Einleitung
Rundfunkunabhängigkeit ist kein Selbstzweck. Ihren elementaren Wert erlangt sie aus zwei Gründen:
In Bezug zu anderen normativen Konzepten wie "Meinungsbildung", "demokratische Öffentlichkeit" und "öffentlichem Auftrag", denn nur unabhängige Medien sind in der Lage, diese normativen Konzepte auch in der Praxis umzusetzen.
Die Definition von Unabhängigkeit erfordert eine dezidierte Auseinandersetzung mit Abhängigkeiten, wie sie auf institutioneller, aber auch auf inhaltlicher Ebene vorzufinden sind.
Der folgende Beitrag bietet einen kurzen Überblick über die Unabhängigkeit des
Rechtliche Grundlagen als Basis für freie Medien in einer Demokratie
Die Erfahrungen aus der Zeit des Nationalsozialismus, in dem alle Medien gleichgeschaltet und dem staatlichen Propaganda-Apparat untergeordnet waren, prägten maßgeblich die Etablierung des Rundfunksystems in der Bundesrepublik Deutschland. Um staatliche Instrumentalisierung in der Zukunft zu vermeiden, entschieden sich die Gesetzgeber unter Aufsicht der Alliierten für den Aufbau eines öffentlich-rechtlichen Rundfunks nach britischem Vorbild (British Broadcasting Corporation, BBC). Dem
Verfassungsrechtliche Kommunikationsfreiheiten
Einen zentralen Ausgangspunkt für die rechtliche Ausgestaltung der Rundfunkordnung bilden die verfassungsrechtlichen Kommunikationsfreiheiten. So werden das individuelle Grundrecht auf Meinungsbildung und die Rundfunkfreiheit im Grundgesetz festgehalten
QuellentextAuslegungsprozess
Im Zuge von gesetzlichen Ausgestaltungen von Rundfunkorganisationen und deren Aufgaben ist die Absicherung von Unabhängigkeit kein Selbstzweck, sondern ein Mittel zur Ermöglichung freier individueller und öffentlicher Meinungsbildung mit Hilfe dieser Rundfunkorganisationen.
Quelle: Hoffmann-Riem 2010, S. 11 ff.
Diesem Gedankengang zufolge wird die Rundfunkfreiheit als eine dienende Freiheit verstanden
Aufgrund seiner Aktualität, Breitenwirkung und Suggestivkraft schreibt das Bundesverfassungsgericht dem Rundfunk eine Sonderrolle im Prozess der öffentlichen Meinungsbildung zu
Verwaltung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks
Die
Zu den Hauptfunktionen der Rundfunk- und Fernsehräte zählen unter anderem die Überwachung der Erfüllung des gesetzlich festgelegten Programmauftrags, die Genehmigung des Haushalts und die Wahl des Intendanten. Die pluralistische Zusammensetzung der Aufsichtsgremien soll somit einer pluralistisch angelegten Kontrollfunktion zugutekommen, bei der die Interessen verschiedener gesellschaftlicher Gruppen berücksichtigt werden können.
Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks
Der Externer Link: Rundfunkstaatsvertrag und der Rundfunkfinanzierungsstaatsvertrag regeln die öffentliche Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Zentrale Rolle in diesem Prozess spielt die Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten (KEF), die den angemeldeten Finanzbedarf der Rundfunkanstalten nach Kriterien der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit überprüft. Daraus leitet sie die Höhe des Externer Link: Rundfunkbeitrags (vor 2013 Rundfunkgebühr) ab.
Dieses durch ein unabhängiges Gremium geleitete Gebührenfestsetzungsverfahren ist das Ergebnis des achten Rundfunkurteils des Bundesverfassungsgerichts, der einen gefährlichen Zusammenhang zwischen der Festlegung der Finanzausstattung und der Programmautonomie der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten feststellte. Im staatlich geregelten Gebührenfestsetzungsverfahren erkannte das Gericht das Potenzial politischer Einflussnahme auf das publizistische Angebot und sprach sich für eine staatsunabhängige Gebührenfestsetzung aus
Interpretation, Bedeutung und Zweck der Unabhängigkeit des Rundfunks
Medien sind prägend für die Gestaltung öffentlicher Kommunikation. Sie stellen den Bürgern ihre Beobachtungen zur Verfügung, auf deren Grundlage diese ihre eigene Meinung bilden können. Je unvoreingenommener und vielfältiger die Beobachtungen der Medien sind, desto demokratischer ist der Prozess der Meinungsbildung: So lautet die demokratietheoretische Auffassung von Medienfreiheit und -unabhängigkeit
Befangene Medien können ihren demokratischen Funktionen nicht gerecht werden, weil die kritische Distanz zum Machthaber oder Geldgeber nicht mehr vorhanden ist. Diese ist wiederum wesentlich, wenn es darum geht, politische oder wirtschaftliche Gruppen und ihre Interessen als Gegenstand der Berichterstattung möglichst objektiv darzustellen und kritisch zu beobachten. Somit führt politische oder wirtschaftliche Einflussnahme zu einer oftmals gewollten Verzerrung der medial vermittelten, öffentlichen Meinungsbildung.
Vor diesem Hintergrund sind die unabhängigen und somit funktionsfähigen Massenmedien "ein öffentliches Gut, von dessen Befindlichkeit die Identität moderner demokratischer Gesellschaften wesentlich abhängt"
Eine ausgewogene und möglichst vielfältige Berichterstattung steht nicht gerade im Mittelpunkt gewinnorientierter Geschäftsmodelle. Sie zielen auf einen möglichst breiten Zuschauerzuspruch – die sogenannte Quote – und "boulevardisieren" zu diesem Zweck die öffentliche Kommunikation. Hierbei rücken Personen und Skandale im Mittelpunkt der Berichterstattung. Diese Programmstrategie mag zwar die Schaulust der Fernsehkonsumenten bedienen, trägt aber wenig zur Meinungsbildung der Bürger bei.
Die institutionelle Unabhängigkeit der öffentlich-rechtlichen Anstalten bedingt auch die Erfüllung ihres
QuellentextRundfunkstaatsvertrag – RStV
II. Abschnitt: Vorschriften für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk
§ 11 Auftrag
(1) Auftrag der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten ist, durch die Herstellung und Verbreitung ihrer Angebote als Medium und Faktor des Prozesses freier individueller und öffentlicher Meinungsbildung zu wirken und dadurch die demokratischen, sozialen und kulturellen Bedürfnisse der Gesellschaft zu erfüllen.
Die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten haben in ihren Angeboten einen umfassenden Überblick über das internationale, europäische, nationale und regionale Geschehen in allen wesentlichen Lebensbereichen zu geben. Sie sollen hierdurch die internationale Verständigung, die europäische Integration und den gesellschaftlichen Zusammenhalt in Bund und Ländern fördern. Ihre Angebote haben der Bildung, Information, Beratung und Unterhaltung zu dienen. Sie haben Beiträge insbesondere zur Kultur anzubieten. Auch Unterhaltung soll einem öffentlich-rechtlichen Angebotsprofil entsprechen.
(2) Die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten haben bei der Erfüllung ihres Auftrags die Grundsätze der Objektivität und Unparteilichkeit der Berichterstattung, die Meinungsvielfalt sowie die Ausgewogenheit ihrer Angebote zu berücksichtigen.
Quelle: Externer Link: die-medienanstalten.de / Staatsvertrag für Rundfunk und Telemedien
Auch in der Multimedia-Umwelt hat ein öffentlich verantwortetes Kommunikationsangebot – weiterentwickelt als public service media, d. h. öffentlich-rechtliche Multimedia-Angebote – seinen Platz. Denn man könnte zwar argumentieren, dass es angesichts der Fülle der Informations- und Unterhaltungsangebote im Netz öffentlich-rechtliche Angebote nur dort bedürfe, wo Defizite bestehen. Doch mit der vom Bundesverfassungsgericht verfügten Bestands- und Entwicklungsgarantie für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk ist der Grundsatz formuliert, dass das Prinzip der unabhängigen öffentlichen Forumsfunktion auch in der Online-Kommunikation von Bedeutung ist
Die Realität der Unabhängigkeit
In der jüngeren Zeit wird das historisch belastete Wort von der „Lügenpresse“ auch auf die Angebote des öffentlich-rechtlichen Rundfunks angewendet. Mit diesem Begriff behaupten Vertreterinnen und Vertreter der „Alternative für Deutschland“ und anderer rechtskonservativer Kräfte, es herrsche eine einseitige Berichterstattung, die einer Propaganda der etablierten Parteien entspreche. In der Tat gab es in der Vergangenheit einzelne Fälle, die zeigten, dass die zuvor genannten Ideale der Unabhängigkeit des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in der Realität einen schwierigen Stand haben. Der bekannteste ereignete sich im Zweiten Deutschen Fernsehen, dem das Bundesverfassungsgericht im Jahr 2013 bescheinigt hat, dass hier der Einfluss politischer Akteure besonders groß ist. Dies ist deswegen so, weil die Vertreter der sogenannten Staatsbank (gemeint sind hier die Vertreter vom Bund, Ländern und den politischen Fraktionen) allein schon in starker Anzahl in den Aufsichtsgremien vertreten sind. Auch in den ARD-Anstalten treten Fälle des Versuchs politischer Einflussnahme auf, doch finden sie aufgrund ihres regionalen Zuschnitts nicht solch eine bundesweite Beachtung [9].
Gegenüber dem Postulat der AfD ist hier jedoch zu unterscheiden, ob einzelne Versuche politischer Einflussnahme zu konstatieren sind, oder ob der Vorwurf der systematischen Ausrichtung ganzer Sender an bestimmten politischen Positionen aufrechterhalten werden kann. Die Pluralität der Aufsichtsgremien und vor allem das journalistische Ethos der Medienschaffenden machen diesen Vorwurf gegenstandslos.
Fallbeispiel Hans Michael Strepp
Während des bayerischen Landeswahlkampfs im Herbst 2012, rief CSU-Pressesprecher Hans-Michael Strepp mehrmals bei der heute-Redaktion des ZDF an und versuchte die Berichterstattung über den SPD-Parteitag zu verhindern [10]. Sollte ZDF doch über den Parteitag berichten, würde dies "Diskussionen nach sich ziehen". Der Fall wurde in den Medien breit aufgegriffen und löste stattdessen eine Diskussion um die Einflussnahme von politischen Parteien auf Medien. Kurz darauf folgte Strepps Rücktritt als CSU-Pressesprecher.
Fall Böhmermann
Ein besonderer Fall von Gefährdung der Unabhängigkeit des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, der zudem eine internationale Dimension offenbart, ist mit einem Beitrag des Satirikers Jan Böhmermann aufgetreten. Sein am 31. März 2016 im ZDF-Digitalkanal ZDFneo ausgestrahltes Schmähgedicht über den türkischen Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdoğan hat dazu geführt, dass die Bundesregierung entscheiden musste, ob sie einen bislang ruhenden Paragraphen des Strafgesetzbuches zur Geltung kommen lassen will [11]. Nach § 103 steht die Beleidigung eines ausländischen Staatsoberhauptes unter Strafe. Darauf berief sich Erdogan und klagte Böhmermann an [12]. Nach deutschem Recht ist bei einem Verfahren nach § 103 eine Ermächtigung notwendig, die von der Bundeskanzlerin erteilt wurde. Aufgrund der Vereinbarungen der deutschen mit der türkischen Regierung über die Rückführung von Flüchtlingen stellten Kritiker dieser Entscheidung die Frage, ob hier eine politisch motivierte Entscheidung an die Freiheit der Satire rührte.
Fallbeispiel Nikolaus Brender
Als im Frühjahr 2010 die Verlängerung des Vertrages von Chefredakteur Nikolaus Brender auf der Tagesordnung des Verwaltungsrates stand, stimmte dieser der Verlängerung nicht zu. 2010 war ein Jahr, in dem Landtagswahlen und die Bundestagswahl anstanden. Brender galt als unbeugsamer Journalist, der den Wert journalistischer Unabhängigkeit hoch schätzte. Diese Entscheidung fiel mit der Stimmenmehrheit der Verwaltungsratsmitglieder, die dem Umfeld der CDU zuzuordnen sind. Sie fachte breite politische und rechtliche Diskussionen an, im Zuge derer verfassungsrechtliche Bedenken gegenüber der Zusammensetzung der ZDF-Gremien formuliert wurden, welche dann auch zu einer Normenkontrollklage vor dem Bundesverfassungsgericht führten (siehe unten) [13].
Verhältnis zwischen Politikern und Journalisten
Mit dem Fall Brender wurde thematisiert, was auch schon einschlägige Untersuchungen festgestellt hatten. Kepplinger (2006) wertete Interviews mit 230 Hauptstadtjournalisten aus. 28 % von ihnen gaben an, dass sie schon einmal erlebt hätten, wie Politiker im beruflichen Umgang direkt Druck auf sie ausüben wollten. 48 % der Fernsehjournalisten und 51 % der Tageszeitungsjournalisten beantworteten die Frage: "Ist es schon einmal vorgekommen, dass Politiker versucht haben, über Ihren Redaktionsleiter Ihre Berichterstattung zu beeinflussen?" mit "Ja". Zwar differenzierte Kepplinger in seiner Untersuchung nicht zwischen Journalisten bei öffentlich-rechtlichen und bei kommerziellen Sendern. Doch ist zu vermuten, dass allein aufgrund des höheren Politikanteils im Programm der öffentlich-rechtlichen Sender hier auch noch höhere Erfahrungswerte anzutreffen sind.
Etwas komplexer beschreibt eine ältere Studie das Verhältnis zwischen Politikern und Journalisten[14]. Danach spielt sich das Verhältnis der beiden Gruppen auf einer Vorder- und auf einer Hinterbühne ab. Unterschieden wird also zwischen dem, was zu sehen ist, und dem, was im Hintergrund geschieht. Während auf der Vorderbühne die erwartete Autonomie durchaus verteidigt wird, ist das Verhältnis auf der Hinterbühne eher durch Interdependenz, d. h. eine wechselseitige Abhängigkeit, gekennzeichnet: Publizität wird gegen Information getauscht – politische Eliten bestimmen die Agenda, Journalisten stellen die Agenda dem Publikum zur Verfügung.
Nun lässt sich diese Tauschbeziehung weder mit aufwändigen Studien noch bei den einzelnen Akteuren aufspüren: Im Verhältnis zwischen ganzen Organisationen – z. B. zwischen den Parteien und den Anstalten des öffentlich-rechtlichen Rundfunks – lässt sich das schwierig nachweisen. Doch ist es nicht abwegig festzustellen, dass ARD und ZDF, wiewohl sie einen unbestreitbaren Verdienst um die Herstellung politischer Öffentlichkeit haben, für die Parteienpolitik notwendig sind: Sie bieten ihr ein Forum. Dafür profitieren sie aber auch von der Parteienpolitik, solange diese die medienpolitischen Rahmenbedingungen für die weitere Existenz der öffentlich-rechtlichen Sender verteidigt.
In einer jüngeren Studie wird auf ein anderes Problem verwiesen, dass aufgrund eines problematischen Verhältnisses von politischem und Mediendiskurs auf mögliche Gefährdungen der Unabhängigkeit des öffentlich-rechtlichen Rundfunks verweist. Krüger (2013) untersuchte, wie Leitmedien mehr oder weniger den laufenden Diskurs der Eliten reflektieren, aber dessen Grenzen nicht überschreiten und dessen Prämissen nicht kritisch hinterfragen. Er fand heraus, dass jeder dritte der leitenden Redakteure informelle Kontakte mit Politik- und Wirtschaftseliten unterhielt.
Kontrollgremien als Spiegel der Zusammensetzung der Gesellschaft oder der Macht der politischen Parteien?
In der Folge der "Causa Brender" wurde vom Land Rheinland-Pfalz und vom Stadtstaat Hamburg eine Verfassungsklage gegen den ZDF-Staatsvertrag eingereicht. Das Bundesverfassungsgericht sollte nun prüfen, ob dieser genügend Staatsferne der Senderaufsicht garantiert. Am 25. März 2014 erklärten die Verfassungsrichter den ZDF-Staatsvertrag für verfassungswidrig und dies aufgrund des überproportionalen staatlichen Einflusses in den Aufsichtsorganen (Anzahl der staatsnahen Vertretern im Fernseh- und Verwaltungsrat) [15]. Die Ministerpräsidenten waren nun gezwungen einen neuen, verfassungskonformen Staatsvertrag zu verabschieden, der die staatsnahen Vertreter in den Gremien auf ein Drittel begrenzt. Am 01.01.2016 trat der neue ZDF-Staatsvertrag in Kraft, der die Zahl der Vertreter der Staatsbank auf ein Drittel begrenzt. So soll dem Einfluss politischer Akteure auf das Programm des öffentlich-rechtlichen Rundfunks Einhalt geboten werden [16].
QuellentextBundesverfassungsgericht
Leitsätze zum Urteil des Ersten Senats vom 25. März 2014 - 1 BvF 1/11 -
Die Zusammensetzung der Aufsichtsgremien der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten ist gemäß Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG am Gebot der Vielfaltsicherung auszurichten. Danach sind Personen mit möglichst unterschiedlichen Perspektiven und Erfahrungshorizonten aus allen Bereichen des Gemeinwesens einzubeziehen.
Der Gesetzgeber hat dafür zu sorgen, dass bei der Bestellung der Mitglieder dieser Gremien möglichst unterschiedliche Gruppen und dabei neben großen, das öffentliche Leben bestimmenden Verbänden untereinander wechselnd auch kleinere Gruppierungen Berücksichtigung finden und auch nicht kohärent organisierte Perspektiven abgebildet werden.
Zur Vielfaltsicherung kann der Gesetzgeber neben Mitgliedern, die von gesellschaftlichen Gruppen entsandt werden, auch Angehörige der verschiedenen staatlichen Ebenen einbeziehen.
Die Organisation des öffentlich-rechtlichen Rundfunks muss als Ausdruck des Gebots der Vielfaltsicherung dem Gebot der Staatsferne genügen. Danach ist der Einfluss der staatlichen und staatsnahen Mitglieder in den Aufsichtsgremien konsequent zu begrenzen.
Der Anteil der staatlichen und staatsnahen Mitglieder darf insgesamt ein Drittel der gesetzlichen Mitglieder des jeweiligen Gremiums nicht übersteigen.
Für die weiteren Mitglieder ist die Zusammensetzung der Aufsichtsgremien des öffentlich-rechtlichen Rundfunks konsequent staatsfern auszugestalten. Vertreter der Exekutive dürfen auf die Auswahl der staatsfernen Mitglieder keinen bestimmenden Einfluss haben; der Gesetzgeber hat für sie Inkompatibilitätsregelungen zu schaffen, die ihre Staatsferne in persönlicher Hinsicht gewährleisten.
Quelle: Externer Link: BVerfG, 1 BvF 1/11 vom 25.3.2014, Absatz-Nr. (1 - 135)
Leitsätze:
Gebot der Vielfaltssicherung.
Einbeziehung von Personen mit möglichst unterschiedlichen Perspektiven und Erfahrungshorizonten aus allen Bereichen des Gemeinwesens.
Konsequentere Beachtung des Gebots der Staatsferne für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk.
Die Frage, wie das Gebot der Staatsferne des Rundfunks eingehalten und der politische Einfluss niedrig gehalten werden kann, ist Gegenstand einer langen Debatte. Schulz konstatierte schon vor zehn Jahren: "Bei einigen öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten in der Bundesrepublik stellt sich die Frage, ob die Grenze der Verfassungswidrigkeit im Hinblick auf die Staatsferne der Zusammensetzung der Gremien nicht schon erreicht ist"[17]. Und er weist darauf hin, dass ein zu starker staatlicher Einfluss medienpolitisch kritisiert werden kann: Er kann erstens kritisiert werden, weil der Staat als eine Interessengruppe unter anderen bezeichnet werden kann. Und er kann zweitens kritisiert werden, weil der Staat eine "institutionelle Struktur der Machtakkumulation" ist. Daher darf er der öffentlichen Meinung und dem öffentlichen Willen, zu deren Bildung der öffentlich-rechtliche Rundfunk beiträgt, nicht übergeordnet sein, sondern muss sich diesem Prozess unterordnen[18].
Ohne Berücksichtigung der Vertretungen von Landkreistagen, Städtebund, einzelnen Gemeinden und Städten, die parteipolitisch gebunden sein können – lässt sich folgende Aufzählung von Rundfunkratsmitgliedern mit Mandaten der politischen Parteien, der Landesregierungen und Landtage feststellen: