Immer "schlauere" Mobiltelefone stecken in immer mehr Taschen. Und wenn die Zeichen nicht trügen, werden berührungsgesteuerte Tablet-PCs wie das iPad und Androidgeräte sich als wichtige Plattform durchsetzen - vor allem für den Konsum von Inhalten nebenbei und unterwegs (weniger für die produktive Arbeit). Gemein ist diesen Geräten, dass sie "wissen" können, wo man sich aufhält. Per Standorte der Mobilfunkmasten sowie WLAN-Routern und/oder per Satellitennavigation GPS.
Der klassische Lokaljournalismus lebt davon, dass Leser immer das sehr interessiert, was sie unmittelbar umgibt, was ihren Alltag und ihr soziales Umfeld - Familie, Freunde, Bekannte, Kollegen - berührt: Der Verein um die Ecke, das Fest im nahen Kindergarten, die Baustelle vorne an der Kreuzung, der Einbruch beim Nachbarn gegenüber und das Angebot vom Laden die Straße herunter.
Das Internet als Medium erlaubt es nun, das Nachrichten kleinteiliger und spezifischer werden. Und zwar dynamisch: Nachrichten werden an den Standort des Nutzers, der vielleicht automatisch erfasst wurde, angepasst. Hyperlokaljournalismus konzentriert sich also auf diese unmittelbare Umgebung. Neben dem Begriff "hyperlokal" wird auch "mikrolokal" benutzt.
Recht weit verbreitet und fast schon klassisch zu nennen, sind Externer Link: hyperlokale Blogs. Die berichten vielleicht über einen Ortsteil, ein Quartier, Viertel oder Kiez. Das kann einerseits als Externer Link: "Bürgerjournalismus"(Citizien journalism) geschehen, also mit keinem oder kaum kommerziellen Interesse. Verwandt damit sind Stadtwikis, die von eine offenen Gemeinschaft gepflegt werden und alle möglichen Informationen über ein Stadt sammeln und strukturieren. Ein gutes Beispiel dafür ist das Externer Link: Wiki zur Stadt Karlsruhe.
Digitale Anzeigenblätter
Hyperlokale Angebote können aber auch professionell und mit explizit kommerziellen Interesse betrieben werden. In den USA ist derzeit die Internetfirma AOL mit ihrem Angebot Externer Link: "Patch"recht erfolgreich. In eine Reihe von Bundesstaaten werden Nachrichtenportale für Orte oder Ortsteile angeboten, die von freien Mitarbeitern vor Ort bestückt werden.
Das Geschäftsmodell ist schlicht: Es geht um Werbung. Der Werbemarkt im Internet wächst kontinuierlich und hat mittlerweile den Printbereich überholt. Von mobiler und standortabhängiger Werbung wird sich dabei viel erhofft. Exemplarisch für einen Hoffnungsträger kann der Externer Link: Dienst FourSquare gelten. Er erlaubt es Nutzern, sich an Orten per Mobiltelefon anzumelden, "einzuchecken". Diese Standortfinformationen lassen sich mit Freunden per Web teilen und es lässt sich in einen Wettbewerb treten ("Gamification"), wer am meisten einen Ort besucht hat.
Hier kommt die Werbung in Spiel, die je nach Standort spezielle Werbung einblendet und Preisnachlässe anbietet. FourSquare kooperiert dafür beispielsweise mit Unternehmen wie Groupon, die sich eben auf regionale Rabattangebote spezialisiert haben. In diesem Zusammenhang bleibt abzuwarten, ob sich gedruckte lokale Anzeigenblätter, die in Deutschland 2010 einen Umsatz von zwei Milliarden Euro erwirtschaftet, auf Dauer halten können. Diese Wochenzeitungen dienen als (Deck-)Mantel für zahlreiche Prospekte lokaler Geschäfte: Super-, Bau- und Elektromärkte. Doch Internetangebote wie Externer Link: MeinProspekt.de erfreuen sich wachsender Beliebtheit und lassen sich seitens der Werbetreibenden mit hyperlokalen und mobilen punktgenau an den Mann bringen.
Hyperlokales Open Data
Welche Rolle wird nun Open Data in diesem Bereich? Das demonstriert der Vorreiter hyperlokalen Angebote am Besten: 2007 startete das US-Projekt Externer Link: Everyblock. Es ist mittlerweile für 16 große US-Städte verfügbar. Das ehemals stiftungsfinanzierte Projekt wurde vom Medienkonzern MSBNC im Sommer 2009 gekauft.
Everyblock generiert vornehmlich keine eigenen Inhalte sondern aggregiert sie, sammelt sie ein. Man versteht sich als "geographischer Filter". Dabei geht es nicht um statischen Daten für eine Gegend, etwa Adressen von Schulen. Sondern um Nachrichten im weitesten Sinne, die sich auf einen Standort beziehen und ein Datum haben.
Diese Informationen werden nicht auf Stadtteile (boroughs) sondern auf Nachbarschaften (neighborhoods) heruntergebrochen – was hierzulande "Viertel" oder "Kiez" genannt. Die Palette der Informationen reichen von Ankündigungen, Erwähnung in den Medien und politischen Neuigkeiten über Immobilienangebote, Graffitientfernung, Ausschanklizenzen, Schulbesprechungen, Baugenehmigungen bis hin zum Polizeiticker. Neben den üblichen Listendarstellungen und Suchmöglichkeiten lassen sich die Informationen auch per Karte erschließen. Die Quellen insgesamt sind mannigfaltig: Fotos von Flickr, aus Anzeigenportalen, aus diversen Blogs und Zeitungsseiten und eben öffentlichen Informationen, die entweder als Open Data vorliegen oder andersweitig von Behörden zur Verfügung gestellt werden.
Letztlich ist Everyblock nur ein Vorgeschmack darauf, was mit Open Data möglich sein wird. Denn Städte stecken voll Informationen, von denen immer mehr digital per Sensoren in Echtzeit erfasst werden. Und wenn der Trend zu Open Data anhält, werden Städte diese Informationen auch in offenen Formaten anbieten. Seien es Informationen zur Luftgüte, zur Dichte der Fahrzeuge auf der Stadtautobahn oder die aktuelle Position eines Busses, einer U- oder Straßenbahn. Apps für Mobiltelefone, die Abfahrtszeiten des Öffentlichen Personennahverkehrs je nach Standort anzeigen, demonstrieren schon heute, welchen praktischen Mehrwert Datensätze liefern können.
Datengetriebene Lokalpolitik
Doch weist das Beispiel von Externer Link: OpenlyLocal auf die politische Dimension von hyperlokalen Daten hin. Das britische Projekt bereitet die Gemeinderatsinformationen in Großbritannien als Open Data auf. Somit ist es Bürgern einfach möglich, politische Vorgänge und Strukturen auf lokaler Ebene zu verfolgen. Ein verwandtes Vorhaben aus Deutschland, Externer Link: Frankfurt-gestalten.de, kombiniert solche Informationen auf einer Karte für die Stadt am Main.
So zeichnet sich ab, dass nicht nur Lokalnachrichten und der Werbemakrt sich durch mobilen und hyperlokalen Anwendungen verändern werden. Sondern auch Lokalpolitik durch datengetriebene Informationen in neuen Formaten stattfinden kann.