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Begrüßungsrede von Thomas Krüger zum 25. FilmFestival Cottbus – Festival des osteuropäischen Films | Presse | bpb.de

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Begrüßungsrede von Thomas Krüger zum 25. FilmFestival Cottbus – Festival des osteuropäischen Films 25 Jahre kultureller Austausch

/ 3 Minuten zu lesen

Sehr geehrte Damen und Herren,

nach den Worten meiner geschätzten Vorredner darf auch ich Sie ganz herzlich zum 25. Filmfestival Cottbus willkommen heißen. 25 Festivaljahre – das ist ein stolzes Jubiläum und erinnert uns an ein anderes 25. Jubiläum, das wir auf den Tag genau vor einem Monat begangen haben, nämlich: 25 Jahre Deutsche Einheit.

Ich erwähne das, weil die Zahl 25 nicht das Einzige ist, das die beiden Jubiläen miteinander verbindet: Als Festival des osteuropäischen Films leistet das Cottbuser Filmfestival seit dem Fall des „Eisernen Vorhangs“ einen wichtigen Beitrag zum kulturellen Austausch zwischen Ost und West – ein Austausch, der trotz der Abriegelung der Staaten des Warschauer Paktes gegen westliche Einflüsse zwar nie ganz zum Erliegen kommen konnte, aber doch erheblich eingeschränkt wurde.

Umso wichtiger ist es im Kontext neuer Bündnisse – viele der postsozialistischen Staaten sind inzwischen EU-Mitglieder –, aber auch im Kontext neuer Konflikte – man denke etwa an die Spannungen zwischen der EU und Russland –, die mit dem Ende des Kalten Krieges neu gewonnenen Freiheiten zu nutzen und den kulturellen und zivilgesellschaftlichen Austausch zu fördern.

In dieser Hinsicht erweitert das Cottbuser Filmfestival mit seiner umfangreichen Schau des aktuellen Filmschaffens in Mittel- und Osteuropa Jahr für Jahr unseren Blick auf die politischen und sozialen Entwicklungen in den ehemaligen Staaten des Warschauer Paktes und seiner angrenzenden Regionen. Während wir Zuschauerinnen und Zuschauer hier in Cottbus einige der relevantesten Produktionen aus Russland, Polen, Tschechien, Ungarn und vielen anderen Nationen auf der Leinwand erleben dürfen, kommen die Filmschaffenden aus diesen Ländern auch, um ästhetische und politische Positionen zu diskutieren. Hier können sie sich vernetzen und gemeinsame Projekte planen. Gerade im Bereich des Autorenfilms entstehen viele Filme mittlerweile als internationale Koproduktionen, und auch in dieser Hinsicht bietet das Festival mit dem Netzwerk Connecting Cottbus ein Forum für Filmschaffende aus verschiedenen Ländern.

Die Deutsche Einheit vor 25 Jahren und die direkte Eingliederung Ostdeutschlands in die bestehenden Strukturen der bundesrepublikanischen Marktwirtschaft war sicher ein Vorgang, der sich stark von der gesellschaftlichen Neuordnung anderer sozialistischer Staaten unterscheidet.

Politik und Gesellschaften der Länder Mittel- und Osteuropas haben sich in den letzten 25 Jahren unterschiedlich und vielfältig entwickelt: Einige Staaten haben demokratische Strukturen nach westlichem Vorbild konstituiert, andere Staaten sind wirtschaftlich weiterhin abhängig von Russland oder orientieren sich auch am dortigen politischen System.

Was die Presse- und Meinungsfreiheit anbelangt, gibt es in manchen Ländern immer noch oder wie in Ungarn neuerdings wieder autoritäre Strukturen, die auch Künstlerinnen und Künstler gefährden und zum Teil sogar zwingen, ihr Land zu verlassen.

Nichtsdestotrotz entstehen auch in diesen Ländern bemerkenswerte und kritische künstlerische Beschreibungen der Gegenwart. Wenn man etwa an die kürzlich mit dem Literaturnobelpreis geehrte belarussische Autorin Swetlana Alexijewitsch oder an den russischen Oscar-Beitrag „Leviathan“ von Andrei Swjaginzew denkt, die auf gänzlich eigene Art und Weise postsowjetische Zustände unter die Lupe nehmen.

Dass der Film die ganz spezifische Fähigkeit besitzt, uns Zuschauenden unbekannte Orte oder gar den Geist einer anderen Kultur nicht nur zu beschreiben, sondern regelrecht sichtbar zu machen, ist eine Bemerkung des französischen Philosophen Alain Badiou. „Was wüssten wir schon über Japan ohne die Filme von Ozu, was über Italien ohne die Filme von Fellini?“, fragt er. Dem ließe sich hinzufügen: Was wüssten wir über Russland ohne Eisenstein und Tarkowskij, was über Polen ohne die Filme von Andrzej Wajda?

In diesem Sinne freue ich mich besonders auf die Filme der Festivalsektion „Fokus“, die die Bundeszentrale für politische Bildung bereits zum 14. Mal fördert. „Osteuropa der Städte“ ist das diesjährige Thema der Reihe. Ich bin sehr gespannt, welche Eindrücke und Perspektiven uns die Filme von Metropolen wie Moskau oder Warschau geben werden und ob sich aus dem Bild der Städte auch ein politisches und soziales Bild der Zeit ableiten lässt. Bei den Filmvorführungen, aber auch mit dem vielfältige Rahmenprogramm wünsche ich Ihnen gute Unterhaltung, interessante Denkanstöße und anregende Diskussionen.

Vielen Dank!

– Es gilt das gesprochene Wort –

Fussnoten