Die Adalet ve Kalkınma Partisi (AKP, Partei für Gerechtigkeit und Entwicklung) bezeichnet sich als "konservativ-demokratische" Volkspartei und bezieht sich in ihrem Programm auf Demokratie, Konsenskultur, Grund- und politische Freiheitsrechte sowie eine rechtliche Begrenzung von politischer Macht. Nach dem Verständnis der AKP richtet sich der von ihr vertretene Konservatismus gegen "staatlich aufgezwungene Modernisierung" und gegen eine "Umerziehung der Gesellschaft", wie sie es dem Kemalismus vorwirft.
Die AKP ging aus der Spaltung der islamischen
Seither erhielt die Partei bei allen folgenden Parlaments- und Kommunalwahlen die meisten Stimmen. Ihr Wahlsieg beruhte damals vor allem auf den Zerwürfnissen und Spaltungen sowie dem Missmanagement und den Korruptionsvorwürfen der etablierten und der Regierungsparteien. Diese konnte weder der anhaltenden Wirtschaftskrise entgegensteuern, noch die soziale Integration kurdischer und konservativ muslimischer Bevölkerungsteile vorantreiben. Zudem versprach die AKP, das Land weiter zu demokratisieren, die Menschenrechte zu sichern und die Türkei an die EU heranzuführen.
In den folgenden Jahren konnte sich die AKP-Regierung gegenüber den bisherigen säkular-nationalen Eliten aus Politik und Militär durchsetzen, diese entmachten und ihre eigene machtpolitische Stellung sichern. 2007 beugte sich die AKP-Führung nicht der versuchten Einflussnahme der Militärs, und Abdullah Gül wurde trotz des Widerstands der Generäle vom Parlament zum Staatspräsidenten gewählt. 2008 konnte die Partei ein Verbotsantrag beim Verfassungsgericht abwehren. 2010 initiierte die AKP ein Referendum zur Verfassungsänderung und entschied damit den politischen Machtkampf mit der laizistischen Armeeführung – die auch während des Putschversuches im Juli 2016 größtenteils hinter der Regierung stand – für sich.
Verantwortlich für den Erfolg der AKP-Regierung war neben Erdoğans Wortgewandtheit und Popularität im Volk, vor allem die dynamische Wirtschaftsentwicklung seit 2003. Ein beachtlicher Wohlstandsgewinn, der Ausbau sozialer Rechte, die Verbesserung der Gesundheitsversorgung sowie der urbanen Infrastruktur und Verkehrsnetze gingen mit dieser Entwicklung einher. Nach der Regierungsbildung im Jahr 2002 setzte die AKP die politischen, juristischen und wirtschaftlichen Reformen fort und erreichte, dass die Türkei 2005 offiziell den Status eines EU-Beitrittskandidaten erhielt.
Auch unternahm die AKP-Regierung Schritte zur Verbesserung der sozialen und wirtschaftlichen Lage der kurdischen Bevölkerung, startete am 1. Januar 2009 einen staatlichen Fernsehkanal in kurdischer Sprache und führt mit der verbotenen Partiya Karkeren Kurdistan (PKK, Arbeiterpartei Kurdistans) Verhandlungen, um den bewaffneten Konflikt beizulegen. Die Verhandlungen führten jedoch zu keinem Ergebnis: Im Sommer 2015 eskalierte die Gewalt zwischen den Streitkräften und PKK-Milizen, seither ist die Lage in den kurdischen Gebieten angespannt.
Anfangs hatte die Partei auch über islamisch-konservative Bevölkerungsteile hinaus von der Kompatibilität von Islam, Demokratie und Wirtschaftsliberalismus überzeugen können. Gegenwärtig scheint die AKP-Führung jedoch vor allem auf den eigenen Machterhalt fokussiert zu sein, rechtsstaatliche Prinzipien wurden von ihr im Rahmen des Ausnahmezustands, seit dem Putschversuch im Juli 2016, vermehrt ausgehebelt. Das politische System der Türkei wird in Fach- und Expertenkreisen als kompetitive Autokratie bewertet.
Obwohl sie bereits schon in früheren Jahren wegen der Einschränkung der Pressefreiheit, Verletzung des Rechtsstaatsprinzips und des repressiven Umgangs mit der Opposition ("Ergenekon-", "Schlaghammer-" und "KCK-Verfahren") kritisiert wurde, zeigte das harte Durchgreifen gegen die Demonstranten während der landesweiten Protestwelle im Juni 2013 ("
Auch die Reaktion der Regierung auf die
Der AKP gelang es dennoch, die Kommunalwahlen am 30. März 2014, die wegen der Ereignisse des Vorjahres in einer stark polarisierten Atmosphäre stattfanden, deutlich zu gewinnen. Ebenso die Präsidentschaftswahl einige Monate später: am 10. August 2014 wurde ihr Kandidat und Parteivorsitzende Recep Tayyip Erdoğan mit absoluter Mehrheit zum Staatspräsidenten der Türkei gewählt.
Bei der Parlamentswahl im Juni 2015 sackte die AKP auf 40,9 Prozent ab und verlor ihre absolute Parlamentsmehrheit. Weil eine Koalitionsregierung mit der
In der Außenpolitik hatte die AKP-Regierung zunächst eine pro-europäische Kurs genommen und die Beziehungen zu den Nachbarstaaten verbessert. 2013 jedoch beschrieb İbrahim Kalın, heute Sprecher und Sicherheitsberater des aktuellen Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdoğan (AKP), die außenpolitische Situation der Türkei als "noble Einsamkeit". Während der Amtszeit von Ministerpräsident Ahmet Davutoğlu (2014-2016) bewegten sich die Türkei und die EU aufgrund der Flüchtlingskrise aufeinander zu, es kam zum Abschluss des Flüchtlingsabkommens und zu leichter Bewegung in den Beitrittsgesprächen.
Heute sind die Beziehungen zu wichtigen Verbündeten wie den USA und Deutschland sehr angespannt. Gleichwohl ist der Staatspräsident Erdoğan seit 2021 bestrebt, die zerrütteten bilateralen Beziehungen zu Israel, Ägypten und Saudi-Arabien wiederherzustellen. In der Ukrainekrise hat die Türkei – u.a. Dank der guten persönlichen Beziehungen des Präsidenten zu Wladimir Putin – versucht, eine
Wegen Differenzen in der Innen- und Außenpolitik – offiziell, innerhalb des Parteivorstandes – trat Davutoğlu im Mai 2016 zurück. Regierungschef ist seither Binali Yıldırım. Yıldırım folgte Davutoğlu auch als Parteivorsitzender. Dieses Amt hat jedoch mittlerweile wieder Staatspräsident Erdoğan inne. Bis zum Verfassungsreferendum im April 2017 war dies rechtlich nicht möglich.
Im Juli 2016 kam es zu einem Putschversuch gegen die AKP-Regierung unter Staatspräsident Erdoğan. Ausschlaggebend für das Scheitern des Putsches war die Bereitschaft zehntausender AKP-Anhänger und weiterer Bürger, dem Aufruf Erdoğans zu folgen und in der Putschnacht vom 15. auf den 16. Juli 2016 gegen die Putschisten zu demonstrieren. Vier Tage nach dem Putschversuch stimmte das Parlament der Verhängung eines dreimonatigen Ausnahmezustandes durch Staatspräsident Erdoğan zu, der seither – zuletzt im Januar 2018 – immer wieder verlängert wurde.
Auf den Putschversuch reagierte die AKP-Regierung mit einer breiten Verhaftungswelle. Zudem wurden mehrere Tausend Beamte, Offiziere und zahlreiche Akademiker vom Dienst suspendiert bzw. von ihren Lehrstühlen entlassen. Dabei genügte oft allein ein Verdacht, etwa die PKK oder die Gülen-Bewegung zu unterstützen.
Am 16. April 2017 ließ die AKP-Regierung ein Referendum über eine von ihr ausgearbeitete Verfassungsänderung abhalten, die auf die Umwandlung des politischen Systems der Türkei in ein
Mit seiner durch die Verfassungsänderung im April 2017 ermöglichten Wiederwahl zum Parteivorsitzenden hat Erdoğan seine Machtposition in der AKP abermals gestärkt. Ehemalige AKP-Größen wie Abdullah Gül oder Bülent Arınç spielen im politischen Alltag der Partei heute keine Rolle mehr, ihr Verhältnis zu Erdoğan gilt als stark belastet. Im Herbst 2017 traten zudem mehrere prominente Bürgermeister, darunter jene von İstanbul und Ankara (Kadir Topbaş und Melih Gökçek), unter dem Druck Erdoğans zurück – offiziell waren diese Rücktritte Teil eines Verjüngungskurses innerhalb der Partei. Bei den Kommunalwahlen 2019 konnte sich die AKP ihren Stimmenanteil gegenüber der Kommunalwahl 2014 zwar um 1,44 Prozent auf 44,31 Prozent ausbauen. Gleichwohl verlor sie die wichtigen Oberbürgermeisterposten der Metropolstädte İstanbul und der Großstädte Ankara und Antalya.
Die AKP hat nach eigener Angabe etwa 11,24 Millionen Mitglieder und stellt die Bürgermeister in den meisten Großstädten (büyükşehir belediyesi).
Bei der Parlamentswahl am 14. Mai 2023 sackte die AKP auf 35,58 Prozent (vorläufiges Ergebnis) ab und wird im Parlament mit 267 Sitzen vertreten sein. Die von ihr geführte Volksallianz kam auf 49,46 Prozent der Stimmen und wird im Parlament mit 322 Sitzen die absolute Mehrheit bilden. Spitzenkandidat Erdoğan erhielt bei der Präsidentenwahl 49,5 Prozent der Stimmen, konnte sich jedoch nicht im ersten Wahlgang durchsetzen und muss sich am 28. Mai 2023 einer Stichwahl stellen.