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Europareise Fundraising: Serbien Nachhaltiges Fundraising auf lokaler Ebene als Zukunftsperspektive

/ 3 Minuten zu lesen

(© Public Domain)

Nach dem Ende der Milošević-Ära im Jahr 2000 begann in Serbien der Aufbau demokratischer Strukturen. Die Probleme waren erheblich. Der politische, wirtschaftliche und soziale Fortschritt brauchte viel Zeit. Dies ist auch eine Erklärung dafür, dass die Beitrittsverhandlungen mit der EU erst im Januar 2014 aufgenommen wurden. Die Wahrung der Menschenrechte zählt zu den so genannten Kopenhagener Kriterien, die jeder EU-Beitrittskandidat erfüllen muss. An diesem Punkt gibt es in Serbien noch einiges zu tun, meinen zahlreiche Nichtregierungsorganisationen, die sich in Serbien für die Menschenrechte einsetzen und sich in der Bildungsarbeit engagieren. Wir sprachen mit Vladica Jovanovic, Projektkoordinatorin bei Gradjanske Inicijative/Civic Initiatives, einem Verein für Demokratie und Bürgerschaftliche Bildung in Belgrad, über die Lage der bürgerschaftlichen Bildung in Serbien und ihre Finanzierung.

Weitere Informationen: Externer Link: www.gradjanske.org

Vladica Jovanovic (© Vladica Jovanovic)

Akquisos: Wo findet in Serbien bürgerschaftliche Bildung statt? Welche staatlichen und zivilgesellschaftlichen Akteure beschäftigen sich damit?

Es existiert ein Schulfach Bürgerschaftliche Bildung, doch ist es ein Wahlpflichtfach, das in direkter Konkurrenz zum Religionsunterricht steht. Laut Lehrplan gibt es eine Stunde pro Woche ab Jahrgang 5. Es wird deskriptiv bewertet, nicht mit einer Note. Das Schulfach wurde auf Betreiben von zivilgesellschaftlichen Initiativen eingeführt. Es sollte Schlüsselthemen wie Menschenrechte, Diskriminierung, Medienfreiheit und Geschlechtergerechtigkeit behandeln. All diese Themen sind komplex, brauchen Zeit und besondere Ansätze wie Debatten, Diskussionen, Fallstudien etc. Es ist schwierig, Kinder für diese Kurse zu begeistern, weil ihnen die Themen nicht nahe sind – wir leben noch in einer hoch patriarchalen Gesellschaft - und am Ende gibt es keine Belohnung in Form einer Note.

Nur wenige Nichtregierungsorganisationen (NGOs) in Serbien beschäftigen sich direkt mit politischer /bürgerschaftlicher Bildung, dafür aber viele mit Menschenrechtsbildung. Sie ist kein Teil formaler Bildung. Daher werden viele außerschulische Programme, Seminare und Sommerschulen für Jugendliche organisiert, wo sie etwas über die Werte, Prinzipien und den Schutz von Menschenrechten erfahren.

Akquisos: Wie finanzieren die NGOs ihre Bildungsarbeit?

Die meisten NGOs finanzieren ihre Arbeit durch Projekte, mit mehr oder weniger abwechslungsreichen Finanzierungsplänen. Die Haupt-Geldgeber kommen aus der Internationalen Gemeinschaft: Botschaften, EU, Internationale Hilfsfonds und Stiftungen, und dann der Staat und die lokalen Selbstverwaltungen. Der private Sektor beteiligt sich vor allem mit Sponsoring oder Corporate Social Responsibility (CSR)-Aktionen an der zivilgesellschaftlichen Arbeit. Es gibt auch ein paar Stiftungen, die kleine Initiativen unterstützen. Weniger als 2% der serbischen Organisationen sind mitgliederbasiert, und nur wenige von diesen Mitgliedern zahlen tatsächlich Beiträge.

Die internationalen Gelder für serbische Programme werden aktuell gekürzt, daher ist nachhaltiges Fundraising gerade das heiße Thema. Organisationen suchen nach Wegen, Mittel direkt bei den Bürgern und anderen Akteuren der Gesellschaft einzuwerben. Der rechtliche Status solcher Aktivitäten ist allerdings aktuell nicht genau geklärt und es gibt Anzeichen dafür, dass die Regierung die Fundraising-Optionen für zivilgesellschaftliche Organisationen einschränken will. Individuelle Spenden, besonders anonyme, sind noch selten und niedrig, aufgrund der Steuerpolitik der Regierung und einer fehlenden strategischen Herangehensweise an Fundraising.

Akquisos: Gibt es eine Tradition in der serbischen Bevölkerung oder bei Unternehmen, für Organisationen zu spenden?

Es gibt eine Tradition für humanitäre Zwecke zu spenden, sowohl in der Bevölkerung, als auch bei Unternehmen. Unternehmen spenden eher strategisch und geben eher Sach-, Zeit- oder Wissensspenden als Geld für bestimmte Programme und Aktivitäten. An zivilgesellschaftliche Organisationen zu spenden ist noch relativ neu, und viele Leute sind misstrauisch. Daher spenden die Leute nach wie vor eher an traditionelle, meist humanitäre Organisationen

Akquisos: Wo sehen Sie das größte Potenzial für Fundraising in Serbien? Was sollte weiter entwickelt werden?

Das größte Potenzial sehen wir bei den lokalen Akteuren vor Ort – Bürgerinnen und Bürgern und lokalen Unternehmen. Sie geben viel, aber nicht strategisch. Wir brauchen neue Ansätze, um für das Geben und besonders das strategische Geben zu ermutigen. Außerdem sollten Organisationen ihre Arbeit so gestalten, dass Bürger sich leichter einbringen, langfristige Beziehungen zur Organisation aufbauen und regelmäßige Spender werden können.

Akquisos: Was wird getan, um eine Kultur des Gebens zu schaffen?

Zu aktuellen Aktivitäten im Sinne einer Kultur des Gebens gehören Fundraisingkampagnen auf lokaler Ebene, die darauf abzielen, Communities um bestimmte Themen von lokalem Interesse zu versammeln. Außerdem gibt es nun häufiger Kampagnen von prominenten Persönlichkeiten, die für gute Zwecke spenden, und die Zivilgesellschaft strebt eine Steuergesetzgebung an, die förderlich für Spenden wäre.

Akquisos: Vielen Dank für das Gespräch!

Fussnoten