungen, aber auch vieler in die Gesellschaft tief hineinreichender antimoderner Traditionen.
8. Die höchste Priorität genossen jedoch zwei weitere Zielvorstellungen: die „Entfernung der Juden“ – dieses „unverrückbar“ feststehende „letzte Ziel“ des Antisemitismus hatte Hitler, wie erinnerlich, schon in seinem ersten politischen Schriftstück vom September 1919 fixiert – und die Eroberung von „Lebensraum im Osten“. [...]
9. Um den Kampf um die Weltherrschaft, der in diesem wahnhaften Denken einen so prominenten Platz besaß, auch gegen die Intrigen des „Weltjudentums“ durchstehen zu können, bedurfte das „Dritte Reich“ einer riesigen kontinentalen Machtbasis, die nur durch die imperialistische Eroberung von „Lebensraum“ in Rußland gewonnen werden konnte. [...]
10. Judenvernichtung und Lebensraumeroberung – sie gehörten zu den essentiellen Bestandteilen von Hitlers Gegenwarts- und Endzeitvorstellung. Nach dem Armageddon der Juden, das der „Führer“ herbeizuführen bestimmt sei, öffnete sich eine grandiose Zukunft: die Weltherrschaft der „Arier“, vertreten durch das „Großgermanische Reich Deutscher Nation“.

Hans-Ulrich Wehler, Deutsche Gesellschaftsgeschichte 1914-1949, C. H. Beck, München 2003, S. 577 ff.

Agitation auf dem Land

Aber noch stand die NSDAP am Beginn ihres politischen Aufstiegs. Sieger der Reichstagswahl vom 20. Mai 1928 waren die Sozialdemokraten und die Kommunisten. Die SPD wurde mit knapp 30 Prozent der Stimmen stärkste Partei und erreichte damit ihr bestes Wahlergebnis seit 1919; die KPD erhielt gut zehn Prozent. Dagegen verlor die Deutschnationale Volkspartei (DNVP) fast ein Drittel ihrer Wähler und kam nur noch auf gut 14 Prozent. Die NSDAP, die erstmals allein antrat, erreichte spärliche 2,6 Prozent der Stimmen, konnte aber dennoch, da es in der Weimarer Republik keine 5-Prozent-Sperrklausel gab, zwölf Abgeordnete in den Reichstag entsenden.

Vor allem in den Städten, sieht man einmal von München, Nürnberg, Koblenz und Weimar ab, wo sie jeweils über zehn Prozent erreichte, waren die Ergebnisse für die NSDAP miserabel. In Berlin errang sie zwar öffentliche Aufmerksamkeit, aber noch keine Wählerstimmen und erzielte nur 1,6 Prozent. Auf dem Land sah die Lage allerdings anders aus. In Franken und Oberbayern lagen die Stimmanteile deutlich über dem Durchschnitt, aber auch in den ländlichen Regionen Norddeutschlands, wo sie bislang kaum aktiv gewesen war, hatten deutlich mehr Wählerinnen und Wähler als im Reichsdurchschnitt der NSDAP ihre Stimme gegeben. Die Parteiführung zog daraus den folgerichtigen Schluss und verlagerte das Schwergewicht der Propaganda auf die ländlichen Gebiete und kleineren Städte, um die Bauern und den Mittelstand zu gewinnen.

Die Lage der Landwirtschaft war in dieser Zeit sehr angespannt. Durch die langjährige Schutzzollpolitik war zwar der Import billigen Getreides vom Weltmarkt abgewehrt und die deutsche Landwirtschaft geschont worden, diese zugleich aber davon abgehalten, ihre Produktionsmethoden an das Weltmarktniveau anzugleichen. Die unabänderlich notwendige Modernisierung der Agrarproduktion war nun – mit der Öffnung der Märkte in der Weimarer Republik – verbunden mit einem Anstieg der Preise für Maschinen, Kunstdünger und Geräte und zwang viele Bauern, Kredite aufzunehmen. Zugleich verfielen die Erzeugerpreise aufgrund einer weltweiten Überproduktion insbesondere von Getreide. Da zahlreiche Höfe nicht mehr in der Lage waren, die Zinsen, geschweige denn den Kredit selbst, abzubezahlen, waren Zwangsversteigerungen die Folge. Wie in Schleswig-Holstein, wo die „Landvolkbewegung“ Zehntausende mobilisierte und in einen, zum Teil gewalttätigen Widerstand trieb, setzten sich auch in Ostpreußen die Bauern zur Wehr.

Die militante Aufkündigung staatsbürgerlicher Loyalität darf nicht unterschätzt werden. Denn sie war Ausdruck dafür, wie sich der Hass gegen das Weimarer „System“ verstärkte, das anscheinend nicht in der Lage war, die wirtschaftliche Not zu lindern und die bedrängten Bauern gegen die ruinösen Ansprüche der Gläubiger zu schützen. Die staatliche Pflicht zur Zwangsvollstreckung, wenn der Gläubiger vor Gericht die Eintreibung seiner Schulden erstritten hatte, erschien den Betroffenen als Parteinahme des bürgerlichen Staates für das anonyme, kalte, „raffende“ Kapital. Der rasante Aufstieg der Nationalsozialisten innerhalb weniger Jahre ist daher nicht allein mit der sozialen Misere zu erklären, sondern bedurfte auch dieser politischen Ablösung aus der Loyalität zur bürgerlichen Rechtsordnung und der Hinwendung zu Selbsthilfe und Gewalt.

Ende 1928 schilderte die Wochenzeitung des „Centralvereins deutscher Staatsbürger jüdischen Glaubens“ (CV) unter der Überschrift „Nationalsozialistischer Terror! Flaches Land und Kleinstadt werden besonders bearbeitet“ über mehrere Seiten hinweg die Gewaltaktionen gegen Juden im Deutschen Reich, wobei neben Bayern besonders das angrenzende sächsische Vogtland, das Rheinland, Hannover und Ostfriesland, Groß-Berlin und Ostpreußen herausgehoben wurden. In der Tat ging die NSDAP aufgrund der Wahlerfolge in den ländlichen Gebieten verstärkt dazu über, in den kleinen und mittleren Orten Präsenz zu zeigen und Stärke zu demonstrieren. Dazu wurden regional SA-Einheiten zusammengezogen, die dann in geschlossener Formation durch die Dörfer marschierten.

Sicher bedeutete ein solches Spektakel für die Dorfbevölkerung auch eine willkommene Abwechslung, vergleichbar mit dem Jahrmarkt, einer Filmvorführung oder einem Zirkusbesuch. Zugleich aber sorgte der stereotype Ablauf, der immer wieder Gelegenheit zu gezielten Gewaltausbrüchen bot, dafür, dass der jeweilige Ort für Stunden von der SA regelrecht beherrscht wurde und die normale Ordnung des Dorfes außer Kraft gesetzt war: Gefallenenehrung vor dem örtlichen Kriegerdenkmal, Propagandamarsch durch die Kleinstadt, öffentliche Kundgebung, Standkonzert der SA-Kapelle, abendliche Saalveranstaltung und schließlich nächtlicher Fackelmarsch und Zapfenstreich.

Propaganda

Die Rednerveranstaltung bildete die Basis der politischen Arbeit. 1928 verfügte die NSDAP über reichsweit 300 Redner, die in diesem Jahr allein 20000 Veranstaltungen bestritten. Noch im selben Jahr wurde eine zentrale Rednerschule geschaffen, mit deren Hilfe es in den nächsten beiden Jahren gelang, die Zahl der Redner bis zur Reichstagswahl 1930 auf etwa tausend zu verdreifachen. Seither führte die NSDAP, was die Versammlungsdichte betraf, die Statistik vor den Kommunisten und Sozialdemokraten an. Gerade in der Provinz traten nationalsozialistische Redner auf. Eine Denkschrift des Preußischen Innenministeriums aus dem Mai 1930 konstatierte, dass kaum ein Tag vergehe, an dem nicht selbst in den entlegenen Bezirken mehrere nationalsozialistische Versammlungen stattfänden. Die Redner seien gut geschult, gingen geschickt mit ihren Themen auf die Zuhörer ein und sorgten nach den Beobachtungen der Polizei für fast durchweg überfüllte Säle und Beifall des Publikums. Versammlungen mit 1000 bis 5000 Teilnehmern seien in den größeren Städten eine tägliche Erscheinung.

Die zweite wichtige Propagandaform waren die Straßendemonstrationen in den Städten und Werbemärsche in der Provinz durch die SA. „Die einzige Form, in der sich die SA an die Öffentlichkeit wendet“, hieß es im SA-Befehl „SA und Öffentlichkeit (Propaganda)“ vom November 1926, „ist das geschlossene Auftreten. Dieses ist zugleich eine der stärksten Propagandaformen.“ Neben den Parolen, Kundgebungen und Flugblättern sollte vor allem der SA-Mann selbst das „junge Deutschland“ verkörpern.

Massenveranstaltungen und Demonstrationen waren nicht bloß politische Manifestationen, sondern überlegte und organisierte Inszenierungen, die Macht und Überlegenheit vermitteln sollten. Komplexe Sachverhalte wurden auf einfache Slogans und eindeutige Symbole reduziert. Nicht nur bei der NSDAP, die gesamte politische Auseinandersetzung in der Weimarer Republik war ganz wesentlich von einem neuen Bildmedium geprägt: dem Plakat, das, in hoher Auflage gedruckt, massenhaft vor allem in den Städten verbreitet werden konnte. Auf einem Plakat konnten Bild und Text, Slogan und Symbol, Form und Farbe in wirksamer Weise konzentriert werden. „Unser Krieg wird in der Hauptsache mit Plakaten und Reden geführt“, schrieb Goebbels am 1. März 1932 in sein Tagebuch. Im Reichstagswahlkampf im Juli 1932 ließ allein die Hamburger NSDAP über 77000 Plakate kleben. Gewalttätige Parolen wie „Zerschmettert den Weltfeind“ (1928) oder „Haut sie zusammen!“ (1930), die durch die Darstellung von kraftstrotzenden Männern mit zum Schlag erhobenen Hämmern gegen die „internationale Hochfinanz“ oder die bürgerlichen Parteien bekräftigt wurden, dominierten die Wahlkämpfe 1928 und 1930, während danach Zukunftsversprechen wie „Arbeit und Brot“ und die Fokussierung auf Hitler die Propaganda beherrschten.

Inhaltlich richtete sich die NS-Propaganda in den Wahlkämpfen 1928 und 1930 gegen die Sozialdemokraten, denen Verrat wegen ihrer Zustimmung zum Versailler Vertrag, Korruption und Bonzentum vorgeworfen wurde. Als „Büttel der jüdischen Hochfinanz“ treibe die SPD Deutschland in den Abgrund. Nicht zuletzt mobilisierten die Nationalsozialisten im „Kampf gegen den Marxismus“ die antikommunistischen Ängste des Bürgertums auch gegen die Sozialdemokraten. Zwar stand der Antisemitismus nicht ausdrücklich in der Propaganda im Vordergrund, aber Weimarer Republik, Demokratie und Judentum wurden im „Kampf gegen das System“ untrennbar miteinander verknüpft. Im Reichstagswahlkampf 1930 wurden die politischen Repräsentanten der Republik als Juden dargestellt und die Forderung gestellt: „Deutsches Volk, Du hast zu wählen“.

Ein zunehmend wichtiger werdendes Element in der Propaganda der Partei wurde die Person Adolf Hitler selbst. Mochte es auch noch weiterhin politische Richtungskämpfe und Machtauseinandersetzungen zwischen Partei- und SA-Führern gegeben haben, an der Rolle Hitlers als „Führer“, der das divergierende völkische Spektrum als Symbol der Einheit verkörperte, rüttelte niemand mehr. Joseph Goebbels und Rudolf Heß bemühten sich ihrerseits, den „Führer-Mythos“ (Ian Kershaw) zu festigen und auszubauen.

Dass es eine lange deutsche Führertradition gab, die über Bismarck, Friedrich II., Luther bis zum Kaiser Barbarossa zurückreichte, und nach der Katastrophe des Ersten Weltkriegs erst recht nach einem willensstarken, weitsichtigen, tatkräftigen „Führer“ verlangt wurde, kam der Inszenierung des Hitlerbildes durchaus entgegen. Zudem besaß er im Unterschied beispielsweise zum greisen Reichspräsidenten Hindenburg nicht nur den Vorteil, jung zu sein, sondern vor allem als ein „Mann aus dem Volk“ zu gelten, „einer von uns“ zu sein, der zeigt, was „in uns steckt“, ein Außenseiter jenseits des politischen Alltagsbetriebes des Kompromisses, jemand, der aus der Routine ausbricht und das Unvorgesehene tut, „instinktiv“ Entscheidungen trifft und etwas wagt.

Die Mobilisierung der Partei wurde durch die Krise der Weimarer Republik unterstützt. Der weltweite Konjunkturrückgang ließ auch in Deutschland die Zahl der Arbeitslosen steigen. Im Februar 1929 waren es erstmals über drei Millionen, was die KPD glauben machte, mit einem scharfen Linkskurs die Arbeitermassen revolutionär mobilisieren zu können. Trotz des Demonstrationsverbots, das der sozialdemokratische Polizeipräsident von Berlin, Karl Friedrich Zörgiebel, nach blutigen Auseinandersetzungen zwischen Kommunisten und Nationalsozialisten im Dezember 1928 verhängt hatte, demonstrierte die KPD am 1. Mai 1929 und lieferte sich schwere Straßenschlachten mit der Polizei. Über 30 Tote, 194 Verletzte und über 1200 Verhaftungen waren die Folge dieses „Blutmai“, wie er in der Agitation der KPD anschließend hieß.

Zudem wurde die Reparationsfrage neu aufgerollt, als im Juli 1929 der sogenannte Young-Plan zwischen den Alliierten und der deutschen Reichsregierung unterzeichnet wurde, mit dem Reparationszahlungen bis in das Jahr 1988 hinein vereinbart worden waren. Zwar hatte die deutsche Delegation durchaus einiges zugunsten des Reiches in den Verhandlungen erreicht, aber die deutsche Rechte, einschließlich der NSDAP, machte dessen ungeachtet mit aller Gewalt gegen den Young-Plan mobil. Als am 24. Oktober 1929 („Schwarzer Freitag“) die internationalen Börsen zusammenbrachen und ein weltweites wirtschaftliches Erdbeben auslösten, war die tiefe ökonomische wie soziale Krise unübersehbar geworden.

Wahlerfolg 1930

In dieser Situation erweckte die politische Klasse in Berlin keineswegs den Anschein, der schwierigen Lage gewachsen zu sein. Im März 1930 brach das sozialdemokratisch geführte Kabinett, das sich auf eine Reichstagsmehrheit von SPD, DDP, DVP und Zentrum hatte stützen können, an seinen inneren politischen Widersprüchen auseinander. Die nachfolgende Regierung unter dem Zentrumspolitiker Heinrich Brüning brauchte sich nicht mehr, so die Zusage des Reichspräsidenten Hindenburg, um parlamentarische Mehrheiten zu kümmern, sondern konnte mit Notverordnungen aufgrund des Artikels 48 regieren, der laut Verfassung nur bei Gefahr der öffentlichen Sicherheit und Ordnung angewandt werden durfte. Als eine Mehrheit des Reichstags am 16. Juli 1930 von ihrem Verfassungsrecht Gebrauch machte und die ersten Notverordnungen zu Steuerfragen zurückwies, löste Brüning mit einer Vollmacht Hindenburgs den Reichstag auf und setzte Neuwahlen für den 14. September 1930 fest – eine klare Missachtung der verfassungsmäßigen Rechte des Parlaments. Von nun an regierten bis 1933 autoritäre Präsidialkabinette ohne parlamentarische Mehrheit allein mit der Notverordnungsvollmacht des Reichspräsidenten; die parlamentarische Demokratie war faktisch ausgesetzt.

Insgesamt hatte sich die politische Landschaft mittlerweile nach rechts verschoben. In der Deutschnationalen Volkspartei, die in den Reichstagswahlen 1928 zwar fast ein Drittel ihrer Wähler verloren hatte, aber dennoch nach der SPD zweitstärkste Fraktion des Reichstags blieb, hatte der rechtsnationalistische Chef eines weit verzweigten Presse- und Filmkonzerns, Alfred Hugenberg, die Wahlniederlage genutzt, um die bisherige nationalkonservative Parteiführung abzulösen und sich an die Spitze der Partei zu stellen. Auch im katholischen Zentrum übernahm mit dem Trierer Prälaten Ludwig Kaas eine deutlich national-autoritäre Figur die Führung der Partei und drängte den sozialen Katholizismus an den Rand. Und wer die Wahlen in jenen Monaten aufmerksam beobachtete, konnte den unaufhörlichen Aufstieg der NSDAP kaum übersehen.

Bei den Landtagswahlen in Sachsen im Mai 1929 stieg der Anteil der NSDAP-Stimmen von 1,6 Prozent auf fünf Prozent, bei den badischen Landtagswahlen im Oktober 1929 erreichte sie sieben Prozent und hatte damit die Zahl ihrer Wähler versiebenfacht. In Berlin wählten einen Monat später über 130000 Wähler, knapp sechs Prozent, die Nationalsozialisten. Damit zogen erstmals 13 NSDAP-Abgeordnete in die Berliner Stadtverordnetenversammlung ein. Und im Dezember 1929 gewann die Partei in Thüringen über elf Prozent der Stimmen, was dazu führte, dass ein Nationalsozialist, Wilhelm Frick, als Minister für Inneres und Volksbildung Mitglied in einer Landesregierung wurde. Als im Juni 1930 erneut Landtagswahlen in Sachsen notwendig wurden, verdreifachte die NSDAP ihr Vorjahresergebnis nahezu auf nunmehr über 14 Prozent.

Im Wahlkampf für die Reichstagswahlen im September 1930, der von Joseph Goebbels als frisch ernanntem Reichspropagandaleiter geführt wurde, waren die Nationalsozialisten überaus aktiv. Im Sommer fanden bis hin in die entlegensten Orte Wahlveranstaltungen der NSDAP statt. Allein in den letzten vier Wochen vor dem Wahltermin waren nicht weniger als 34000 Versammlungen angesetzt. In seinen Reden griff Hitler die parlamentarische Demokratie und die Parteien scharf an, die allesamt nur Interessen vertreten würden, während die NSDAP für die ganze „Volksgemeinschaft“ stünde.

Trotz aller Anzeichen war das Ergebnis der Reichstagswahlen am 14. September 1930 für viele Beobachter ein Schock. Während die SPD im September 1930 zwar Stimmen verlor, mit 24,5 Prozent aber immer noch stärkste Reichstagsfraktion blieb und die KPD ihren Anteil auf 13,1 Prozent steigern konnte, erlitt das bürgerliche Lager dramatische Verluste. Dagegen übertraf der Erfolg der NSDAP selbst die eigenen Erwartungen. Ihre Stimmenzahl stieg von gut 800000 auf über 6,4 Millionen, das entsprach einem Anteil von 18,3 Prozent. Damit wurde die NSDAP auf Anhieb zweitstärkste Partei und zog mit 107 Abgeordneten in den Reichstag ein – ein politischer Erdrutsch, wie es ihn in der Geschichte der parlamentarischen Wahlen in Deutschland bis dahin noch nicht gegeben hatte.

Wählerinnen und Wähler der NSDAP

Woher kamen die Stimmen für die NSDAP? Erstens konnten die Nationalsozialisten stärker als andere Parteien bisherige Nichtwähler, vor allem in den ländlichen Wahlkreisen, mobilisieren und profitierten vom generellen Anstieg der Wahlbeteiligung. Hatten 1928 gut 31 Millionen Bürgerinnen und Bürger ihre Stimme abgegeben, waren es im Sommer 1932 knapp 37 Millionen, bei den Märzwahlen 1933 sogar 39 Millionen. Rund ein Viertel derjenigen, die 1930 für die NSDAP votierten, waren zwei Jahre zuvor nicht zur Wahl gegangen.

Zweitens konnten die Nationalsozialisten in hohem Maße Stimmen aus dem deutschnationalen und rechtsbürgerlichen Lager abziehen, wie die drastischen Verluste der Deutschnationalen Volkspartei DNVP und der Deutschen Volkspartei DVP zeigten. Die DNVP, die im Dezember 1924 mit über sechs Millionen Stimmen bei mehr als zwanzig Prozent gelegen hatte, erreichte jetzt gerade einmal sieben Prozent; die DVP halbierte im selben Zeitraum ihre Stimmenzahl und kam auf nur noch knapp fünf Prozent. Überall dort, wo diese Parteien Stimmen verloren, gewannen die Nationalsozialisten überdurchschnittlich hinzu. Neben den bisherigen Nichtwählern speiste sich der Erfolg der NSDAP vor allem aus diesem Wählerreservoir. Der Zerfall des bürgerlich-protestantischen Lagers, das nicht mehr in der Lage war, kontinuierliche politische Bindungen herzustellen, begünstigte das Image der NSDAP als einer jungen Volkspartei, die klassen- und schichtenübergreifend die deutsche „Volksgemeinschaft“ schaffen wollte.

Entgegen einer immer noch landläufigen Meinung waren es keineswegs die Frauen, die Hitler und der NSDAP zum Aufstieg verhalfen. Zwar erzielten die Nationalsozialisten bei den Wählerinnen einen überdurchschnittlichen Stimmenzuwachs. Aber Frauen gehörten, obwohl sie deutlich mehr Wahlberechtigte stellten als die Männer, eher zu den Nichtwählern. Und wenn sie zur Wahl gingen, stimmten sie mehr für die konservativen Parteien der Mitte als für die Radikalen auf der rechten oder linken Seite. Zwischen 1924 und 1930 wurde die NSDAP deutlich weniger von Frauen gewählt als von Männern. Nach 1932 änderten jedoch viele Wählerinnen ihre Meinung, und der Zustrom weiblicher Stimmen für die Nationalsozialisten, vor allem bei den Reichstagswahlen im März 1933, trug ohne Zweifel zur nochmaligen Steigerung der nationalsozialistischen Stimmenzahl bei.

Sehr schwer tat sich die NSDAP in den katholischen Gegenden. Deutschland war zu gut zwei Dritteln protestantisch und einem Drittel katholisch geprägt, und im Vergleich zur Bundesrepublik zeichnete sich die Weimarer Republik noch durch eine hohe konfessionelle Homogenität in den jeweiligen Regionen aus. Landkreise mit jeweils über 90 Prozent der einen oder anderen Konfession stellten durchaus keine Seltenheit dar, sondern waren eher die Regel. Aufgrund der Minderheitsposition, die durch die staatlich-protestantische Diskriminierungspolitik von Reichskanzler Otto von Bismarck Ende des 19. Jahrhunderts, den sogenannten Kirchenkampf, verstärkt worden war, hatte sich ein eigenes katholisches Milieu mit Vereinen, Wertnormen und nicht zuletzt einer eigenen politischen Partei, dem Zentrum, gebildet. So war es auch noch in der Weimarer Republik für einen deutschen Katholiken geboten, nicht nach Schicht, Klasse oder Region als vielmehr nach konfessioneller Zugehörigkeit zu wählen. Keine andere Partei hatte eine solche Stabilität ihrer Wähler vorzuweisen wie das Zentrum und die regionale Bayrische Volkspartei. Noch bei den letzten Wahlen der Weimarer Republik im März 1933 konnten diese beiden Parteien über vierzig Prozent der katholischen Wähler, und damit eine klare Mehrheit der praktizierenden Katholiken, an sich binden. Allerdings war der Zenit der Stabilität des katholischen Milieus damit bereits überschritten, und nach 1933 erodierte die konfessionelle Bindungskraft des politischen Katholizismus.

Weit mehr Erfolg hatten die Nationalsozialisten dagegen in den protestantisch geprägten Gegenden. Bei allen Wahlen nach 1928 ist ein starker statistischer Zusammenhang zwischen dem Anteil evangelischer Wähler und den Wahlerfolgen der NSDAP zu beobachten. Kein anderes Sozialmerkmal hat den Erfolg der NSDAP bei den Wahlen in der Weimarer Republik so beeinflusst wie die Konfession. 1930 stimmten doppelt so viele Protestanten wie Katholiken für die Nationalsozialisten, im Juli 1932 war das Verhältnis sogar extremer. Erst in den letzten Monaten der Republik begann sich der Abstand zwischen katholischen und evangelischen Wählern der NSDAP anzugleichen. Die Gründung des Deutschen Reiches 1871 war vom protestantischen Preußen dominiert worden. Die sogenannte kleindeutsche Lösung, die das katholische Österreich ausschloss, hatte die Katholiken in die Minderheit gebracht und den Protestanten die kulturelle Hegemonie verschafft. Deutscher Nationalismus und Protestantismus waren seither eng miteinander verbunden.

Die wichtigste Gruppe der NSDAP-Wähler schienen nach zeitgenössischer Ansicht die Mittelschichten zu sein. Nach der Septemberwahl 1930 prägte der Soziologe Theodor Geiger das Schlagwort von der „Panik im Mittelstand“. Die Arbeiter galten den Zeitgenossen als weniger anfällig für den Nationalsozialismus. Demgegenüber ist jedoch festzuhalten, dass keineswegs alle Arbeiter in der Weimarer Republik links wählten. Die Arbeiterschaft stellte zwar die größte soziale Gruppe der Wahlberechtigten, aber zu ihr zählten die ostelbischen Landarbeiter ebenso wie Heimarbeiter aus dem Erzgebirge und Arbeiter in kleinen Handwerksbetrieben. Nur eine Minderheit gehörte zur klassischen Industriearbeiterschaft, die überwiegend sozialdemokratisch wählte.

Arbeiterstimmen trugen nicht in besonderem Maß zum Erfolg der NSDAP bei, sondern sie entsprachen dem durchschnittlichen Zuwachs. Bemerkenswert ist auch, dass es nicht die Arbeitslosen, sondern vielmehr die erwerbstätigen Arbeiter waren, die für die NSDAP stimmten. Hingegen lässt sich ein positiver statistischer Zusammenhang zwischen Landarbeitern und NSDAP feststellen. Die Wahlerfolge der Nationalsozialisten in den agrarischen Regionen Deutschlands wurden demnach nicht nur von den Bauern, sondern auch von den Landarbeitern getragen.

Den stärksten Anstieg zwischen 1928 und 1933 erzielte die NSDAP in den protestantischen ländlichen Gebieten, in denen sie auch hinsichtlich der absoluten Stimmenzahl die höchsten Wähleranteile mobilisieren konnte. Die Wahlerfolge auf dem Land schlugen sich auch in den Neueintritten nieder. 40 Prozent der neuen Parteimitglieder in den Jahren 1925 bis 1930 stammten aus Orten mit weniger als 5000 Einwohnern, 1931 waren es sogar 50 Prozent.

Ab den Reichstagswahlen im Juli 1932 gaben mehr Arbeiter der NSDAP ihre Stimme als jeweils der KPD und SPD. Deswegen wurde die NSDAP noch nicht, wie sie sich selbst gern gesehen hat, eine Arbeiterpartei. Aber eine reine Mittelschichtspartei war sie ebenso wenig. Auch die Affinität von Angestellten zur NSDAP ist weniger eindeutig als es häufig angenommen wird. Eher haben es die Nationalsozialisten in Wahlkreisen, in denen überdurchschnittlich viele Angestellte wohnten, sogar schwerer gehabt als anderswo.

Dagegen war die Beamtenschaft in ihrer Gesamtheit deutlich anfälliger für den Nationalsozialismus. Zwischen 1928 und 1933 traten Beamte in überdurchschnittlicher Zahl in die NSDAP ein, so dass sogar die amtliche Parteistatistik feststellen musste, dass sie als Berufsgruppe unter den Mitgliedern schon vor dem September 1930 überrepräsentiert waren. Und nach den Reichstagswahlen am 5. März 1933 waren es wiederum die Beamten, die den Hauptzustrom an neuen Mitgliedern stellten. Den Beamten, die aufgrund von Gehalts- und Pensionskürzungen ebenfalls unter der desaströsen Lage der öffentlichen Haushalte durch die Wirtschaftskrise litten, bot sich die NSDAP als Verteidigerin ihrer Interessen an. Nicht von ungefähr hieß das antisemitische Gesetz vom April 1933, das den deutschen Juden im öffentlichen Dienst Berufsverbot erteilen sollte, „Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums“.

Der entscheidende Wahlerfolg der NSDAP im September 1930 beförderte auch die Mitgliederentwicklung. Gab es Ende 1928 rund 97000 NSDAP-Mitglieder, wuchs deren Zahl auf knapp 130000 im September 1930 und sollte sich bis zur Machtübernahme im Januar 1933 auf annähernd 850000 steigern. Die zunehmende organisatorische Stärke der Partei machte es ihr wiederum leichter, mit zahlreichen Veranstaltungen vor Ort Wahlerfolge zu erzielen.

Obgleich die Oberschicht in absoluten Zahlen nur einen kleinen Teil der NSDAP-Mitgliedschaft ausmachte, so war dennoch auch sie deutlich überrepräsentiert. Neben Adligen und Selbstständigen stellte vor allem die angehende akademische Elite einen signifikanten Teil der NSDAP-Mitglieder. Es gab neunmal so viele Studenten in der NSDAP wie in der erwerbstätigen Bevölkerung insgesamt. Und es waren die Universitäten, an denen die Nationalsozialisten frühe Triumphe feiern konnten. 1926 gegründet, breitete sich der Nationalsozialistische Deutsche Studentenbund (NSDStB) im reaktionär und antisemitisch geprägten studentischen Milieu rasch aus. Nach internen Auseinandersetzungen übernahm Baldur von Schirach als Hitlers Gefolgsmann die Leitung des NSDStB im Juli 1928. Von nun an folgten die Hochschulgruppen der Linie der NSDAP, viele nationalsozialistische Studenten gehörten zugleich der Partei, der SA oder SS an.

Die NSDAP präsentierte sich als Partei der Jugend, des Aufbruchs und des neuen Deutschlands. Dies wurde durch die Altersstruktur ihrer Mitglieder untermauert. Bei der Neugründung 1925 lag das Durchschnittsalter bei 29 Jahren, und die neuen Mitglieder, die der Partei bis 1933 zuliefen, waren im Durchschnitt etwa 31 Jahre alt. Auch zur SA, vor allem in Großstädten wie Berlin, stießen vorwiegend junge Männer: Weit über zwei Drittel der SA-Mitglieder waren unter 30 Jahre alt. Dagegen waren die Mitglieder der übrigen Parteien der Weimarer Republik im Durchschnitt entschieden älter – bis auf die KPD, die eine ähnlich junge Mitgliederstruktur wie die NSDAP aufweisen konnte. „Macht Platz, ihr Alten!“ forderte dementsprechend Gregor Straßer; die Hitlerjugend gab 1932 die Parole aus: „Das System ist jugendfeindlich!“, und Goebbels denunzierte die Weimarer Republik als „Republik der Greise“, womit er in der Tat einen Schwachpunkt traf, denn die politische Führungsschicht der Republik war in der Tat stark überaltert. Hitler selbst ließ keine Gelegenheit aus, die „Kraftlosigkeit und Indifferenz der Väter“ anzuprangern und sich selbst auch als „Führer“ der Jugend zu feiern.

Während die ehemals fest gefügten „sozialmoralischen Milieus“ (M. Rainer Lepsius) der bisherigen politischen Strömungen aus dem 19. Jahrhundert – Liberale, Konservative, Katholiken und Sozialdemokraten – brüchig wurden und die KPD eine ausdrückliche Klassenpolitik betrieb, konnte die NSDAP sich als junge, klassenübergreifende „Volkspartei“ präsentieren. Hitler gewann das Charisma eines „Führers“ des gesamten Volkes, der imstande wäre, die Wünsche nach Einheit und Sicherheit in einer künftigen „Volksgemeinschaft“ zu erfüllen.

Das Ende der Weimarer Republik

Den Tag der Eröffnung des neuen Reichstages am 13. Oktober 1930 begingen die Nationalsozialisten in Berlin auf ihre Weise. SA-Trupps zogen durch die Innenstadt, randalierten, zertrümmerten die Schaufenster des Kaufhauses Wertheim am Kurfürstendamm und weiterer Geschäfte mit angeblich jüdischen Inhabern in der Berliner Innenstadt. Hatte die Polizei in Preußen, dem größten Flächenstaat des Deutschen Reiches, für das Jahr 1929 579 gewalttätige Zusammenstöße bei politischen Versammlungen registriert, schnellte diese Zahl 1930 sprunghaft auf 2494 an, blieb 1931 mit 2904 Fällen auf einem ähnlich hohen Niveau und erhöhte sich für das Jahr 1932 noch einmal auf 5296 registrierte Zusammenstöße allein in Preußen. Politische Gewalt wurde zu einem allgegenwärtigen Phänomen im Deutschen Reich.

Ohne parlamentarische Mehrheit, nur mit Tolerierung seitens der Sozialdemokraten und auf der Grundlage von Notverordnungen des Reichspräsidenten setzte Brüning seine Regierung auch nach dem September 1930 fort. Die Verwandlung der parlamentarischen Republik in ein autoritäres Präsidialsystem lässt sich nicht zuletzt an der rückläufigen Zahl der Plenarsitzungen erkennen. War der Reichstag 1931 noch 41-mal zusammengetreten, waren es im folgenden Jahr nur noch dreizehn Male. Dafür nutzten sowohl Nationalsozialisten wie Deutschnationale auf der einen und Kommunisten auf der anderen Seite das Parlament für antiparlamentarische und antirepublikanische Agitation, brachten Misstrauensanträge gegen die Regierung Brüning ein oder drohten sogar, Hindenburg vor dem Staatsgerichtshof wegen der Notverordnungspolitik zu verklagen.

Zur Krise trug bei, dass Brüning es wirtschaftspolitisch unterließ, mit kreditfinanzierten staatlichen Investitionsprogrammen die Wirtschaft wieder zu beleben, sondern im Gegenteil durch massive Kürzungen bei den staatlichen Ausgaben die Verschuldung abbauen und das Lohnniveau senken wollte. Damit verschärfte sich der Konjunktureinbruch, der sich in der zweiten Jahreshälfte 1930 in vollem Umfang bemerkbar machte, dramatisch. Neben einem Rückgang der Industrieproduktion um mehr als 43 Prozent 1932/33 gegenüber 1927/28 schnellte die Zahl der Arbeitslosen auf über vier Millionen Anfang 1931 und über sechs Millionen im Februar 1932, wovon die jugendlichen Arbeitnehmer in besonders hohem Maße betroffen wurden.

Die Notverordnungen, die Brüning 1931 erließ, brachten drastische Senkungen der Gehälter im öffentlichen Dienst, Abbau von Ruhestandsbezügen und Kindergeld sowie zusätzliche Steuererhöhungen. Entsprechend scharf war der Protest der Gewerkschaften und der politischen Opposition. In Bad Harzburg bildete sich im Oktober 1931 gegen die Regierung Brüning eine Einheitsfront von nationalistischen Verbänden, der Deutschnationalen Volkspartei, dem mächtigen konservativ-autoritären Frontsoldatenverband „Stahlhelm“ und der NSDAP, die Reichstagsneuwahlen und die Aufhebung der Notverordnungen forderten. Die „Harzburger Front“ wurde vom DNVP-Vorsitzenden Hugenberg angeführt, Hitler hatte aber ein entscheidendes Wort mitzureden.

Wahlen 1932

Als Anfang 1932 der Reichspräsident neu gewählt werden musste, schloss sich die NSDAP nicht dem Bündnis zur Unterstützung einer Wiederwahl Hindenburgs an, sondern stellte mit Hitler einen eigenen Kandidaten auf. Als „Führer des jungen Deutschland“ stilisierte ihn die Partei gegen das „sterbende System“ von Weimar und den greisen Hindenburg. Im ersten Wahlgang am 13. März 1932 lag Hindenburg mit 49,6 Prozent zwar deutlich vor Hitler, der 30,1 Prozent der Stimmen erhielt. Er hatte aber die absolute Mehrheit verfehlt, so dass ein zweiter Wahlgang nötig wurde. In der Stichwahl am 10. April siegte Hindenburg mit 53 Prozent, aber Hitlers Stimmenanteile stiegen noch einmal auf 36,8 Prozent – ein doppelt so hohes Wahlergebnis für die Nationalsozialisten wie bei den Reichstagswahlen 1930.

In den Landtagswahlen der kommenden Monate ging die NSDAP bis auf das katholisch geprägte Bayern überall als stärkste Partei hervor. In Preußen, in dem seit 1919 eine sozialdemokratisch geführte Regierung existierte, vervielfachte sich die Zahl der nationalsozialistischen Mandate von neun auf 162, während die Sozialdemokraten ein Drittel ihrer Sitze abgeben mussten.

Die politischen Verwerfungen sowie die anhaltende wirtschaftliche Krise sorgten dafür, dass das Vertrauen in die Kompetenz Brünings schwand. Hindenburg ließ Brüning Ende Mai fallen und ernannte den deutschnationalen Franz v. Papen zum neuen Reichskanzler, der sogleich den Reichstag auflöste und Neuwahlen für den 31. Juli ansetzte. Die Wahlen, erklärte Hitler vor den regionalen Parteiführern, den Gauleitern der NSDAP, müssten „eine Generalabrechnung des deutschen Volkes mit der Politik der letzten 14 Jahre“ werden. Der Hauptgegner, so die Reichspropagandaleitung unter Goebbels, müsse die SPD sein, die KPD sollte durch „Demaskierung der jüdisch-kapitalistischen Drahtzieher“ bekämpft werden. Das zentrale Wahlkampfmotto hieß: „Deutschland erwache! Gebt Adolf Hitler die Macht!“. Gegenüber der „marxistischen Klassenkampfhetze und der Zerrissenheit des bürgerlichen Parteienlagers“ solle die anzustrebende „Einheit des Volkes in der nationalsozialistischen Volksgemeinschaft klar und deutlich herausgestellt werden“.

Unter dem Motto „Hitler über Deutschland“ organisierte die Partei vier Deutschlandflüge Hitlers, mit denen er jeweils zu Großkundgebungen eingeflogen wurde. Diese Flüge, die das Bild eines über den Klassen schwebenden Heilsbringers inszenierten, trugen entscheidend dazu bei, dass Hitler die Massen erreichte, wie kein deutscher Politiker vor ihm. Mit den vier Flügen zwischen April und November 1932 hielt er insgesamt 148 Massenkundgebungen ab, durchschnittlich drei am Tag, meistens vor einem Publikum von 20000 bis 30000 Menschen, so dass ihn tatsächlich Millionen Deutsche in diesem Jahr unmittelbar erlebten und hörten.

Bestimmt wurde der Wahlkampf aber auch durch exzessive Gewalt, nicht zuletzt, weil die Regierung Papen das von Brüning und seinem Innenminister Wilhelm Groener verfügte SA-Verbot wieder aufgehoben hatte. Allein in den zehn Tagen vor der Wahl wurden in Preußen 24 Menschen getötet und über 280 verletzt. Als am Sonntag, den 17. Juli, in Altona nahe Hamburg ein nationalsozialistischer Demonstrationszug provozierend durch die Arbeiterviertel marschierte, fielen Schüsse, die zu einer Schießerei zwischen Polizei, Demonstranten und Einwohnern führten, bei der 18 Menschen, zumeist unbeteiligte Anwohner und Passanten, getötet wurden. Der „Altonaer Blutsonntag“ bildete den äußeren Anlass für die Reichsregierung unter v. Papen, mit einer Notverordnung am 20. Juli die preußische Regierung für abgesetzt zu erklären und sich selbst als kommissarischen Ministerpräsidenten Preußens einzusetzen. Die rechtmäßige geschäftsführende Regierung unter dem Sozialdemokraten Otto Braun, die seit der Landtagswahl im April über keine Mehrheit mehr verfügte, wich der Gewalt. Angesichts der hohen Arbeitslosigkeit und der sozialen Krise wagten Sozialdemokraten und Gewerkschaften keinen Generalstreik; der erwartete Widerstand gegen den verfassungswidrigen Staatsstreich von rechts blieb aus.

Als am Abend des 31. Juli die Wahllokale schlossen, war einer der erbittertsten Wahlkämpfe der Weimarer Jahre zu Ende gegangen. Die liberal-konservative bürgerliche Mitte war der entscheidende Verlierer der Wahl, auch die Deutschnationalen verbuchten Verluste; die Sozialdemokraten verloren zehn Sitze und errangen nur noch 21,6 Prozent der Stimmen; die KPD gewann zwölf Mandate hinzu und kam auf 14,3 Prozent. Die NSDAP dagegen war die herausragende Gewinnerin: 37,3 Prozent der Stimmen und 230 Reichstagsmandate hießen, dass die Nationalsozialisten zur weitaus stärksten Partei in Deutschland geworden waren. Dennoch war die Parteiführung enttäuscht, denn trotz ihrer großen Wahlkampagne hatte sich die Stimmenzahl für die Nationalsozialisten gegenüber der Reichspräsidentenwahl im März und den preußischen Landtagswahlen im April nicht sonderlich erhöht. „Zur absoluten Mehrheit kommen wir so nicht“, notierte Goebbels in sein Tagebuch. „Also einen anderen Weg einschlagen.“

Dennoch machte sich Hitler nach diesem Wahlsieg berechtigte Hoffnungen, von Hindenburg zum Reichskanzler ernannt zu werden. Aber der Reichspräsident verweigerte sich zum damaligen Zeitpunkt. Eine Unterredung zwischen beiden am 13. August verlief ergebnislos, da Hitler Hindenburgs Aufforderung ablehnte, in eine Regierung unter von Papen einzutreten, sondern kompromisslos auf seinem Führungsanspruch beharrte. Hitlers Verweigerung, sich mit der Teilhabe an der Macht zu begnügen, stürzte die NSDAP als eine schon siegesgewisse, machthungrige und der Opposition überdrüssige Partei im Winter 1932/33 in eine schwere Krise. „Ich sprach mit vielen Pgn [Parteigenossen]. Große Hoffnungslosigkeit“, konstatierte Goebbels. „Die SA hat zu stark die Hoffnung genährt. Ein Fehler.“ Gerade die SA, die die Erringung der Macht schon vor den Augen gesehen hatte, ließ ihrem Hass freien Lauf. In Königsberg überfielen Nazitrupps Privathäuser, steckten Tankstellen in Brand, warfen eine Bombe auf die Zentrale der SPD und zerstörten jüdische Geschäfte. Dabei wurde ein kommunistischer Stadtverordneter ermordet, andere sozialdemokratische und liberale Politiker durch Schüsse schwer verletzt. Ebenso gab es Bomben- und Revolverattentate in Schlesien und Schleswig-Holstein.

Ein besonders brutaler Mord ereignete sich am 10. August im schlesischen Potempa, wo betrunkene SA-Leute einen Arbeiter, der mit den Kommunisten sympathisierte, in dessen Wohnung buchstäblich zu Tode trampelten. In dem nachfolgenden Prozess verurteilte das Sondergericht Beuthen die Täter zum Tode, was Hitler zu einem pathetischen Solidaritätstelegramm mit den Mördern veranlasste. Goebbels hetzte unter der Überschrift „Die Juden sind schuld“, dass die Nationalsozialisten keine Ruhe lassen würden, bis diese Regierung aus der Macht verjagt worden sei.

Die aufgeflammte Gewalt und der Hass konnten indes nicht über die politische Sackgasse hinwegtäuschen, in die sich die NS-Führung unter Hitler manövriert hatte. Die Regierung Papen hatte die große Mehrheit des Parlaments gegen sich, Neuwahlen wurden unvermeidlich, und die Enttäuschung in der Bevölkerung über die Unfähigkeit der Parteien, eine Lösung der politischen Krise zu finden, drückte sich nicht zuletzt in dem Anstieg der Nichtwähler von sieben Millionen im Juli auf 8,6 Millionen bei den Reichstagswahlen am 6. November aus. Die NSDAP verlor gegenüber der Juli-Wahl zwei Millionen Stimmen und sank von 37,3 auf 33,1 Prozent, blieb aber deutlich stärkste Partei. Demgegenüber stiegen die Stimmen für die Deutschnationalen erstmals wieder, was nicht zuletzt auf die gemeinsame Unterstützung des Streiks bei den Berliner Verkehrsbetrieben durch Kommunisten und Nationalsozialisten wenige Tage vor der Wahl zurückzuführen war, mit dem die mittelständische Angst vor der revolutionären Militanz des Nationalsozialismus neu geschürt worden war. Die SPD verlor gleichfalls an Stimmen, während die Kommunisten hinzugewannen und nun bei knapp 17 Prozent lagen.

Die politisch festgefahrene Lage wurde mit dem Wahlergebnis nicht verändert. Das „Kabinett der Barone“ unter Franz v. Papen stützte sich weiterhin auf nicht mehr als zehn Prozent der Wählerstimmen, wohingegen neun Zehntel für Parteien gestimmt hatten, die gegen die amtierende Reichsregierung opponierten, aber untereinander viel zu gegensätzlich waren, um eine eigene Mehrheit zustande zu bringen. Papen wollte unverhohlen eine diktatorische Lösung, die das Parlament gänzlich ausschalten sollte, scheiterte damit aber an der Reichswehrführung, die sich zu schwach gegenüber der SA glaubte. Mitte November trat von Papen zurück und sein Nachfolger General Kurt v. Schleicher, Reichswehrminister und einflussreicher Politiker in der Machtkamarilla um Präsident Hindenburg, unternahm den Versuch, eine „Querfront“ mit den Gewerkschaften und einem Teil der NSDAP unter dem Organisationsleiter der NSDAP, Gregor Straßer, zu bilden. In einem Geheimtreffen am 3. Dezember bot Schleicher Straßer die Ämter des Vizekanzlers und des preußischen Ministerpräsidenten an.

Aber Straßer wagte den Aufstand gegen Hitler nicht. In dieser Auseinandersetzung zeigte sich, wie stark mittlerweile der „Führerkult“ auch innerhalb der NSDAP verankert war und Hitler selbst für eine äußerst riskante Politik des „Alles oder Nichts“ erfolgreich Gefolgschaft beanspruchen konnte. Gregor Straßer gelang es trotz seiner hohen Parteifunktion nicht mehr, das politische Ruder in der NSDAP zu bewegen und wesentliche Teile der Parteiführung auf seine Seite zu ziehen. Die Macht, die von Schleicher Gregor Straßer zutraute, besaß dieser nicht mehr; Hitler hielt alle Fäden in der Hand; gegen seinen Willen konnte keine Entscheidung in der NSDAP mehr gefällt werden. Straßer trat von allen Parteiämtern zurück und verließ Berlin. Beide, Gregor Straßer wie Kurt v. Schleicher, wurden anderthalb Jahre später Mordopfer bei der Aktion gegen die SA-Führung im Juni 1934.

Hitler setzte, unterstützt von Goebbels, nach wie vor auf die Mobilisierungskraft der nationalsozialistischen Bewegung und auf die Erringung unbeschränkter Macht. Die Landtagswahlen im Kleinstaat Lippe-Detmold am 15. Januar 1933 wurden zum Beweis für die ungebrochene Kraft des Nationalsozialismus hochstilisiert. Mit einem aufwändig geführten Wahlkampf gelang es der NSDAP, 6000 Stimmen hinzuzugewinnen und ihren Anteil wieder auf 39,5 Prozent zu steigern. Verglichen mit dem Wahlergebnis vom Juli 1932 hatte die Partei zwar immer noch weniger Stimmen bekommen, aber die Inszenierung des Erfolgs war gelungen, und Hitler ging öffentlich gestärkt aus den Wahlen hervor.

Nicht zuletzt lehnten etliche Industrielle und Großgrundbesitzer Schleichers Konzept der „Querfront“ als „sozialistisch“ ab und intervenierten gegen ihn beim Reichspräsidenten. Zugleich gab es hinter den Kulissen seit Anfang Januar 1933 wieder geheime Verhandlungen zwischen Hitler und von Papen, der glaubte, auch einen Reichskanzler Hitler unter Kontrolle halten zu können. Nach dem Rücktritt von Schleichers am 28. Januar zeigte sich nun auch Hindenburg geneigt, einem Kabinett Hitler zuzustimmen, zumal von Papen zusätzlich die Deutschnationalen samt ihres Parteichefs Hugenberg für das neue Kabinett gewonnen hatte.

Die Ernennung Hitlers war keineswegs unvermeidlich; politische Alternativen gab es durchaus. Aber Papen und sein Förderer Hindenburg glaubten, die NS-Bewegung als Massenunterstützung für einen nationalkonservativen, autoritären Machtstaat benutzen und sich die NS-Führung gefügig machen zu können. Die parlamentarische Demokratie hatten sie bereits aufgegeben. Wenn es noch einmal zu Wahlen, nunmehr mit der vereinten Rechten, kommen sollte, die dann auf den Sieg hoffte, sollten dies die letzten freien Wahlen in Deutschland sein.

Ebenso hatten sich wesentliche Teile der Wirtschaftselite von der demokratischen Republik längst abgewandt und verlangten ihrerseits eine autoritär unternehmerfreundliche Politik, die insbesondere die Kommunisten, aber auch die Sozialdemokraten radikal bekämpfen sollte. Nicht zuletzt unterstützten einflussreiche Reichswehrgeneräle wie Werner von Blomberg die Machtübertragung an die Nationalsozialisten, weil sie damit eine Stärkung der Stellung des Militärs im Staat und in der Gesellschaft erwarteten.

Ergebnisse der Reichstagswahlen von 1928 bis 1932 (© GHWK nach Eberhard Kolb, Die Weimarer Republok, Oldenbourg Verlag, München 2002, S. 908)

Die herrschenden politischen, wirtschaftlichen und militärischen Eliten hatten die Demokratie abgeschrieben, bevor sie Hitler an die Macht brachten. Vielmehr setzten sie auf einen autoritären Staat unter Einschluss der Nationalsozialisten, die sie hofften, zähmen zu können. Im Vertrauen auf die Herrschaft über die wichtigsten institutionellen Machtapparate wie das Heer, die Bürokratie und die Justiz sowie die Unterstützung seitens der Wirtschaft glaubten sie, die nationalsozialistische Massenbewegung als Mehrheitsbeschafferin einbinden und zugleich von den tatsächlichen Entscheidungen fernhalten zu können. „In zwei Monaten“, so soll von Papen gesagt haben, „haben wir Hitler in die Ecke gedrückt, dass er quietscht“ – eine ebenso bornierte wie katastrophale Fehleinschätzung. Denn Hitler und die NS-Führung waren keineswegs gewillt, nur den Steigbügelhalter für die alte Herrenklasse zu spielen, sondern wollten die politische wie gesellschaftliche Ordnung in Deutschland grundlegend verändern und besaßen den unbedingten politischen Willen wie die gewalttätige Rücksichtslosigkeit, ihren Reden Taten folgen zu lassen.

QuellentextMachtkampf in der „Harzburger Front“

[...] [A]m 10. und 11. Oktober 1931 [trifft sich] in dem Städtchen am Harz [Bad Harzburg] [...] die „nationale Opposition“ zu einer Heerschau. Sonderzüge, Busse und Autos bringen Tausende von Menschen herbei. Für zwei Tage beherrschen die uniformierten Kolonnen des Stahlhelms – das ist der Bund der Frontsoldaten – und der SA das Straßenbild. Es wird ein internationales Ereignis: Über fünfzig in- und ausländische Reporter sind angereist. [...] Initiator des Treffens [...] ist der 66-jährige Pressezar Alfred Hugenberg, seit 1928 Vorsitzender der DNVP. [...]
Mit ihrer Kundgebung in Harzburg will die „nationale Opposition“ ihre Stärke und Geschlossenheit demonstrieren. Und sie will, wie das Zentralorgan der DNVP „Unsere Partei“ unverhüllt verkündet, „das Signal zum Angriff“ geben „gegen ein morsch gewordenes System“, gegen die verhasste Demokratie von Weimar. [...]
Bei den Reichstagswahlen vom 14. September 1930 konnten die Nationalsozialisten sensationelle 18,3 Prozent der Stimmen erzielen und die Zahl ihrer Mandate von 12 auf 107 steigern. Die DNVP kam dagegen nur noch auf 7 Prozent, gegenüber 1928 hatte sich ihr Anteil halbiert. Viele ihrer Wähler waren offenkundig zu den Nazis übergelaufen. [...]
So hatten sich die Gewichte innerhalb des rechten politischen Spektrums deutlich zugunsten der NSDAP verschoben, und die Landtagswahlen des Jahres 1931 signalisierten, dass sie sich weiter kräftig im Aufwind befand. Gegenüber den konservativen Bündnis- partnern von 1929 betonte Hitler nun seine Unabhängigkeit. Er machte ihnen klar, dass er keineswegs nur den „Trommler“ geben wollte. [...]
Das Tagebuch von Joseph Goebbels, dem Berliner Gauleiter und Propagandachef der Partei, verrät, mit wie viel Skepsis und Misstrauen man in Hitlers Umgebung der Kundgebung entgegensah. „Hugenberg sucht uns die Führung zu nehmen“, notierte Goebbels am 9. Oktober. „In Harzburg sollen wir öffentlich festgenagelt werden und Hugenberg zum ‚Führer‘ der ‚nationalen Opposition‘ ernannt. Ich habe Hitler gewarnt. Er wird aufpassen.“
[...] [A]m Abend [des 10. Oktober – Anm. d. Red.] fuhr Hitler im Auto nach Bad Harzburg. Er traf hier erst zwei Stunden nach Mitternacht ein – zu spät, um noch an der Vorbesprechung teilzunehmen, auf der die Marschroute für den nächsten Tag festgelegt wurde. „Hitler ist wütend, da man uns an die Wand quetschen will“, beschreibt Goebbels die gereizte Stimmung seines Chefs bei der Ankunft.
[...] Hitler [...] kommt nach Bad Harzburg, nicht um Gemeinsamkeit zu demonstrieren, sondern um seinen Führungsanspruch zu reklamieren. Während der gesamten Zusammenkunft legt er ein primadonnenhaftes Verhalten an den Tag. Ein ums andere Mal brüskiert er seine konservativen Bündnispartner.
So erscheint er zwar am Sonntagvormittag zu einer Sitzung der NSDAP-Fraktion, nicht aber zu der danach anberaumten gemeinsamen Sitzung der DNVP- und NSDAP-Fraktionen. Dem Feldgottesdienst bleibt er ebenfalls fern, und die anschließende Parade der SA nimmt er stehend im Auto ab, um sich dann demonstrativ zu entfernen, als die Formationen des Stahlhelms anrücken – für die Führung des Bundes der Frontsoldaten „eine schwere Kränkung“, wie [Franz] Seldte [einer der beiden Bundesführer des Stahlhelms – Anm. d. Red.] sich später beklagt. Auch beim gemeinsamen Mittagessen wartet man vergeblich auf den Führer der NSDAP.
Für den Nachmittag ist die Abschlusskundgebung im Kurhaussaal angesetzt. [...] Hugenberg eröffnet seine Rede mit der Behauptung, die in Bad Harzburg versammelte Rechte repräsentiere „die Mehrheit des deutschen Volkes“. Der Regierung Brüning wirft er „eine Katastrophenpolitik“ vor, die „auf geradem Weg ins Chaos“ führen müsse, und er beschwört die Gefahr des Bolschewismus. Es gebe nur zwei Wege: „Der eine ist der russische, der andere ist der deutsche.“ Hitler, der nach Hugenberg das Wort ergreift, schert wiederum aus der gemeinsamen Front aus, indem er so tut, als befinde er sich ausschließlich unter seinen Gefolgsleuten. Er redet alle Anwesenden mit „Parteigenossen und Parteigenossinnen!“ an und schließt mit dem Ausruf: „Es lebe unsere herrliche nationalsozialistische Bewegung!“ [...]
In ihrer Schlussresolution fordern die Harzburger Frondeure den Rücktritt Brünings und der preußischen Regierung unter dem SPD-Ministerpräsidenten Otto Braun sowie Neuwahlen. An Hindenburg appellieren sie, „dem stürmischen Drängen von Millionen vaterländischer Männer und Frauen, Frontsoldaten und Jugend“ nachzugeben und „in letzter Stunde durch Berufung einer wirklichen Nationalregierung den rettenden Kurswechsel“ herbeizuführen.
[...] Doch einig ist sich die Harzburger Front nur im Negativen, in der bedingungslosen Ablehnung des Weimarer „Systems“. Auf ein Programm für eine gemeinsame Regierung hat man sich nicht verständigen können. Hinter den Kulissen geht der Kampf um die Füh- rung weiter. [...]
Wie brüchig die Harzburger Front ist, zeigt sich bereits am 18. Oktober, als Hitler in Braunschweig an die 100000 Angehörige von SA, SS und HitlerJugend aufmarschieren lässt. Damit will er nicht nur seine Eigenständigkeit zur Schau stellen, sondern zugleich deutlich machen, dass allein die NSDAP Massen mobilisieren kann. [...]
Trotz Hitlers Extratouren hält Hugenberg unverdrossen an der Perspektive einer gemeinsamen Machtübernahme fest. Ende Januar 1932 teilt er Hitler mit, dass es „vielleicht in Kürze möglich“ sein werde, „das in Harzburg aufgestellte Ziel des Ersatzes der bisherigen Regierung durch eine wirkliche Rechtsregierung zu verwirklichen“. [...]
Im Januar 1933 sind Hugenberg und Hitler am Ziel. In der „Regierung der nationalen Konzentration“, die Hindenburg am 30. Januar vereidigt, wird der Reichskanzler Hitler von konservativen Fachministern „eingerahmt“; Hugenberg bekommt ein Doppelressort, das Wirtschafts- und Landwirtschaftsministerium, Seldte das Arbeitsministerium. Die Posten seien so verteilt worden, bemerkt Theodor Wolff, der Chefredakteur des liberalen Berliner Tageblatts, „wie es die Herren der ‚Harzburger Front‘ erstrebt“ hätten.
Doch die Hoffnung, Hitler in seinen Machtambitionen zügeln und ihn nach den eigenen Vorstellungen lenken zu können, entpuppt sich rasch als grandiose Illusion. Der neue Mann in der Reichskanzlei braucht nur wenige Monate, um seine konservativen Bündnispartner an die Wand zu spielen. Hugenberg muss bereits Ende Juni 1933 zurücktreten; sein Konzern wird Schritt für Schritt von den Nationalsozialisten übernommen. Das hindert ihn nicht daran, Hitler in einem Brief zum ersten Jahrestag der Machtergreifung 1934 noch einmal zu versichern, dass er „an all den Gedanken und Zielen“ festhalte, „die uns damals zusammengeführt haben“. Jetzt steht sie, die Harzburger Front – geschlossen hinter Hitler.

Volker Ullrich, „Das Signal zum Angriff“, in: Die Zeit, Nr. 41 vom 6. Oktober 2011

Michael Wildt ist gelernter Buchhändler und arbeitete von 1976 bis 1979 im Rowohlt-Verlag. Anschließend studierte er von 1979 bis 1985 Geschichte, Soziologie, Kulturwissenschaften und Theologie an der Universität Hamburg. 1991 schloss er seine Promotion zum Thema „Auf dem Weg in die ‚Konsumgesellschaft‘. Studien über Konsum und Essen in Westdeutschland 1949-1963“ ab und war anschließend Wissenschaftlicher Mitarbeiter in der Forschungsstelle für die Geschichte des Nationalsozialismus in Hamburg. Von 1997 bis 2009 arbeitete er als Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Hamburger Institut für Sozialforschung und habilitierte 2001 mit einer Studie über das Führungskorps des Reichssicherheitshauptamtes. Seit 2009 ist er Professor für Deutsche Geschichte im 20. Jahrhundert mit Schwerpunkt in der Zeit des Nationalsozialismus an der Humboldt-Universität zu Berlin.

Seine Forschungsschwerpunkte sind Nationalsozialismus, Holocaust, Gewaltgeschichte des 20. Jahrhunderts und soziale wie politische Ordnungsvorstellungen in der Moderne.

Kontakt: E-Mail Link: michael.wildt@geschichte.hu-berlin.de

Peter Krumeich, Mitarbeiter am Lehrstuhl von Professor Wildt, hat an der inhaltlichen Entwicklung des Heftes mitgewirkt und insbesondere in Abstimmung mit der Redaktion die Bildrecherche für dieses Heft übernommen.