Der erste Politikbereich, der in Europa vergemeinschaftet wurde, war die Landwirtschaftspolitik. Sie ist bis heute immer wieder ein Streitpunkt zwischen den Mitgliedstaaten der EU und führt zu viel Kritik bei den Bürgern.
Als die gemeinsame Landwirtschaftspolitik in den 1950er-Jahren konzipiert wurde, ging es darum, genügend Lebensmittel zu produzieren, um nach Jahren des Hungers und knapp gefüllter Teller die Menschen ausreichend zu versorgen. Zur Erhöhung der Produktion befreite man die Bauern vom Marktrisiko. Konnte ein Landwirt seine Produkte nicht regulär verkaufen, wurden sie ihm von der Europäischen Gemeinschaft zu einem Garantiepreis abgenommen. Der gewünschte Effekt trat bald ein, die Versorgung der Bevölkerung war gesichert. Aber damit nicht genug: Da die Landwirte ihr Einkommen durch Mehrproduktion steigern konnten, ohne auf den Markt Rücksicht nehmen zu müssen, kam es zu Überproduktionen. In den Lagerhäusern der Europäischen Gemeinschaften stapelten sich die Lebensmittel, vom "Butterberg" war die Rede und auch vom "Weinsee".
Seitdem ist die Agrarpolitik mehrfach reformiert worden. Die Abnahmegarantien sind erloschen, aber immer noch gibt die EU knapp 42 Prozent ihrer Mittel für die Landwirtschaft und die Entwicklung des ländlichen Raums aus. Damit werden im Wesentlichen landwirtschaftliche Betriebe durch Direktzahlungen unmittelbar unterstützt, die aber zu einem Drittel nur dann vergeben werden, wenn die Bauern bestimmte ökologische Leistungen erbringen. Auch die Existenzgründung junger Landwirte soll gefördert werden.
Die Förderung der europäischen Landwirtschaft wird auch damit begründet, dass man keine Monokulturen entstehen lassen will. Sie würden zwar kostengünstiger produzieren können, die Landschaft jedoch monotonisieren und wären auch wegen mangelnder Pflanzen- und Tiervielfalt ökologisch bedenklich.
Bei aller Kritik an der Landwirtschaftsförderung darf nicht vergessen werden, dass diese auch ein Stück Sozialpolitik ist. Ohne die Unterstützung der Europäischen Union könnten viele Bauern ihren Betrieb nicht aufrechterhalten und würden arbeitslos. Abgesehen vom persönlichen Schicksal ist dies auch für die Gesellschaft mit Kosten verbunden, zumal gerade im ländlichen Raum wenig alternative Arbeitsplätze zur Verfügung stehen.