Die ungleiche Bürgergesellschaft – Warum soziale Ungleichheit zum Problem für die Demokratie wird
Sebastian Bödeker
/ 9 Minuten zu lesen
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Die Möglichkeiten zum politischen Engagement haben in den letzten Jahrzehnten deutlich zugenommen. Allerdings ist auch die soziale Ungleichheit gestiegen: Insbesondere Menschen mit niedrigem Bildungshintergrund wirken immer seltener politisch mit. Warum ist das so und wie lässt sich dem entgegenwirken?
"Decisions are made by those who show up." So lautet das Credo demokratischer Beteiligung, das dem amerikanischen Präsidenten Harry S. Truman zugeschrieben wird. Frei übersetzt bedeutet es: Entscheidungen werden von denjenigen getroffen, die sich daran beteiligen. So banal dieser Satz klingt, verweist er doch auf eine wesentliche Errungenschaft moderner Demokratien: Alle Bürgerinnen und Bürger eines Landes werden an den politischen Entscheidungen, die das Gemeinwohl betreffen, beteiligt: Sie haben das Recht, in freien Wahlen über die Zusammensetzung des Parlamentes oder der Regierung mitzubestimmen, die dann stellvertretend für sie die politischen Programme entwerfen und auf den Weg bringen. Dabei ist der Gang zur Wahlurne aller paar Jahre längst nicht die einzige Möglichkeit, Einfluss zu nehmen. Denn alle Bürgerinnen und Bürger können selbst Mitglied einer Partei werden und deren Wahlprogramme und politische Forderungen direkt mitbestimmen, vorausgesetzt, sie nehmen an den Sitzungen und Diskussionen der Partei teil. Über diese klassischen Formen der Beteiligung hinaus können sie aber auch politischen Verbänden und Initiativen beitreten, beispielsweise Umweltschutzverbänden oder lokalen Bürgerinitiativen. Oder sie engagieren sich eher temporär, etwa in Demonstrationen, Flashmobs oder Onlinekampagnen.
Infobox Bürgergesellschaft
Unter Bürgergesellschaft wird in den Sozialwissenschaften eine Gesellschaftsform verstanden, in der die Bürgerinnen und Bürger in allen Belangen des öffentlichen Lebens aktiv mitwirken.
Grundlage dafür bilden die zahlreichen Initiativen und Vereine, die wesentlich vom freiwilligen Engagement getragen werden. Der Begriff wurde im deutschsprachigen Raum insbesondere durch Georg Wilhelm Friedrich Hegel geprägt, der mit Bürgergesellschaft eine eigene Sphäre zwischen Staat und Familie bezeichnet.
Ralf Dahrendorf beschreibt Bürgergesellschaft treffend als das "schöpferische Chaos der vielen, vor dem Zugriff des (Zentral-)Staates geschützten Organisationen und Institutionen". Es handelt sich also um einen gesellschaftlichen Bereich, der Privatsphäre und politische Sphäre verbindet. Damit erklärt sich auch die große Bedeutung der Bürgergesellschaft für die politische Teilhabe, die in den neueren sozialwissenschaftlichen Diskussionen u.a. von Jürgen Habermas thematisiert worden ist.
Er definiert die Bürgergesellschaft als den entscheidenden Ort für einen kollektiven Verständigungsprozess zwischen Menschen, der weder durch die Profitinteressen der Wirtschaft noch durch die Machtinteressen des Staates gelenkt werden darf. Bürgergesellschaft wird somit zum Ort der gelebten Demokratie, wo abseits von Wahlen und Abstimmungen gesellschaftliche Prozesse durch das freiwillige Engagement von Bürgerinnen und Bürgern gestaltet werden können.
Sie bildet das Rückgrat einer liberalen Gesellschaft, denn mit all ihren Initiativen, Parteien und Vereinigungen ist sie gewissermaßen der "Ort", an dem sich die Bürgerinnen und Bürger eines Landes über politische Sachfragen sowie unterschiedliche Normen und Werte verständigen können. Die demokratische Bürgergesellschaft ist allerdings darauf angewiesen, dass alle Bürgerinnen und Bürger aktiv mitwirken können. Denn sie baut auf dem Prinzip der demokratischen Herrschaft auf, in dem die Interessen aller Mitglieder eines Gemeinwesens berücksichtigt werden sollen. Wenn aber die Bedürfnisse einzelner Bevölkerungsteile immer wieder auf Kosten anderer durchgesetzt werden oder die Hürden für die politische Beteiligung bestimmter Bevölkerungsgruppen zu hoch sind, dann wird das Prinzip der politischen Gleichheit verletzt. Über kurz oder lang entsteht daraus ein ernstes Legitimationsproblem für die Demokratie, denn die politischen Entscheidungen können nicht mehr auf die Herrschaft des Volkes, also prinzipiell aller Bürgerinnen und Bürger, zurückgeführt werden.
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Gemessen an ihrem Ideal steht die Bürgergesellschaft in Deutschland heute vor großen Herausforderungen: Einerseits hat sich die Schere zwischen Arm und Reich seit den 1970er Jahren weit geöffnet und damit die soziale Ungleichheit zugenommen. Andererseits ist nach den Einwanderungswellen der letzten Jahrzehnte auch die kulturelle Vielfalt gewachsen. Dabei haben sich die sozialen und kulturellen Milieus teils stark auseinanderentwickelt und grenzen sich zunehmend voneinander ab. Die Integration aller sozialer Gruppen wird daher in den nächsten Jahrzehnten zur Hauptaufgabe der Bürgergesellschaft. Doch wie ist es aktuell um die politische Teilhabe in Deutschland bestellt? Hierzu kann die empirische Demokratie- und Partizipationsforschung einige Antworten geben.
Wie hat sich die politische Beteiligung über die Zeit entwickelt?
Seit Langem lässt sich in Deutschland ein Trend weg von den klassischen Formen der politischen Partizipation hin zu alternativen Formen beobachten. Hierzu ein paar Zahlen:
Die Beteiligung an Bundestagswahlen ist in Deutschland von über 90 Prozent in den 1970er Jahren auf 71,5 Prozent im Jahr 2013 gesunken.
Konnten alle im Bundestag vertretenen Parteien 1990 noch 3,65 Prozent der wahlberechtigten Bevölkerung als Mitglieder rekrutieren, sind es 2011nur noch 1,86 Prozent. Den größten Mitgliederschwund haben dabei die beiden großen Volksparteien SPD und CDU zu verzeichnen.
Auch der Anteil an gewerkschaftlich organisierten Arbeitnehmern hat in den letzten Jahrzehnten stark abgenommen. Lag der gewerkschaftliche Organisationsgrad 1960 noch bei 34,2 Prozent ist er im Jahr 2000 auf 21,6 Prozent gesunken. Heute liegt er Schätzungen zufolge nur noch bei knapp unter 20 Prozent.
Wer ist Mitglied in Vereinen und Organisationen in Deutschland? (bpb)
Angesichts der zentralen Rolle, die Parteien und Gewerkschaften bei der Interessenvertretung von allen Bürgerinnen und Bürgern spielen, sind diese Befunde besorgniserregend. Doch es gibt auch positive Trends: So sind heutzutage deutlich mehr Menschen Mitglied in zivilgesellschaftlichen Vereinigung wie etwa Greenpeace oder Amnesty International. Mehr Menschen beteiligen sich in lokalen Bürgerinitiativen oder nehmen an Demonstrationen teil. Für nahezu jede politische Frage gibt es eine oder gleich mehrere zivilgesellschaftliche Organisationen, die als eine Art Bindeglied zwischen der Bevölkerung und politischen Entscheidungsträgern tätig sind. Sie diskutieren und informieren über politische Entwicklungen, bündeln Meinungen und setzen sich für ihre politischen Ziele ein. Es lässt sich also durchaus von einer lebendigen Bürgergesellschaft sprechen. Wahrscheinlich waren die Möglichkeiten, sich zu beteiligen, selten so zahlreich und vielfältig wie heute. Doch wer macht davon Gebrauch oder anders formuliert: Who shows up?
Who shows up? Beteiligung hängt von Bildung und sozialem Status ab!
Die Befunde sprechen eine eindeutige Sprache: Politische Beteiligung hängt in hohem Maße von Bildung und Einkommen ab. Menschen mit niedrigem Bildungsniveau und geringem Einkommen sind im Durchschnitt deutlich seltener an politischen Entscheidungsprozessen beteiligt. Dieser Zusammenhang gilt grundsätzlich für alle Formen des politischen Engagements und lässt sich für alle westlichen Demokratien nachweisen. Deutschland ist diesbezüglich also kein Einzelfall. Allerdings ist der Zusammenhang hierzulande deutlich stärker ausgeprägt als in anderen westlichen Demokratien, wie etwa Belgien, Dänemark oder Finnland. Allgemein gilt: Je größer die soziale Ungleichheit in einem Land, desto weniger sind einkommens- und bildungsarme Schichten politisch beteiligt.
Seit den 1990er Jahren hat sich die Lage in Deutschland sogar noch verschärft: Das untere Fünftel der Gesellschaft zieht sich zunehmend aus der Bürgergesellschaft zurück. Hierzu zählen etwa Arbeitslose und Geringverdiener, aber auch viele Menschen mit Migrationshintergrund. Die Forschung zeigt:
Wer über einen geringen Bildungsabschluss verfügt, wird mit einer weitaus höheren Wahrscheinlichkeit nicht zur Wahl gehen als jemand mit höherem Bildungsabschluss.
Unter den Parteimitgliedern in Deutschland finden sich immer weniger Menschen mit niedrigem Bildungsniveau. Die Führungsebenen von Parteien werden ohnehin fast ausschließlich mit Akademikern besetzt.
Eine noch größere Lücke klafft jedoch zwischen bildungsarmen und bildungsreichen Menschen, wenn es um die neueren Formen des politischen Engagements geht, z.B. der Mitarbeit in einer Bürgerinitiative oder der Teilnahme an einer Demonstration.
Kurz gesagt: Weite Teile der demokratischen Bürgergesellschaft sind heute eine Veranstaltung gut gebildeter und relativ einkommensstarker Bevölkerungsschichten, deren Interessen sich in der Regel erheblich von denen ärmerer Schichten unterscheiden.
Dieser Zusammenhang zwischen sozialer Schichtzugehörigkeit und politischer Beteiligung ist in der Forschung hinlänglich bekannt. Doch damit ist der Ausschluss eines Fünftels der Gesellschaft keineswegs ein Naturgesetz, sondern bedarf einer genauen Erklärung. Immerhin wäre es genauso plausibel anzunehmen, dass mit wachsender sozialer Ungleichheit gerade die Stimmen derjenigen lauter werden, die von der gesellschaftlichen Teilhabe ausgegrenzt werden. Wut und Frustration würden sich in diesem Fall in politisches Engagement übersetzen und sich beispielweise in Form von Straßenprotesten äußern. Dies ist jedoch in Deutschland nicht der Fall. Hier führt soziale Ausgrenzung vor allem zu Hoffnungslosigkeit, Desinteresse und Passivität. Warum ist das so?
Warum hängt politisches Engagement vom Bildungshintergrund ab?
Bildung ist in vielerlei Hinsicht entscheidend für die Lebens- und Teilhabechancen der Menschen in unserer Gesellschaft. Nicht nur die zukünftigen Berufsmöglichkeiten, das Einkommen oder etwa das Risiko, arbeitslos zu werden, hängen hierzulande stark vom erreichten Bildungsabschluss ab, sondern auch die Möglichkeit, am gesellschaftlichen Leben zu partizipieren – nicht zuletzt in politischen Belangen. Denn obwohl für politisches Engagement formell meist kein Bildungsnachweis verlangt wird, sind die informellen Hürden häufig sehr hoch: Themen, die in Sitzungen von Parteien oder anderen politischen Organisationen diskutiert werden, erfordern eine Kenntnis politischer Sachverhalte und die Bereitschaft, sich in komplexe Themen einzuarbeiten – Fähigkeiten also, die
Wer hat sich schon einmal an politischen Aktivitäten beteiligt? (bpb)
einen gewissen Bildungshintergrund voraussetzen. Im politischen Betrieb werden zudem Wissen, Redegewandtheit und schnelles Auffassungsvermögen geschätzt. Wer diese Grundlagen nicht mitbringt, fühlt sich schnell abgehängt und ausgeschlossen. Auch wenn diese Ausgrenzung in den allermeisten Fällen nicht vorsätzlich geschieht, so wird sie doch zumindest durch die Praktiken von Parteien und zivilgesellschaftlichen Organisationen verstärkt oder in Kauf genommen.
Ob sich ein Mensch politisch engagiert oder nicht, hängt von weiteren Faktoren ab. So wird die Bereitschaft des Einzelnen hierfür bereits früh im familiären Umfeld geprägt. Politisches Interesse – eine Grundbedingung für jegliches politisches Engagement – muss zunächst einmal geweckt werden. In weniger privilegierten sozialen Schichten ist die Wahrscheinlichkeit höher, dass es in der Familie bereits geringes Interesse an Politik gibt oder Vorbehalte bestehen. Die Angehörigen haben möglicherweise eher negative Erfahrungen von Ausgrenzung und Nutzlosigkeit gemacht, oder ihr Engagement blieb erfolglos. Erfahrungen mit Politik – im Positiven wie im Negativen – werden auch an Heranwachsende weitergegeben. Ebenso prägen die Schule oder der Freundeskreis das eigene gesellschaftliche und politische Engagement. Personen aus dem sozialen Umfeld können über Gelegenheiten zum Engagement informieren und zum Mitmachen motivieren. Wie die Forschung zeigt, erhöht sich die Wahrscheinlichkeit, an einer Demonstration teilzunehmen, um ein Vielfaches, wenn Menschen wissen, dass andere aus ihrem nahen Umfeld – etwa eine Freundin oder ein Freund – ebenfalls dabei sind. Auch in diesem Zusammenhang spielt Bildung eine Rolle: Denn erwiesenermaßen setzt sich der eigene Bekanntenkreis eher aus Personen zusammen, die einen ähnlichen Bildungshintergrund haben wie man selbst. Bildung wirkt also nicht nur direkt auf die Bereitschaft des Einzelnen, sich zu engagieren, sondern auch indirekt. Bildungsarme Personen kennen mit geringerer Wahrscheinlichkeit jemanden, der sie zum politischen Handeln anregt, als Personen mit höherem Bildungs- und Sozialkapital. Politisches Handeln ist insofern keineswegs eine angeborene Fähigkeit, sondern das Ergebnis eines komplexen Sozialisationsprozesses, der in der Familie beginnt und sich im Verlauf des Lebens in der Schule, der späteren Ausbildungsstätte und dem weiteren sozialen Umfeld fortsetzt.
Ein wichtiger psychologischer Einflussfaktor der politischen Beteiligung ist die sogenannte Wirksamkeitsüberzeugung. Darunter versteht man die individuelle Überzeugung, an bestehenden Zuständen durch eigenes Handeln etwas ändern zu können. Gerade Menschen mit niedrigen Bildungsabschlüssen sind davon wenig überzeugt. Wenn man aber glaubt, ohnehin nichts bewirken zu können, wird man sich auch nicht engagieren. Die Erfahrungen von gesellschaftlichem Ausschluss in anderen Lebensbereichen werden auch auf den Bereich der politischen Teilhabe übertragen, was in vielen Fällen zu Apathie und Resignation führt. Politische Angelegenheiten werden dann allein als eine Sache von gesellschaftlichen Eliten angesehen, auf die man selbst keinen Einfluss nehmen kann.
Wie können mehr Menschen in die Bürgergesellschaft integriert werden?
Eine größere Beteiligung von sozial- und bildungsbenachteiligten Gruppen wird nicht von heute auf morgen entstehen. Es bedarf dafür langfristiger Anstrengungen. Die Impulse müssen insbesondere von zivilgesellschaftlichen Organisationen und Parteien gesetzt werden. Es wird darum gehen, neue Organisationsstrukturen zu schaffen, in denen Räume für das Engagement sozial Benachteiligter entstehen und Orte der Begegnung unterschiedlicher sozialer und kultureller Milieus geschaffen werden.
Eine Studie von Johanna Klatt und Franz Walter (2011) zeigt etwa, wie wichtig der unmittelbare Wohn- und Lebensmittelpunkt von Menschen hierfür ist. Insbesondere für sozial Benachteiligte ist das eigene Viertel von enormer Bedeutung. Der größte Teil des alltäglichen Lebens spielt sich in unmittelbarer Nähe des Wohnortes ab. Häufig gibt es keine großen Anreize, das eigene Viertel überhaupt zu verlassen. Parteien und zivilgesellschaftliche Gruppen, die soziale Inklusion ernsthaft praktizieren wollen, müssen die Menschen an ihrem unmittelbaren Lebensmittelpunkt abholen.
Zudem gilt es für die Organisationen, bei den realen Problemen von sozial benachteiligten Gruppen anzusetzen. Abstrakte Debatten über Zivilgesellschaft und Engagement werden niemanden zum Mitmachen anregen. Die alltäglichen Problemlagen von Menschen vor Ort sind viel eher dazu geeignet, das Interesse von Betroffenen zu wecken. Parteien und zivilgesellschaftliche Organisationen brauchen daher Personen, die sich mit den Problemen von benachteiligten Menschen auskennen und sich mit diesen bis zu einem gewissen Grad identifizieren können. Und es bedarf einer angemessenen Sprache, die von den Menschen verstanden und nachvollzogen werden kann. Doch genau an diesen Punkten zeigen sich in vielen zivilgesellschaftlichen Gruppen und insbesondere in den Parteien große Schwächen. Funktionäre und hauptberufliche Mitarbeiter sind oftmals weit von den realen Problemen sozial benachteiligter Menschen entfernt, da sie selbst fast ausschließlich aus bildungsnahen Milieus rekrutiert werden. Insbesondere Berufspolitiker haben es verlernt die "Sprache der Unterschicht" (Klatt und Walter 2011) zu sprechen. Es ist daher kaum verwunderlich, dass bestimmte Milieus kaum noch einen Bezug zwischen ihrer eigenen Lebenswirklichkeit und politischen Fragen herstellen können.
Deshalb sind auch die staatlichen Bildungsinstitutionen im besonderen Maße gefordert. Kindergärten, Schulen und Universitäten müssen zu Orten des demokratischen Lernens werden. Sie müssen genau die Kompetenzen vermitteln und fördern, die für ein aktives und selbstbewusstes politisches Handeln notwendig sind. Hierfür müssen sie selbst zu Orten der Demokratie werden, an denen eine aktive Diskussionskultur und die Möglichkeit zur Mitsprache gelebt werden. Schulen, Ausbildungsbetriebe und Universitäten sind als eine Art Mikrokosmos der Gesellschaft zu begreifen. Wo, wenn nicht hier, sollen die Werte und Fähigkeiten vermittelt und eingeübt werden, die für eine aktive und inklusive Bürgergesellschaft von so großer Bedeutung sind.
In einer demokratischen Gesellschaft werden Entscheidungen zweifelsohne von denjenigen getroffen, die teilnehmen. Die Motivation zur Teilnahme steigt aber bekanntlich auch mit dem Gefühl, willkommen zu sein und Gehör zu finden. Es liegt nicht zuletzt in der Verantwortung einer demokratischen Bürgergesellschaft, dafür zu sorgen, dass Menschen nicht systematisch von der Teilhabe ausgeschlossen werden. Die Inklusion des unteren Drittels der Gesellschaft wird deshalb zur wichtigsten politischen Herausforderung der nächsten Jahrzehnte gehören.
Sebastian Bödeker promoviert im Rahmen der Berlin Graduate School for Transnational Studies am Wissenschaftszentrum Berlin. Er arbeitet zu politischer Partizipation, sozialen Bewegungen und transnationalen Nichtregierungsorganisationen. Zusammen mit Studierenden der Universität der Künste hat er den Informationsfilm "Die soziale Frage der Demokratie" erstellt.
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