Das persönliche Gespräch gilt vielen als "Königsinstrument" im Fundraising. Meist, weil sie es direkt mit der "Königsdisziplin", dem Großspendenfundraising, verbinden. Der Zusammenhang leuchtet ein, denn auch im Fundraising ist es wichtig effizient zu arbeiten. Und eine Disziplin, die sich nur mit einer Person gleichzeitig befassen kann (im Gegensatz zu Massenkommunikationsformen wie dem Mailing), wird selten für kleine Spendensummen eingesetzt. Dabei ist das Gespräch vielfältig einsetzbar. Es geht nicht allein um die Einwerbung von Spenden. Ebenso wertvoll ist die Möglichkeit herauszufinden, was die Unterstützer/-innen antreibt und wie die Organisation ihnen entgegenkommen kann. Zugleich ist jedes Gespräch eine Investition in wertvolle Netzwerke und bedeutet eine Festigung des Vertrauens – und ohne Vertrauen kann Fundraising nicht funktionieren oder anders gesagt: "Friend-making comes before fundraising".
Jedes Gespräch ist ein Einzelfall
Von allen Kommunikationsformen drückt das persönliche Gespräch die größte Wertschätzung aus. Im Moment des Gespräches kann sich ein/-e Fundraiser/-in ausschließlich mit dem Gesprächsgegenüber befassen. Das Gespräch kann (und sollte!) daher so individuell wie möglich geführt werden. Schnelles Reagieren ist gefragt: Nicht nur auf das Gesagte, sondern auch auf nonverbale Signale. Je besser ein Gespräch vorbereitet ist, desto weniger "Überraschungen" lauern.
So komplex die Aufgabe ist, so beträchtlich die Wirkung, wenn das Gespräch gut gesteuert wird. Eine große Spende oder Förderung ist über ein Massenmailing schwer zu generieren. Wer viel gibt, möchte Aufmerksamkeit und als Geber/-in individuell wahrgenommen werden sowie sich selbst einbringen. Diesen Bedürfnissen kann im persönlichen Gespräch bestens begegnet werden. Denn ein/-e Fundraiser/-in vertut viel, wenn sie/er das persönliche Gespräch nur dazu nutzt, eigene Projekte vorzustellen. Es kommt vor allem auf das Zuhören an.
Die Wahl der Gesprächspartner/-innen
Wenn eine eigene Datenbank vorhanden ist, können dort potenzielle oder bestehende Großspender/-innen identifiziert werden. Besteht schon Kontakt, kann konkret ein Treffen ausgemacht werden. Das Gespräch führt am besten jemand, der die Person bereits kennt!
Wenn noch kein persönlicher Kontakt besteht, ist es hilfreich, wenn ein "Türöffner" den Kontakt herstellt. Dann hat das erste Gespräch zunächst das Ziel, sich kennenzulernen und den Grundstein für eine Beziehung zu legen.
Gesprächspartner/-innen können darüber hinaus auf eigenen Veranstaltungen zufällig ausgewählt werden. In dem Fall wird das Ziel des Gespräches vor allem sein, Informationen zu gewinnen. Denn Fundraising bedeutet nicht nur, um Geld zu bitten, sondern Menschen strategisch und langfristig für die eigene Sache zu gewinnen. Dafür muss man sie kennenlernen - und sie die Organisation.
In der Regel werden persönliche Fundraisinggespräche mit sogenannten "warmen" oder "vorgewärmten" Kontakten geführt. Das bedeutet, dass das Gesprächsgegenüber in irgendeiner Form schon mit der Organisation zu tun hatte oder darüber informiert wurde, worum es geht.
Bringen Sie Ihr Gegenüber zum Reden!
Für jedes Gespräch gilt: Wer nicht zuhört, verliert an Boden! Ideal ist, wenn möglichst viele offene "W-Fragen" gestellt werden: Was hat Sie motiviert, heute herzukommen? Was hat Ihnen an der Veranstaltung gefallen? Was müssten wir (anders) machen, damit Sie uns unterstützen? Wie stehen Sie zum Thema Finanzierung durch Spenden? W-Fragen bringen das Gegenüber nicht nur zum Reden, sondern zum "Erklären". Diese Informationen sind gold- bzw. geldwert. Sie können entweder genutzt werden, um die Argumente für das eigene Projekt an die Wünsche des Gegenübers anzupassen oder um die eigene Fundraisingstrategie für die Zukunft zu schärfen. Denn das eine ist, was die Organisation wichtig findet, das andere, was die Geldgeber/-innen tatsächlich motiviert, eine Sache zu unterstützen.
Übung macht den Meister
Jedes Gespräch ist einzigartig. Aber es gibt eine Grundmelodie, der alle Gespräche folgen. Je öfter sie gespielt wird, desto leichter und sicherer geht sie von der Hand. Und wenn sie gut eingeübt ist, sind individuelle Variationen nicht mehr schwer.