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Die Weltkonferenz gegen Rassismus 2001 | Afrikanische Diaspora in Deutschland | bpb.de

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Die Weltkonferenz gegen Rassismus 2001 Ihre Bedeutung für Afrika und die afrikanische Diaspora

Judy Gummich

/ 5 Minuten zu lesen

Die Weltkonferenz gegen Rassismus von 2001 lenkte die Aufmerksamkeit auf jene Menschen, die wegen ihrer Hautfarbe oder Herkunft unterdrückt und ausgenutzt werden. Sklaverei und Kolonisierung sollten dabei mit Hilfe von NGO's stärker im Bewusstsein der Bevölkerung als Verbrechen gegen die Menschlichkeit verurteilt werden. Ist diese Forderung bis heute erfüllt worden?

Logo der UNO-Weltkonferenz gegen Rassismus in Durban. (© UNO-Weltkonferenz gegen Rassismus)

Als symbolische Anerkennung und in Würdigung des Kampfes der Südafrikanerinnen und Südafrikaner um die – zumindest offizielle – Abschaffung der Apartheid wurde die "Weltkonferenz gegen Rassismus, rassistische Diskriminierung, Fremdenfeindlichkeit und damit zusammenhängende Intoleranz" vom 31. August bis 7. September 2001 in Durban, Südafrika abgehalten. Die beiden Weltkonferenzen von 1973 und 1982 in Genf hatten ausschließlich Apartheid zum Thema. Andere rassistische (staatliche) Praxen wurden nicht beleuchtet. Des Weiteren war die NGO-Beteiligung auf ein Minimum beschränkt.

Diese dritte Weltkonferenz gegen Rassismus brachte im Vergleich zu den beiden vorangegangenen

  • einen Perspektivenwechsel zu den Opfern von Rassismus,

  • eine Erweiterung des Themenspektrums, in dem andere, heutige Formen von Rassismus ins Blickfeld gerückt wurden

  • und eine stärkere Einbindung von Nichtregierungsorganisationen.

Themenkomplexe

Unter dem Slogan "United to combat Racism. Equality. Justice and Dignitiy for all" einigte sich die Generalversammlung der Vereinten Nationen auf fünf Themenkomplexe. Diese waren kurzgefasst:

  • Quellen, Ursachen, Formen und gegenwärtige Manifestation von Rassismus,

  • Opfer von Rassismus,

  • Maßnahmen zur Prävention,

  • Maßnahmen zur Wiedergutmachung und Kompensation

  • und Strategien zur Verwirklichung von Gleichberechtigung

Aus Schwarzer Perspektive waren auf der Weltkonferenz folgende Themen von zentraler Bedeutung:

  • Anerkennung der Sklaverei, des transatlantischen Sklavenhandels und der Kolonisierung als Verbrechen gegen die Menschlichkeit und als hauptsächliche historische Quellen und Manifestation von Rassismus,

  • förmliche Entschuldigung für die begangenen Verbrechen (Menschenrechtsverletzungen, Raub, Ausbeutung etc.) seitens der Verursacherstaaten,

  • neben sozialen, psychologischen und politischen, auch ökonomische Aspekte von Rassismus

  • sowie Reparationen im Sinne von sozialem und ökonomischem Ausgleich für Afrika und die afrikanische Diaspora, die auch die bis heute andauernden Auswirkungen dieser Verbrechen einschließen; dies bedeutet zum Beispiel nicht nur die Entschädigung unbezahlter Arbeit, sondern für den afrikanischen Kontinent auch konkrete Maßnahmen zur Erholung von der Zerstörung.

Diese Forderungen waren – wie nicht anders zu erwarten war – neben dem Themenkomplex Nahost (insbesondere das Verhältnis: Israel – Palästina) bereits im Vorfeld und während der Konferenz Hauptkonfliktpunkte.

NGO-Beteiligung

Polizeiaufgebot während der Weltkonferenz gegen Rassismus in Durban, Südafrika 2001. (© Diaspo Afrique Paris)

Weltweit waren bereits im Vorfeld von Durban NGO's stark involviert. Ab 1997 begannen Schwarze Selbstorganisationen mit ihrer Lobbyarbeit zur Agenda. Bis zu diesem Zeitpunkt waren die Opfer von Rassismus und ihre Organisationen mit ihren Schwerpunkten nicht berücksichtigt worden. Dieses Engagement trug maßgeblich zum Perspektivenwechsel und zur Themenerweiterung in Durban bei. Diese intensive Arbeit wurde in regionalen und thematischen Vorbereitungskonferenzen und in Schwerpunkt-Arbeitsgruppen – vor allem im "African and African Descendant Caucus" – in Durban fortgesetzt. Sie war und ist durch das Bewusstsein der Verbundenheit des afrikanischen Kontinents mit seiner Diaspora geprägt.

Die Einbindung der NGO's in Deutschland in den Prozess der Weltkonferenz geschah relativ spät. Dennoch war die Zusammenarbeit – im Vergleich zu anderen europäischen Staaten – vor und während der Konferenz gut. Neu war, dass der Anteil und die Anzahl von Repräsentantinnen und Repräsentanten der afrikanischen Diaspora in Deutschland an der NGO-Delegation relativ hoch war.

Resümee aus Schwarzer Perspektive

In vielen Fragen wurden in den verabschiedeten Dokumenten der Weltkonferenz (Erklärung und Aktionsplan) gute Grundlagen für Maßnahmen auf nationaler und internationaler Ebene geschaffen. Die zentralen Forderungen konnten jedoch nur zum Teil durchgesetzt werden.

Teilnehmer der Weltkonferenz gegen Rassismus in Durban, Südafrika 2001. (© Diaspo Afrique Paris)

Der Perspektivenwechsel hin zu den Opfern von Rassismus war ein wesentlicher Schritt. Denn daraus folgt – wie in den Abschlussdokumenten der Weltkonferenz festgehalten – die Aufforderung an die Staaten, die Menschen und gesellschaftlichen Gruppen, gegen die sich Rassismus richtet, in Umsetzungs- und Entscheidungs-
prozesse einzubinden (§191a Aktionsprogramm, §122 Erklärung).
Sklaverei und Sklavenhandel (über den Atlantik, die Sahara und den Indischen Ozean) wurden als Verbrechen gegen die Menschlichkeit anerkannt, leider nicht die Kolonisierung.

Es wurde keine Entschuldigung für vergangene, mit Rassismus legitimierte Verbrechen ausgesprochen und es wurden keine Reparationen für diese Verbrechen und ihre Folgen vereinbart. Lediglich eine moralische Verpflichtung zur verstärkten Partnerschaft mit dem afrikanischen Kontinent wurde im Aktionsplan festgehalten. Mit anderen Worten: Die bestehende Weltordnung wurde nicht angetastet.

Die vielen kleinen und großen mühsam erstrittenen Ergebnisse der Weltkonferenz gegen Rassismus wurden durch die Flugzeugattentate auf das World Trade Center und das Pentagon am 11. September – 3 Tage nach Abschluss der Weltkonferenz gegen Rassismus – allerdings weltweit in den Hintergrund gedrängt. Was in der Folgezeit als so genannte Sicherheitsmaßnahmen in vielen Ländern verabschiedet wurde, widerspricht in eklatanter Weise dem Inhalt der verabschiedeten Dokumente. Diese "Sicherheitsmaßnahmen" sind eine Bedrohung insbesondere für die von Rassismus betroffenen Menschen und stellen zum Teil massive Menschenrechtsverletzungen dar – auch in Deutschland.

Für die Menschen auf dem afrikanischen Kontinent und in der Diaspora bleibt diese Weltkonferenz dennoch ein Erfolg. Denn noch nie zuvor haben so viele Menschen afrikanischer Herkunft aus allen Teilen der Welt an gemeinsamen Zielen und zu verschiedensten Themen zusammengearbeitet. Dieser Geist bleibt auch über die Weltkonferenz gegen Rassismus hinaus für den Kampf um Gerechtigkeit, Rehabilitation und Gleichberechtigung erhalten.

Durban Follow-up

Als Follow-up des "African and African Descendant Caucus" der Weltkonferenz fand im November 2002 "The first African and African Descendants World Conference against Racism" in Barbados statt. Ein Ziel ist u.a. die Gründung einer globalen panafrikanischen NGO, die Strategien zur Verwirklichung der Gleichberechtigung und Rehabilitation entwickelt und umsetzt. Das Engagement auf der Weltkonferenz in Durban hat auch dazu beigetragen, dass die jahrelange Forderung nach einer Arbeitsgruppe ("Working Group on People of African Descent") beim UNHCHR ("United Nations High Commissioner for Human Rights") im November 2002 verwirklicht wurde.

Auch in Deutschland wächst das "Empowerment" der afrikanischen Diaspora. Dies zeigt sich an der umfangreichen Beteiligung von Menschen afrikanischer Herkunft im Follow-up-Prozess. So sind sie verhältnismäßig stark in der AG Durban-Follow-up engagiert, in der Vertreterinnen und Vertreter von Organisationen der Zivilgesellschaft gemeinsam an dem Entwurf eines Nationalen Aktionsplans gegen Rassismus aus NGO-Perspektive arbeiten. Im Juni 2003 wurden zum ersten Mal in der Geschichte der Bundesrepublik zwei Vertreterinnen und Vertreter der afrikanischen Diaspora in einem Bundestagsauschuss gehört. Sie berichteten im "Ausschuss für Menschenrechte und humanitäre Hilfe" über den Durban Follow-up-Prozess in Deutschland aus Schwarzer Perspektive.

Bis Ende des Jahres soll Deutschland den Nationalen Aktionsplan gegen Rassismus dem UNHCHR übermitteln. Dies wird jedoch nach Informationen aus dem Bundesministerium des Innern nicht erfolgen. Wann tatsächlich ein Aktionsplan vorgelegt werden wird, liegt in erster Linie am politischen Willen. Die afrikanische Diaspora in Deutschland wird sich weiterhin für einen Nationalen Aktionsplan gegen Rassismus einsetzen und weiterhin für Gerechtigkeit, Rehabilitation und Gleichberechtigung kämpfen.

Fussnoten

Fußnoten

  1. Zur Geschichte der Weltkonferenzen gegen Rassismus: A historical perspective: getting from here to there, Autor unbekannt; Think Papers of the World Conference against Racism: A joint publication of Human Rights Documentation Centre (HRDC), USA; International Service for Human Rights (ISHR), Switzerland and South Asia Human Rights Documentation Centre (SAHRDC), New Delhi; Juli 2001.

  2. Dies spiegelt sich bereits im erweiterten Titel der Konferenz wider.

  3. Offizielles Info-Material zur Weltkonferenz; deutsche Fassung: Informationszentrum der Vereinten Nationen (UNIC) Bonn und Informationsdienst der Vereinten Nationen (UNIS) Wien, August 2001.

  4. Der "African and African Descendants Caucus" hat sich im Vorfeld der Weltkonferenz mit Vertreterinnen und Vertretern aus allen Teilen der Welt gebildet und Forderungen für Durban in der "Vienna Declaration and Plan of Action" (April 2001) formuliert.

  5. New African Initiative, heute: NEPAD – New Partnership for Africa's Development.

  6. The Bridgetown Protocol, Official Report; Africans and African Descendants World Conference Against Racism, 2-6 October 2002.

  7. Die AG Durban Follow-up wurde Ende 2002 vom Forum gegen Rassismus eingerichtet. Dieses Forum ist eine Gesprächsplattform, die aus dem Nationalen Koordinierungsausschuss zum Europäischen Jahr gegen Rassismus 1997 hervorging.

Judy Gummich ist Mitglied des Koordinierungskreises der AG Durban Follow-up, die vom "Forum gegen Rassismus" eingerichtet wurde und arbeitet als Bundesreferentin für nationale Belange beim "KOK – Bundesweiter Koordinierungkreis gegen Frauenhandel und Gewalt an Frauen im Migrationskreis e.V."