Rechtsstellung
Als Duldung wird nach dem deutschen Ausländerrecht die Bescheinigung über eine "vorübergehende Aussetzung der Abschiebung" ausreisepflichtiger Ausländer bezeichnet. Eine Duldung verschafft dem Ausländer keinen rechtmäßigen Aufenthalt in
Das Ausländerrecht unterscheidet zwischen Personen, die sich im Bundesgebiet aufhalten dürfen, weil sie beispielsweise ein Aufenthaltsrecht in Form eines Aufenthaltstitels besitzen, sich ohne Aufenthaltsrecht rechtmäßig in Deutschland aufhalten dürfen oder einen Asylantrag gestellt haben, und solchen Personen, die verpflichtet sind, das Bundesgebiet zu verlassen, aber dies aus tatsächlichen, rechtlichen, dringenden humanitären oder persönlichen Gründen nicht können. Für Letztere ist die Duldung vorgesehen.
Durch das Ausstellen einer Duldung wird dem Ausländer keine dauerhafte Rechtsstellung verliehen. Die Duldung ist nur eine Bescheinigung über die Registrierung des Ausländers durch die Ausländerbehörde, durch die die Strafbarkeit des
Eine Duldung kann für wenige Tage oder einige Monate ausgestellt werden. Während der Laufzeit der Duldung, die in der Regel nicht länger als für die Dauer von sechs Monaten ausgestellt wird, darf der Ausländer nicht zwangsweise abgeschoben werden. Entfallen die Gründe für die Aussetzung der Abschiebung, etwa weil ein Pass ausgestellt wurde oder der Ausländer wieder reisefähig wird, so muss die Ausländerbehörde entweder die Duldung widerrufen oder abwarten, bis die Geltungsdauer der Bescheinigung ausläuft. Mit dem Auslaufen der Bescheinigung oder ihrem Widerruf muss der Ausländer unmittelbar damit rechnen, abgeschoben zu werden. Wurde der Ausländer länger als ein Jahr im Bundesgebiet geduldet, ist ihm seine Abschiebung mindestens einen Monat vorher anzukündigen, wenn die Duldung widerrufen wird. Reist der Ausländer freiwillig aus, so erlischt die Duldung kraft Gesetzes mit dem Verlassen des Bundesgebiets. Die Duldung berechtigt daher nicht zur erneuten Einreise nach Deutschland.
Erteilungsvoraussetzungen
Eine Duldung ist zwingend auszustellen, solange die Abschiebung aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen unmöglich ist und keine Aufenthaltserlaubnis erteilt wird. Die Abschiebung eines Ausländers ist auszusetzen, wenn seine vorübergehende Anwesenheit im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen eines Verbrechens von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Untersuchung des Sachverhalts erschwert wäre. Einem Ausländer kann eine Duldung erteilt werden, wenn dringende
Besonderheiten gelten, wenn der Ausländer eine qualifizierte Beschäftigung aufnimmt. Eine Duldung wegen dringender persönlicher Gründe ist zu erteilen, wenn
der Ausländer eine qualifizierte Berufsausbildung in einem staatlich anerkannten oder vergleichbar geregelten Ausbildungsberuf in Deutschland aufnimmt oder aufgenommen hat,
die Voraussetzungen für ein Arbeitsverbot nicht vorliegen und
konkrete Maßnahmen zur Aufenthaltsbeendigung nicht bevorstehen.
Wird eine qualifizierte Ausbildung aufgenommen, so wird die Duldung für die im Ausbildungsvertrag bestimmte Dauer der Berufsausbildung erteilt. Eine Duldung für eine qualifizierte Ausbildung wird grundsätzlich nicht erteilt, wenn der Ausländer wegen einer im Bundesgebiet begangenen vorsätzlichen Straftat von mehr als 50 Tagessätzen verurteilt wurde. Wurde die Duldung bereits erteilt, so erlischt sie mit der Verurteilung oder dem Abbruch der Ausbildung.
Beschäftigung
Ausländer, die seit drei Monaten eine Duldung besitzen, können grundsätzlich eine Beschäftigung aufnehmen. Für die ersten drei Monate besteht ein Arbeitsverbot, sofern die Aufnahme der Beschäftigung nicht ausnahmsweise ohne Zustimmung der Arbeitsverwaltung zulässig ist. In der Duldung findet sich der Hinweis, dass eine Beschäftigung nur mit Erlaubnis der Ausländerbehörde gestattet ist. Der Ausländer muss sich selbst einen Arbeitsplatz suchen und vor der Aufnahme der Beschäftigung bei der Ausländerbehörde einen Antrag auf Erteilung einer Beschäftigungserlaubnis für die gefundene Arbeitsstelle stellen.
Grundsätzlich ist die Arbeitsaufnahme von der Zustimmung der Bundesagentur für Arbeit abhängig. Daher leitet die Ausländerbehörde den Antrag an die Bundesagentur für Arbeit weiter. Hier werden zwei Kriterien geprüft: 1. die Auswirkungen der Beschäftigung auf den Arbeitsmarkt und 2. ob Bevorrechtigte (deutsche Staatsangehörige, Bürger eines
Im Rahmen der Vorrangprüfung wird geklärt, dass eine Stellenbesetzung mit einem ausländischen Bewerber keine nachteiligen Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt hat und keine bevorrechtigten Arbeitnehmer für die zu besetzende Stelle zur Verfügung stehen. Die Feststellung, dass eine Besetzung offener Stellen mit ausländischen Arbeitnehmern
Neben der Vorrangprüfung erfolgt zudem eine Prüfung der Arbeitsbedingungen. Sie soll für Personen mit einer Duldung gleichwertige Arbeitsbedingungen wie für Personen mit uneingeschränkter Arbeitserlaubnis gewährleisten. Wenn gegen die Arbeitsaufnahme keine Bedenken bestehen, erteilt die Ausländerbehörde schließlich die Erlaubnis zur Aufnahme der Beschäftigung.
Personen, die eine Duldung besitzen, dürfen keiner Beschäftigung nachgehen,
wenn sie eingereist sind, um Sozialleistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz zu erlangen,
wenn sie aufenthaltsbeendende Maßnahmen verhindern, indem sie zum Beispiel über ihre Identität oder Staatsangehörigkeit täuschen oder
wenn sie aus einem sicheren Herkunftsland , wie etwa den Mitgliedstaaten der
Interner Link: Europäischen Union ,Interner Link: Albanien , Bosnien und Herzegowina, Ghana, Kosovo, Mazedonien, Montenegro,Interner Link: Senegal und Serbien, stammen und ihr nach dem 31.08.2015 gestellter Asylantrag abgelehnt worden ist.
Nach 15-monatigem Aufenthalt in Deutschland entfallen die Kriterien der Vorrangprüfung und es wird bis zur Vollendung des vierjährigen Aufenthalts, mit dem die Beschäftigung gänzlich zustimmungsfrei wird, nur noch die Vergleichbarkeit der Arbeitsbedingungen geprüft.
Einige Beschäftigungen erfordern keine Zustimmung der Arbeitsagentur, sodass weder eine Vorrangprüfung noch eine Prüfung der Arbeitsbedingungen erfolgt. Hierzu zählen etwa eine Berufsausbildung, Praktika zu Weiterbildungszwecken, Freiwilligendienst oder die Arbeitsaufnahme von
Die Arbeitsaufnahme kann in Einzelfällen zur Folge haben, dass der Ausländer eine Aufenthaltserlaubnis erhält und damit nicht mehr verpflichtet ist, aus dem Bundesgebiet auszureisen. Eine Aufenthaltserlaubnis kann erteilt werden, wenn der Ausländer
eine qualifizierte Ausbildung oder ein Studium abgeschlossen hat,
mit einem deutschen oder einem anerkannten ausländischen Hochschulabschluss seit zwei Jahren ununterbrochen eine dem Abschluss angemessene Beschäftigung ausgeübt hat,
als Fachkraft seit drei Jahren ununterbrochen eine Beschäftigung ausgeübt hat, die eine qualifizierte Berufsausbildung voraussetzt.
Kann der Ausländer über einen längeren Zeitraum aus Gründen, die er nicht zu vertreten hat, nicht ausreisen, so kann ihm eine Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen erteilt werden. Dies setzt aber in der Regel voraus, dass der Ausländer einen Pass besitzt und sich in die hiesigen Lebensverhältnisse integriert hat. Personen mit guter Bleibeperspektive haben seit November 2015 auch Zugang zu
Residenzpflicht
Inhaber einer Duldung dürfen sich innerhalb der ersten drei Monate nur in einem Bundesland aufhalten, sofern die Ausländerbehörde den Aufenthalt nicht weitergehend beschränkt hat (sog. Residenzpflicht). Ausnahmen von der räumlichen Beschränkung des Aufenthalts sind in Einzelfällen möglich, um einen Schulbesuch, ein Studium oder eine Aus- und Weiterbildung zu ermöglichen. Außerdem kann mit Wegfall der Vorrangprüfung zur Arbeitsaufnahme eine Ausnahme von der Residenzpflicht erfolgen. Nach Ablauf von drei Monaten kann die räumliche Beschränkung von der Ausländerbehörde weiter angeordnet werden, wenn
eine rechtskräftige Verurteilung wegen einer Straftat vorliegt,
ein konkreter Verdacht des Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz vorliegt oder
konkrete Maßnahmen zur Aufenthaltsbeendigung vorliegen.
Für ein kurzfristiges Verlassen des Bundeslandes benötigt der Inhaber einer Duldung eine Verlassenserlaubnis. Diese ist nicht erforderlich, wenn Termine bei Behörden und Gerichten, bei denen das persönliche Erscheinen des Ausländers erforderlich ist, wahrgenommen werden sollen. Bezieht der Geduldete Sozialleistungen, so ist er nach drei Monaten verpflichtet, an einem von den Behörden bestimmten Ort seinen gewöhnlichen Aufenthalt zu nehmen (Wohnsitzauflage); er ist aber berechtigt, sich frei im Bundesgebiet zu bewegen.
Sozialleistungen
Geduldete erhalten Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz. Danach wird der Bedarf an Ernährung, Unterkunft, Heizung, Kleidung,
Zur Behandlung akuter
Nach 15 Monaten Aufenthalt im Bundesgebiet ohne wesentliche Unterbrechung und ohne rechtsmissbräuchliche Beeinflussung der Dauer des Aufenthalts erhalten Geduldete Leistungen entsprechend der Sozialhilfe (sogenannte "Analogleistungen"). Das Asylbewerberleistungsgesetz sieht eine Reihe von Sanktionstatbeständen vor. So erfolgen Leistungskürzungen, wenn der geduldete Ausländer 1. nach Deutschland gekommen ist, um Sozialleistungen zu erlangen oder 2. aus von ihm zu vertretenden Gründen eine Abschiebung nicht erfolgen kann.
Scheitert eine Abschiebung aus Gründen, die der Geduldete zu vertreten hat, werden bis zur Ausreise oder der Durchführung der Abschiebung grundsätzlich nur noch Leistungen zur Deckung des Bedarfs an Ernährung und Unterkunft einschließlich Heizung sowie Körper- und Gesundheitspflege gewährt. Die Leistungen sollen als Sachleistungen erbracht werden.
Ausblick
Der Gesetzgeber ging ursprünglich davon aus, dass geduldete Ausländer eine Ausnahme sein werden, da sie verpflichtet sind, aus Deutschland auszureisen. In der Praxis zeigte sich jedoch, dass die Zahl der Geduldeten ständig anstieg. So lebten zum 31. Dezember 2015 155.103 geduldete Ausländer in Deutschland. Eine Legalisierung des Aufenthalts langjährig Geduldeter erfolgt nur schleppend, auch wenn der Gesetzgeber für gut integrierte geduldete Ausländer die Möglichkeit geschaffen hat, Aufenthaltserlaubnisse zu erhalten. Ein häufiger Grund für den Anstieg der Anzahl geduldeter Ausländer liegt darin, dass diese weder freiwillig ausreisen wollen noch abgeschoben werden können, da sie keinen Pass besitzen und/oder ihre Herkunft bzw. Staatsangehörigkeit nicht zweifelsfrei geklärt ist. Hinzu kommt häufig ein geringes Interesse der Herkunftsstaaten, die zwangsweise Rückführung ihrer Staatsbürger zu ermöglichen. Damit verbunden sind eine zögerliche Bearbeitung und Prüfung von Anfragen deutscher Behörden sowie die fehlende Mitwirkung der betroffenen Ausländer selbst. Daher bleibt zu erwarten, dass die Zahl Geduldeter auch zukünftig weiter ansteigen wird.
Dieser Text ist Teil des Kurzdossiers
Hinweis: Gesetzestexte, Dienstanweisungen und Verwaltungsvorschriften finden Sie unter Externer Link: http://www.migrationsrecht.net/