In den Jahren 1933 bis 1939 wandern etwa 250.000 Juden aus Deutschland aus. Die Massenflucht erreicht ihren Höhepunkt nach dem Novemberpogrom 1938; allein im Jahr 1939 verlassen knapp 80.000 Juden das Land. Mit Beginn der systematischen Deportationen in die Ghettos und Lager im Osten im Oktober 1941 wird den Juden die Auswanderung aus Deutschland offiziell verboten.
Österreich
Ungefähre Zahl der Juden im Land (1938) 206.000
Ungefähre Zahl der ermordeten Juden 65.000
Nach dem so genannten „Anschluss“ Österreichs an das Deutsche Reich im März 1938 beginnt unter der Leitung Adolf Eichmanns die systematische Vertreibung der jüdischen Bevölkerung. Bis zum Ausbruch des Krieges im September 1939 können ca. 135.000 Juden fliehen.
Luxemburg
Ungefähre Zahl der Juden im Land (1940) 3.600
Ungefähre Zahl der ermordeten Juden 1.200
Luxemburg wird im Mai 1940 von Deutschland besetzt. Daraufhin fliehen viele luxemburgische Juden nach Frankreich und Belgien. In der deutschen Besatzungszeit werden antijüdische Verordnungen erlassen, und es erfolgen Deportationen in die Ghettos und Lager im Osten.
Frankreich
Ungefähre Zahl der Juden im Land (1940) 300.000
Ungefähre Zahl der ermordeten Juden 76.000
Frankreich ist zunächst ein bevorzugtes Exilland für deutsche NS-Flüchtlinge: fast die Hälfte der 300.000 Juden, die 1940 im Land leben, sind nicht dort geboren. 1940 wird die nördliche Hälfte des Landes von Deutschland besetzt, Ende 1942 auch der Süden. Insgesamt fallen ca. 76.000 Juden der nationalsozialistischen Vernichtungspolitik zum Opfer, davon ca. ein Drittel Franzosen.
Belgien
Ungefähre Zahl der Juden im Land (1940) 90.000
Ungefähre Zahl der ermordeten Juden 25.000
Ab Frühjahr 1940 steht Belgien unter deutscher Besatzungsherrschaft. Nur fünf bis zehn Prozent der 90.000 Juden, die zu diesem Zeitpunkt dort leben, sind belgische Staatsbürger. Von den aus Belgien deportierten Juden werden 25.000 ermordet, darunter ca. 9.500 belgische Staatsbürger.
Niederlande
Ungefähre Zahl der Juden im Land (1941) 140.000
Ungefähre Zahl der ermordeten Juden 102.000
Ab Mai 1940 stehen die Niederlande unter deutscher Besatzungsherrschaft. 1942 beginnen die Deportationen in die Vernichtungslager im Osten. Als Zwischenstation fungiert das „Durchgangslager“ Westerbork unweit der deutschen Grenze.
Dänemark
Ungefähre Zahl der Juden im Land (1940) 7.800
Ungefähre Zahl der ermordeten Juden 116
Als im Oktober 1943 die im Land ansässigen Juden deportiert werden sollen, bringt Dänemark in einer international einmaligen Aktion den Großteil seiner jüdischen Bevölkerung im nicht besetzten Schweden in Sicherheit. Knapp 500 Juden werden von deutschen Polizeieinheiten verhaftet und nach Theresienstadt oder in andere Lager deportiert.
Norwegen
Ungefähre Zahl der Juden im Land (1940) 1.800
Ungefähre Zahl der ermordeten Juden 758
Während des Krieges gelingt es über 900 norwegischen Juden, nach Schweden zu fliehen; 140 von ihnen hatten Norwegen schon vor dem Beginn der Verfolgungen im Oktober 1942 verlassen. Beinahe zwei Drittel der von hier deportierten und ermordeten Juden sind norwegische Staatsbürger.
Italien
Ungefähre Zahl der Juden im Land (1938) 46.600
Ungefähre Zahl der ermordeten Juden 7.500
Die Situation der Juden in Italien verschärft sich mit der Einführung der italienischen „Rassengesetze“ im Herbst 1938 und dem Kriegseintritt Italiens im Juni 1940. Unter der deutschen Besatzung erfolgen Massenverhaftungen und ab Herbst 1943 Deportationen nach Auschwitz oder in andere Lager.
Albanien
Ungefähre Zahl der Juden im Land (1930) 200
Ungefähre Zahl der ermordeten Juden 100
Albanien wird im April 1939 mit Italien zwangsvereinigt. Das Kosovo-Gebiet mit seiner jüdischen Bevölkerung und andere Teile Jugoslawiens werden 1941 angegliedert. Nach der Kapitulation Italiens im September 1943 besetzen deutsche Truppen das Land. Juden in „Groß-Albanien“ werden Opfer von Verhaftung, Internierung und Deportation.
Griechenland
Ungefähre Zahl der Juden im Land (1940) 70.000
Ungefähre Zahl der ermordeten Juden 58.800
Die jüdischen Gemeinden Griechenlands gehören zu den ältesten Europas. Im März 1943 beginnen die Deportationen in die Vernichtungslager. Circa 8.500 Juden überleben die Besatzungsjahre auf griechischem Boden, die meisten von ihnen, indem sie in die Illegalität untertauchen, dank des Schutzes durch ihre nicht-jüdischen Ehepartner oder ihre ausländische Staatsbürgerschaft.
Bulgarien
Ungefähre Zahl der Juden im Land (1934) 48.400
Ungefähre Zahl der ermordeten Juden 142
Trotz des Bündnisses mit Hitler-Deutschland schützt Bulgarien seine Juden. Bis auf eine geringe Zahl von politischen Widerständlern überleben sie den Krieg. Die jüdische Bevölkerung in den bulgarisch besetzen Gebieten hingegen fällt der nationalsozialistischen Verfolgung zum Opfer: Ca. 12.000 Juden aus dem ehemals jugoslawischen Mazedonien und dem ehemals griechischen Thrakien werden deportiert und ermordet.
Jugoslawien
Ungefähre Zahl der Juden im Land (1930) 68.500
Ungefähre Zahl der ermordeten Juden 60.000
Im April 1941, kurz nach der Kapitulation Jugoslawiens, beginnen die deutschen Besatzer, jugoslawische Juden zu deportieren. Unter den Opfern sind ca. 4.000 ausländische Flüchtlinge.
Ungarn
Ungefähre Zahl der Juden im Land (1930) 445.000
Ungefähre Zahl der ermordeten Juden 270.000
Ungarn vertritt eine deutschlandfreundliche Politik und ist ab 1941 Bündnispartner des Deutschen Reichs. Die Situation für die Juden verschärft sich ab 1941 mit der Einführung von „Rassengesetzen“. Im Frühjahr 1944 werden innerhalb von nur zwei Monaten eine halbe Million ungarischer Juden nach Auschwitz deportiert.
Tschechoslowakei
Ungefähre Zahl der Juden im Land (1930) 357.000
Ungefähre Zahl der ermordeten Juden 260.000
Mit der deutschen Annexion des Sudetenlandes 1938 beginnt die Zerschlagung des Staates. Im tschechischen Teil errichten die Deutschen 1939 das so genannte Protektorat Böhmen und Mähren. Dort setzen die Deportationen im Herbst 1941 ein; im slowakischen Staat im Frühjahr 1942.
Rumänien
Ungefähre Zahl der Juden im Land (1930) 757.000
Ungefähre Zahl der ermordeten Juden 287.000
Rumänien ist ab 1940 ein Bündnispartner Deutschlands. Bereits ab 1938 werden antijüdische Gesetze erlassen; im Sommer 1940 beginnt die Vertreibung der jüdischen Bevölkerung. Juden fallen Pogromen und Massenmorden zum Opfer. Ab Oktober 1941 werden Zehntausende in die Ghettos und Lager im deutsch besetzten Transnistrien deportiert.
Polen
Ungefähre Zahl der Juden im Land (vor Sep. 1939) 3,4 Millionen
Ungefähre Zahl der ermordeten Juden 3 Millionen
In Polen leben vor dem Holocaust die meisten Juden Europas. Während des Zweiten Weltkrieges werden in dem Land zahlreiche Ghettos sowie Konzentrations- und Vernichtungslager errichtet. Auch das wohl bekannteste Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau befindet sich auf polnischem Boden. Hier kommen schätzungsweise über eine Million Juden aus ganz Europa zu Tode.
Sowjetunion
Ungefähre Zahl der Juden im Land (1939) 3 Millionen
Ungefähre Zahl der ermordeten Juden 1 Millionen
Mit dem deutschen Feldzug gegen die Sowjetunion ab Juni 1941 beginnt die systematische Vernichtung der dort lebenden Juden, zu einem großen Teil durch Massenerschießungen, die hauptsächlich von Angehörigen der so genannten „Einsatzgruppen“ der Sicherheitspolizei und des Sicherheitsdienstes der SS ausgeführt werden. Diese Sondereinheiten, aufgestellt für die Ermordung von Zivilisten, folgen den militärischen Verbänden der Wehrmacht auf ihrem Vormarsch.
Litauen
Ungefähre Zahl der Juden im Land (1939) 150.000
Ungefähre Zahl der ermordeten Juden 145.000
1940 werden Litauen, Lettland und Estland von der Sowjetunion annektiert. Mit dem deutschen Feldzug gegen die Sowjetunion ab 1941 geraten die drei Länder unter deutsche Kontrolle; die baltischen Juden fallen der nationalsozialistischen Vernichtungspolitik zum Opfer. Die Zahl der Todesopfer aus den vormaligen Ländern Litauen, Lettland und Estland wird insgesamt auf 210.000 geschätzt.
Lettland
Ungefähre Zahl der Juden im Land (1939) 93.500
Ungefähre Zahl der ermordeten Juden 70.000
1940 werden Litauen, Lettland und Estland von der Sowjetunion annektiert. Mit dem deutschen Feldzug gegen die Sowjetunion ab 1941 geraten die drei Länder unter deutsche Kontrolle; die baltischen Juden fallen der nationalsozialistischen Vernichtungspolitik zum Opfer. Die Zahl der Todesopfer aus den vormaligen Ländern Litauen, Lettland und Estland wird insgesamt auf 210.000 geschätzt.
Estland
Ungefähre Zahl der Juden im Land (1934) 4.300
Ungefähre Zahl der ermordeten Juden 1.000
1940 werden Litauen, Lettland und Estland von der Sowjetunion annektiert. Mit dem deutschen Feldzug gegen die Sowjetunion ab 1941 geraten die drei Länder unter deutsche Kontrolle; die baltischen Juden fallen der nationalsozialistischen Vernichtungspolitik zum Opfer. Die Zahl der Todesopfer aus den vormaligen Ländern Litauen, Lettland und Estland wird insgesamt auf 210.000 geschätzt.
Finnland
Ungefähre Zahl der Juden im Land (1942) 2.200
Zahl der ermordeten Juden 7
Obwohl Finnland sich 1941 mit Deutschland verbündet, um gemeinsam gegen die Sowjetunion zu kämpfen, schützt es seine jüdische Bevölkerung weitgehend vor der nationalsozialistischen Verfolgung. Acht jüdische Flüchtlinge werden jedoch im November 1942 deportiert. Sieben von ihnen sterben in Auschwitz.
Marokko
Ungefähre Zahl der Juden im Land (1939) 200.000
Ungefähre Zahl der ermordeten Juden nicht bekannt
Die französischen Kolonien und Schutzgebiete in Nordafrika unterstehen ab Juni 1940 dem Vichy-Regime, der Führung des bis Ende 1942 unbesetzt bleibenden, südlichen Teil Frankreichs, die jedoch mit Deutschland kollaboriert. Vichy-Frankreich führt zahlreiche anti-jüdische Maßnahmen ein. Viele Juden werden in Arbeits- und Internierungslagern festgehalten, in denen zum Teil sehr schlechte Zustände herrschen.
Algerien
Ungefähre Zahl der Juden im Land (1939) 120.000
Ungefähre Zahl der ermordeten Juden nicht bekannt
Die französischen Kolonien und Schutzgebiete in Nordafrika unterstehen ab Juni 1940 dem Vichy-Regime, der Führung des bis Ende 1942 unbesetzt bleibenden, südlichen Teil Frankreichs, die jedoch mit Deutschland kollaboriert. Vichy-Frankreich führt zahlreiche anti-jüdische Maßnahmen ein. Viele Juden werden in Arbeits- und Internierungslagern festgehalten, in denen zum Teil sehr schlechte Zustände herrschen.
Tunesien
Ungefähre Zahl der Juden im Land (1939) 85.000
Ungefähre Zahl der ermordeten Juden 20
Die französischen Kolonien und Schutzgebiete in Nordafrika unterstehen ab Juni 1940 dem Vichy-Regime, der Führung des bis Ende 1942 unbesetzt bleibenden, südlichen Teil Frankreichs, die jedoch mit Deutschland kollaboriert. Vichy-Frankreich führt zahlreiche anti-jüdische Maßnahmen ein. Viele Juden werden in Arbeits- und Internierungslagern festgehalten, in denen zum Teil sehr schlechte Zustände herrschen. Aus Tunesien werden 20 politisch aktive Juden in die osteuropäischen Vernichtungslager deportiert und dort ermordet.
Libyen
Ungefähre Zahl der Juden im Land (1931) 25.000
In der italienischen Kolonie werden 1938 anti-jüdische Gesetze eingeführt, doch kaum angewandt. Nach dem Kriegseintritt Italiens 1940 werden Juden britischer und französischer Staatsangehörigkeit interniert, ein Teil ins Deutsche Reich deportiert. Viele andere verrichten in libyschen Internierungslagern Schwerstarbeit, können aber überleben. Für Ende 1942 werden schärfere Gesetze gegen die libyschen Juden unabhängig von ihrer Staatsangehörigkeit geplant: ihre Umsetzung wird jedoch durch die Befreiung des Landes durch die Alliierten 1943 verhindert.
Syrien-Libanon
Ungefähre Zahl der Juden im Land (1931) 35.000
Das französische Mandatsgebiet Syrien-Libanon untersteht ab Juni 1940 dem Vichy-Regime. Im libanesischen Teil werden Lager zur Internierung ausländischer Juden errichtet, welche sich vor den Nationalsozialisten hierher geflüchtet hatten. Die einheimischen Juden in Syrien-Libanon bleiben größtenteils von der Verfolgung verschont. Im Frühjahr 1941 werden anti-jüdische Gesetze erlassen. Diese kommen aber nicht zur Anwendung, da das Gebiet bereits im Juni 1941 von den Alliierten erobert wird.