Ob Karl V. schon 1530 zeitweise darüber nachdachte, einer weiteren Ausbreitung lutherischer Anschauungen mit Waffengewalt entgegenzutreten, und seit wann er diesen Plan konsequent verfolgte, lässt sich den Akten nicht zweifelsfrei entnehmen. Im Sommer 1546 jedenfalls schlug er wohlvorbereitet, doch für die Schmalkaldener überraschend los.
Legitimiert hat Karl seinen Coup damit, dass er "ungehorsamb" ahnden müsse: Die Häupter des Schmalkaldischen Bundes, der Kurfürst von Sachsen und der Landgraf von Hessen, hätten sich gegen ihn "aufgelaint" und auch andere gegen ihn "aufgewigelt" (um aus der Achterklärung über die beiden zu zitieren). Es war für Karl nur vorteilhaft, wenn da nicht, gleichsam auf Augenhöhe, zwei Versionen von Wahrheit miteinander rangen, wenn er stattdessen als Reichsoberhaupt und ideelles Oberhaupt des christlichen Abendlandes gegen Landfriedensstörer zu Felde zog; sodann ermöglichte es nur diese Kriegslegitimation dem lutherischen Herzog Moritz von Sachsen, sich auf Karls Seite zu stellen. Die Hofburg wird auch den großen dreißigjährigen deutschen Konfessionskrieg seit 1618 nach außen hin stets gegen "Ungehorsame" und "Rebellen" führen, während der meisten Kriegsjahre erneut mit sächsischer Unterstützung. Soviel zur kaiserlichen Propaganda, der geschickt gewählten Kriegslegitimation! Die Motivation war, wie nach 1618, so schon 1546 eine andere. Intern bekundete Karl V., dass "disser handel allermeynst die christlichen religion ... belangen thedte", man gehe mit Waffengewalt gegen diejenigen vor, die die "althe religion dempfen wolten". Es handelt sich also um einen Konfessionskrieg: um einen Krieg, der im Sinnhorizont der Zeitgenossen zwischen verschiedenen Versionen von Christsein geführt wurde.
Von einem "Glaubenskrieg" (wie üblich) oder einem "Konfessionskrieg" (was präziser ist) zu sprechen, ist angemessen, wenn eine Auseinandersetzung nicht nur von den namenlosen Opfern als Ringen um Wahrheit empfunden wurde, wenn es ferner auch die maßgeblichen politischen Eliten, die Entscheidungsträger, als Ringen um das Seelenheil möglichst vieler "Schäfelein" und die materiellen Grundlagen hierfür ansahen, wenn es für sie um konfessionelle Besitzstände ging. Für eine ganze Reihe militärischer Auseinandersetzungen Alteuropas im 16. und 17. Jahrhundert treffen beide Voraussetzungen zu, sie wurden von den prominenten Entscheidungsträgern wie von den zahllosen Miterlebenden und Erleidenden als Kriege um die allein seligmachende Version von Christsein erfahren. Und der deutsche Prototyp hierfür war der Schmalkaldische Krieg.
Gewonnen hat ihn ohne Wenn und Aber Karl. Am "Geharnischten Reichstag" von 1547/48 versuchte er seinen militärischen Triumph in Politik umzusetzen. Er gedachte, den Frontverlauf auf den beiden zentralen Themenfeldern der frühneuzeitlichen Reichsgeschichte zu verändern: beim Widerstreit der Konfessionen nämlich und beim Widerstreit zwischen einem mehr zentralistischen und einem forciert föderalistischen Reichskonzept. Dem verfassungspolitischen Ziel sollte das Projekt eines "Kaiserlichen Bundes" (Volker Press) bzw. "Reichsbundes" (Horst Rabe) dienen; die bestehende Reichsverfassung sollte nicht abgeschafft, aber ausgehebelt werden, indem man dem Reich einen straff kaiserlich gelenkten Bund überstülpte. Der Plan zerschlug sich am hinhaltenden Widerstand der Reichsstände, der Karl schließlich zermürbte. Auch katholische Fürsten wollten keinen allzu starken katholischen Kaiser! Und auch katholische Fürsten erzürnte, wie Karl V. mit dem hessischen Landgrafen Philipp umging: Der hatte sich beim siegreichen Feldherrn im naiven Zutrauen auf vage Verheißungen zum reumütigen Fußfall eingefunden; kaum hatte er sich wieder von den kaiserlichen Zehen erhoben, ließ ihn Karl V. gefangen abführen. Deutschlands Fürsten sahen sich in ihrer "Ehre" gekränkt. Allenthalben drehte sich die Stimmung zu Ungunsten Karls.
Erreichte er wenigstens sein konfessionspolitisches Ziel? Der Kaiser ließ wortreich festhalten, welche Glaubensüberzeugungen und welche Gottesdienstformen bis auf Weiteres jedermann im Reich vorgeschrieben seien. Vorgeblich verbindend, war der Text doch in Lehre wie Liturgie sehr einseitig altgläubigen Vorstellungen verpflichtet (salopp gesagt: 'Katholizismus light'). Weil diese 'Lösung' als eine vorläufige gedacht war, bis das Konzil eine endgültige Bereinigung des religiösen Dissenses erwirke, sprachen schon die Zeitgenossen vom "Interim" (lat. interim = einstweilen). Ein Erfolg war es nicht. Die katholischen Reichsstände erklärten, sie gehörten sowieso der einzig wahren Kirche an und hätten den Krieg ja nicht verloren, das Interim betreffe sie nicht, binde nur die Protestanten, was Karl schließlich akzeptieren musste. Die Anhänger Luthers suchten sich dem Augsburger Interim zu entziehen, wo es ging; nur, wo es die Präsenz von Karls nicht sogleich abgedankten Truppen regelrecht erzwang, griff das Interim eine Zeitlang.
Kurz, der Versuch Karls, das Reich faktisch zu rekatholisieren, ist gescheitert. Es gibt wenige Exempel in der Geschichte, die von einer so misslungenen Ausnutzung militärischer Erfolge künden. Es war Karl nicht gegeben, seinen Schmalkaldischen Sieg in Politik umzugießen, und so verpuffte jener Triumph denn auch rasch. 1547 war die Peripetie, Höhe- und Wendepunkt; danach hat sich das Reich diesem Kaiser gleichsam entwunden. Und das war eine wesentliche Voraussetzung dafür, dass es schließlich seinen Religionsfrieden fand.