Ähnliche Wohlfahrtsstaaten – unterschiedlicher Umgang mit Einwanderung
Dänemark, Norwegen und Schweden haben viele Gemeinsamkeiten. Es handelt sich um kleine und offene Wohlfahrtsstaaten, die auf einer ähnlichen umfassenden, universellen Idee des Wohlfahrtsstaats und seiner Organisation
So auffällig die Ähnlichkeiten sind, so augenscheinlich sind auch die Unterschiede zwischen den Ländern, wenn es um Fragen der Einwanderung und der kulturellen Vielfalt geht. Insbesondere Dänemark und Schweden weisen in dieser Hinsicht gegensätzliche politische Modelle auf.
Schweden führte in den 1970er Jahren eine Politik ein, die die Inklusion von Eingewanderten in den Sozialstaat mit der Anerkennung und Förderung der ethnokulturellen Vielfalt zu verbinden suchte. Dies umfasste das Recht auf muttersprachlichen Grundschulunterricht (in anderen Sprachen als Schwedisch) sowie staatliche Unterstützung von Einwanderergruppen, eigene Vereine zu gründen und zu unterhalten. In den 1980er Jahren wurden einige der weitreichenderen Ziele aufgegeben, das "langfristige Überleben von Minderheitenkulturen" in der schwedischen Gesellschaft zu fördern.
Im Gegensatz dazu zeichnet sich Dänemark mit Blick auf Einwanderung durch einen der am stärksten ausgeprägten
Norwegen steht oft irgendwo zwischen dem liberalen Schweden und dem restriktiven Dänemark. In den 1970er und 1980er Jahren, als Norwegen begann, seine eigene Migrationspolitik zu entwickeln, waren die eingeleiteten politischen Maßnahmen stark vom schwedischen Ansatz inspiriert. In den letzten Jahrzehnten haben die politischen Entwicklungen Norwegen aber eher in die Nähe der dänischen Position gebracht.
Ab den späten 1990er Jahren setzte in der Integrationspolitik eine "bürgerschaftliche Wende" (civic turn) ein, die einem größeren europäischen politischen Trend entspricht:
Dänemark ist dabei weiter gegangen als die meisten anderen Länder und hat immer höhere Integrationsanforderungen eingeführt. In Dänemark erfordert die Einbürgerung heute einen neunjährigen legalen Aufenthalt im Land in Verbindung mit strengen Anforderungen an Sprach- und gesellschaftliche Kenntnisse sowie wirtschaftliche Unabhängigkeit. Trotz dieser restriktiven Regelungen führte Dänemark 2015 das Recht auf die
Politische Reaktionen auf Einwanderung beziehen sich zum einen auf die Kontrolle von Einwanderung (Wer darf einreisen?) und zum anderen auf die Integrationspolitik (Welche Rechte und Pflichten sollten gelten, sobald einem Migranten bzw. einer Migrantin ein Aufenthaltsrecht im Land gewährt wird?). Mit Blick auf die Arbeitsmigration in der Nachkriegszeit (1950er bis 1970er Jahre) hielten alle drei skandinavischen Wohlfahrtsstaaten an dem Grundsatz fest, dass Einwanderer/-innen die gleichen sozialen Rechte wie die eigenen Bürger/-innen haben sollten und dass dies eine sorgfältige Einwanderungskontrolle erforderte. Die Einwanderung sollte den Bedürfnissen des Arbeitsmarktes gerecht werden, um die Entstehung neuer sozialer Ungleichheiten zu vermeiden. Angesichts des internationalen Einbruchs der Wirtschaft in den frühen 1970er Jahren führte dieser Grundsatz zu einem vollständigen Stopp der Arbeitsmigration in Schweden (1972) Dänemark (1973) und Norwegen (1975).
Die Einwanderung in die skandinavischen Länder hörte jedoch nicht mit dem Ende der Arbeitsmigration in den frühen 1970er Jahren auf, sondern veränderte ihren Charakter. Anstelle ausländischer Arbeitskräfte bestand die Einwanderung nun aus Personen, die eine Familienzusammenführung oder Asyl beantragten. Aufgrund ihres humanitären Charakters war diese Migration viel schwieriger zu kontrollieren. Der oben erwähnte Zusammenhang zwischen Einwanderungskontrolle und sozialer Gleichberechtigung, der die Wurzel der Einwanderungspolitik aller drei skandinavischen Länder bildet, führte nun zu einem inhärenten Spannungsverhältnis zwischen den humanitären Normen (die z.B. in internationalen Übereinkommen zum Ausdruck kommen) auf der einen Seite und Bedenken hinsichtlich der wirtschaftlichen Tragfähigkeit des Wohlfahrtsstaates auf der anderen Seite.
In Dänemark – und auch in Norwegen, wenn auch in etwas geringerem Ausmaß – hat die politische Debatte seit Anfang der 2000er Jahre die Notwendigkeit betont, den Wohlfahrtsstaat vor Belastungen durch "unerwünschte" Zuwanderung zu schützen.
Wie lassen sich Unterschiede erklären?
Die je unterschiedliche nationale Identität kann eine Möglichkeit sein, die verschiedenen Einwanderungs- und Integrationspolitiken zu verstehen. Trotz der Ähnlichkeiten zwischen den drei skandinavischen Ländern hat jedes Land ein eigenes Verständnis davon, wie sozialer Zusammenhalt und ein nachhaltiger Wohlfahrtsstaat zustande kommen. Dies führt zu unterschiedlichen politischen Ansätzen. Die politischen Debatten in Dänemark spiegeln die Dominanz einer sogenannten gesellschaftszentrierten Perspektive wider und betonen den sozialen Zusammenhalt als notwendige Voraussetzung für die Aufrechterhaltung öffentlicher Institutionen. Die spezielle Beschaffenheit und der besondere Geist des dänischen Volkes gelten als Bedingung und Garant der dänischen Demokratie und des dänischen Wohlfahrtsstaates. Diese Idee spiegelt sich in einer Politik wider, die die Inklusion von Neuankömmlingen an umfassende Forderungen knüpft, die eine "festgelegte" Vorstellung von "Dänisch-Sein" definieren, von der erwartet wird, dass Eingewanderte sie übernehmen.
Im Vergleich dazu ist die in Schweden vorherrschende Vorstellung von nationaler Identität eher auf einen staatszentrierten Ansatz ausgerichtet. Das heißt, die Leistungsfähigkeit der politischen Institutionen – insbesondere des Wohlfahrtsstaates – wird typischerweise als wichtigster Faktor zur Förderung sozialer Inklusion und eines nationalen Zugehörigkeitsgefühls betrachtet.
Andere Erklärungen für Unterschiede zwischen den drei skandinavischen Ländern beziehen sich auf parteipolitische Faktoren, wobei Erfahrungen mit
Die unterschiedlichen Bedingungen für Mitte-rechts-Koalitionen sind auch ein wichtiger Faktor, um die unterschiedlichen Ansätze in der Einwanderungspolitik zu erklären.
Aktuelle Entwicklungen
Im Juni 2016 beschloss das schwedische Parlament die Einführung eines befristeten Gesetzes (2016-2019), wonach Personen, die ihren Asylantrag nach dem 24. November 2015 gestellt hatten, nur ein vorübergehendes Aufenthaltsrecht gewährt werden sollte – drei Jahre für Personen mit Flüchtlingsstatus nach der
Die Änderungen wurden mit der Notwendigkeit begründet, "die schwedische Asylpolitik an die von der EU vorgegebenen Mindeststandards anzugleichen" und sie zielten darauf, weitere große Zuflüsse von Asylsuchenden in das Land zu vermeiden. Im Juli 2019 wurde das befristete Gesetz verlängert. Eine parlamentarische Kommission arbeitet derzeit an der Zukunft der schwedischen Einwanderungspolitik.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass in den skandinavischen Ländern nach wie vor erhebliche Unterschiede bestehen. Schweden ist das Land, das sich am stärksten von seinen Nachbarländern unterscheidet. Die "Flüchtlingskrise" von 2015 hat in Schweden jedoch zu tiefgreifenden politischen Veränderungsprozessen geführt, in denen die Einwanderungsfrage auch eine zentrale Rolle in den anhaltenden Veränderungen der parteipolitischen Landschaft spielt.
Übersetzung aus dem Englischen: Vera Hanewinkel