Präsident der Bundeszentrale für politische Bildung
Die Heerscharen der grellbunten Buddy-Bären, die hier in den Berliner Straßen und Plätzen abgestellt waren, sind keine Kunstwerke. Sie waren vielmehr als Werbeträger eingesetzt, behagliche Kameraderie ausstrahlend, und sie wurden als Geste der Völkerverständigung bereitwillig goutiert. Eine Intervention im Stadtraum aber waren diese Bären keineswegs.
Künstlerische Interventionen im Stadtraum hingegen sind eine besondere Kulturtechnik, die Ihnen auf unserer heutigen Veranstaltung vorgestellt wird. Es geht um den temporären Eingriff künstlerischer Aktionen in den Stadtraum. Damit wird uns heute Abend ein komplexer Sachverhalt vorgestellt, der interdisziplinär Künstler, kommunale Verwaltungen, Planer und Architekten gleichermaßen anspricht und herausfordert.
Was die bpb an unserer heutigen Thematik besonders interessiert, ist die gesellschaftspolitische Relevanz künstlerischer Eingriffe in das Stadtsystem. Das geschieht an Orten, wo die urbanen und sozialen Entwicklungen zu kollaborieren drohen, wo die Wohn- und Lebensqualität rapide sinkt. Es geschieht aber auch in funktionierenden innerstädtischen Bereichen, an Schnittpunkten von Einkaufsmeilen und touristischen Attraktionen. Heute werden wir Beispiele vom Kurfürstendamm und vom Hauptbahnhof Hannover sehen. Hier haben die Interventionen die Wirkung von Irritation im monotonen Trott, es passiert da etwas Überraschendes und man muß sich dazu verhalten. Und wenn dann nachgedacht wird, ist schon viel gewonnen.
Durch die künstlerischen Interventionen wird jeweils eine spezifische Kommunikationsebene geboten, die den Menschen ermutigt zum bewussten Umgang mit der gebauten Umwelt und so eine kritische Öffentlichkeit bewirken kann. Die Kunstaktionen verfremden und verwandeln das gewohnte Bild und zwingen so zum Nachdenken (Vergleich: Verhüllter Reichstag). Diese Kunstaktionen wirken zugleich auch als Klammer und Kitt einer fragmentierten Öffentlichkeit, dies auch mit nachhaltiger Wahrnehmung gegenüber der Umwelt und ihren sozialen Bezügen.
Der schweizerische Künstler Thomas Hirschhorn geht mit seinen Kiosken, Monumenten und Altären auf die Straße, wie auch auf der letzten documenta 11 mit der sehr beachteten Installation einer Bibliothek. Hirschhorn sagt von sich, dass er "Kunst als Werkzeug" benutzt, um sich "mit der Zeit, in der wir leben, auseinanderzusetzen".
Ein solcher komplexer Ansatz gibt den Künstlern durchaus den Charakter von Dienstleistern und dafür sollten sich die Kommunalpolitiker sehr interessieren. Die Zusammenarbeit mit Künstlern im Stadtraum fördert die soziale Stadtentwicklung und ich empfehle, sie als festen Programmpunkt in der Stadtteilarbeit und beim Quartiersmanagement einzurichten.