Flüchtlinge unterscheiden sich von sonstigen internationalen Migranten (wie z.B. Arbeitsmigranten, die in der Regel freiwillig in ein anderes Land wandern) dadurch, dass ihre Migration aufgrund von Konflikten oder Verfolgung erzwungen ist. In der Realität sind diese Kategorien nicht immer trennscharf, häufig sind die Migrationsmotive vielfältig. Dennoch ist es aus Sicht von Staaten notwendig, zwischen Schutzbedürftigen und "normalen" Migranten zu unterscheiden. Dabei wird nicht jede unfreiwillige Wanderung – etwa wenn diese durch Armut oder Klimaveränderungen ausgelöst wird – von der internationalen Staatengemeinschaft als schutzrelevant anerkannt. Wer in welche Kategorie von Migranten fällt, ist dabei immer auch ein Ergebnis politischer Aushandlungsprozesse.
Generell obliegt Staaten das Recht, zu entscheiden, wer Zugang zum nationalen Territorium erhält und wem unter welchen Bedingungen Schutz gewährt wird. Eingeschränkt ist die Souveränität der Staaten jedoch durch das internationale Flüchtlingsrecht.
Das nach dem Zweiten Weltkrieg stetig weiterentwickelte internationale Flüchtlingsrecht basiert im Wesentlichen auf der am 28. Juli 1951 unterzeichneten (und 1954 in Kraft getretenen) Genfer Flüchtlingskonvention (GFK).
Die damaligen Festlegungen der GFK wirken bis in die Gegenwart. So ist das Flüchtlingsrecht bis heute davon geprägt, dass Schutzsuchende ihre individuelle Verfolgung glaubhaft machen müssen. Im Laufe der Jahre hat sich die Interpretation der GFK jedoch schrittweise verändert, insbesondere wurde der Geltungsbereich der Konvention durch die Aufnahme von Verfolgung durch nicht-staatliche Akteure sowie von geschlechtsspezifischer Verfolgung erweitert. Neben diesen internationalen Vereinbarungen existieren in immer stärkerem Ausmaß europarechtliche Regelungen im Bereich der Asylpolitik (siehe Abschnitt
Formen staatlicher Schutzgewährung
Asylverfahren
Es gibt vier zentrale Formen der humanitären Schutzgewährung.
Kurz erklärtWas bedeutet "subsidiärer Schutz"?
Subsidiärer Schutz kann Personen gewährt werden, die nicht die Voraussetzungen des grundgesetzlichen Asylrechts oder der Genfer Flüchtlingskonvention erfüllen, denen im Falle einer Rückkehr in ihr Herkunftsland aber ein "ernsthafter Schaden" (Art. 15 der EU-Qualifikationsrichtlinie 2011/95/EU ) droht. Dies ist der Fall, wenn dort mit:
a) der Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe oder
b) Folter, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Bestrafung oder
c) einer ernsthaften individuellen Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts gerechnet werden muss.*
* Externer Link: www.bamf.de/DE/Migration/AsylFluechtlinge/Subsidiaer/subsidiaer-node.html
Kontingente
Bei der Aufnahme von Schutzbedürftigen aus dem Ausland im Fall größerer Flüchtlingskrisen (z. B. Ex-Jugoslawien in den 1990er Jahren oder Syrien seit 2011) werden Flüchtlinge aus den Herkunftsregionen evakuiert oder es wird ihnen die eigenständige legale Einreise mit einem Visum ermöglicht. Hier werden in der Regel festgelegte Kontingente von Flüchtlingen aufgenommen. Es gibt keine individuelle Prüfung des Schutzbedarfs, es wird aber geprüft, ob die Person tatsächlich zu der aufzunehmenden Gruppe gehört und ob Ausschlusskriterien vorliegen (z. B. Beteiligung an Kriegsverbrechen). Die Aufnahme ist häufig temporär angelegt.
Resettlement
Eine dritte Form der Schutzgewährung von Industriestaaten ist das Resettlement (Neuansiedlung). Hier werden besonders schutzbedürftige Personen, die bereits in einen anderen Staat geflohen sind, dort aber keine Aufenthaltsperspektive haben und auch in absehbarer Zeit nicht in ihr Herkunftsland zurückkehren können, in einen dritten Staat umgesiedelt. Das Programm wird vom UNHCR koordiniert und umfasste für das Jahr 2015 planmäßig rund 127.000 Plätze weltweit. Demgegenüber steht laut UNHCR ein Bedarf an Plätzen für rund 958.000 Personen.
Regionale Schutzprogramme
Eine vierte Form der Schutzgewährung sind die zum großen Teil von westlichen Industrieländern finanzierten regionalen Schutzprogramme in den Nachbarstaaten der Herkunftsländer, wo der größte Teil aller Flüchtlinge weltweit Zuflucht sucht. Eine Unterbringung in geografischer Nähe hat den Vorteil, dass sie in der Regel kostengünstiger erfolgen und damit einer größeren Zahl von Flüchtlingen geholfen werden kann. Außerdem können die Betroffenen nach dem Ende des fluchtauslösenden Konflikts schnell in ihre Heimat zurückkehren. Davon zu unterscheiden sind sogenannte Binnenflüchtlinge (auch Binnenvertriebene), die häufig in anderen Teilen ihres Herkunftslandes auf der Flucht sind. Sie erhalten in unterschiedlichem Ausmaß – je nach Sicherheitslage – Unterstützung durch die internationale Gemeinschaft, z. B. in Form von Lebensmitteln oder medizinischer Versorgung.
Die beschriebenen Formen der Schutzgewährung können sich in der Praxis durchaus auf die gleichen Herkunftsgruppen beziehen, wie das Beispiel der syrischen Flüchtlinge zeigt: Von einer Bevölkerung von 21 Millionen vor Ausbruch des Bürgerkriegs Anfang 2011 waren bis Ende Mai 2015 etwa die Hälfte auf der Flucht: Ca. 7,6 Millionen waren Binnenvertriebene, rund vier Millionen haben Zuflucht in den Nachbarstaaten gesucht. Etwas mehr als 250.000 Syrer haben seit Ausbruch des Konflikts individuell Asylanträge in der EU gestellt, zum großen Teil in Deutschland und Schweden. Etwa 50.000 Personen wurde durch humanitäre Aufnahmeprogramme – temporär oder dauerhaft – Schutz gewährt.
Dieser Text ist Teil des Kurzdossiers