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Der Internationale Strafgerichtshof - Aufbau und Arbeitsweise
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Warlords, Milizionäre, Staatschefs - vor dem Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag müssen sich Personen verantworten, die Kriegsverbrechen oder Völkermord begangen haben oder für sie verantwortlich sind. Doch wie läuft ein Verfahren vor dem IStGH ab? Die Themengrafik erklärt den Aufbau und die Arbeitsweise des Gerichtshofs.
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Der Internationale Strafgerichtshof (IStGH) mit Sitz in Den Haag wurde durch das Externer Link: Römische Statut von 1998 geschaffen. Im Statut sind alle wesentlichen Fragen geregelt, die den Aufbau und die Arbeit des Gerichtshofs betreffen. Es bildet insbesondere die Grundlage seiner Rechtsprechung. Von zentraler Bedeutung ist die Definition der drei Kernverbrechen, für die der Gerichtshof zuständig ist: Völkermord, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen (Art. 6, 7 und 8). Auf der Konferenz zur Überprüfung des Statuts, die 2010 in Kampala (Uganda) stattfand, konnten sich die Vertragsstaaten außerdem auf eine Definition des Verbrechens der Aggression verständigen (neuer Art. 8bis). Der Mechanismus zur Verfolgung dieses Verbrechens ist allerdings noch nicht in Kraft (siehe unten).
Organisation (Art. 34–52)
Der IStGH verfügt über folgende Organe: ein Präsidium, drei richterliche Abteilungen, eine Anklagebehörde und eine Kanzlei. Das Präsidium ist das Leitungsgremium des Gerichtshofs. Es setzt sich aus dem Präsidenten und zwei Vizepräsidenten zusammen, die unter den Richtern gewählt werden. In allen Verwaltungsangelegenheiten, die nicht mit der Rechtsprechung zusammenhängen, wird das Präsidium von der Kanzlei unterstützt. Die richterlichen Aufgaben werden innerhalb der drei Abteilungen von Kammern wahrgenommen. Gegenwärtig verfügt der Gerichtshof über zwei Vorverfahrenskammern, mehrere Hauptverfahrenskammern (je nach Anzahl der laufenden Fälle) und eine Berufungskammer. Die 18 hauptamtlichen Richter werden von der Versammlung der Vertragsstaaten des IStGH-Statuts für neun Jahre gewählt und sollen die bedeutendsten Rechtssysteme der Welt repräsentieren. Die Anklagebehörde, die vom Ankläger geleitet wird, ist von den anderen Organen unabhängig. Sie prüft eingehende Informationen über mögliche Verbrechen, führt die Ermittlungen und vertritt die Anklage vor dem Gerichtshof.
Gerichtsbarkeit und Zulässigkeit von Verfahren (Art. 5–20)
Die Zuständigkeit des IStGH erstreckt sich auf die vier oben genannten Tatbestände (Völkermord, Verbrechen gegen die Menschlichkeit, Kriegsverbrechen, Verbrechen der Aggression). Allerdings können nur Fälle behandelt werden, die sich seit dem Inkrafttreten des Statuts (am 1. Juli 2002) ereignet haben. Darüber hinaus muss der mutmaßliche Täter bei Begehung der Tat mindestens 18 Jahre alt gewesen sein und er darf wegen des fraglichen Verhaltens nicht bereits vor einem nationalen Gericht zur Verantwortung gezogen worden sein ("Ne bis in idem").
Da der IStGH die nationale Strafgerichtsbarkeit ergänzen soll, ist ein Verfahren nicht zulässig, wenn in einem Staat bereits Ermittlungen laufen oder eine Strafverfolgung in Gang gesetzt wurde. Der Gerichtshof kann nur tätig werden, wenn die zuständigen Stellen nicht willens oder nicht in der Lage sind, das Verfahren ernsthaft zu betreiben (Prinzip der Komplementarität). Außerdem wurde dem Sicherheitsrat der Vereinten Nationen im IStGH-Statut die Möglichkeit eingeräumt, die Ermittlungen und die Strafverfolgung vor dem Gerichtshof für einen Zeitraum von zwölf Monaten zu unterbrechen, sofern dies zur Wahrung oder Wiederherstellung von Frieden und Sicherheit nach Externer Link: Kapitel VII der UN-Charta erforderlich ist.
Voraussetzungen für die Ausübung der Gerichtsbarkeit (Art. 12–15ter)
Die Initiative für ein Verfahren vor dem IStGH kann von einem Vertragsstaat, dem UN-Sicherheitsrat oder dem Ankläger ausgehen. Wenn ein Vertragsstaat eine Situation beobachtet, in der es den Anschein hat, dass Völkermord, Verbrechen gegen die Menschlichkeit oder Kriegsverbrechen begangen wurden, kann er diese Situation dem Ankläger unterbreiten. Darüber hinaus kann der Ankläger Ermittlungen auch aus eigener Initiative einleiten. In beiden Fällen ist jedoch zu beachten, dass der Gerichtshof seine Jurisdiktion nur dann ausüben darf, wenn die fragliche Tat entweder auf dem Hoheitsgebiet eines Vertragsstaates begangen wurde oder wenn der mutmaßliche Täter die Staatsangehörigkeit eines Vertragsstaates besitzt. Bisher haben beispielsweise Uganda, die Demokratische Republik Kongo, die Zentralafrikanische Republik und Mali den IStGH eingeschaltet, um mögliche Verbrechen auf ihrem eigenen Territorium untersuchen zu lassen. Zudem hat der Ankläger von Amts wegen bereits Ermittlungen aufgenommen, um bestimmte Vorfälle in Kenia und Côte d’Ivoire zu klären.
Die genannten Beschränkungen für die Ausübung der Gerichtsbarkeit gelten jedoch nicht, wenn der Sicherheitsrat eine Situation nach Kapitel VII der UN-Charta an den IStGH überweist. Auf diesem Wege kann selbst gegen Angehörige von Nichtvertragsstaaten ermittelt werden. Allerdings ist eine solche Überweisung nur denkbar, wenn keines der fünf ständigen Mitglieder im Sicherheitsrat (USA, Vereinigtes Königreich, Frankreich, Russland, China) ein Veto einlegt. Genutzt wurde diese Möglichkeit, um Verbrechen nachzugehen, die während der Bürgerkriege im Sudan (Darfur) und in Libyen begangen wurden. Beide Staaten sind nämlich nicht Vertragspartei des Statuts.
Besondere Hürden existieren für die Verfolgung von Aggressionsverbrechen. Unter anderen hat jeder Vertragsstaat die Möglichkeit, sich künftigen Verfahren durch eine gesonderte Erklärung zu entziehen ("Opt-out"). Dies gilt jedoch nur im Hinblick auf Prozesse, die auf die Initiative eines Staates oder des Anklägers zurückgehen. Steht hingegen der Sicherheitsrat hinter dem Verfahren, so kann auch gegen Angehörige von Staaten vorgegangen werden, die nicht an das IStGH-Statut gebunden sind. Allerdings ist der Mechanismus zur Verfolgung von Aggressionsverbrechen derzeit noch nicht aktiv. Voraussetzung ist, dass 30 Vertragsstaaten die Kampala-Bestimmungen ratifizieren und dass mindestens zwei Drittel der Vertragsstaaten nach dem 1. Januar 2017 einen gesonderten Beschluss fassen, wonach der Gerichtshof von nun an tatsächlich befugt sein soll, über solche Verbrechen zu urteilen.
Verfahren (Art. 53–85)
Erlangt die Anklagebehörde Kenntnis von einer Situation, in der möglicherweise völkerrechtliche Verbrechen begangen wurden, prüft sie zunächst, ob diese Taten unter das IStGH-Statut fallen und ob die Voraussetzungen für die Einleitung von Ermittlungen vorliegen (Gerichtsbarkeit, Zulässigkeit der Sache, keine entgegenstehenden Gerechtigkeitsinteressen). Kommt der Ankläger zu dem Schluss, dass eine hinreichende Grundlage besteht, so eröffnet er mit Genehmigung der Vorverfahrenskammer die Ermittlungen. Auf Antrag des Anklägers kann die Kammer auch einen Haftbefehl erlassen, um sicherzustellen, dass die betreffende Person zur Verhandlung erscheint, dass sie die Ermittlungen nicht behindert oder dass sie keine weiteren Verbrechen begeht. Die Vorverfahrenskammer hält dann eine mündliche Verhandlung ab. Sehen die Richter die Tatvorwürfe als bestätigt an, ist der Weg für das Hauptverfahren frei.
Während der Hauptverhandlung muss der Angeklagte grundsätzlich anwesend sein. Seine Rechte sind im Statut geregelt. Insbesondere gilt er solange als unschuldig, bis seine Schuld nachgewiesen wird. Die Beweislast trägt der Ankläger. Für eine Verurteilung darf kein vernünftiger Zweifel an der Schuld bestehen. Im Falle einer Verurteilung verhängt der IStGH zeitlich begrenzte oder lebenslange Freiheitsstrafen. Zusätzlich kann er eine Geldstrafe anordnen und beschließen, dass Vermögenswerte, die aus der Tat stammen, eingezogen werden.
Gegen ein Urteil können sowohl der Ankläger als auch der Verurteilte Berufung einlegen. Die Berufungskammer hat die Möglichkeit, das Urteil oder den Strafspruch aufzuheben oder abzuändern oder eine neue Verhandlung vor einer anderen Hauptverfahrenskammer anzuordnen. Werden nach einem Urteil neue Beweismittel bekannt, kann der Verurteilte bei der Berufungskammer eine Wiederaufnahme des Verfahrens beantragen.
Zusammenarbeit mit den Vertragsstaaten (Art. 86–111)
Die Vertragsstaaten sind verpflichtet, bei den Ermittlungen und der Strafverfolgung uneingeschränkt mit dem IStGH zusammenzuarbeiten. Erlässt der Gerichtshof zum Beispiel einen Haftbefehl, müssen die Vertragsstaaten entsprechende Maßnahmen zur Festnahme und Überstellung der gesuchten Person ergreifen. Andere Formen der Zusammenarbeit betreffen etwa die Rechtshilfe bei Zeugenvernehmungen oder die Unterstützung der Anklagebehörde bei Ermittlungen vor Ort. Leistet ein Vertragsstaat einem Kooperationsersuchen nicht Folge und behindert er dadurch die Arbeit des IStGH, so kann sich der Gerichtshof an die Versammlung der Vertragsstaaten wenden oder den UN-Sicherheitsrat einschalten (sofern ihm der Fall vom Sicherheitsrat übergeben wurde). Die Vollstreckung von Freiheitsstrafen findet nach völkerrechtlichen Standards und unter Aufsicht des IStGH in ausgewählten Staaten statt, die sich zur Übernahme dieser Verantwortung bereit erklärt haben.
Download:
Sie können die Grafik in zwei Versionen herunterladen: als Interner Link: einfache Grafik (PDF, 888 KB) und als Interner Link: Grafik inklusive Erklärtext (PDF, 1,13 MB).
Weitere Inhalte
Dr. iur. Christian Schaller ist Stellvertretender Forschungsgruppenleiter der Forschungsgruppe Externer Link: Globale Fragen bei der Stiftung Wissenschaft und Politik Berlin. Er forscht und veröffentlicht vor allem zu den Themengebieten Vereinte Nationen und Völkerrecht.
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