Mit einem Abschlussprogramm aus Podiumsdiskussionen und Kulturveranstaltungen bis in den späten Abend hinein endete am gestrigen Pfingstsonntag das "Geschichtsforum 1989 | 2009: Europa zwischen Teilung und Aufbruch" in Berlin. Vom 28. bis zum 31. Mai 2009 verfolgten mehrere tausend Menschen auf dem Geschichtsfestival über 200 Veranstaltungen. Unter dem Motto "Wir müssen reden" war vier Tage lang Raum für eine konzentrierte Auseinandersetzung mit der Zeitenwende 1989 in Deutschland und Mitteleuropa. Immer wieder griffen Veranstaltungen des Geschichtsforums politische Debatten auf – beispielsweise die Frage der Systemverstrickung der Blockparteien in der DDR oder die Verflechtungen zwischen persönlichen Erfahrungen und repressivem System. Eine Trennung zwischen den beiden Bereichen behindere das Verstehen der Diktatur, so Jens Bisky: "Stasi, Stacheldraht und Mauer waren im Alltag ständig präsent."
Zahlreiche Veranstaltungen des Geschichtsforums beschäftigten sich auch mit den Entwicklungen seit 1989. So schlug der britische Historiker und Zeitzeuge Timothy Garton Ash den Bogen von den Ereignissen 1989 zur derzeit beobachtbaren Europamüdigkeit. Junge Menschen erlebten die 1989 gewonnenen Freiheiten als Selbstverständlichkeit: "Wir sollten uns erinnern, dass dies vor nicht allzu langer Zeit anders war und wieder anders werden kann", mahnte der Analytiker Ash. "Wir sind in der Europäischen Union keinesfalls am Ende der Geschichte angelangt." Thema war auch die Ernüchterung, die trotz der gelungenen Bewegung hin zur Demokratie insbesondere im deutschen Osten zu beobachten ist. Die "spontane helle Freude" fehle, konstatierte Joachim Gauck, und sprach damit ausdrücklich auch über sich selbst. Die Ostdeutschen hätten mit 1989 eben auch "die Sehnsucht verloren, die uns in all den Jahren stark gemacht hat – man kann eben nicht beides haben: das Ziel und die Sehnsucht nach dem Ziel."
Das große Besucherinteresse unterstrich, dass die Welt verändernden Ereignisse von 1989 nicht nur Teil der europäischen Vergangenheit sind, sondern auch Denkanstoß für die Gestaltung der Gegenwart und Zukunft sein können. Ihre Utopie sei eine "transnationale Demokratie", sagte die junge Rechtsphilosophin Sabine Müller-Mall bei einer Diskussion zu gesellschaftlichen Zukunftsentwürfen. Insbesondere junge Besucher diskutierten auf dem Geschichtsforum über die Zukunft, erhielten aber auch Einblicke in eine oft fern wirkende Vergangenheit. Vor allem die kulturellen Veranstaltungen ermöglichten den Besuchern, die 1989 nicht bewusst erlebt haben, einen direkteren Zugang. Eine Vielzahl der künstlerischen Veranstaltungen präsentierte subjektive, provokante Ansätze. Einige nahmen auch ironisch Bezug auf die Geschichtsschreibung seit der Zeitenwende, beispielsweise der theatrale Staffellauf "1989 – Wie´s im Buche steht". 15.000 Buchtitel wurden hierfür zu einem Gedicht verarbeitet und 68 Stunden lang mit über 350 Freiwilligen sprechend durch Berlin getragen.
Die Zusammenschau aus Diskussionen und künstlerischen Veranstaltungen auf dem Geschichtsforum ermöglichte ganz unterschiedlichen Besuchern eine gemeinsame Auseinandersetzung mit der Geschichte: "Sehr bunt, sehr vielfältig, sehr anregend," resümierte ein Teilnehmer.
Vollständige Programmrückschau
unter Externer Link: www.geschichtsforum09.de. Auf der Webseite stehen zusammenfassende Audio- und Videopodcasts bereit. Darunter auch Interviews mit Beteiligten, etwa Timothy Garton Ash, Joachim Gauck, Norbert Blüm, Jens Bisky, Dipesh Chakrabarty, Vaira Vike-Freiberga und vielen anderen.
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