Meine Damen und Herren,
wenn Sie den neuen Länderbericht China in der Hand halten, merken Sie, wie schwergewichtig dieses Werk geworden ist. Mit über 1000 Seiten ist dies der bisher umfangreichste Länderbericht, der in der Schriftenreihe der bpb erschienen ist.
27 Autoren und Autorinnen haben in den letzten zwei Jahren dazu beigetragen, ein Kompendium des aktuellen Chinawissens in Deutschland zusammenzustellen, das es so aktuell und umfassend auf dem deutschen Buchmarkt noch nicht gegeben hat. Mit dem ebenfalls neuen ‚Länderbericht Japan’ und dem bald erscheinenden Länderbericht Korea werden zwei weitere wichtige Staaten in Ostasien berücksichtigt. Warum, meine Damen und Herren, ist China für die politische Bildung so wichtig? Welche intellektuellen (politischen) Herausforderungen stellen sich, wenn wir uns mit der neuen (manche meinen ja: alten) Weltmacht China beschäftigen? Hierzu nur zwei kurze Anmerkungen, die wir in der anschließenden Diskussion vertiefen können:
Zum einen müssen wir uns angesichts krisenhafter Entwicklungen in der Weltpolitik, wie sie besonders im letzten Jahr zutage traten, ein neues Verständnis für die Rolle Chinas in der Welt erarbeiten: China ist mittlerweile die zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt und auf dem besten Weg, die größte zu werden. China ist heute ebenso global vernetzt und exportorientiert wie Deutschland und andere Industriestaaten. Entwicklungen und Entscheidungen in China wirken sich spürbar auch auf andere Länder aus. Natürlich auch auf Deutschland, das - wie man gerade lesen konnte - das beliebteste Investitionsziel der Chinesen in Europa ist. Heute lässt sich keine einzige globale Frage mehr ohne China und ohne die Mitwirkung Chinas lösen.
Kurz: China hat in den Worten des FAZ Journalisten Christian Geinitz eine „Systemrelevanz“ erlangt, wie noch kein nichtwestliches Land in der Moderne. Dies betrifft nicht nur die globale Klimapolitik, sondern zentrale sicherheitspolitische und finanzpolitische Entwicklungen. Unsere – ich wage es hier so pauschal zu sagen – noch stark eurozentrisch geprägte „mental map“ - unsere geistige Landkarte von Europas und Deutschlands Rolle in der Welt stammt oft noch aus dem 20., wenn nicht gar 19. Jahrhundert. Sie sollte gründlich überprüft werden.
Denn - und dies ist ein zweiter wesentlicher Grund sich mit China zu beschäftigen: China ist das erste nichtwestliche, nicht-demokratische und nicht-englischsprachige Land, das erstmals seit 200 Jahren auf „Augenhöhe“ mit dem Westen verhandelt. Und China steht eben auch für ein politisches System, das ein ganz anderes Verständnis von Demokratie, Menschenrechten und Legitimation von politischer Macht hat als wir hier in Deutschland. Nicht zufällig grenzt sich die chinesische Führung stärker denn je ideologisch vom Westen und universellen Werten ab, die als Destabilisierungsversuche gedeutet werden. Mit dem Aufstieg Chinas ist daher – so sehen es viele Beobachter – auch so etwas wie eine globale Systemdebatte verbunden, in der es um die Frage geht, welches System am erfolgreichsten Wachstum und Wohlstand produzieren kann. Wir sollten uns dieser Debatte stellen, auch wenn wir glauben, dass Demokratien langfristig nicht unbedingt die schlechteren Karten haben.
Meine Damen und Herren,
unser Länderbericht China will ein wenig dazu beitragen, dieser notwendigen intensiven Beschäftigung mit China eine solide Grundlage zu verschaffen. Daher spannt er einen weiten Bogen, und nimmt nicht nur aktuelle wirtschaftliche und politische Entwicklungen in den Blick, sondern auch langfristige historische Linien sowie scheinbar exotische exotische Themen wie Religion und die Kulturszene Chinas. Uns kam es vor allem darauf an, die differenzierten und spezialisierten „Chinawissenschaften“ in einer Sprache und Zusammenstellung wiederzugeben, die auch für ein nicht chinaspezifisch vorgebildetes Publikum zugänglich ist. Wir wissen, dass wir nicht mit dem in Echtzeit produzierten und auf schnellen Konsum angelegten Nachrichten aus dem Internet konkurrieren können. Dafür können Sie im „Länderbericht China“ Orientierungswissen finden, das helfen kann, das aktuelle und zukünftige Geschehen in China besser einzuordnen. Last but not least möchte ich an dieser Stelle besonders den vielen Menschen danken, die geholfen haben, diesen Band herauszubringen: vor allem den Autorinnen und Autoren, die ihr Fachwissen und auch ihre Geduld in der langen Vorlaufzeit bis zur Veröffentlichung zur Verfügung gestellt haben.
Unsere Lektorin, Frau Gabi Gumbel, hat wesentlich zur inhaltlichen und sprachlichen Präzision des Bandes beigetragen.
Sabine Peschel danken wir für die Bildredaktion sowie für die Chronologie und das ausführliche Personenverzeichnis.
Heinrich Bartel hat als verantwortlicher Redakteur in der Bundeszentrale für politische Bildung unermüdlich und erfolgreich immer wieder die Fäden bis zur Drucklegung zusammengeführt.
Ebenso unermüdlich war schließlich das Team der Herausgeber, Frau Prof. Doris Fischer von der Universität Würzburg und Christoph Müller-Hofstede aus der Bundeszentrale für politische Bildung. Dass auch Sie, Professor Vogelsang, den Editionsprozess immer wieder mit sachkundigem Rat begleitet haben, sollte nicht unerwähnt bleiben. Mit diesem Dank sind wir wieder in Hamburg, genauer in diesem Institut, angekommen. Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit und freue mich auf die heutige Diskussion.
- Es gilt das gesprochene Wort -