Aus den Erfahrungen mit diktatorischen Herrschaftsformen in der deutschen Geschichte erwächst für die Bundesrepublik Deutschland die besondere Verantwortung, Werte wie Demokratie, Pluralismus und Toleranz im Bewusstsein der Bevölkerung zu festigen. Aufgabe der bpb ist es, Verständnis für politische Sachverhalte zu fördern, das demokratische Bewusstsein zu festigen, die Bereitschaft zur politischen Mitarbeit zu stärken und – vor dem Hintergrund einer globalisierten Welt – den europäischen und internationalen Gedanken zu fördern.
Die Arbeit wird geleitet von der Grundüberzeugung, dass die Gesellschaft aktive Bürgerinnen und Bürger braucht, die das Gemeinwesen als ihre eigene Sache verstehen. Es geht dabei um Auseinandersetzung und Engagement, Aktivierung und Partizipation, kurz: um Beteiligung. Mehr Beteiligung schafft mehr Freiheit für den Einzelnen und fördert Legitimation, Zusammenhalt und Stabilität des Ganzen. Nach heftigen und polarisierten Auseinandersetzungen über Grundlagen und Zielsetzungen der politischen Bildung wurde 1976 der sogenannte Beutelsbacher Konsens formuliert; er ist seitdem ein wichtiger Orientierungspunkt für die politische Bildung in Deutschland. Seine drei Leitgedanken – Überwältigungsverbot, Kontroversitätsgebot und Förderung der Fähigkeit, eine politische Situation und eigene Interessenlagen zu analysieren – prägen auch die Arbeit der bpb.
Im Gesamtbild betrachtet, bietet sich ein ambivalentes Bild der politischen Bildung in Deutschland: Einerseits gibt es eine historisch gewachsene plurale Struktur eines weit verzweigten Netzes an staatlichen und nichtstaatlichen Institutionen, es gibt eine etablierte Wissenschaftsdisziplin der Politikdidaktik und einen virulenten Fachdiskurs über die aktuellen Herausforderungen. Andererseits übersetzt sich das nicht automatisch in den politisch-parlamentarischen Bereich: Die politische Bildung wird in Zeiten knapper Kassen von der Politik häufig infrage gestellt. Ambivalent ist auch das weitverbreitete Bild von der politischen Bildung als „Feuerwehr“, das davon ausgeht, dass politische Bildung immer dann, wenn es zu krisenhaften Erscheinungen kommt, mit schnellen Maßnahmen Abhilfe schaffen könne. Doch politische Bildung kann ihre Wirkung nur entfalten, wenn sie langfristig angelegt ist.
Aktuelle Fragen und Herausforderungen Sensibilisierung für heterogener werdende Gesellschaft: Eine Herausforderung stellt die wachsende ethnische, religiöse, soziale Pluralisierung der Gesellschaft dar, die durch den demografischen Wandel noch verstärkt wird.
Partizipation: Partizipation ist für eine Demokratie unverzichtbar. Die derzeitige Herausforderung besteht darin, dass sich möglichst alle sozialen Gruppen und Milieus an den Strukturen und Möglichkeiten der Zivilgesellschaft und Demokratie beteiligen. Doch Untersuchungen kommen zu dem Ergebnis, dass die Beteiligung sehr stark von der sozialen Lage abhängig ist, das heißt dass Menschen mit niedrigerem formalem Bildungsniveau und prekärer sozialer Lage unterrepräsentiert sind.
Hin zu einer stabilen Demokratie: Bei allem Bemühen darum, politik- oder bildungsferne Gruppen und Milieus besser zu erreichen, muss die politische Bildung aber auch jene im Blick behalten, die aktiv in der Politik, in der Wirtschaft oder in anderen gesellschaftlichen Bereichen engagiert sind. Auseinandersetzung mit Extremismus: Die Bekämpfung von Rechtsextremismus und anderen Formen politischen Extremismus darf nicht dem Staat alleine überlassen werden. Hier muss sich die Zivilgesellschaft selber organisieren und positionieren, indem lokale Initiativen entstehen, die dem Extremismus vor Ort entgegentreten. Damit solche Initiativen und Netzwerke entstehen und arbeiten können, bedarf es aber ebenfalls der Förderung – sowohl finanzieller Art als auch im Bereich der Qualifizierung.
Europas Zukunft vor dem Hintergrund der Krise: Gerade im Moment, da europaskeptische und -kritische Stimmen zunehmen, ist es wichtig, die öffentliche Diskussion über Europa zu forcieren. Bürgerinnen und Bürger müssen Gelegenheit erhalten, sich eine Meinung zu bilden und diesen Meinungen auch Gehör zu verschaffen. Methodische Anforderungen
Innovativ: Politische Bildung muss innovativ sein, um unterschiedliche Zielgruppen mit jeweils passenden Angeboten auch wirklich zu erreichen.
Interdiziplinär: Politisches Lernen besteht nicht nur darin, Faktenwissen anzusammeln. Es gehören auch Kompetenzen dazu, die über interdisziplinäre Projektarbeit erworben werden können.
Multiperspektivisch: Auch in der Auseinandersetzung mit der aktuellen Politik spielt Multiperspektivität eine Rolle. Es geht darum, unterschiedlichen Perspektiven auf ein politisches oder gesellschaftliches Phänomen eine Plattform zur Artikulation zu bieten. Multimedial: Durch das Internet ist ein neuer öffentlicher Raum entstanden, in dem politische Willensbildungsprozesse stattfinden. Hier werden Meinungen ausgetauscht und Massen mobilisiert. Online-Communities sind Orte, an denen Politik stattfindet, weshalb auch die politische Bildung in diesen Räumen vertreten sein muss.
- Es gilt das gesprochene Wort -