Sehr geehrte Damen und Herren,
im Namen der Bundeszentrale für politische Bildung begrüße ich Sie ganz herzlich zu dieser Ausgabe der Tagungsreihe „METRO“, die sich heute einem Thema widmet, das gerade in den letzten Woche und Monaten immer wieder in den Medien präsent ist: Roma in Berlin – Klischees und Lebenswelten.
Oft wird in die Medien die Zuwanderung aus Rumänien und Bulgarien mit der von Roma gleichgesetzt. Man spricht von „Armutszuwanderung“ und meint die Roma aus Südosteuropa. Das dies eine sehr undifferenzierte Sicht der Dinge ist, ist mir – spätestens – bei einer Meldung des Mediendienstes Integration vor einigen Monaten aufgefallen. Ferda Ataman von dieser sehr löblichen Informationsplattform wird ja gleich bei der Veranstaltung dabei sein. Im “ Themen-Alert“ des Mediendienstes wird die Meldung des Deutschen Städtetages kritisch hinterfragt, die Anfang 2013 für Wirbel sorgte:
„Die Kommunen seien mit der wachsenden "Armutszuwanderung" aus Rumänien und Bulgarien allein gelassen. Die Statistik, die nun in der Berichterstattung kursiert, ist jedoch bei genauer Betrachtung deutlich niedriger und längst nicht so dramatisch. Hinzu kommt: Gerade aus Rumänien und Bulgarien kommen viele Studenten, Saisonarbeiter und immer mehr sozialversicherungspflichtige Beschäftigte. Wie viele „Armutswanderer“ darunter sind, ist dagegen unklar.“
Sie sehen, hier werden Dinge zusammengeworfen, die nicht zusammengehören und die am Ende die uralten Klischees gegen Roma wieder aktivieren. Die Ausgrenzung der europäischen Romvölker, die in der deutschen Sprache abwertend "Zigeuner" genannt werden, ist eine jahrhundertealte. Alle Zahlen und Daten der Europäischen Kommission, des Europarates aber auch der Bundesregierung, nicht zuletzt aber auch die Untersuchungen und Einschätzungen der Selbstorganisationen zeigen, dass Angehörige der Romvölker in ganz Europa massiv unter Ausgrenzung, Bildungssegregation und zunehmend auch gewaltsamer Verfolgung leiden. Ich denke hier nur an die jüngsten Vorkommnisse in unserem Nachbarland Tschechien, wo es im südböhmischen Budweis zu regelrechten Pogromen gegen Roma gekommen ist. Auch Deutschland ist von diesen Diskriminierungen nicht ausgenommen; mehr als drei Viertel der nationalen Minderheit, so eine Studie des Zentralrats der Deutschen Sinti und Roma, haben Diskriminierungserfahrungen gemacht. Die ungelöste Abschiebungsproblematik von jungen und alten Roma aus dem ehemaligen Jugoslawien gibt Anlass zu Kritik. Immer noch müssen wir das Schicksal der über 500.000 ermordeten Sinti und Roma als "vergessenen Holocaust" bezeichnen, immer noch prägt die fatale Mischung aus Faszination und Verachtung das Bild des "Zigeuners" in unserem Land.
Als Bundeszentrale für politische Bildung engagieren wir uns gemeinsam mit anderen Initiativen gegen den nach wie vor weit verbreiteten Antiziganismus. "Europa erfindet die Zigeuner", so lautet das Buch von Klaus Michael Bogdal, das sich mit der langen Geschichte der Ausgrenzung der europäischen Romvölker beschäftigt. Wir haben das Buch in unsere Schriftenreihe aufgenommen. Gemeinsam mit dem Dokumentations- und Kulturzentrum Deutscher Sinti und Roma und der Landeszentrale für politische Bildung in Bayern haben wir im April 2012 in Nürnberg eine nationale Fachkonferenz über Geschichte und Gegenwart deutscher Sinti und Roma veranstaltet und zusammen mit der Allianz Kulturstiftung haben wir 2011 das internationalen Symposium "Was heißt denn hier Zigeuner? Bild und Selbstbild von Europas größter Minderheit" organisiert.
Ich hoffe, dass wir hier im Grünen Salon in der Volksbühne eine große Allianz gegen Antiziganismus und Ausgrenzung aufbauen können und das insbesondere auch der zweite Teil dieses Tages fruchtbar werden wird, der Teil, der sich mit den ganz konkreten Praktiken und Politiken wider den Antiziganismus beschäftigt. Hier wollen wir uns mit möglichen Entwicklungsperspektiven der in Berlin lebenden Roma beschäftigen. Das wir hier nicht nur übereinander sprechen wollen, sondern miteinander, das brauche ich glaube ich nicht extra betonen. Es ist für uns als bpb selbstverständlich, dass ein solcher Tag dazu dient, Vertreter der Roma Communities mit interessierten Multiplikatoren und jüngeren Menschen zusammenführen und ins Gespräch zu bringen.
In diesem Sinne wünsche Ihnen und uns einen spannenden und lehrreichen Tag.
- Es gilt das gesprochene Wort -