Definition von Menschen- und Kinderhandel
Die Vereinten Nationen definieren im Rahmen des im Jahr 2000 angenommenen Zusatzprotokolls Externer Link: zur Verhütung, Bekämpfung und Bestrafung des Menschenhandels, insbesondere des Frauen- und Kinderhandels, Menschenhandel als "die Anwerbung, Beförderung, Verbringung, Beherbergung oder Aufnahme von Personen durch die Androhung oder Anwendung von Gewalt oder anderen Formen der Nötigung (...) zum Zweck der Ausbeutung. Ausbeutung umfasst mindestens die Ausnutzung der Prostitution anderer oder andere Formen sexueller Ausbeutung, Zwangsarbeit oder Zwangsdienstbarkeit, Sklaverei oder sklavereiähnliche Praktiken, Leibeigenschaft oder die Entnahme von Organen."
Mit anderen Worten, Interner Link: Menschenhandel ist ein Mittel, um vulnerable Menschen durch Zwang zu versklaven und auszunutzen. Geht es um Kinder, kommt eine etwas abweichende Definition zum Tragen, um die Verletzlichkeit des Kindes widerzuspiegeln. Demnach gilt "die Anwerbung, Beförderung, Verbringung, Beherbergung oder Aufnahme eines Kindes zum Zweck der Ausbeutung" auch dann als Menschenhandel, wenn dabei keine Formen von Gewalt oder Nötigung angewendet wurden, wie etwa Entführung, Betrug, Täuschung oder Missbrauch von Macht. Kurz gesagt: Wenn ein Kind in ausbeuterische Verhältnisse gebracht wird, ist es als Opfer von Menschenhandel einzustufen, ungeachtet der Anwendung von Gewalt oder Zwang.
Kinderhandel fällt unter die Externer Link: schlimmsten Formen der Kinderarbeit und verstößt gegen die Rechte des Kindes. Das Thema Kinderrechte fällt mit dem internationalen Externer Link: Übereinkommen über die Rechte des Kindes zusammen. Das Übereinkommen, das im November 1989 ausgearbeitet wurde, enthält 54 Artikel, die die wesentlichen Interner Link: Rechte von Kindern unter 18 Jahren unabhängig von ethnischer Zugehörigkeit, Rasse, Geschlecht, politischen Ansichten oder Religion darstellen.
Obwohl diese Protokolle und Konventionen einen guten Rahmen für die Ratifizierung durch Staaten bieten, ist der Handel mit Kindern nach wie vor ein globales Problem. Da internationale Übereinkommen und Protokolle nur begrenzten Einfluss haben, ist ihre Umsetzung auf lokaler und nationaler Ebene von größter Bedeutung für die Bekämpfung des Menschenhandels.
Der Handel mit Menschen ist für kriminelle Organisationen attraktiv, da Menschen im Gegensatz zu illegalen Drogen wiederholt verkauft und weiterverkauft werden können. Dies macht den Menschenhandel zu einem milliardenschweren Geschäft. Laut einem Informationsblatt des Europäischen Parlaments belaufen sich die Gewinne, die weltweit durch Menschenhandel erzielt werden, auf 117 Milliarden Euro pro Jahr. Der Kern des Menschenhandelsproblems besteht darin, dass im Kontext der internationalen Arbeitsteilung das schmutzige Geschäft mit Gewalt, Zwang und Missbrauch weit entfernt vom Endprodukt und daher auch dem Endverbraucher stattfindet. Die Ausbeutung von Arbeitskräften, einschließlich der Ausbeutung von Opfern von Menschenhandel, ermöglicht es, dass Produkte zu sehr niedrigen Kosten hergestellt werden können. Der westliche Verbraucher profitiert von diesen niedrigen Kosten und macht sich wenig Gedanken um die Herstellungsbedingungen. Menschenhandel und seine Opfer bleiben daher oft unbemerkt.
Menschenhandel und Menschenschmuggel
Vulnerable Bevölkerungsgruppen wie marginalisierte Gruppen, Kinder und (irreguläre) Migrant_innen sind besonders gefährdet, Opfer von Menschenhandel zu werden. Ende 2016 hat das Büro der Vereinten Nationen für Drogen- und Verbrechensbekämpfung (UNODC) den Externer Link: globalen Bericht über Menschenhandel 2016 veröffentlicht. Der alle zwei Jahre veröffentlichte Bericht soll die Entwicklung des Völkerrechts beeinflussen und auf das wachsende Phänomen des Menschenhandels aufmerksam machen. Der thematische Schwerpunkt des 2016er-Berichts liegt auf der Anfälligkeit von Migrant_innen und Flüchtlingen, Opfer von Menschenhandel zu werden, während sie sich im Transit befinden. Dieses Thema fällt mit der Tatsache zusammen, dass die Interner Link: globale Zwangsmigration das größte Ausmaß seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs erreicht hat.
Die Vertriebenen werden in instabile und prekäre Situationen gezwungen. In Fällen von Massenvertreibung können Familien in extreme Armut geraten. Mangels wirtschaftlicher Möglichkeiten wird der Zugang zu Nahrungsmitteln und Dingen des täglichen Bedarfs knapp und Verzweiflung setzt ein. Diese Situation kann Familien dazu bringen, illegale Möglichkeiten der Einwanderung in verschiedene Länder oder Regionen zu suchen, da legale Wege (wie Interner Link: Resettlement) nur selten zur Verfügung stehen. Eine Option, auf die Geflüchtete zurückgreifen, um ein Land zu erreichen, das ihnen Schutz oder einen sicheren Hafen bieten könnte, ist Menschenschmuggel (auch Schleusung genannt). Gemäß dem Protokoll der Vereinten Nationen Externer Link: gegen die Schleusung von Migranten auf dem Land-, See- oder Luftweg wird Menschenschmuggel definiert als "die Herbeiführung der illegalen Einreise einer Person in einen Vertragsstaat, dessen Staatsangehörigkeit sie nicht besitzt oder in dem sie keine Berechtigung zum ständigen Aufenthalt hat, mit dem Ziel, sich unmittelbar oder mittelbar einen finanziellen oder sonstigen Vorteil zu verschaffen."
Die Begriffe Menschenhandel und Menschenschmuggel werden in den Medien und im akademischen Diskurs oft stark voneinander getrennt. Während die Schleusung das Überschreiten von Staatsgrenzen beinhaltet, kann der Handel mit Menschen auch innerhalb nationaler Grenzen stattfinden. Da sich beide Begriffe auf den illegalen Transport von Menschen beziehen, ist es wichtig, die Unterschiede und Gemeinsamkeiten zu verstehen.
Der grundlegende Unterschied zwischen diesen Definitionen ist die Verletzung von Menschenrechten im Zuge des Menschenhandels. Aber auch die Schleusung bringt Flüchtlinge und Migrant_innen in sehr gefährliche Situationen. Obwohl sich Schleuser_innen vielleicht als rechtschaffene Person ausgeben, die versucht, verzweifelte Flüchtlinge in Sicherheit zu bringen, führt Schleusung oft zu Menschenhandel. Wissenschaftler_innen tendieren zwar dazu, beide rechtlichen Definitionen voneinander abzugrenzen. Die Grenze zwischen Menschenschmuggel und Menschenhandel ist allerdings fließend. Im Bericht über Menschenhandel von 2016 stellen die Vereinten Nationen fest, dass (Flucht-)Migrant_innen, die nach Möglichkeiten der sicheren Einreise in verschiedene Länder suchen, sich häufig Schleusern anvertrauen. Diesen Migrant_innen werden bessere Möglichkeiten und eine sichere Reise versprochen. Sie zahlen extrem hohe Gebühren; viele von ihnen finden sich aber letztendlich in Zwangsarbeit, Schulden und sexueller Sklaverei wieder. Die Tatsache, dass Menschenschmuggel in Menschenhandel übergehen kann, trifft besonders auf Kinder zu, die mit Schleuser_innen nach Übersee geschickt werden, in der Hoffnung, dass sie in einem wohlhabenden Land in Sicherheit leben können und dort bessere Zukunftsperspektiven haben werden.
Menschenhandel – ein florierendes Geschäft
Warum floriert der Menschenhandel mit starken Verbindungen zu den reichen Ländern der Welt weiter? Die Antwort auf diese Frage ist komplex, aber sie kann auf zwei zentrale Faktoren zurückgeführt werden: durch militärische Konflikte hervorgerufene Flucht und Vertreibung und die stetige Nachfrage nach billigen Arbeitskräften, die von der westlichen Wirtschaft kultiviert wird.
Die westliche Konsumkultur beherrscht heute die Weltwirtschaft. Die Verbindung von Neoliberalismus und Globalisierung in der Weltwirtschaft hat den freien Kapitalverkehr und die Kommodifizierung von Menschen ermöglicht: Das heißt, dass Menschen und ihre Arbeitskraft zu Waren werden. Während das Kapital Grenzen frei überschreitet, werden Flüchtlinge und Migrant_innen ausgeschlossen und nur für ihre Arbeitskraft geschätzt. Landwirtschaftliche Bereiche wie Fischereien und Bauernhöfe, die Mineraliengewinnung für Schmuck und Elektronik und die Unterhaltungsindustrie wie z.B. der Sport werden bis zu einem gewissen Grad von modernen Sklavinnen und Sklaven und Menschenhandel versorgt. Die Profite, die durch den Kreislauf der modernen Sklaverei und des Menschenhandels entstehen, erhalten die Nachfrage nach Interner Link: Schuldknechtschaft aufrecht. Ausbeutung ist erforderlich, um die Preise niedrig zu halten, und so scheint sie den Eckstein des globalen Wettbewerbs im kapitalistischen Wirtschaftssystem zu bilden.
Wie oben erwähnt, werden Kinder für eine Vielzahl von ausbeuterischen Verwendungen gehandelt. Von diesen ist die sexuelle Ausbeutung am weitesten verbreitet und bekannt. Sexuelle Sklaverei ist ein Paradebeispiel für die Auswirkungen, die Konflikte auf den Menschenhandel haben. Da Menschen, die Zuflucht suchen, ein leichtes Ziel für Menschenhändler_innen darstellen, versorgen Konflikte das Geschäft der sexuellen Sklaverei mit Frauen und Kindern. Eine Konzentration nationaler und internationaler Streitkräfte schafft eine Nachfrage nach sexuellen Dienstleistungen. Die Auswirkungen der Globalisierung zeigen sich auch darin, dass der Aufstieg der informellen Wirtschaft Industrien wie Interner Link: Sextourismus ermöglicht.
Kinderhandel in Europa
Zwischen 2012 und 2014 wurden 15.000 Menschen entdeckt, die nach West- und Südeuropa gehandelt wurden. Von diesen wurden 67 Prozent zum Zweck der sexuellen Ausbeutung verkauft, 25 Prozent davon waren Kinder unter 18 Jahren. Die Forschung in Mittel- und Südosteuropa zeigt ähnliche Zahlen, wobei 75 Prozent der Opfer von Menschenhandel weiblich sind. 25 Prozent sind unter 18 Jahre alt. Von der Gesamtzahl der Opfer aus Mittel- und Südosteuropa wurden 65 Prozent Opfer von sexueller Ausbeutung. Viele der gehandelten Kinder arbeiten in Bordellen auf dem ganzen Kontinent. Laut dem Externer Link: Lagebericht 2016 des Europäischen Polizeiamts (Europol) sind die wichtigsten Zielländer für den Menschenhandel in Europa Österreich, Belgien, Frankreich, Deutschland, Griechenland, Italien, die Niederlande, Spanien, die Schweiz und das Vereinigte Königreich. Einige dieser Länder gehören zu den reichsten in Europa und viele haben große Sexmärkte. Diese Sexmärkte werden sowohl von der Binnennachfrage als auch von der vom Tourismus produzierten ausländischen Nachfrage genährt.
Zwar ist die sexuelle Ausbeutung einer der am weitesten verbreiteten und daher bekanntesten Zwecke des Menschenhandels in Europa. Es gibt daneben jedoch viele verdeckte Erscheinungsformen, die nicht automatisch in den Sinn kommen. Eine davon sind Kinder, die für den professionellen Sport ausgenutzt werden. Jungen und Männer machen die Mehrheit der Menschen aus, die zu diesem Zweck gehandelt werden. Diese Kinder werden aufgrund ihrer körperlichen Fähigkeiten aus ihren Familien geholt und nach Europa geschickt. Große Sportorganisationen suchen nach unerschlossenen athletischen Ressourcen in Gebieten mit weniger bekannten Talentschmieden wie Südamerika, Asien und Afrika. Im Jahr 2009 gab es Berichten zufolge 600 verlassene afrikanische Jugendliche in Paris und schätzungsweise 7.000 in Frankreich, von denen vermutet wurde, dass sie für die Arbeit im Profifußball gehandelt worden waren.
Obwohl die Verbindung zwischen der rechtlichen Definition von Menschenhandel und Menschenhandel für den Sport komplex ist, liegt sie darin begründet, dass die Vermittler die jungen sportlichen Talente und ihre Eltern täuschen. Sie nutzen die Verzweiflung der Eltern des Kindes, indem sie sie dazu bringen, gefälschte Verträge zu unterschreiben, die die Handlungsmacht des Kindes ausschließen. Die Eltern werden dazu verleitet zu glauben, dass das Kind die Möglichkeit hat, mit dem Sport genug Geld zu verdienen, um die lähmende Armut der Familie zu lindern. Die Eltern werden getäuscht und dazu gebracht, die Zukunft ihres Familienwohls auf ein einziges Kind zu setzen. Das Kind wird mitgenommen, und die Familie sieht wenig Gegenleistung.
In Europa angekommen, bleiben diejenigen, die im professionellen Sport nicht erfolgreich sind, oft auf sich allein gestellt. Dadurch laufen sie Gefahr, Zugang zu Nahrung, Bildung und Unterkunft zu verlieren. Der Kinderhandel im Sport macht Kinder werden zu einer Ware, die nach Belieben verkauft und verteilt werden kann. Dass es Fälle von gehandelten Kindern im Sport gibt, wird jedoch häufig ignoriert. Gelingt einem Kind der Schritt in den Profisport, werden die beteiligten Funktionäre die Herkunft des Kindes oder seine Reise nicht in Frage stellen. Diejenigen, die scheitern, lehnen oft Hilfe ab oder vermeiden sie, aus Angst, sie könnten für ihre Familie als Versager gelten, und landen auf der Straße.
Kein Ende in Sicht
Heute mangelt es nicht an internationalen Protokollen, die versuchen, die globalen Werte der Menschenrechte zu wahren. Internationale Organisationen wie die Vereinten Nationen und die Europäische Union versuchen, Rechtsverletzer_innen zur Rechenschaft zu ziehen und eine friedliche Weltordnung anzustreben. Prominente demokratische Staaten wie Deutschland, das Vereinigte Königreich und die Vereinigten Staaten beherbergen viele Aktivistenorganisationen, deren einziges Ziel es ist, die Wehrlosen zu verteidigen. Opfer von Menschenhandel erhalten in den Ländern, in die sie gehandelt werden, oft keinen langfristigen Schutz. Der Zustrom von Neuankömmlingen nach Europa seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges stieß auf Verachtung. Der einwanderungsfeindliche Diskurs hat ein feindseliges Umfeld für die Opfer von Menschenhandel geschaffen. Anstatt Opfer zu rehabilitieren, sind Forderungen nach einer Rückkehr in ihr Herkunftsland an der Tagesordnung, da die Opfer von Menschenhandel häufig als irreguläre Migrant_innen betrachtet werden, die im öffentlichen Diskurs kriminalisiert und als potenzielle Bedrohung für die (nationale) Sicherheit betrachtet werden. Menschenhandel wird als Problem der ärmeren Länder der Welt gesehen, obwohl der Westen eine wichtige Rolle bei der Aufrechterhaltung dieses profitablen Geschäfts spielt.
Die wertvollen Minerale und Metalle, die für den Bau des Handys benötigt werden, das wir alle täglich benutzen, werden von Sklavenarbeiter_innen in Zentralafrika abgebaut. Die 2,5 Milliarden Pfund Meeresfrüchte, die jedes Jahr in die Vereinigten Staaten importiert werden, sind größtenteils das Produkt von Kindersklav_innen, die in den Fischereien Südostasiens arbeiten. Die Verbraucher dieser Produkte sind sich der Sklaverei, die benötigt wird, um sie zu so niedrigen Preisen herzustellen, und der ständigen Gefahr sowie den beklagenswerten Arbeitsbedingungen, denen diese Arbeitskräfte ausgesetzt sind, kaum bewusst. Louise Shelley, Expertin für Menschenhandel, hat dies so zusammengefasst: "Viele Bürger der Welt würden nie illegale Drogen oder geschmuggelte Waffen kaufen, aber die Verbraucher_innen verwenden die Produkte von Opfern des Menschenhandels, ohne darüber nachzudenken, warum sie zu einem so erschwinglichen Preis erhältlich sind." Diese Unwissenheit und Ignoranz sind es, die heute den Menschenhandel und die moderne Sklaverei aufrechterhalten.
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