Auf einen BlickDaten zur Bevölkerung der Schweiz
Hauptstadt: Bern
Amtssprachen: Deutsch, Französisch, Italienisch, Rätoromanisch
Fläche: 41.285 km²
Ständige Wohnbevölkerung (Ende 2019): 8.606.033
Bevölkerungsdichte (2019): 215,2 Einwohner pro km²
Bevölkerungswachstum (2019): 0,7%
Ständige ausländische Wohnbevölkerung (1. Januar 2019): 2.148.275
Einwanderung (2019): 169.600
Auswanderung (2019): 126.200
Erwerbsbevölkerung (Ende 2019): 5.332.000
Ausländische Erwerbstätige (2019): 1.615.000
Fußnoten
Im Jahr 2019 hatten fast 38 Prozent der ständigen Wohnbevölkerung der Schweiz ab dem Alter von 15 Jahren einen Migrationshintergrund. Etwas mehr als ein Drittel dieser Bevölkerung besitzt die Schweizer Staatsangehörigkeit. Mehr als 80 Prozent der Bevölkerung mit Migrationshintergrund wurden im Ausland geboren und sind somit Zugewanderte der ersten Generation. Die meisten Einwanderer/-innen und ihre Nachkommen stammen aus EU-Staaten – insbesondere aus Italien, Deutschland, Portugal und Frankreich – und Mitgliedsländern der Europäischen Freihandelsassoziation (EFTA) sowie aus dem Kosovo.
In jüngster Zeit ist der Wanderungssaldo zurückgegangen. Im Jahr 2018 erreichte er den niedrigsten Stand seit 2006. Diese Entwicklung ist nicht in erster Linie auf den Rückgang der Zuwanderung zurückzuführen – diese blieb mit 170.000 Zugewanderten im Jahr 2018 hoch –, sondern auf die zunehmende Abwanderung der ständigen Wohnbevölkerung, zu der auch Schweizer Staatsangehörige zählen. Im Jahr 2018 verließen 130.000 ständige Einwohner/-innen das Land – ein Viertel davon waren im Besitz der Schweizer Staatsangehörigkeit. Hauptzielländer von auswandernden Schweizer/-innen sind EU- und EFTA-Staaten – insbesondere Frankreich, Deutschland, Italien und Spanien – sowie die USA und das Vereinigte Königreich. Die jüngste Entwicklung zeigt, dass immer mehr Schweizer Staatsangehörige von der Personenfreizügigkeit innerhalb der EU Gebrauch machen.
Kurze Geschichte der Aus- und Einwanderung in der Schweiz
Bis ins 19. Jahrhundert war die Schweiz ein Auswanderungsland. Danach wurde sie allmählich zu einem Einwanderungsland. Die Industrialisierung förderte die Einwanderung vor allem in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts. 1888 wies die Schweizer Volkszählung erstmals einen positiven Wanderungssaldo aus. Während des Ersten Weltkriegs verließen zahlreiche Eingewanderte die Schweiz und kehrten in ihre Herkunftsländer zurück. In der Zwischenkriegszeit wurde die Einwanderungspolitik, die bis 1925 hauptsächlich in der Verantwortung der Kantone gelegen hatte, auf Bundesebene zentralisiert. Die Bundesregierung verfolgte fortan einen restriktiven Ansatz zur Regulierung von Migration, der die liberale Politik der Vorkriegszeit ablöste. Einreisevisa wurden eingeführt und die Anzahl der auf dem Staatsgebiet anwesenden Ausländer/-innen streng kontrolliert. Im Jahr 1931 trat das Bundesgesetz über Aufenthalt und Niederlassung der Ausländer (ANAG) in Kraft, das bis 2008 die Grundlage der Schweizer Ausländerpolitik bildete.
Schweizer Migrationspolitik
Nach dem Zweiten Weltkrieg führte der Arbeitskräftemangel zum Abschluss eines bilateralen Anwerbeabkommens mit Italien im Jahr 1948. Es markierte den Beginn umfangreicher Einwanderung. Aufgrund von Arbeitskräftemangel und boomender Wirtschaft zielte die Schweizer Migrationspolitik fortan darauf ab, ausländische Arbeitskräfte anzuwerben, gleichzeitig aber deren dauerhafte Ansiedlung in der Schweiz zu vermeiden. Es entstand ein sogenanntes Rotationsmodell, bei dem die angeworbenen ausländischen Arbeitskräfte nur vorübergehend im Land bleiben durften. Die Einführung dieses Modells begründete sich auch mit der Angst vor "Überfremdung". Das Rotationsmodell wurde in den 1960er Jahren aufgegeben, unter anderem, weil Politik und Wirtschaft erkannten, dass der Bedarf an ausländischen Arbeitskräften kein vorübergehendes Phänomen war. Die Migrationspolitik begann daher, einen Ansatz zu verfolgen, der auf die Integration und Assimilation der Migrant/-innen zielte. In der Folge erhielten immer mehr Eingewanderte eine dauerhafte Niederlassungserlaubnis und sozialstaatliche Leistungen. Vor diesem Hintergrund forderten zwischen 1965 und 1988 eine Reihe von Initiativen eine Begrenzung der Zahl der ausländischen Einwohner/-innen im Land – darunter das Volksbegehren "Schwarzenbach-Initiative" 1970 und die Initiative "gegen die Überfremdung und Überbevölkerung der Schweiz" 1974 . Im Zusammenhang mit den durch die "Schwarzenbach-Initiative" ausgelösten politischen Verwerfungen beschloss die Schweizer Regierung eine sogenannte Stabilisierungspolitik ("Globalplafonnierung"): Durch die Einführung jährlicher Einwanderungskontingente und die Einschränkung der Rechte der Eingewanderten, z.B. beim Wechsel des Arbeitsplatzes und des Wohnorts, sollte die Einwanderung gebremst werden. In den Jahren 1974/75 führte die Rezession zu einem Rückgang der Arbeitsmigration. Anfang der 1980er Jahre hatte sich die absolute Zahl ausländischer Staatsangehöriger in der Schweiz deutlich verringert.
In den 1990er Jahren strebte die Schweiz eine engere Anbindung an die EU an und ergriff Maßnahmen, die die Zuwanderung aus EU-Mitgliedsstaaten erleichtern sollten. Um Bedenken wegen "Überfremdung" auszugleichen, wurde die Zuwanderung aus anderen Ländern stark eingeschränkt. 1991 wurde das sogenannte Drei-Kreise-Modell eingeführt. Es regelte die Aufnahme von Arbeitsmigrant/-innen auf der Grundlage ihres Herkunftslandes und ihrer angeblichen "kulturellen Nähe". "Kulturnahe" ausländische Staatsangehörige wurden als eher geeignet beschrieben, sich an die Schweizer Kultur anzupassen, als "kulturferne" Ausländer/-innen, bei denen die Wahrscheinlichkeit einer Assimilierung als gering eingeschätzt wurde. Ausländer/-innen wurden auf dieser Basis in drei verschiedene Gruppen eingeteilt: Während Arbeitsmigrant/-innen aus EU- und EFTA-Staaten ("erster Kreis") bevorzugt aufgenommen wurden, wurde die Zahl der Arbeitsmigrant/-innen aus Ländern des "zweiten Kreises" (z.B. USA, Kanada, mittel- und osteuropäische Staaten) begrenzt. Die Zuwanderung aus "allen anderen Staaten" ("dritter Kreis") wurde auf Hochqualifizierte beschränkt. Im Jahr 1998 wurde das Drei-Kreise-Modell aufgegeben und durch ein duales Zulassungssystem ersetzt. Es privilegierte weiterhin die Zuwanderung aus EU- und EFTA-Staaten und begrenzte die Zuwanderung aus Drittstaaten. Das Bundesgesetz über die Ausländerinnen und Ausländer (AuG), das 2008 in Kraft trat, erhielt dieses duale Zulassungsmodell aufrecht. Bis heute ist die Arbeitsmigration aus Drittstaaten auf hochqualifizierte Arbeitskräfte beschränkt.
Im Jahr 2000 wurde das Vertragspaket "Bilaterale I" vom Schweizer Stimmvolk angenommen. Daraufhin konnte im Jahr 2002 das Abkommen über die Freizügigkeit der Bürger/-innen aus den EU-15-Staaten in Kraft treten. In den Folgejahren wurde das Recht auf Freizügigkeit auf die neu beigetretenen EU-Staaten ausgeweitet: Im Jahr 2006 wurde es den Bürger/-innen der Staaten gewährt, Interner Link: die 2004 der EU beigetreten waren (EU-10), 2009 Staatsangehörigen Bulgariens und Rumäniens (EU-2) und 2017 Kroatinnen und Kroaten. Im Rahmen der "Bilateralen II" (2004) ist die Schweiz auch den Abkommen von Interner Link: Schengen und Interner Link: Dublin beigetreten.
2014 stimmte das Schweizer Stimmvolk mit einer knappen Mehrheit (50,3 Prozent) für die Interner Link: Initiative "gegen Masseneinwanderung", die von der nationalkonservativen bis rechtspopulistischen Interner Link: Schweizerischen Volkspartei (SVP) initiiert worden war. Die Initiative forderte die Einführung von Einwanderungskontingenten und eine jährliche Obergrenze für die Zahl der Migrant/-innen, die in die Schweiz einreisen dürfen. Sie verlangte auch, die Freizügigkeitsabkommen mit der EU neu zu verhandeln, um die Migration in die Schweiz zu begrenzen. Im Jahr 2016 verabschiedete das Schweizer Parlament einen Gesetzentwurf zur Umsetzung der Initiative, vermied es aber, Einwanderungskontingente in der Schweizer Verfassung zu verankern, wie es die Initiative "gegen Masseneinwanderung" ursprünglich gefordert hatte. So wurde lediglich die Verpflichtung für Arbeitgeber eingeführt, offene Stellen in Branchen mit hoher Arbeitslosigkeit (ab Januar 2020 landesweite Arbeitslosenquote von fünf Prozent oder höher) dem örtlichen Arbeitsamt (RAV) zu melden, das dann versucht, Kandidat/-innen für die Besetzung der Stelle zu finden, bevor sie vom Arbeitgeber ausgeschrieben werden darf. Die SVP lehnte die Reform ab und lancierte eine weitere Initiative zur Begrenzung der Zuwanderung, die verlangte, das Freizügigkeitsabkommen mit der EU außer Kraft zu setzen. In einer Volksabstimmung im September 2020 lehnte jedoch eine klare Mehrheit der Stimmberechtigten (61,7 Prozent der Stimmen) diese Initiative ab.
Im Januar 2019 ist eine Revision des Ausländergesetzes – nun umbenannt in Ausländer- und Integrationsgesetz (AIG) – in Kraft getreten. Sie führte neue Bestimmungen zur Integration ein, um z.B. den Erwerb von Sprachkenntnissen und die Teilnahme am Wirtschaftsleben verbindlicher zu machen. Außerdem wurden die Bedingungen für den Familiennachzug und für die Erteilung einer Niederlassungserlaubnis (C-Ausweis) verschärft und die Rückstufung einer (unbefristeten) Niederlassungserlaubnis in eine (befristete) Aufenthaltserlaubnis ermöglicht. Schließlich erleichterte die Gesetzesreform den Zugang zum Arbeitsmarkt für anerkannte Flüchtlinge und vorläufig Aufgenommene durch den Abbau bürokratischer Hürden.
Schweizer Asylrecht – Reformen und Diskurse
Das erste Asylgesetz der Schweiz trat 1981 in Kraft. Seitdem sind mehrere Änderungen am Gesetz vorgenommen worden, die alle darauf abzielten, das Recht auf Asyl einzuschränken bzw. den Zugang zu den Möglichkeiten, dieses Recht in Anspruch zu nehmen, zu erschweren. Im Jahr 2020 wurden in der Schweiz 11.041 Asylanträge registriert. Im Vergleich zu 2019, als 14.269 Asylanträge erfasst wurden, bedeutet dies einen Rückgang um 22,6 Prozent. Es handelt sich um die niedrigste Asylantragszahl seit 2007. Allerdings ist sie im Kontext der Maßnahmen zur Eindämmung der Interner Link: Corona-Pandemie zu betrachten, die Grenzschließungen und Einschränkungen im Reiseverkehr umfassten. Die meisten Menschen, die 2020 in der Schweiz Asyl suchten, kamen aus Eritrea (1.917), gefolgt von Interner Link: Afghanistan (1.681) und der Türkei (1.201).
Die Asylfrage ist hochgradig politisiert und es gibt eine Tendenz zu einer starken Polarisierung der politischen Parteien mit Blick auf die Asylpolitik. Vor allem die SVP schürt in der Schweizer Bevölkerung Ängste vor "Überfremdung", indem sie einen vermeintlich negativen Einfluss der Zuwanderung auf die Schweizer Identität und die soziale, sicherheitspolitische, kulturelle und wirtschaftliche Situation im Land anprangert. Dies mobilisiert wiederum politische und zivilgesellschaftliche Organisationen, sich solchen Ansichten entgegenzustellen und dem Aufstieg rechtspopulistischer Bewegungen entgegenzuwirken.
Seit den 1980er Jahren werden Asylbewerber/-innen häufig mit Misstrauen betrachtet, als ein Diskurs über den angeblichen "Missbrauch des Asylsystems" und über "Scheinflüchtlinge" aufkam, der seitdem immer wieder auftaucht. Er hat die Verabschiedung restriktiver asylpolitischer Regelungen begünstigt. Diese folgten im Wesentlichen zwei Trends : Einerseits haben die Bundesbehörden den Zugang zum Asylverfahren kontinuierlich verschärft und versucht, die Attraktivität der Schweiz als Zielland von Asylsuchenden zu verringern. Andererseits haben sie versucht, durch beschleunigte Verfahren und strukturelle Reformen das Asylsystem effizienter zu machen. Dies ist insbesondere seit 2012 der Fall, als das Schweizer Parlament eine Gesetzesreform verabschiedete, die eine Umstrukturierung des gesamten Asylbereichs ermöglichte. Im Juni 2016 stimmten die Schweizer Bürger/-innen für die vorgeschlagenen Änderungen des Asylgesetzes. Im März 2019 traten diese neuen Asylregelungen in Kraft. Sie zielen darauf ab, die durchschnittliche Bearbeitungsdauer von Asylanträgen deutlich zu verkürzen. Erreicht werden soll dies durch die Zentralisierung der Asylstrukturen, die Einführung strikter Fristen für Entscheidungsprozesse und die Verbesserung der Qualität der erstinstanzlichen Entscheidungen, z.B. durch kostenlose Rechtsberatung und -betreuung für Asylsuchende während des gesamten Asylverfahrens.
Um Flüchtlinge schneller in den Arbeitsmarkt und die Gesellschaft zu integrieren, haben sich Bund und Kantone 2019 auf eine gemeinsame Integrationsagenda geeinigt. Darin wurden verbindliche Integrationsziele und -prozesse definiert. So sollen Flüchtlinge möglichst schnell eine der vier Landessprachen erlernen, sich mit den Gepflogenheiten des Lebens in der Schweiz vertraut machen und berufsbezogene Unterstützung erhalten. Ziel ist es, dass der Staat langfristig Kosten spart, wenn sich Flüchtlinge schnell in die Gesellschaft und den Arbeitsmarkt integrieren und sich selbst versorgen können, anstatt auf Sozialhilfe angewiesen zu sein.
Ausblick
Migration wird in der Schweiz auch in Zukunft ein umstrittenes Thema bleiben. Fast 40 Prozent der ständigen Wohnbevölkerung der Schweiz haben einen Migrationshintergrund, ein Viertel der ständigen Wohnbevölkerung sind ausländische Staatsangehörige, obwohl viele von ihnen schon seit Jahrzehnten in der Schweiz leben oder sogar hier geboren und aufgewachsen sind. Das liegt unter anderem daran, dass das Schweizer Staatsbürgerschaftsrecht auf dem Prinzip des "Blutsrechts" (jus sanguinis) beruht, wonach die Abstammung von mindestens einem Schweizer Elternteil den Erwerb des Schweizer Bürgerrechts bedingt. Zudem ist die Einbürgerungspraxis sehr restriktiv. Die wachsende Zahl von Menschen, die von Bürgerrechten wie der Teilnahme an Wahlen zum nationalen Parlament ausgeschlossen sind, führt zu einem wachsenden Demokratiedefizit in einem Land, das durch Migration geprägt wurde, aber immer noch damit ringt, diese Realität vollständig anzuerkennen. Die Debatten über Zuwanderung bewegen sich weiterhin zwischen den beiden Polen "Überfremdung" und Integration. Migration stellt das Bild von Nationen als homogenen Einheiten in Frage. Die Schweiz ringt, wie viele andere Einwanderungsländer in Europa, noch immer um die Entwicklung eines neuen "Wir", das auch jenen die Möglichkeit der Zugehörigkeit bietet, die bislang als "fremd" markiert und damit auf einen Platz außerhalb der nationalen Gemeinschaft verwiesen werden.
Übersetzung aus dem Englischen: Vera Hanewinkel