Bei manchen Anbietern politischer Bildung gibt es große Berührungsängste zu Wirtschaftsunternehmen, wenn es um finanzielle Unterstützung geht. Es gibt Bedenken, dass sie werblich vereinnahmt werden könnten oder dass die Unternehmen inhaltlich Einfluss nehmen wollten. Viele Träger sehen ihre Unabhängigkeit in Gefahr oder möchten ihren Namen nicht mit der freien Wirtschaft in Verbindung bringen. Bekannt sind die Diskussionen um inhaltliche Einflussnahmen aus dem schulischen und universitären Bereich: große Wirtschaftsunternehmen oder -verbände geben Unterrichtsmaterialien heraus
Doch wie sieht es in der außerschulischen politischen Jugend- und Erwachsenenbildung aus? Sind finanzielle Unterstützungen durch Unternehmen dort ebenso kritisch zu sehen? Oder sind sie eine Chance auf dem immer knapper werdenden Fördermittelmarkt? Und wie lässt sich vermeiden, dass es zu Interessenskonflikten kommt?
Welche Chancen bieten sich für Bildungsträger?
Für Bildungsorganisationen bieten Spenden von Unternehmen die Möglichkeit, im Rahmen ihrer gemeinnützigen Arbeit frei über die Mittel verfügen zu können und somit Flexibilität zu gewinnen. Im Gegensatz dazu sind öffentliche Fördermittel häufig an bestimmte Zwecke gebunden und Finanzierungspläne streng einzuhalten. Auch die mühsame Abrechnung mit Verwendungsnachweisen entfällt. Gleichwohl ist ein Bericht über das gelungene Projekt und Auskunft darüber, wofür das Geld eingesetzt wurde, wichtig, um das Unternehmen langfristig als Spender zu binden. Die Unabhängigkeit von staatlichen Fördermitteln ist für zahlreiche Vereine und Organisationen eine wichtige Motivation, sich stärker auf Geldgeber/-innen aus der Wirtschaft zu fokussieren
Die Presse- und Öffentlichkeitsarbeitsabteilungen von Unternehmen können die Öffentlichkeitsarbeit der Bildungseinrichtung unterstützen und für mehr Aufmerksamkeit für die Arbeit/ das Projekt sorgen.
Durch Sponsoring oder eine Spendenaktion können Mitarbeiter/-innen der Firma als neue Zielgruppe der Bildungsinstitution gewonnen werden, zum Beispiel als Teilnehmende oder auch als ehrenamtliche Helfer/-innen. Ein Arbeitseinsatz der Mitarbeiter/-innen im Rahmen einer CSR (Corporate Social Responsibility) -Maßnahme in der Bildungsstätte oder die Einladung der Mitarbeiter/-innen zur Präsentation eines Jugendbildungsprojekts kann zu einer persönlichen Bindung und zu künftigen Besuchen, Spenden oder Empfehlungen führen.
Welche Interessen verfolgen die Unternehmen?
Die Interessen des Unternehmens spielen auch beim sozialen Engagement eine Rolle. Unternehmen profitieren allgemein durch eine Steuerersparnis. Oft möchten sie Teile des Gewinns lieber gezielt für eine gute Sache einzusetzen, statt sie als Steuern an den Staat abzuführen, der dann über die Verwendung entscheidet. Auch die Verbesserung der Lebensqualität am Standort kann ein Grund für eine Spende sein, etwa an kulturelle oder soziale Organisationen. Viele Unternehmen wollen ihre Mitarbeiter/-innen binden und ihnen etwas bieten, so auch ein attraktives Lebensumfeld in der Stadt oder der Region.
Manche Unternehmen möchten, gerade bei größeren Geldbeträgen und bei prestigeträchtigen Projekten, öffentlichkeitswirksam spenden und in der Presseberichterstattung erscheinen. Andere hingegen vermeiden dies dagegen, um nicht künftig von Bittstellern überrannt zu werden.
Beim Sponsoring geht es den Unternehmen um Öffentlichkeit und Werbung, also um gesteigerte Bekanntheit und Aufmerksamkeit. Auch Aspekte der Kundenbindung spielen eine wichtige Rolle. Das Unternehmen soll vom positiven Image einer Veranstaltung oder einer Organisation profitieren. Die meisten Unternehmen gehen hier strategisch vor und sponsern gezielt bestimmte Bereiche, um sich zu profilieren, zum Beispiel Jugendkultur, Wissenschaft oder Internationale Begegnungen. Hier kann es sich für Bildungsanbieter lohnen, sich genau mit den Zielen und Produkten von Unternehmen auseinanderzusetzen und entsprechend strategisch Kontakte aufzubauen. Letztlich ist nicht zu vergessen, dass es unter Unternehmer/-innen viele Menschen gibt, die sich bürgerschaftlich engagieren und etwas Gutes tun möchten. Einige schließen sich in Service Clubs wie Lions oder Rotary zusammen oder tauschen sich in Unternehmensnetzwerken wie UPJ aus.
Wo kann es problematisch werden?
Viele Anbieter politischer Bildung wie gemeinnützige Vereine, selbstverwaltete oder konfessionelle Bildungshäuser etc. haben große Berührungsängste, wenn es um die Zusammenarbeit mit Unternehmen geht. Sie sehen einen Widerspruch in der Gewinnorientierung von Unternehmen und ihren eigenen Ansätzen, Menschen darin zu unterstützen, kritische, mündige Bürger/-innen zu werden. Man sollte sich in jedem Fall gut über das Unternehmen informieren und überlegen, an wen man mit einer Spenden- oder Sponsoringanfrage herantritt. Die Gefahr des so genannten Greenwashing sollte stets geprüft werden. Denn Aspekte von sozialem oder ökologischem Engagement finden sich heutzutage in fast jedem Leitbild großer Unternehmen. Dies wird vielfach von außen erwartet. Greenwashing meint, dass ein Unternehmen sich durch PR-Maßnahmen oder punktuelles soziales oder ökologisches Engagement ein „grünes“ Image geben möchte, obwohl seine Geschäftspraktiken gar nicht konsequent sozial- und umweltverträglich ausgerichtet sind.
Sollte im Gespräch oder in der Zusammenarbeit mit einem Unternehmen deutlich werden, dass dieses Einfluss auf die Inhalte von Bildungsangeboten wie Seminare, Vorträge oder Publikationen nehmen möchte, wird es tatsächlich problematisch. Dies kann ganz subtil geschehen, indem etwa dieser oder jene Referent /-in oder Autor/-in vorgeschlagen oder ein anderer thematischer Schwerpunkt forciert wird. Es kann jedoch auch sehr konkret werden, wenn es heißt, dass man etwas doch bitte unterlassen oder anders darstellen solle, da das Unternehmen sich sonst nicht finanziell einbringen würde. Hier ist die Autonomie des Trägers in seiner Programmgestaltung in Gefahr und eine Zusammenarbeit höchstwahrscheinlich nicht (mehr) sinnvoll.
Zu unterscheiden von Formen des Lobbyismus und der inhaltlichen Einflussnahme ist Werbung. Bei Werbung werden die Teilnehmer/-innen von Bildungsveranstaltungen als potenzielle Kundinnen und Kunden in den Blick genommen. Beispiele wären der Stand eines Bio-Müsli-Herstellers auf einer Umweltkonferenz oder die Verteilung von Blöcken und Kulis mit Werbeaufdruck während eines Seminars. Die Motivation der Unternehmen, durch mehr Absatz ihren Gewinn zu steigern, ist weniger verschleiert als beim Lobbyismus. Doch die Grenzen können fließend sein.
Beim Thema Werbung gelten im schulischen Kontext zum Teil strenge Regelungen. Die Unterschiede zwischen den Bundesländern sind jedoch erheblich. Während mancherorts Bilderbücher mit Firmenlogos in Kitas
Beim Sponsoring wird in der Vereinbarung genau geregelt, was vom Geldempfänger erwartet wird. Hier sollte vor den Verhandlungen klar sein, wie weit man als Organisation bereit ist zu gehen und wie sehr man seinen Namen mit dem des Sponsors in Verbindung bringen möchte. Gerade in der Kinder- und Jugendbildung ist besondere Vorsicht bei werblichen Maßnahmen geboten. Ein kritischer Umgang mit Werbung muss z.B. in Medienkompetenztrainings geübt werden.
Unternehmensspenden und Sponsoring: ja oder nein?
Ein Verein, der politische Jugendbildung macht oder eine Tagungsstätte für Erwachsenenbildung müssen sich wahrscheinlich nicht dafür wappnen, dass Google, Microsoft oder Apple an die Tür klopfen und ihre Produkte unterbringen wollen.
Für eine große Zahl von außerschulischen Bildungsträgern spielen in der Fundraising-Realität eher kleine oder mittelständische Unternehmen vor Ort eine Rolle. Hier bieten sich gute Chancen, durch langfristige Beziehungen regelmäßige Spenden oder Sponsoring-Mittel einzuwerben. Diese Mittel bieten den großen Vorteil, dass sie in der Regel freier verwendet werden können als öffentliche Fördergelder. Den Zusatz-Nutzen, vor Ort durch die Mitarbeiter/-innen der Unternehmen neue Zielgruppen oder Multiplikator/-innen für mehr Öffentlichkeit gewinnen zu können, sollte man nicht außer Acht lassen. Doch auch im kleineren Maßstab sind finanzielle Unterstützungen von Unternehmen genau zu prüfen.
Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft, die Verbraucherzentralen sowie Vereine und Initiativen wie Lobby Control oder Transparency International beobachten das Engagement von Wirtschaftsunternehmen im Bildungsbereich, besonders in der Schule, sehr genau und kritisch. Einige Akteure fordern einen Kodex für Kooperationen mit Unternehmen. In einem solchen Kodex soll festgehalten werden, was im Rahmen einer Kooperation von Bildungsinstitution und Unternehmen akzeptabel ist und wo rote Linien verlaufen. Dabei sollen Lobbyismus und zu starke wirtschaftliche Bindungen von Bildungsträgern vermieden und die Einflussnahme auf pädagogische Gesamtkonzepte ausgeschlossen werden
Letztlich ist es stets eine Sache der Abwägung, inwieweit Bildungsanbieter sich auf eine Zusammenarbeit mit Wirtschaftsunternehmen einlassen. Klar sollte jedoch sein, dass es keinerlei inhaltliche Einflussnahmen der Unternehmen auf die Inhalte von Bildungsangeboten geben darf und dass die Kooperationen auf Augenhöhe stattfinden sollten. Die Abbildung von Kontroversität und Meinungsvielfalt