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Creative Commons und Lizenzen | Urheberrecht | bpb.de

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Creative Commons und Lizenzen

John Hendrik Weitzmann

/ 4 Minuten zu lesen

Sogenannte Jedermann-Lizenzen eröffnen seit einigen Jahren die Möglichkeit, geschützte Inhalte so freizugeben, dass die Vorteile der technischen Möglichkeiten des Internet nicht unnötig von rechtlichen Barrieren zunichte gemacht werden. Die modularen Lizenzen von "Creative Commons" sind das wohl bekannteste Beispiel. Trotz ihrer Popularität sind sie letztlich nur eine Notlösung und kein Ersatz für ein gut ausbalanciertes Urheberrecht.

Creative Commons (bpb) Lizenz: cc by-nc-nd/3.0/de/

Die Lizenzen der Initiative "Creative Commons" werden oft neudeutsch als "Hack" für das Urheberrecht bezeichnet, manchmal fälschlicherweise sogar als Alternative dazu. Letzteres können sie jedoch gar nicht sein, denn sie funktionieren nur auf Basis des jeweils bestehenden, vom Gesetzgeber entworfenen Urheberrechtssystems. Sie sind vor allem ein rechtliches Werkzeug, um urheberrechtlich geschützte Werke – im Internet, aber auch offline – kontrolliert freizugeben. Dass es eines solchen Werkzeugs überhaupt bedarf, hängt letztlich damit zusammen, dass das Urheberrecht über die letzten Jahrzehnte annähernd gleich geblieben ist, während sich die Welt, für die es gilt, grundlegend verändert hat.

Das Urheberrecht war ursprünglich nicht dafür gedacht, im Alltag von Privatpersonen eine größere Rolle zu spielen. Noch immer richtet sich das deutsche Urheberrechtsgesetz, von der Wortwahl, seinen Formulierungen bis zur Komplexität seiner Regeln vor allem an Profis: An professionell Kreative wie Musiker, Fotografen und Schriftsteller auf der einen und professionelle Mittelsleute und Verwerter wie Labels, Verlage, Club-Betreiber und sonstige Kulturinstitutionen auf der anderen Seite.

Was Privatpersonen in urheberrechtlicher Sicht als Konsumenten oder Hobbyisten taten, war demgegenüber so wenig wirtschaftlich relevant, dass man es als Gesetzgeber weitgehend sich selbst überlassen konnte. Wenn Privatpersonen überhaupt mal eine Rolle spielten, dann hinsichtlich heimischer Kopien und deren massenhafter Herstellung. Dafür wurde die Lösung Pauschalabgaben gefunden. Im Club der Urheberrechtsprofis, also der relevanten Urheber und Verwerter, kamen Laien-Urheber nicht vor.

Das änderte sich mit dem Internet. Es erlaubte jeder Person, mit verschwindend geringem Aufwand Inhalte weltweit zu verbreiten. Dies sind sehr oft urheberrechtlich geschützte Inhalte, die früher wegen der hohen Veröffentlichungskosten allein dem Club der Urheberrechtsprofis vorbehalten gewesen waren.

Plötzlich trat eine neue Gruppe auf die Bühne des Urheberrechts: Die privaten Internetnutzer. Auf ihre Belange war das Urheberrecht nicht abgestimmt, die altbewährten Balancen zwischen den Interessen der Urheber und der Verwerter waren sehr schnell überholt. Es war im alten System nicht vorgesehen, dass urheberrechtlich geschützte Inhalte in hoher Qualität durch jedermann kopiert, verändert und wieder veröffentlicht werden konnten. Dies traf auch die etablierten Geschäftsmodelle, denn sie waren mit dem Gedanken entworfen worden, dass alle urheberrechtlich relevanten Handlungen irgendwie mit kommerziellen Geschäften zusammenhingen und damit einigermaßen kontrollierbar waren. Die Urheber konnten daher über Tarife und Verträge an erzeugten Umsätzen beteiligt werden.

Die alten gesetzlichen Konzepte, die dem Einzelnen gewisse Freiheiten im Umgang mit urheberechtlich geschützten Inhalten gewähren sollten (Zitatrecht, Privatkopieregelung, Rechte für private Sammler etc.) reichten angesichts der neuen technischen Möglichkeiten des Internets um die Jahrtausendwende herum auf breiter Front nicht mehr aus.

Die Gesetzgeber weltweit konnten sich nicht dazu durchringen, neue weitreichende Freiheiten in den Urheberrechtsgesetzen zu verankern. Im Gegenteil: Getrieben durch starke wirtschaftliche Interessen der alteingesessenen Kulturindustrie wurden die Gesetze teilweise drastisch verschärft. Sie verstärkten damit das Problem, dass technisch alltäglich gewordene Verhaltensweisen, die im Internet weit verbreitet waren, immer mehr kriminalisiert wurden.

Viele Aktivisten und Rechtsexperten weltweit waren mit dieser Entwicklung unzufrieden.

Inspiriert durch den Erfolg von Standardlizenzen für Open-Source-Software wie Linux sagte sich der seinerzeit in Stanford lehrende Rechtsprofessor Lawrence Lessig: Vor dem Hintergrund eines gesetzlich diktierten, oft übermäßigen Schutzes können Lizenzen helfen. Mit ihnen können Freiheiten ganz nach den Vorstellungen des jeweiligen Urhebers gewährt werden. Und so machte sich Lessig zusammen mit anderen Aktivisten daran, Standardlizenzen für alle Arten von urheberrechtlich geschützten Inhalten zu entwickeln. Er nannte das Modell "Creative Commons", was übersetzt in etwa "Kreativallmende" bedeutet. Daraus lässt sich schon ablesen, was Creative-Commons-Lizenzen möglich machen sollen: Die Entstehung einer Allmende urheberrechtlich geschützter, aber dennoch frei nachnutzbarer Inhalte.

Das Besondere am Ansatz von Creative Commons ist, dass es sich dabei nicht um eine einzelne Lizenz handelt, wie etwa bei der "GNU General Public License" (GPL) für Software. Es gibt vielmehr sechs verschiedene CC-Lizenzen, von denen jede eine festgelegte Kombination von vier Grundmodulen darstellt. Das stets vorhandene Grundmodul ist die Namensnennung: Das heißt, dass bei jeder Nutzung des lizenzierten Werkes der Name des Urhebers zu nennen ist. Hinzu kommen, je nach Kombination: Ein Verbot, das Werk kommerziell zu nutzen; ein Verbot, es zu verändern; eine Verpflichtung, veränderte Fassungen nur unter derselben Lizenz zu veröffentlichen, unter der das Original verfügbar ist. Die letzten beiden Bedingungen schließen sich logischerweise gegenseitig aus, woraus sich die Zahl von sechs möglichen Kombinationen erklärt.

Diese sechs verschiedenen Standardlizenzen erlauben es seither auch Nicht-Juristen, den gesetzlichen Vollschutz ihrer Werke in verschieden Stufen abzusenken (der Slogan von CC ist "Manche Rechte vorbehalten" statt "Alle Rechte vorbehalten"). Da, wo es gewünscht ist, kann so der übermäßig wirkende gesetzliche Schutz auf das Maß reduziert werden, das vernünftig ist. Die so lizenzierten Inhalte können ohne zu starke rechtliche Fallstricke im Internet zirkulieren und – je nach gewählter CC-Lizenz – auch bearbeitet oder kommerziell genutzt werden, ohne dass jedes Mal nachgefragt oder ein Jurist bemüht werden müsste. Nur auf diese Weise ist es möglich, dass immer größer werdende Sammlungen frei nutzbarer Musik und Fotos entstehen. Das Paradebeispiel ist Wikipedia, die größte kollaborative Enzyklopädie der Menschheitsgeschichte, die ebenfalls unter einer CC-Lizenz steht.

Dennoch zeigt der weit verbreitete Einsatz von CC-Lizenzen auch, dass das Urheberrecht nach wie vor nicht ausreichend an die Bedürfnisse der Menschen in Zeiten des Internet angepasst ist. Wäre es das, wären CC-Lizenzen großenteils überflüssig.

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