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Grußwort zur Veranstaltung "Weiße oder Blinde Flecken? | Presse | bpb.de

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Grußwort zur Veranstaltung "Weiße oder Blinde Flecken? Deutschland und die Auseinandersetzung mit der nationalsozialistischen Vergangenheit" in der Staatsbibliothek Berlin

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Die Gründung der Bundeszentrale für politische Bildung im Jahre 1952 erfolgte mit dem Auftrag "den demokratischen und europäischen Gedanken im deutschen Volke zu festigen und zu verbreiten". Die Deutschen sollten von der "Krankheit" Nationalsozialismus geheilt werden.

Sehr geehrter Herr Professor Schuster,
sehr geehrte Diskutantinnen und Diskutanten,
sehr geehrte Damen und Herren!

die Gründung der Bundeszentrale für politische Bildung im Jahre 1952 erfolgte mit dem Auftrag "den demokratischen und europäischen Gedanken im deutschen Volke zu festigen und zu verbreiten". Diese Aufgabenstellung stand damals deutlich im Kontext der insbesondere von den US-amerikanischen Alliierten verfolgten "Re-education", der Umerziehung zur Demokratie. Die Deutschen sollten von der "Krankheit" Nationalsozialismus geheilt werden.

Auch wenn die bpb sich von diesen Anfängen emanzipiert hat, ist die Auseinandersetzung mit der nationalsozialistischen Vergangenheit nach wie vor von besonderer Bedeutung für die politische Bildung. Der Historiker Norbert Frei hat zu Recht darauf hingewiesen, dass "in der [gegenwärtigen] Schlußphase des Abschieds von den Zeitgenossen der NS-Zeit" die Frage zunehmend in den Mittelpunkt gerät "welche Erinnerung an diese Vergangenheit künftig bewahrt werden soll". In diesem Jahr, in dem sich das Ende des zweiten Weltkrieges zum 60. Mal jährt, zeigt die bpb mit einer Vielzahl an Produkten zeitgemäße Wege für einen verantwortungsvollen Umgang mit unserer Vergangenheit auf. Hierzu zählen beispielsweise www.chotzen.de, ein Medienprojekt über die Geschichte der Familie Chotzen, bestehend aus Website und DVD, das exemplarisch die Höhen und Tiefen deutsch-jüdischer Geschichte vom Ersten Weltkrieg bis heute darstellt. Dazu zählen die Kinoseminare, die die bpb in der Reihe "Deutsche Geschichte – Deutsche Geschichten" veranstaltet, und eine Vielzahl an Publikationen, wie zum Beispiel der zweite Band von Heinrich August Winklers deutscher Geschichte ("Der lange Weg nach Westen"). Dazu zählt aber auch, dass wir uns mit aktuellen Themen wie zum Beispiel der Diskussion um die Zukunft der Berliner Gedenkstätten in Veranstaltungen befassen, wie dies vergangene Woche im Berliner Gropius-Bau bei einem Kolloquium geschehen ist.

Die Erfahrungen der NS-Diktatur begründen auch heute noch die Verpflichtung, die Entwicklung eines politischen Bewusstseins zu fördern, das sich auf Toleranz, Pluralismus und Demokratie stützt. Die Bewältigung der nationalsozialistischen Vergangenheit ist als abschließbarer Prozess nicht vorstellbar. Der Berliner Autor, Jurist und Rechtsphilosoph Bernhard Schlink hat dieses als "Sehnsucht nach dem Unmöglichen" bezeichnet, als Versuch, "das Vergangene so in Ordnung zu bringen, dass seine Erinnerung nicht mehr auf der Gegenwart lastet". Die Formen der Erinnerung mögen sich wandeln, und auch wenn für die Meisten der heute Lebenden von Schuld nicht mehr gesprochen werden kann, die Verantwortung für den Umgang mit der eigenen Gegenwart unter Berücksichtigung der eigenen Geschichte kann ihnen nicht genommen werden. Dass die "zweite Geschichte des Nationalsozialismus" – wie Peter Reichel die seit Jahrzehnten anhaltende Auseinandersetzung mit der NS-Diktatur genannt hat – dass diese zweite Geschichte auch im 21. Jahrhundert nicht geendet hat, davon zeugen öffentliche Debatten ebenso wie neue Publikationen der Geschichtsforschung. Auch die Kontroverse um die öffentliche Präsentation der Kunstsammlung von Friedrich Christian Flick im Hamburger Bahnhof hat dies deutlich gezeigt. Neben aller medialen Aufgeregtheit, von der solche Debatten auch immer geprägt sind, belegte die Diskussion doch, dass wir im Umgang mit der nationalsozialistischen Vergangenheit und den damit zusammenhängenden Fragen von Schuld und Verantwortung noch keine Selbstverständlichkeit und keine beruhigende Sicherheit erlangt haben.

In diesem Sinne erhoffe ich mir von der heutigen Diskussion ein wenig Klärung, aber erwarte neue Fragen und neue Ungewissheiten.

- Es gilt das gesprochene Wort -

Fussnoten