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"EYCE 2005: National Experiences – European Challenges" | Presse | bpb.de

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"EYCE 2005: National Experiences – European Challenges" Eröffnungsrede

/ 5 Minuten zu lesen

Während auf nationalen Ebenen immer wieder Diskussionen über die Notwendigkeit von Citizenship Education aufkeimen, wird in den letzten Jahren gerade auf der transnationalen Ebene auf die Relevanz von Bildung für Demokratie, aktive Bürgerschaft und Menschenrechte hingewiesen.

Sehr geehrte Frau Ministerin, Frau Professor Wanka,
sehr geehrte Frau Olofsdóttir,
sehr geehrte Frau Ferreira,
sehr geehrte Frau Dr. Otte,
sehr geehrter Herr Annerberg,

sehr geehrte Damen und Herren, liebe Europäerinnen und Europäer,

in wenigen Wochen geht das "European Year Of Citizenship Through Education", das der Europarat für 2005 ausgerufen hat, zu Ende. Nachdem der Europarat 1997 bereits sein EDC-Projekt auf den Weg gebracht hat, wurde mit diesem Jahr nochmals die Bedeutung von Education for Democratic Citizenship oder politischer Bildung – wie wir in Deutschland sagen – besonders hervorgehoben. Während auf nationalen Ebenen immer wieder Diskussionen über die Notwendigkeit von Citizenship Education aufkeimen, wird in den letzten Jahren gerade auf der transnationalen Ebene auf die Relevanz von Bildung für Demokratie, aktive Bürgerschaft und Menschenrechte hingewiesen. Auch auf Seiten der EU lassen sich Indikatoren für eine stärkere Betonung von Citizenship Education ausmachen, die sich angesichts der Krise nach den gescheiterten Verfassungsreferenden verstärken und die nicht zuletzt im Zusammenhang mit Margot Wallströms "Plan D" zum Ausdruck kommen.

Dies sind Reaktionen, die im Zusammenhang mit Herausforderungen stehen, mit denen sich alle Gesellschaften, wenn auch in unterschiedlichem Ausmaß, konfrontiert sehen: Entfremdung der Bürgerinnen und Bürger von den politischen Institutionen, sinkende Wahlbeteiligung, Folgen der Globalisierung oder die zunehmende Diversifizierung der Gesellschaft und die damit in Zusammenhang stehende Notwendigkeit, aktiv für sozialen Zusammenhalt einzutreten. Die jüngsten Ereignisse in Frankreich haben vor kurzem auf erschreckende Art und Weise deutlich werden lassen, dass bezüglich des letztgenannten Punktes enormer Handlungsbedarf besteht.

Angesichts dieser Herausforderungen sind einerseits regionale bzw. nationale Maßnahmen gefragt. Andererseits besteht der Bedarf an internationalem Austausch von Erfahrungen und Modellen sowie an der Entwicklung transnationaler Bildungsansätze, um diesen Prozessen zu begegnen. Und schließlich muss es allen Beteiligten – da schließe ich diesen Kreis aktiv mit ein – gelingen, neben nationaler Identität auch eine europäische Identität zu entwickeln. Primär darum geht es im europäischen Diskurs. Die Schaffung einer europäischen Öffentlichkeit, in der sich die Bürgerinnen und Bürger aktiv einbringen können, muss das Ziel eines europapolitischen und transnationalen Bildungsverständnisses sein. Aktive demokratische Bürgerschaft muss heute immer in unterschiedlichen Dimensionen gedacht werden, die sowohl die Europäische Ebene – und hier meine ich die EU-Ebene – wie auch die Ebene des Europarates, sowie den globalen Kontext miteinschließen. Politische Bildung/Citizenship Education kann nur dann erfolgreich und zukunftsfähig sein, wenn sich die Disziplin selbst europäisiert bzw. internationalisiert.

Allerdings sind vielfach die Akteure und Diskurse selbst in Europa mehr oder weniger national isoliert. Es gibt einige internationale Kooperationen in einzelnen Projekten, gelegentliche Kongresse auf europäischer Ebene oder auch Formen der Zusammenarbeit im Schulbuchsektor. Im Alltag jedoch nehmen die Akteure von Citizenship Education in Forschung und Lehre und in der Ausbildung von Multiplikatoren – mit der größten Gruppe der Lehrerinnen und Lehrer – kaum Kenntnis von dem, was jenseits der nationalen Grenzen geschieht.

Die Literatur bezieht sich oft nur auf nationale Quellen, abgesehen von einigen Newslettern wie z.B. dem Newsletter "e-DARE" unseres Partners "DARE-Democracy and Human Rights Education in Europe". Es gibt kaum europaweit, geschweige denn international gelesene Zeitschriften und auch der Tagungs- und Kongressbetrieb ist noch immer stark national geprägt.

Diese Befunde haben die bpb im Jahr 2004 veranlasst, nach langjährigen, aber vereinzelten europapolitischen Angeboten und einigen europäischen Konferenzen mit der Entwicklung einer umfassenden Strategie zur Europäisierung ihrer Arbeit zu beginnen. Das "European Year Of Citizenship Through Education" hat uns bei diesem Vorhaben besonders inspiriert und motiviert.

NECE wurde im vergangenen Jahr mit einer europäischen Konferenz in Santiago de Compostela aus der Taufe gehoben.

Weiter ging es in diesem Jahr mit sechs Expert/innen-Workshops zu Handlungsfeldern, welche die Teilnehmenden in Santiago als besonders relevant herausgestellt haben, wie Migration, Qualitätssicherung, Filmschulische Bildung und Europäische Identität, Citizenship Education für "bildungsferne" Zielgruppen, Leitbilder von Citizenship Education und Schule als demokratischer Raum. Die Ergebnisse dieser Workshops werden wiederum inhaltlich und personell in diese Konferenz Eingang finden.

Die erste Ausbaustufe der "NECE DATABASE", die hier vor Ort im Lichthof erstmalig der Öffentlichkeit präsentiert wird, enthält eine Sammlung von Anbietern im Bereich Citizenship Education – zunächst aus den EU-Staaten. Sie bietet die Möglichkeit nach Organisationen, Expert/innen oder Projekt- und Kooperationspartnern zu suchen. Selbstverständlich sind Sie alle eingeladen, sich mit ihren Angeboten in die Datenbank einzutragen, wenn Sie noch nicht erfasst sein sollten.

Zum anderen wird auf diesem Kongress das Onlineportal "europtopics.net" vorgestellt, zu dessen Präsentation wir Sie am heutigen Abend herzlich in die sehenswerten Räume der dz-Bank am Brandenburger Tor einladen dürfen.

Liebe Teilnehmerinnen und Teilnehmer,

mit der heute beginnenden Konferenz wollen die Veranstalter eine Plattform bieten, um eine erste Bilanz des "European Year Of Citizenship Through Education" zu ziehen. Wir wollen aber auch über das Europäische Jahr hinausschauen auf die Herausforderungen, denen sich Wissenschaftler/innen und Praktiker/innen im Bereich Citizenship Education aber auch politische Entscheidungsträger in diesem Zusammenhang zu stellen haben.

Es ist uns daher mit dieser Konferenz ein großes Anliegen, dass sich ganz unterschiedliche Player und Akteure wie etwa aus Politik, aus Regierungs- und Nicht-Regierungsorganisationen oder aus Wissenschaft und Praxis miteinander vernetzen und austauschen. Dieses Anliegen spiegelt sich – so denke ich – auch im Programm und der Zusammensetzung der Veranstalter.

An dieser Stelle geht mein ausdrücklicher Dank an Hannelore Chiout von DARE, an Janos Toth und Ellinor Haase von EAEA sowie an Siegrid Steininger vom Österreichischen Bildungsministerium für die gute Zusammennarbeit in der Vorbereitung.

Lassen Sie mich schließen mit einem Zitat aus dem Grußwort unseres neuen Innenministers Dr. Wolfgang Schäuble an die Teilnehmenden der Veranstaltung, das Sie in der Tagungsmappe finden:

"Auf der Ebene des Europarates wurden Initiativen wie z.B. 1997 das Projekt: "Education for Democratic Citizenship" ins Leben gerufen, um herauszufinden, welcher Werte und Fähigkeiten es für die Einzelnen bedarf, um zu partizipierenden Bürgerinnen und Bürgern zu werden und wie diese Fähigkeiten vermittelt werden können. Mittlerweile sind daraus viele bi- und multilaterale Kooperationen, Studien und Projekte entstanden. Politische Bildung hat sich wieder als ein wichtiges Instrument zur Herausbildung einer europäischen Öffentlichkeit erwiesen. Ich bin zuversichtlich, dass wir im Zusammenspiel von Institutionen und Zivilgesellschaft, für das dieser Kongress auch steht, einen großen Schritt hin zu einem Europa der Bürgerinnen und Bürger weiterkommen werden."

Ich freue mich auf spannende und inspirierende Vorträge und Diskussionen und wünsche Ihnen, dass Sie viele Anregungen mit nach Hause nehmen werden.

- Es gilt das gesprochene Wort -

Fussnoten