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Muster moderner internationaler Arbeitsmigration | Mitgliedsstaaten des Golfkooperationsrats (GCC) | bpb.de

Muster moderner internationaler Arbeitsmigration

Onn Winckler

/ 3 Minuten zu lesen

Ein großer Teil moderner internationaler Migration geht auf politische Ursachen zurück wie Bürgerkriege oder Kriege zwischen einzelnen Staaten. Allerdings hat die Arbeitsmigration seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs ein gewaltiges Ausmaß erreicht und stellt heute einen Großteil internationaler (sowohl legaler als auch illegaler) Migrationsbewegungen.

Obwohl die aktuelle globale Rezession viele entwickelte Länder, insbesondere die EU-Staaten, dazu veranlasste, die Zuwanderung stärker zu kontrollieren, nimmt die Zahl internationaler Arbeitsmigranten weiterhin zu. Schätzungen zufolge gab es im Jahr 2010 214 Millionen internationale Migranten (3,1 Prozent der Weltbevölkerung) gegenüber 178 Millionen internationalen Migranten im Jahr 2000 (UN, International Migration Stock). Die Rücküberweisungen (Remittances) dieser Migranten beliefen sich 2010 auf $440 Milliarden, im Jahr 2000 waren es $132 Milliarden (IOM 2012; World Bank 2011, S. xi). Diese Zahlen verweisen darauf, dass die Rücküberweisungen von Arbeitsmigranten nicht nur die offizielle Summe internationaler Entwicklungshilfe-Zahlungen, sondern auch das Bruttoinlandsprodukt vieler Länder wesentlich übersteigen. Laut Schätzungen der Weltbank werden die Rücküberweisungen von Arbeitsmigranten im Jahr 2013 auf $536 Milliarden ansteigen (ESCWA 2012, S. 16).

Paradox in Saudi Arabiens Arbeitsmarkt

"Es gibt ein bemerkenswertes Paradox in Saudi Arabiens Arbeitsmarkt. Expatriates, die im Königreich arbeiten senden mehr Geld [Remittances] zurück in ihre Heimatländer als Arbeitsmigranten in jedem anderen Land der Welt mit Ausnahme der USA. Gleichzeitig ist die Jugendarbeitslosigkeit unter saudischen Staatsangehörigen höher als in jedem anderen Land im Mittleren Osten und in Nordafrika mit Ausnahme des Iraks".

John Sfakianakis (2011) (Übersetzung durch die Redaktion).

Nach dem Zweiten Weltkrieg bildeten sich vier zentrale Muster internationaler Arbeitsmigration aus:

  1. Internationale Arbeitsmigration als grundlegendes Instrument der Staatsbildung: In englischsprachigen Industriestaaten, nämlich den USA, Kanada, Australien und Neuseeland, basierte und basiert der Prozess der Staatsbildung auf der massiven Zuwanderung von Arbeitsmigranten. Daher liegt die Betonung der Bevölkerungspolitik dieser Länder nicht auf einem natalistischen Ansatz, sondern darauf, die Arbeitsmigration mit den Bedürfnissen des Arbeitsmarktes in Einklang zu bringen.

  2. Arbeitsmigration als "Option ohne andere Wahl": Die Ländergruppe, die diesem Muster entspricht, setzt sich hauptsächlich aus den entwickelten Staaten der EU zusammen, in denen ein Arbeitskräftemangel besteht. Dieser ist im Wesentlichen auf lang anhaltende niedrige Geburtenziffern zurückzuführen, die den Alterungsprozess der Bevölkerung beschleunigt haben sowie auf die Option, sein Leben aufgrund von wohlfahrtsstaatlichen Strukturen ohne eine Beschäftigung bestreiten zu können. Da es sich bei diesen Ländern um Nationalstaaten handelt, die darum bemüht sind, ihr traditionelles kulturell-religiöses Wesen zu wahren, versuchen sie dem Arbeitskräftemangel entgegenzuwirken, indem sie zunächst auf pro-natalistische, also geburtenfördernde Maßnahmen und die Maximierung der Erwerbsquote zurückgreifen und erst dann Arbeitsmigration als Möglichkeit der Arbeitskräftegewinnung ins Auge fassen. Da es sich bei diesen Staaten um Demokratien handelt, besteht für viele Zuwanderer und die sie begleitenden Familienangehörigen die Möglichkeit, über kurz oder lang die Staatsangehörigkeit des Aufnahmelandes zu erwerben (Winckler 2009, S.129-131; Winckler 2010, S. 9). Dies führt dazu, dass der prozentuale Anteil von Migranten und ihren Nachkommen an der Gesamtbevölkerung dieser Länder stetig wächst. Aufgrund der andauernden niedrigen Geburtenzahlen (PRB 2012, S. 12-13) nehmen diese Länder zunehmend den Charakter von Arbeitsmigrationsländern - wie sie unter (1) beschrieben wurden - an.

  3. Das fast gänzliche Verbot von Arbeitsmigration: Die führenden Länder in dieser kleinen Gruppe sind Japan und Südkorea. Aufgrund ihrer lang anhaltenden niedrigen Geburtenraten, die noch unter denen der EU-Staaten liegen (PRB 2012, S. 12), haben diese Länder nach und nach ihre strikten Arbeitsmigrationspolitiken abgemildert um eine substanzielle Verschlechterung des Verteilungsverhältnisses der Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter zur Bevölkerung im nicht mehr erwerbsfähigen Alter zu verhindern. In Japan belief sich die Zahl der Arbeitsmigranten 2010 auf rund 650,000 bzw. 1,7 Prozent der Erwerbsbevölkerung (IOM 2012). In Südkorea wuchs die Zahl der Arbeitsmigranten sogar noch schneller an auf über 1 Million im Jahr 2010 bzw. 5 Prozent der Erwerbsbevölkerung (Michell 2010).

  4. Das besondere Muster der Arbeitsmigration der GCC-Rentenökonomien: Bereits zu Beginn des Erdölzeitalters in den späten 1940er Jahren machten die arabischen Ölstaaten Erfahrungen mit Arbeitsmigration. Es handelt sich dabei also um kein neues Phänomen. Dennoch entwickelte sich das heutige, weltweit einzigartige Muster der Arbeitsmigration in diesen Ländern erst nach dem Ölboom im Oktober 1973: Die eigenen Staatsangehörigen wurden nicht nur rasch zu einer Minderheit innerhalb der Erwerbsbevölkerung der Golfstaaten (mit Ausnahme von Oman). In einigen GCC-Ländern stellen Ausländer auch eine Mehrheit an der Gesamtbevölkerung. In diesem Zusammenhang bemerken Fargues und Brouwer (2012, S. 213-232): "Die Abneigung der GCC-Regierungen den Ausdruck "Immigranten" zu verwenden und stattdessen von "ausländischen Arbeitern" oder "Expatriates" zu sprechen ermöglicht es, die GCC-Staaten als weltweit einmalig zu klassifizieren" (Übersetzung durch die Redaktion).

Fussnoten

Fußnoten

  1. Bevölkerungspolitik mit einem natalistischen Ansatz beruht entweder auf der Förderung von Geburten (pro-natalistisch) oder der Geburtenkontrolle (anti-natalistisch), um das Wachstum der eigenen Bevölkerung entweder zu fördern oder zu verlangsamen.

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Onn Winckler ist Professor am Department of Middle Eastern History an der Universität Haifa. Seine Forschungsschwerpunkte liegen im Bereich politische Demographie und Wirtschaftsgeschichte des Mittleren Ostens.
E-Mail Link: owinkler@univ.haifa.ac.il