"Es gehört zum Selbstverständnis der Journalistinnen und Journalisten, Verlegerinnen und Verleger in Deutschland, dass sie die Pressefreiheit mutig wahrnehmen. Wann immer es das öffentliche Informationsinteresse erfordert, sollten dabei alle rechtlichen Möglichkeiten ausgeschöpft werden." So lautet die Kernaussage des Hambacher Appells, den DJV-Bundesvorsitzender Michael Konken und BDZV-Präsident Guido Heinen am heutigen Morgen auf dem Hambacher Schloss unterzeichnet haben. Dort findet seit gestern der Kongress "Pressefreiheit und Demokratie" statt, den der Deutsche Journalisten-Verband und die Bundeszentrale für politische Bildung/bpb gemeinsam veranstalten. Der Hambacher Appell rückt die Bedeutung der Pressefreiheit für Staat und Gesellschaft in den Mittelpunkt und stellt konkrete Forderungen auf. Dazu gehört die Wahrnehmung der Pressefreiheit durch die Medien ebenso wie die Forderung an den Gesetzgeber, den Informantenschutz umfassend zu gewährleisten.
In dem Appell werden die Medienschaffenden aufgefordert, sich gegen Einschränkungen der Pressefreiheit zur Wehr zu setzen und Verstöße öffentlich zu machen. Den Versuchen von Unternehmen, positive Berichterstattung zu erzwingen, sollen sich die Medien geschlossen entgegen stellen. Der Hambacher Appell schließt mit der Aufforderung an alle Medienschaffenden, sich mit der eigenen Rolle und auch eigenen Fehlern kritisch auseinanderzusetzen, um das Ansehen der Medien nicht zu gefährden.
Im Anschluss an die Unterzeichnung des Hambacher Appells werden die rund 150 Teilnehmer aus Journalismus, Politik und Medienwissenschaften ihre Diskussionen und Gespräche über die Situation der Pressefreiheit fortsetzen. Im Mittelpunkt steht heute der Blick nach Europa. Zum Abschluss des Hambacher Kongresses am Mittag werden junge Journalistinnen und Journalisten aus Europa über ihre Erfahrungen mit der Pressefreiheit berichten.
Hambacher Appell
Eine Presse, die der Politik nach dem Mund redet, taugt nicht für die Demokratie. Das wussten die Publizisten Jakob Siebenpfeiffer und Georg August Wirth ganz genau. Kritisch müsse die Presse sein, nur dann sei eine echte und vor allem freie Meinungsbildung möglich. Die beiden Demokraten gründeten den "Deutschen Preß- und Vaterlandsverein". Dieser "Pressverein" organisierte ein Volksfest – so unterlief er das Verbot politischer Versammlungen. Das war im Mai 1832, vor genau 175 Jahren. Das Hambacher Fest ist seither Synonym für den demokratischen Aufbruch und untrennbar verbunden mit dem Kampf für eine von jeglicher Zensur befreite Presse. Demokratie und Pressefreiheit sind untrennbar miteinander verbunden. Damals wie heute.
Aufgabe der Presse ist es, ungehindert und umfassend über Ereignisse und Entwicklungen zu berichten, diese zu dokumentieren und überall dort Anklage zu erheben, wo Unrecht geschieht. Damit üben die Medien gegenüber staatlichen und nicht staatlichen Institutionen eine wichtige Kontrollfunktion aus. Zwar gehört die Bundesrepublik Deutschland zu den wenigen Ländern auf der Welt, wo die Pressefreiheit nicht nur in der Verfassung verankert ist, sondern auch gelebt wird. Doch auch hierzulande sind die freie Berichterstattung und die Freiheit der Recherche immer wieder Gefährdungen ausgesetzt.
Die hier versammelten Journalisten, Verleger, Juristen und Vertreter der politischen Bildung erklären:
Es gehört zum Selbstverständnis der Journalistinnen und Journalisten, Verlegerinnen und Verleger in Deutschland, dass sie die Pressefreiheit mutig wahrnehmen. Wann immer es das öffentliche Informationsinteresse erfordert, sollten dabei alle rechtlichen Möglichkeiten ausgeschöpft werden.
Zum Schutz der Pressefreiheit können die Medien selbst maßgeblich beitragen, indem sie diese verantwortlich wahrnehmen. Dabei sind die Würde des Menschen und das Recht des Individuums auf Schutz seiner Lebenssphäre stets zu achten. Berührt privates Verhalten öffentliches Interesse, so kann es – nach sorgfältiger Prüfung des Einzelfalls – in den Medien erörtert werden.
Alle Medienschaffenden sind in der Pflicht, sich gemeinsam gegen Behinderungen und Übergriffe zur Wehr zu setzen, die Öffentlichkeit über deren Tragweite zu informieren.
Zum Schutz der Pressefreiheit sind rechtliche Klarstellungen dringend notwendig: Der Gesetzgeber wird aufgefordert, den Informantenschutz umfassend und auf Dauer zu gewährleisten.
Versuche von Unternehmen, Verbänden und PR-Agenturen, Druck auszuüben oder im Austausch gegen Information und Bildmaterial eine wohlwollende Berichterstattung zivilrechtlich zu erzwingen, sollten sich die Medien geschlossen entgegenstellen. Im Zweifel sollte auf die Berichterstattung verzichtet werden. Auf jeden Fall sollte die Öffentlichkeit über solche Versuche der Einflussnahme informiert werden.
Gefährdungen der Pressefreiheit in Ländern innerhalb wie außerhalb der Europäischen Union sollten noch umfassender in der Berichterstattung unserer Medien berücksichtigt werden. Institutionen, Organisationen und Netzwerke, die sich für bedrohte Journalisten und Verleger einsetzen, brauchen unsere Unterstützung.
Allen Medienschaffenden sollte daran gelegen sein, das Ansehen und die Glaubwürdigkeit der Presse zu erhalten und zu stärken. Deshalb ist es erforderlich, sich auch kritisch mit dem eigenen Berufsstand auseinanderzusetzen und das eigene Handeln immer wieder auf den Prüfstand zu stellen.
Hambach, 14. Juni 2007
Michael Konken
Helmut Heinen
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