Üwen Ergün gründete 2014 als 18-Jähriger das KinderRechteForum (KRF) als private Internetplattform. 2016 ging daraus die KinderRechteForum gUG hervor, deren Geschäftsführer er nun ist. Das KRF kämpft für die Durchsetzung von Kinderrechten im Einzelfall und betreibt gleichzeitig politische Bildung für Kinder und Jugendliche. Die Altersspanne reicht von 0 bis 18 Jahren. Bei der Finanzierung der Projekte ging Üwen Ergün von Beginn an sehr strategisch vor.
Mehr unter Externer Link: www.kinderrechteforum.org
Akquisos: Herr Ergün, was hat sie veranlasst ein eigenes Unternehmen für die Durchsetzung von Kinderrechten zu gründen?
Ü. Ergün: Ich war schon früh im Bereich Kinderrechte aktiv. Ich habe in der Schulzeit an Projekten der Caritas und von Amnesty International teilgenommen und war 10 Jahre lang Junior-Botschafter bei UNICEF. Mir ist dort aufgefallen, dass bei großen NGOs der Fokus nicht beim einzelnen Kind liegt, eher auf Entwicklungshilfe oder Lobbyarbeit.
Akquisos: Was sind die Schwerpunkte in der Arbeit des KinderRechteForums?
Das ist zum einen unsere Ombudsstelle für die Einzelfallhilfe. Hier können sich Kinder an uns wenden, deren Wünsche bspw. bei Sorgerechtsstreitigkeiten nicht berücksichtigt werden. Wir helfen ihnen dann, ihre Rechte durchzusetzen. Wir berufen uns dabei auf die umfassendere UN Kinderrechtskonvention statt auf den in Deutschland meist angewendeten Kindeswohl-Paragrafen.
Unser zweiter Arbeitsbereich ist die Demokratieförderung bei Kindern. Wir führen Workshops in Schulen durch, klären über allgemeine Grundlagen von Kinderrechten auf, erarbeiten gemeinsame Projekte, z.B. Podiumsdiskussionen oder Aktionen und etablieren Kinderräte. Ein weiterer Teil sind Kinder- bzw. Jugendgipfel, um Kinder auf charmante, abwechslungsreiche Art mit Kinderrechten in Kontakt zu bringen und ihnen zu zeigen, wie man sich selbst für Kinderrechte einsetzen kann. Das Besondere ist, dass wir schon im Grundschulalter anfangen. Für Kinder und Jugendliche haben wir jeweils eigene Konzepte. Für Kinder muss es viel niedrigschwelliger und spielerischer sein. Mit Jugendlichen ab 13 Jahren können wir schon diskutieren und auch theoretisch arbeiten.
Akquisos: Wie finanzieren Sie Ihre Arbeit?
Wir haben uns sehr breit aufgestellt. Für ca. 40% unserer Einnahmen erhalten wir Honorare. Schulen zahlen die Demokratie-Workshops selbst aus Weiterbildungstöpfen. Beratungsleistungen oder Stellungnahmen für Politikerinnen und Politiker stellen wir in Rechnung. Rund 20% beziehen wir aus öffentlichen Geldern und Fördermitteln. Problematisch ist für uns, dass in der Regel nur Träger der Kinder- und Jugendhilfe, die sich auf das Sozialgesetzbuch und das Kindeswohl berufen, öffentliche Gelder beantragen können. Es gab bisher noch keine Ombudsstelle für Kinderrechte auf Basis der UN-Konvention in Deutschland. Daher gibt es dafür noch keine Regelung zur Finanzierung, die eigentlich staatliche Aufgabe wäre. Wir sind diesbezüglich mit dem Bundesfamilienministerium in Kontakt. Wenn die Ombudsstelle zukünftig voll aus öffentlichen Mitteln finanziert würde, wäre das ein riesiger Schritt. Aus eigenen Quellen ist der große Bedarf nicht voll finanzierbar. Und wir möchten diese Leistung jedem Kind bereitstellen.
Akquisos: Wie sieht es mit Spenden aus?
Das ist unsere dritte Säule. Damit finanzieren uns zu rund 40%. Den Hauptteil davon machen größere Unternehmensspenden und Sponsoring aus. Ein weiterer Teil kommt über Charity Shopping herein. Wenn bspw. Menschen online über Amazon Smile oder HelpShops einkaufen und uns auswählen, bekommen wir einen kleinen Prozentsatz des Umsatzes. Die einzelnen Beträge sind klein, aber in Summe kommt was zusammen. Wir sind auch auf Online-Spendenportalen wie betterplace gelistet. Größere oder dauerhafte Spenden von Privatpersonen gibt es eher selten. Wir treiben das allerdings auch nicht systematisch voran. Unser Themenfeld ist zu erklärungsbedürftig.
Akquisos: Wie sind Sie das Thema Finanzierung bei Gründung angegangen?
Wir planen keine Projekte, deren Finanzierung nicht geklärt ist. Viele Organisationen starten mit dem Projekt und denken erst dann an die Finanzierung. Bei uns ist es andersherum. Auch unsere Rechtsform haben wir bewusst gewählt. Eine gemeinnützige UG hat viele Vorteile gegenüber einem Verein: Wir können wirtschaftlich tätig sein und sind nicht allein auf Spenden angewiesen. Außerdem sind Entscheidungswege kürzer. Ich gebe viel Verantwortung an mein Team ab, und im Zweifel entscheide ich. Da muss kein Vereinsvorstand zusammengerufen werden, der alles absegnet. Zudem signalisiert die „gUG“ etwas anderes nach außen. Wir werden als gemeinnütziger Sozialbetrieb, aber eben auch als professioneller, wirtschaftlicher Betrieb gesehen. Bei allem Herzblut und Idealismus, den das ganze Team hat, ist es unsere Arbeit. Ich will nicht dauerhaft auf ehrenamtliches Engagement setzen, sondern bezahlte Jobs schaffen.
Akquisos: Was unterscheidet Ihre Arbeitsweise darüber hinaus von anderen Organisationen?
Wir wollten es von Anfang an anders machen als die etablierten Vereine. Schon allein unser Büro mitten in einem "Co-Working Space", einem Büroraum-Komplex, den sich viele junge Unternehmen teilen, unterscheidet sich vom klassischen "Vereinsheim". Wir profitieren sehr von den Leuten um uns herum. Da entsteht schnell ein hilfreiches und inspirierendes Netzwerk. Bei der Finanzierung waren wir auch offener und mutiger. Wir haben andere Kanäle ausprobiert, z.B. von Anfang an auf Online-Spenden gesetzt, nutzen GoogleAdwords etc. Viele Kampagnen waren dabei auch für die Katz. Da ist nicht viel Geld hängengeblieben. Das hat uns nicht entmutigt. Wir haben es wieder und wieder probiert, jedes Mal optimiert, bis es lief.
Akquisos: Vielen Dank für das Gespräch und weiterhin viel Erfolg!