Vor der Staatsgründung
Die erste Alija zwischen 1882 und 1903 umfasste etwa 25.000 hauptsächlich russische und rumänische Juden und war nicht zuletzt eine Reaktion auf eine Reihe von antisemitischen Pogromen in Südrussland. Sie führte zu ersten größeren Ortschaften und landwirtschaftlichen Betrieben in einem Gebiet, das bis dato relativ dünn besiedelt und wirtschaftlich schwach entwickelt war. Zwischen 1904 und 1914 kamen weitere 40.000 Juden nach Palästina. Bei dieser Gruppe handelte es sich überwiegend um Angehörige der "zionistischen Arbeiterschaft" in Russland, die unzufrieden mit dem Verlauf der sozialen Reformbewegungen waren und infolge der Umwälzungen des Jahres 1905 ebenfalls Opfer von antisemitischen Übergriffen wurden. Weitere rund 35.000 Einwanderer, überwiegend aus Polen und Russland bzw. der Sowjetunion, bildeten zwischen 1919 und 1923 die dritte Alija, die u. a. durch die Balfour-Erklärung und den damit verbundenen Aufschwung für das zionistische Projekt eines eigenen jüdischen Staates motiviert war.
Die größte vorstaatliche Einwanderungswelle, die fünfte Alija zwischen 1932 und 1939, umfasste rund 200.000 Juden. Sie hatten – überwiegend nach der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten 1933 – die Zeichen der Zeit erkannt und sich entschieden, ihre Heimat zu verlassen. Unter den Immigranten der 1930er Jahre waren auch bereits mehrere Tausend Juden aus orientalischen Ländern mit großen jüdischen Gemeinden wie etwa Jemen und Irak. Zwischen 1939 und 1945 gelang weiteren rund 70.000 europäischen Juden aus Polen, Deutschland, Rumänien, Ungarn und der Tschechoslowakei die Flucht vor dem Nazi-Terror. Bisweilen werden sie ebenfalls der fünften Alija zugerechnet. Diese Einwanderer hatten nicht nur die Schwierigkeit der Ausreise aus Mittel- und Osteuropa zu bewältigen, sondern sahen sich auch vor dem Hintergrund einer sich abzeichnenden Teilung Palästinas mit restriktiven Einwanderungsbestimmungen der britischen Mandatsmacht konfrontiert. Am Vorabend der israelischen Staatsgründung umfasste die jüdische Bevölkerung Palästinas über 600.000 Menschen.
Flucht und Vertreibung im Rahmen des Unabhängigkeitskrieges
Palästina war zu Beginn der jüdischen Einwanderung Ende des 19. Jahrhunderts keineswegs unbewohnt. Vor Ort lebte – zunächst überwiegend in friedlicher Koexistenz mit den jüdischen Zuwanderern – eine teils nomadische, teils sesshafte arabische Bevölkerung, die insgesamt rund 400.000 Menschen betrug.
Besonders in den gemischt bevölkerten Städten Haifa, Jaffo, Ramle und Akko überschnitten sich um die Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert die Lebens- und Wirtschaftsräume beider Bevölkerungsgruppen. Neben Juden wanderten auch Araber aus umliegenden Regionen nach Palästina und ließen sich nieder. Bereits in den frühen 1920er Jahren kam es jedoch zu Unruhen und teils bewaffneten Konflikten zwischen Juden und Arabern (zumeist über Landfragen), aber auch zwischen den beiden Gruppen und der britischen Mandatsmacht in Palästina. In den 1930er und 1940er Jahren und verstärkt nach dem Teilungsplan der Vereinten Nationen (UN) aus dem Jahr 1947, der zwei Staaten auf palästinensischem Boden vorsah, kam es zu bürgerkriegsartigen Auseinandersetzungen. Unmittelbar nach der Unabhängigkeitserklärung durch den Jüdischen Nationalrat am 14. Mai 1948 erklärten Ägypten, Syrien, Jordanien, der Libanon, Saudi-Arabien und der Irak dem neuen Staat Israel den Krieg. Dieser erste israelisch-arabische Krieg dauerte über ein Jahr und führte zu massiven Vertreibungs- und Fluchtbewegungen, da das siegreiche Israel auch Gebiete eroberte, die nach dem UN-Plan zum arabischen Staat Palästina gehören sollten.
Insgesamt wurden zwischen 600.000 und 800.000 Menschen arabischer Herkunft heimatlos: Mehr als 450.000 ließen sich im Gazastreifen sowie in dem bis 1967 jordanisch kontrollierten Teil der Westbank nieder, 70.000 in Transjordanien (dem heutigen Königreich Jordanien), 75.000 in Syrien und weitere 100.000 im Libanon. Auch im Irak (rund 4.000) und in Ägypten (rund 7.000) fanden palästinensische Flüchtlinge Zuflucht.
Seit der Gründung Israels
Abbildung 1: Jüdische Einwanderung nach Israel, 1948-2006 (bpb) Lizenz: cc by-nc-nd/2.0/de
Abbildung 1: Jüdische Einwanderung nach Israel, 1948-2006 (bpb) Lizenz: cc by-nc-nd/2.0/de
Für die überlebenden jüdischen Gemeinschaften im Nachkriegseuropa hatte der gewonnene Unabhängigkeitskrieg Signalwirkung. Mehrere Zehntausend Juden machten sich auf den Weg nach Israel. Bereits kurz nach der Staatsgründung fand auch eine Masseneinwanderung orientalischer Juden aus dem Iran, dem Irak, Marokko und Jemen statt, die teilweise einem Exodus gleichkam und in den Herkunftsländern quasi zu einem Verschwinden der jüdischen Bevölkerungsgruppen führte.
Abbildung 2: Herkunftsländer der Zuwanderer, 2006 (bpb) Lizenz: cc by-nc-nd/2.0/de
Abbildung 2: Herkunftsländer der Zuwanderer, 2006 (bpb) Lizenz: cc by-nc-nd/2.0/de
Nach dem Fall des Eisernen Vorhangs setzte die bis dato größte Einwanderungswelle ein. Sie war zu fast 90 % von Zuwanderern aus den Staaten der ehemaligen Sowjetunion geprägt und hält auf niedrigem Niveau bis heute an. Hauptherkunftsländer sind Russland und die Ukraine. Seit 1989 sind insgesamt rund 1,3 Millionen Juden und nicht-jüdische Familienangehörige als Immigranten nach Israel gekommen. Eine bedeutende Einwanderergruppe der letzten Jahrzehnte waren daneben Juden aus Äthiopien (siehe Abschnitt "Integration"). Die Einwanderung ist seit dem Ausbruch der zweiten Intifada
Bilanz der Zu- und Abwanderung
Seit der Staatsgründung wies Israels Wanderungssaldo alljährlich einen beachtlichen Überschuss an Immigranten aus. Insbesondere gegenüber den Rekordzahlen der frühen 1990er Jahre fielen Abwanderungen kaum ins Gewicht. Dennoch gab es sie zu jeder Zeit: Jüdische Israelis, die es aus familiären oder beruflichen Gründen vorzogen, etwa in den Vereinigten Staaten oder Europa zu leben; Neueinwanderer aus der ehemaligen Sowjetunion, die mit den klimatischen Bedingungen und politischen Auseinandersetzungen im Nahen Osten nicht zurechtkamen und nach relativ kurzer Zeit heimkehrten oder in ein Drittland weiterwanderten; sowie Alteingesessene, die des Dauerkonfliktes bzw. der angespannten und bisweilen gefährlichen Lebenssituation in Israel überdrüssig wurden und einen Neustart anderswo versuchten. Bereits 1980 ergaben die Ergebnisse der US-amerikanischen Volkszählung, dass mehr als 150.000 israelische Staatsbürger – teils mit doppelter Staatsangehörigkeit – in den Vereinigten Staaten lebten, von denen etwa ein Drittel in Israel geboren waren.
Abwanderungen aus Israel führten jedoch nicht zwangsläufig zu permanenter Emigration. Häufig stellen sie nur temporäre Verlagerungen des Lebensmittelpunktes dar. Betrachtet man den Migrationssaldo, so wandern alljährlich zwischen 7.000 und 12.000 israelische Staatsangehörige ab. In den Jahren 2001 bis 2006 waren es insgesamt rund 65.000, darunter etwa 90 % Juden. In den letzten drei Jahren wurde dieser "demografische Aderlass" jeweils nur noch knapp durch Einwanderung kompensiert. Für das Jahr 2008 gehen US-amerikanische Schätzungen erstmals von einem positiven Wanderungssaldo von 2,5 Migranten pro 1.000 Einwohnern aus.
Emigration steht im direkten Widerspruch zum zionistischen Ideal, das den raison d´être des Staates begründet: Die jüdischen Diaspora-Gemeinden in der Welt sollten sich in Israel versammeln – also "heimkehren". Vor diesem Hintergrund wurde häufig abfällig über Israelis gesprochen, die ihr Land verließen, um in Übersee ein vermeintlich bequemes Leben fernab der Kriege und Konflikte zu führen. Doch haben die allgemein gewachsene Mobilität sowie Prozesse der Re-Migration bzw. ökonomisch bedingten Pendelmigration dazu geführt, dass (temporäre) Abwanderung mittlerweile als normales Phänomen angesehen wird. Gerade die sehr gut ausgebildeten jungen Erwachsenen arbeiten häufig für einige Jahre im Ausland, vorzugsweise in den Metropolen der nordamerikanischen West- und Ostküste.