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Die Rolle der Internationalen Organisation für Migration in der globalen Migrationspolitik

Farida Hassan Martin Geiger

/ 5 Minuten zu lesen

Die Internationale Organisation für Migration erhält bislang im Vergleich zu anderen internationalen Organisationen wie dem UN-Flüchtlingshilfswerk wenig Aufmerksamkeit. Ihren Einfluss in der globalen Migrationspolitik konnte sie seit ihrer Gründung 1951 jedoch stetig ausbauen.

Ein Mitarbeiter der IOM wartet am Strand von Aceh, Indonesien auf ein Flüchtlingsboot aus Sri Lanka.

(© picture-alliance/dpa)

Seit dem 20. März 2016 werden irreguläre Migranten, die in Griechenland ankommen, in die Türkei zurückgebracht. Für jeden syrischen Flüchtling, den die Türkei zurücknimmt, soll ein syrischer Flüchtling aus der Türkei auf legalem Wege in die EU umgesiedelt werden. Der sogenannte 1:1-Mechanismus ist Teil eines Flüchtlingspaktes, den die EU mit der türkischen Regierung unterzeichnet hat. Ziel ist es, die irreguläre Migration aus der Türkei nach Europa nachhaltig zu begrenzen. Allerdings stößt das Abkommen auf scharfe Kritik. Internationale Organisationen sowie Nichtregierungsorganisationen verurteilen den Pakt als völkerrechtswidrig und zweifeln an seiner Umsetzbarkeit. Interner Link: Der Hohe Flüchtlingskommissar der Vereinten Nationen (UNHCR) stellte im Zusammenhang mit den Rückführungen einen Teil seiner Zusammenarbeit mit der EU und Türkei aus Protest sogar ein. Hingegen erweist sich eine andere Organisation, die Internationale Organisation für Migration (IOM) als engagierter Partner. Sie führt Gesundheitskontrollen und Kurse zur "kulturellen Orientierung" durch und übernimmt logistische Aspekte im Rahmen der Umsiedlung von Flüchtlingen aus der Türkei. Das EU-Türkei-Abkommen ist nur eines von mehreren Beispielen, das für die besondere und mittlerweile gewachsene Rolle internationaler Organisationen in der globalen Migrationspolitik steht. Während Organisationen wie UNHCR oder die Internationale Organisation für Arbeit (ILO) der Öffentlichkeit besser vertraut sind, rückte die IOM bisher nur selten ins Zentrum der politischen Diskussion.

Die IOM wurde 1951 zunächst unter dem Namen "Provisorisches Zwischenstaatliches Komitee für die Auswanderung aus Europa" (PICMME) gegründet. PICMEE war als eine neue Hilfsagentur zur logistischen Koordinierung der Migration und Umsiedlung von Flüchtlingen im Europa der Nachkriegszeit gedacht. Im Zuge mehrerer Umbenennungen weitete sich der Aufgabenbereich allerdings rasch aus. Mittlerweile gehören der IOM 162 Staaten an. Neun weitere Staaten und 118 Internationale und Nichtregierungsorganisationen sind als Beobachter zugelassen. Die wachsende globale Bedeutung der IOM lässt sich unter anderem an der Entwicklung ihres Budgets erkennen: 1998 standen der IOM 242,2 Millionen US-Dollar zur Verfügung, im Jahr 2015 setzte sie weltweit rund 2.400 Projekte mit einem Jahreshaushalt von über 1,4 Milliarden US-Dollar um. Hierfür beschäftigte die IOM ungefähr 9.000 Mitarbeiter an mehr als 400 Standorten. An der Spitze der IOM steht ein Generaldirektor, der vom IOM-Rat gewählt wird. Der Rat ist das höchste Beschlussorgan der IOM. In ihm sind alle Mitgliedsländer gleichberechtigt mit je einer Stimme vertreten und entscheiden über die politische Zielsetzung der Organisation.

Die Arbeit der IOM basiert auf dem Konzept des Migrationsmanagements. Das Kernziel dieser Strategie ist es, negative Folgen von Migration zu minimieren und ihre Vorteile zum Nutzen der Herkunftsländer, der Zielländer und der Migranten auszuschöpfen, also einen "Triple-Win" zu erzielen. In dieser Hinsicht arbeitet die IOM in vier Aufgabenfeldern: Zwangsmigration, Ermöglichung der (ökonomischen) Migration, Regulierung der Migration, und Migration & Entwicklung. Die Unterstützung und Reintegration freiwilliger Rückkehrer ist eine der Hauptaktivitäten der IOM. In Deutschland koordiniert die IOM das von der Bundesregierung finanzierte Reintegrations- und Emigrationsprogramm für Asylsuchende (REAG) und das sogenannte "Government Assisted Repatriation Program" (GARP). Im Rahmen dieser Programme bietet die IOM rückkehrwilligen (irregulären) Migranten und abgelehnten Asylbewerbern Beratung sowie eine einmalige finanzielle Starthilfe an, die zur Rückkehr motivieren und die Reintegration im Herkunftsland erleichtern soll. Die freiwillige Ausreise wird dabei also eine humanere und attraktivere Alternative zur zwangsweise erfolgenden Interner Link: Abschiebung propagiert. Seit der Einführung dieser Programme 1979 hat die IOM in Deutschland mehr als eine halbe Million Migranten bei ihrer freiwilligen Rückkehr ins Herkunftsland oder Weiterwanderung in ein Drittland unterstützt.

Die Aufgaben der IOM sind nicht nur auf logistische Aspekte begrenzt. Oft verknüpft die IOM ihre Projekte mit arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen und strebt dadurch einen größeren Einfluss in der Entwicklungspolitik an. In der Autonomen Region Kurdistan (Irak), zum Beispiel, unterstützt das Magnet II Projekt freiwillige Rückkehrer bei der Arbeitssuche. Das Ziel ist es, die sozio-ökonomische Reintegration der Rückkehrer durch eine intensivere Zusammenarbeit mit dem Privatsektor zu fördern. Unter anderem werden die freiwilligen Rückkehrer über die Arbeitsmarktlage der Region, Weiterbildungs- und Reintegrationsmöglichkeiten informiert, bei der Erstellung ihres Lebenslaufs unterstützt und mit potenziellen Arbeitgebern in Kontakt gebracht. Seit 2014 profitierten bereits 170 Rückkehrer von diesem Projekt.

Trotz ihrer wachsenden Bedeutung und der Entwicklung von einer reinen Logistik- hin zu einer breit aufgestellten und engagierten Migrationsagentur gehört die IOM weiterhin nicht dem System der Interner Link: Vereinten Nationen (UN) an. Allerdings wird mittlerweile eine stärkere Zusammenarbeit zwischen der UN (und im speziellen dem UNHCR) und der IOM gefordert. 2015 beauftragte der IOM-Rat den Generaldirektor, konkrete Kooperationsmöglichkeiten zu prüfen. Auch der UN-Generalsekretär setzt sich in der Generalversammlung für Neuverhandlungen der rechtlichen Beziehung zur IOM ein. Eine Mitgliedschaft der IOM in der UN würde dabei viele Vorteile aber auch Nachteile für die IOM mit sich bringen. Im Gegensatz zu internationalen Organisationen wie dem UNHCR ist die IOM nicht völkerrechtlich legitimiert, sie operiert stattdessen mehr oder weniger eigenständig ohne tatsächliches Mandat der Völkergemeinschaft. 97 Prozent ihres Budgets erhält die IOM von ihren Mitgliedstaaten im Austausch für spezifische Dienstleistungen, losgelöst und ungeachtet von etwaigen komplizierten Mandatserwägungen. Bislang bestand die Überlebensstrategie der IOM darin, Geldgeber von der Effizienz ihrer Dienstleistungen zu überzeugen. Eine Mitgliedschaft der IOM Im UN-System könnte rechtliche Bedingungen mit sich bringen, die den Spielraum der IOM und ihrer Programme wesentlich einschränken könnten. IOM wäre dann eventuell nicht länger der Ansprechpartner für jene Staaten, die bisher vornehmlich an restriktiven Dienstleistungen der IOM (z.B. im Bereich der freiwilligen Rückkehr) interessiert waren.

Interner Link: Dieser Text ist Teil des Kurzdossiers "Akteure im (inter-)nationalen (Flucht-)Migrationsregime".

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studiert im Masterstudiengang „Internationale Beziehungen“ an der Hertie School of Governance in Berlin.

arbeitet auf dem Gebiet der Migrationspolitik als Assistant Professor an der Carleton University in Ottawa, Kanada. Er ist außerdem Korrespondierendes Mitglied des Instituts für Migrationsforschung und Interkulturelle Studien (IMIS) an der Universität Osnabrück.