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Sonderspenden für Flüchtlingsarbeit sammeln – ist das rechtlich erlaubt?

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Stehen Ausnahmeregelungen des Bundesfinanzministeriums für steuerliche Begünstigungen von Flüchtlingshilfe im Widerspruch zu anderen gesetzlichen Regelungen? Wirtschaftsanwalt Dr. Schiffer aus Bonn rät Organisationen dazu, genau hinzuschauen und nur im Rahmen ihrer eigenen Satzungen zu handeln.

(© Dennis Skley/flickr.com)

Analog zu den Jahren 2015 und 2016, als eine große Zahl von Menschen aus Krisengebieten Zuflucht in Deutschland suchte, engagieren sich auch seit dem Ausbruch des Angriffskriegs auf die Ukraine im Februar 2022 wieder viele gemeinnützige Initiativen für Geflüchtete. Der Bedarf ist da, Strukturen sind bereits aufgebaut und die Spendenbereitschaft sowie die ehrenamtliche Hilfe der Bürger/-innen war zu Beginn enorm groß und hält weiterhin an. Eine außerplanmäßige Finanzierung ist daher möglich. Es liegt also auf der Hand, aktive Flüchtlingsarbeit zu leisten - ggf. auch unabhängig von den eigentlichen Aufgaben der Organisation.

Das Bundesministerium der Finanzen (BMF) hat dieses Vorhaben bereits 2015 bis 2018 unterstützt und am 22.09.2015 ein so genanntes BMF-Schreiben veröffentlicht. Dieses wurde nun mit dem BMF-Schreiben vom 17.03.2022 neu aufgelegt und zwischenzeitlich bis Ende 2023 verlängert . Das BMF gesteht mit diesen Schreiben ausnahmsweise Steuerbegünstigungen zu, wenn z. B. im Rahmen einer Sonderaktion Spenden für die Hilfe der vom Krieg in der Ukraine Geschädigten eingeworben und verwendet werden, obwohl die Körperschaft in ihrer Satzung keine Hilfe für Kriegsflüchtlinge vorgesehen hat. Des Weiteren ist es erlaubt, in Sonderaktionen für vom Krieg in der Ukraine Geschädigte eingeworbene Gelder an andere mildtätige Körperschaften weiterzuleiten oder Personal und Räumlichkeiten zur Verfügung zu stellen. Auch dürfen bereits vorhandene Mittel, die keiner Bindungswirkung unterliegen, für Geschädigte des Ukrainekrieges satzungsfremd eingesetzt werden, ohne die bestehenden steuerlichen Begünstigungen zu gefährden.

Diese nach wie vor begrüßenswerte Maßnahme des BMF hat allerdings denselben Haken wie 2015: Sie erlaubt steuerrechtlich etwas, was vereins- oder stiftungsrechtlich weiterhin verboten ist, nämlich Gelder für einen satzungsfremden Zweck zu verwenden. Die Problematik besteht unter anderem darin, dass beim Geldeinwerben und der anschließenden Verwendung Kosten entstehen. Sobald ein Hauptamtlicher einen Förderantrag schreibt oder ein Flyer gedruckt wird, müssen diese Ausgaben (zunächst) aus der Vereins- oder Stiftungskasse bezahlt werden. Dies bedeutet eine Mittelfehlverwendung, die als Konsequenz zu Schadensersatzforderungen und zum Verlust der Gemeinnützigkeit führen kann. Denn Satzungsrecht kann nicht durch Steuerrecht ausgehebelt werden.

Darauf weist das BMF auch aktuell selbst hin. In einer FAQ-Liste rund um die steuerlichen Begünstigungen im Zusammenhang mit der Ukraine schreibt es unter II. 8. einleitend "Alle steuerbegünstigten Körperschaften dürfen sich bis zum 31. Dezember 2023 unabhängig von ihren Satzungszwecken zur Bewältigung der humanitären Folgen des Krieges in der Ukraine engagieren. Dieses Engagement ist keine Gefahr für die eigene Steuerbegünstigung. Das Finanzamt wird aus diesen satzungsfremden Aktivitäten keine negativen Konsequenzen für die Steuerbegünstigung ziehen", um den Text wie folgt zu schließen: "Es wird darauf hingewiesen, dass Stiftungen hinsichtlich der Zulässigkeit von Tätigkeiten außerhalb des Satzungszwecks zusätzlich die stiftungsaufsichtsrechtlichen Bestimmungen der Länder zu beachten haben."

Wirtschaftsanwalt Dr. K. Jan Schiffer aus Bonn, spezialisiert auf Erb- und Stiftungsrecht, erklärte uns die Problematik bereits 2016 in einem anschaulichen Beispiel: "Wenn ich einem anderen Menschen Geld gebe, damit er einen Blumenstrauß für seine Mutter kauft und dieser das Geld dann in ein Restaurant trägt, dann war das nicht in meinem Sinne (=Mittelfehlverwendung) und ärgert mich. Darin ändert auch die Tatsache nichts, dass der Geldempfänger mir versichert, die Finanzbehörde wäre damit einverstanden gewesen."

Dr. Schiffer riet daher davon ab, vorschnell aktiv zu werden. Im ersten Schritt solle man prüfen, inwieweit die eigene Satzung "dehnbar" wäre. Wer beispielsweise Bildungsprojekte für Jugendliche anbiete, der könne ggf. auch Bildungsprojekte für jugendliche Geflüchtete anbieten und Gelder dafür einwerben. Willkommenspakete für geflüchtete Senioren gingen in einem solchen Fall dagegen nicht. Wer Gelder für Projekte der Flüchtlingshilfe akquirieren wolle, der müsse deutlich auf diese Sonderaktion hinweisen. Den Geldgebern müsse absolut klar sein, dass das Geld nicht in die allgemeinen Kassen fließe. Und aus diesen dürfe kein bereits zuvor eingeworbenes Geld für den "besonderen Zweck" entnommen werden. Denn dieses Geld ist im Sinne der Satzungsziele zweckgebunden. Im Rahmen des Fundraisings dürfen also keine Kosten für satzungsfremde Zwecke entstehen. Alternativ könnten bspw. eigenständige Treuhandstiftungen gegründet oder eine Satzungsänderung in Betracht gezogen werden.