Wie Organisationen Öffentlichkeitsarbeit betreiben, also Beziehungen zu verschiedenen Zielgruppen und (Teil-)Öffentlichkeiten aufbauen können, hat sich im Laufe der Jahre verändert. Während Öffentlichkeitsarbeit und Pressearbeit früher nahezu gleichgesetzt wurden, ist es dank des Internets heute leichter denn je, eigene (digitale) Kanäle der Kommunikation aufzubauen. Das ist natürlich leichter gesagt als getan und durchaus mit Aufwand verbunden, bietet gerade für kleinere Organisationen aber verschiedene Chancen: Der unmittelbare Dialog mit Zielgruppen, eine große Auswahl an möglichen Medien und Formaten, um die eigenen Inhalte, Meinungen und Erfahrungen zu teilen, und nicht zuletzt die Unabhängigkeit. Denn in der klassischen Pressearbeit entscheiden Redakteure/-innen, ob eine Pressemitteilung aufgegriffen, ein Interview gekürzt oder ein/-e Reporter/-in zur Veranstaltung geschickt wird. Mit eigenen Kanälen kann eine Organisation das kommunizieren, was ihr wichtig ist.
Bei Öffentlichkeitsarbeit geht es um Imagebildung und Beziehungsaufbau. Dementsprechend ist sie als Marathon, nicht als Sprint zu verstehen. Drei Tage vor einer Veranstaltung noch kurz „Werbung“ machen, um die Plätze vollzukriegen? Das wird besser gelingen, wenn man bereits über einen längeren Zeitraum Kommunikationskanäle aktiv betreibt und so eine langfristige Beziehung zur Zielgruppe hat.
Die Corona-Pandemie hat viele Organisationen gezwungen, ihre bisherigen Angebote zu digitalisieren und umzustrukturieren. Doch diese Zäsur lädt auch dazu sein, neue Wege der Öffentlichkeitsarbeit auszuprobieren. Davor sollten Sie innehalten, um zu schauen, ob die Grundlagen für eine erfolgreiche Öffentlichkeitsarbeit in der eigenen Organisation vorhanden sind:
Als solide Basis für Ihre Kommunikationsarbeit sollten Sie das Leitbild Ihrer Organisation parat haben und Ihre Ziele und Zielgruppen kennen. Diese Klarheit hilft Ihnen dabei, die richtigen Maßnahmen auszuwählen, Ihre Ressourcen sinnvoll einzusetzen und die richtigen Worte für Ihre Angebote und Inhalte zu finden.
Die folgenden Fragen können dabei helfen:
Wer sind wir? Wie beschreiben wir uns?
Was möchten wir erreichen?
Was ist unsere Spezialisierung? Worin liegt unsere Expertise?
Welche Bildungsformate haben wir und für wen sind sie geeignet?
Was macht unser Angebot besonders?
Wofür möchten wir bekannt sein?
Bestandsaufnahme der Öffentlichkeitsarbeit
Vermutlich gibt es Ihre Einrichtung nicht erst seit gestern und bestimmt haben Sie in den letzten Jahren schon diverse Kommunikationsmaßnahmen ausprobiert. Daher ist es sinnvoll, eine Bestandsaufnahme zu machen und sich einen Überblick zu verschaffen.
Dazu eignet sich die Methode Effort-Impact-Matrix. Dabei listet man zunächst alle Maßnahmen einzeln auf (z. B. Flyer verteilen, Post bei Facebook, Stand auf dem Marktplatz oder Anzeige in der Zeitung) und ordnet sie dann auf einer Matrix mit den Achsen Aufwand/Effort und Wirkung/Impact an. Durch die Unterteilung in viel bzw. wenig Aufwand und viel bzw. wenig Wirkung landet jede Maßnahme in einem von vier Kästen . Die Einschätzung ist dabei individuell und subjektiv: Maßnahme X mag für die eine Organisation sehr gut funktionieren, für die andere bringt sie keine Ergebnisse.
Um sowohl Aufwand als auch Wirkung realistisch abzuschätzen, sollte das ganze Team in diese Übung mit einbezogen werden. Diejenigen Mitarbeiter/-innen, die am meisten mit der Kernzielgruppe zu tun haben, haben wahrscheinlich die meisten Informationen darüber, wie Besucher/-innen auf die Einrichtung aufmerksam geworden sind. Dafür weiß das Team der Öffentlichkeitsarbeit, dass ein Newsletter nicht „mal eben runtergetippt“ wird oder wie teuer der Druck von Flyern ist.
Apropos Informationen und Wissen: Gerade bei kleineren Organisationen werden Aufgaben der Öffentlichkeitsarbeit häufig an Praktikanten/-innen, FSJler/-innen oder Ehrenamtliche übergeben. Wenn diese sich nach ein paar Wochen oder Monaten wieder verabschieden, liegen angefangene Kanäle brach, Maßnahmen werden nicht weitergeführt und Informationen gehen verloren. Mit systematischem Wissensmanagement können Sie hier entgegenwirken, damit das Rad nicht jedes Jahr aufs Neue erfunden werden muss.
Mit dem Überblick aus der Effort-Impact-Matrix können Sie letztendlich entscheiden, welche Maßnahme sich „lohnt“ und welche eher nicht. Womöglich werden Sie sich dazu entscheiden, die ein oder andere Maßnahme ganz zu streichen. Alternativ können Sie auch durch verschiedene Kniffe den Aufwand verringern oder die Wirkung erhöhen:
Um den Aufwand zu verringern können Sie…
Arbeitsabläufe mit Vorlagen, besserem Wissensmanagement und Automatisierungen vereinfachen (z. B. mit Planungstools für Social-Media-Beiträge)
Material mehrfach verwenden (z. B. einen Vortrag aufzeichnen und daraus ein YouTube-Video oder eine Podcast-Folge machen)
in Software investieren, wenn Sie dadurch Zeit sparen (z. B. Pro-Variante einer Freemium-Software)
sich weiterbilden
Aufgaben an Experten/-innen auslagern, z. B. das Gestalten von Flyern und Programmheften an eine Grafikagentur (entweder als normaler, bezahlter Auftrag oder im Rahmen von Engagement oder einer Kooperation. Besonders spannend sind hier sogenannte „Skilled Volunteering“-Programme, bei denen Menschen gezielt ihre Fachkenntnisse für einen guten Zweck spenden).
Um die Wirkung zu erhöhen können Sie…
die Reichweite Ihrer Kommunikationsmaßnahmen erhöhen (z. B. durch Zweitverwertung, Multiplikatoren und Automatisierung ) oder
die Conversion Rate erhöhen, dass sich also zum Beispiel von 100 Interessierten nicht nur fünf, sondern zehn zum Seminar anmelden. (z. B. durch eine Verbesserung der Kommunikationsqualität, A/B-Testing und präzisere Call-to-Actions)
Pflicht und Kür: Was sollten auch kleine Organisationen für ihre Öffentlichkeitsarbeit tun?
Auch wenn Sie keine Ressourcen für intensive Öffentlichkeitsarbeit haben – zwei Kanäle sollten Sie nicht ignorieren:
Zum einen die Website als erste digitale Anlaufstelle und Visitenkarte, die alle aktuellen Informationen zum Leitbild, den Angeboten und den Ansprechpartner/-innen enthält. Sowohl für Besucher/-innen als auch für die Presse und andere Multiplikatoren sollten hier alle wichtigen Informationen und Kontaktmöglichkeiten hinterlegt sein. Im besten Fall enthält die Website sogar noch einige suchmaschinenoptimierte Texte, damit Sie in der Internetsuche gefunden werden.
Zum anderen sollten Sie einen Kanal für den direkten Kontakt pflegen. Natürlich sind soziale Netzwerke ebenfalls eine Kontaktmöglichkeit, allerdings können Sie sich aufgrund von Algorithmen und Co. nicht darauf verlassen, dass alle Ihrer Follower einen wichtigen Beitrag sehen. Mit einem E-Mail-Newsletter (oder alternativ einem SMS-Newsletter oder Messengerdienst) ist Ihre Reichweite besser zu berechnen: Wer im Verteiler steht, erhält die Nachricht.
Je nach Tätigkeit, Zielgruppen und Ressourcen einer Organisation sind weitere Kommunikationskanäle und -Maßnahmen sinnvoll: