Wolfgang Ebert war von 1987 bis 2012 Geschäftsführer des in Wuppertal ansässigen Regionalbüros Arbeit und Leben Berg-Mark, einer Weiterbildungseinrichtung, die vom Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) und dem Deutschen Volkshochschulverband (DVV) getragen ist. 2010 gründete er gemeinsam mit Teilnehmenden und Dozierenden den Förderverein "Regionalbüro Arbeit & Leben – für Politische Bildung e.V.", dessen Vorstand er seit 2015 ist. Wir sprachen mit ihm über die Herausforderung, Teilnehmende für ein dauerhaftes Engagement zu gewinnen.
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Akquisos: Herr Ebert, wie motiviert man (ehemalige) Teilnehmende, sich dauerhaft in einem Förderverein zu engagieren?
W. Ebert: Das ist eine gute Frage, die uns auch immer wieder umtreibt. Ich habe während meiner beruflichen Tätigkeit bei Arbeit und Leben drei Fördervereine gegründet. Deren jeweilige Entstehungsgeschichte gibt Aufschluss, wann es funktioniert. In allen drei Fällen gab es einen konkreten Anlass. Als die Stadt Wuppertal in einer sehr angespannten Finanzlage die Unterstützung des Regionalbüros kürzen oder eventuell ganz streichen wollte, stand unsere Existenz auf dem Spiel. Uns ist es angesichts dieser Ausgangslage gelungen, aus der Teilnehmerschaft rund 350 Mitglieder für den Förderverein zu gewinnen. Dabei ging es nicht nur ums Geld. Die Mitglieder sollten auch aktiv zeigen, was der politischen Bildung verloren geht, wenn es Arbeit und Leben nicht mehr geben würde. Bei politischen Veranstaltungen saßen dann regelmäßig 60-80 Teilnehmende, um das öffentlich zu diskutieren. Das hat so viel Eindruck gemacht, dass die Mittel letztlich gar nicht gestrichen wurden. Der Förderverein kann nun Projekte finanzieren, für die Arbeit und Leben kein Budget hat.
Akquisos: Was war die Entstehungsgeschichte der anderen beiden Fördervereine?
Bei einer Studienreise nach Südafrika in den 90ern erlebten die Teilnehmenden vor Ort, welche Auswirkungen die Politik des Kolonialismus und der Apartheid auf die schwarze Bevölkerung, insbesondere auf Kinder und Jugendliche hat. Dazu zählen fehlende Versorgung mit Trinkwasser und Wohnraum, mangelnder Zugang zu Bildung sowie zu ärztlicher Versorgung. Aus dieser unmittelbaren Betroffenheit heraus gründete sich der Verein, der bis heute besteht und verschiedene Projekte vor Ort fördert.
Akquisos: Ohne konkreten Anlass ist es aus Ihrer Sicht schwierig, die Menschen zu motivieren?
Sie brauchen in jedem Fall eine klare Zielformulierung, etwas Konkretes, das die Leute unterstützenswert finden. Bei der Gründung muss eine Projektidee oder eine besondere Situation vor Ort vorhanden sein. Es darf nicht zu allgemein sein, wie "Bekämpfung des Rechtsextremismus". Gleichzeitig darf der Gründungsanlass nicht zu schnell wegfallen. Er muss langfristig erweiterbar sein.
Akquisos: Was braucht es noch, um einen Förderverein erfolgreich zu gründen?
Sie brauchen die Möglichkeit eine größere Anzahl an Menschen anzusprechen, die zum Bildungsträger eine Beziehung haben. Sie brauchen eine gewisse Masse, damit Sie daraus 100, 200, 300 Mitglieder gewinnen können. Sie wollen ja was bewegen mit den Jahresbeiträgen. Diese liegen pro Person bei 20 bis 100 Euro, wobei kleinere Beträge realistischer sind. Und Sie brauchen zwei, drei fitte Leute im Vorstand, die den Verein aktiv und konstant über mehrere Jahre vorantreiben. Die müssen daran glauben, dass sich das lohnt und sie mit dem Verein etwas bewirken können. Nur dann investieren sie auch ihre Zeit.
Akquisos: Sollten hauptamtliche Mitarbeitende des Trägers auch im Förderverein Verantwortung tragen? Wie war das bei Ihnen?
Ich habe die Vereine zwar aus dem Regionalbüro heraus mitgegründet, bin aber erst in den Vorstand eingetreten, als ich in Rente war. Natürlich war ich auch vorher aktiv beteiligt, weil ich von den Projekten jeweils voll überzeugt war. Aber als Träger haben wir uns eher darauf beschränkt, beratend und unterstützend tätig zu sein. Da kann man ein Seminar zum Vereinsrecht anbieten, um den Mitgliedern die notwendigen Werkzeuge der Vereinsarbeit an die Hand zu geben. Oder Kontakte vermitteln aus bestehenden Kooperationspartnern, wie der Bergischen Universität. So werden auch die Interessen des Trägers mit vertreten. Im Gegenzug gab es seitens des Fördervereins finanzielle Unterstützung für deren Projekte, die das Regionalbüro nicht tragen konnte. Da es also auch um Finanzmittel ging, habe ich meine verantwortlichen Tätigkeiten im Regionalbüro und Förderverein getrennt. Eine gewisse Eigenständigkeit des Fördervereins wollten wir da sicherstellen.
Akquisos: Wie gelingt es Ihnen, die Vereine über einen so langen Zeitraum am Leben zu erhalten?
Das ist tatsächlich nicht einfach. Die Motivation ist zu Beginn am größten. Wichtig ist, dass Sie immer wieder neue Ziele formulieren – und diese auch erreichen. Von Beginn an ist es ratsam, kleinschrittig vorzugehen, sich keine zu großen Ziele zu stecken, die erst nach Jahren umgesetzt werden können. Das frustriert. Sie brauchen immer wieder – und seien es kleine – Erfolge. Wichtig ist auch, diese Erfolge für die Mitglieder sichtbar zu machen. Zum Beispiel wieder an den Ort des Geschehens zu reisen, Ausstellungen zu organisieren, Projekte abzuschließen.
Akquisos: Gibt es auch spezielle Maßnahmen, um die Mitglieder zu binden?
Ja, wir machen immer mal wieder besondere Angebote. Wir organisieren zum Beispiel jedes Jahr eine Studienfahrt. Die Studienfahrten stehen allen Menschen offen. Darüber gewinnen wir wieder neue Fördermitglieder. Aktive Mitglieder können vergünstigt teilnehmen.
Akquisos: Wann ist der beste Zeitpunkt, um neue Mitglieder zu werben?
In meiner aktiven Zeit als Seminarleiter habe ich immer am Ende einer Bildungsveranstaltung, eines Kurses oder einer Studienfahrt auf den Förderverein oder konkrete Projekte hingewiesen. Über die Teilnahme an den Bildungsveranstaltungen entsteht vielfach eine persönliche Nähe, die es leichter macht, Mitglieder für einen Förderverein zu gewinnen bzw. um finanzielle Unterstützung eines solchen Projektes zu bitten.
Akquisos: Vielen Dank für das Gespräch und alles Gute für die Zukunft der Vereine!