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Mittel und Maßnahmen gegen Gewalt Beitrag von Thomas Krüger in der Zeitschrift "Musikforum 02/2012“ zur Thematik "Musik und Gewalt - Gratwanderung zwischen Kunst und Manipulation“
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In Reggae, HipHop und Rechtsrock finden sich häufig Gewaltmotive, Gewaltverherrlichungen oder Aufforderungen zur Gewalt. Musik kann aber nicht nur Gewaltpotenzial besitzen, sondern auch als Zugang für Jugendliche genutzt werden, um sich mit Gewalt auseinanderzusetzen. Hier kann die politische und kulturelle Bildung ansetzen, um Gewaltprävention zu unterstützen.
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Was ist Gewalt?
Wenn von Musik und Gewalt die Rede ist, kann sich Gewalt zum einen auf den Musikstil beziehen, der als "gewaltassoziiert“ bezeichnet wird;
Reggae
Im Reggae finden sich schon immer – und heute in verstärkter Form – Motive der Gewalt und des übersexualisierten Handelns. Gerade aus europäischer Sicht mutet dies oftmals extrem frauen- und minderheitenverachtend an und wird zunehmend von einschlägigen Interessensgruppen geächtet und kriminalisiert.
Zwar ist es keineswegs so, dass sich Reggae und seine Motive ausschließlich vor dem Hintergrund der dargestellten Gewalt konstituieren, faktisch ist aber eine Verarbeitung der Lebensrealität schon immer ein Antrieb für die Entstehung von Reggaemusik gewesen. Diese Verarbeitung führt demnach zu Themen wie Mord und Drogenkriminalität, aber auch zur Ächtung offensichtlicher Ungerechtigkeiten.
In Bezug auf die Gewalt im Reggae muss man daher feststellen, dass diese implizit schon immer eine Rolle gespielt hat, sei es in der Thematisierung der Sklaverei und den damit verbundenen Ungerechtigkeiten, sei es in der Forderung nach Repatriierung, aber auch im häufig als „Rebel Music“ bezeichneten Roots-Reggae, dessen Texte soziale Ungleichheit wie panafrikanische Gedanken transportieren. Gegenwärtig speist sich Reggae, der durch innermusikalische Veränderungen auch nicht mehr unisono so klingt wie zu Bob Marleys Zeiten, aus sehr heterogenen Inhalten, die plurale Lebenswelten widerspiegeln, vor allem aber auch die allgegenwärtige Gewalt und Unsicherheit in Jamaika. Solche gesellschaftlichen Kontexte müssen für eine Betrachtung von Reggae-Musik immer einbezogen werden und sind für eine kritische Bewertung notwendig.
HipHop
Der Hiphop gilt als beliebter Musikstil vieler Jugendlicher. Nach einer Studie der Bundeszentrale für politische Bildung zum "unsichtbaren Politikprogramm“ benachteiligter Jugendlicher finden diese in den Künstlern sowohl idealisierte Vorbilder wie auch Sprachrohre der eigenen Probleme und Vorstellungen.
Rechtsextreme Musik
Rechte Musik gilt als prototypisch für den ursächlichen Zusammenhang von Musik und Gewalt. Zentral ist hierbei auch, dass in den Songtexten rechtsextreme Inhalte transportiert werden. Rechtsextreme Musik lässt sich gegenwärtig nicht reduzieren auf Skinhead- oder Punkmusik. Das Spektrum von Ausdrucksmöglichkeiten ist breiter geworden. Es reicht vom Liedermacher (u. a. Frank Reinicke) bis zum Hardcore bzw. Hatecore (u. a. Hate Society, Frontalkraft). Die Feindbilder sind Türken, Kommunisten, Menschen mit körperlicher Beeinträchtigung, Schwule und Juden. Die martialische Sprache gibt sich bewusst radikal. Gewaltverherrlichung als Tabubruch dient als Stilmittel, um Aufmerksamkeit zu erzeugen. "RechtsRock ist in den letzten fünfzehn Jahren zum wichtigsten Transmitter extrem rechten Gedankenguts geworden.“
Die Entwicklung der Musik, insbesondere der Texte, hat auf staatliche Verbote, Indizierung und strafrechtliche Verfolgung reagiert, indem tendenziell „Text und Sprache mit Andeutungen, Umschreibungen oder versteckten Formulierungen“ arbeiten.
Empirische Befunde der Musik- und Jugendforschung wie beispielsweise die qualitative Studie von Brunner und Gründer zeigen,
Perspektiven: Musik und politische Bildung
Denkt man die skizzierten Überlegungen zum Gewaltpotenzial von Musik weiter, dann lassen sich im Kontext der politischen Bildung einige Ansatzpunkte markieren. Dazu einige abschließende Thesen.
These 1:
Jugendkulturen stehen immer wieder vor der Aufgabe, sich abzugrenzen. Das gilt gegenüber den Erwachsenen ebenso wie gegenüber anderen Jugendkulturen. Dies geschieht mit eigener Kleidung, eigener Musik, eigenen Filme usw. Man ist auf der Suche nach eigenen Lebensentwürfen innerhalb der (begrenzten) gesellschaftlichen Wirklichkeit. Diese Suche manifestiert sich in Musikstilen, Texten und Künstlern, aber auch im Musikmachen. Der Übergang vom Musikkonsum zum Musikmachen könnte ein Ansatzpunkt für kulturelle politische Bildung sein.
These 2:
Als kulturelle Produkte bilden Texte einen weiteren Ansatzpunkt. Es gibt in der postmaterialistischen Gesellschaft nur noch wenige Tabus. Sie dürften sich weitgehend auf Gewalt und Sexualität beschränken. Will man Grenzen ausloten, verschieben, überschreiten, dann kommen Tabubrüche ins Spiel. Berücksichtigt man allerdings die Befunde der Studien zur Jugendsprache, so bleibt immer eine wichtige hermeneutische Differenz zu beachten: Was findet sich als wörtliche Aussage und was ist tatsächlich damit gemeint? Sprache, Musik und Jugendkultur sind nur begrenzt wörtlich zu nehmen. Texte und Musik sollen in der unendlichen Vielfalt an Angeboten Aufmerksamkeit erzeugen. Indem Musiktexte kritisch diskutiert und hinterfragt werden, können sie zum Gegenstand politischer Bildung werden.
These 3:
Aus der Perspektive der Musiker lässt sich die Frage auch umkehren: In deren Selbstverständnis dient Musik vielfach dem Aggressionsabbau. Wenn in Liedtexten Gewalt in ihren vielfältigen Formen (latent, manifest, sexuell, physisch, psychisch usw.) thematisiert und kritisiert wird, kann dies öffentlich wirksam werden (s. Rock gegen Rechts).
These 4:
Institutionalisierte politische Bildung kann darüber hinaus die wechselseitige Kritik nutzen, etwa wenn in Workshops die "Verantwortung des Hiphop“ thematisiert wird, wenn innerhalb einer Stilrichtung Kontroversen musikalisch ausgetragen werden, wenn in Interviews mit den Künstlern deren politisches Selbstverständnis zu gesellschaftlichen Fragen deutlich wird (z. B. Rassismus). Entsprechende Initiativen (z. B. Brothers Keepers) zeigen zivilgesellschaftliches Engagement. Politische Musik kann als Medium kultureller und politischer Bildung genutzt werden.
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