Patenschaftsmodelle haben schon lange erfolgreich Einzug in das Fundraising gefunden. Besonders Kinderpatenschaften verzeichnen seit Jahren Umsatzzuwächse. Der Anteil von Patenschaften am Gesamtspendermarkt liegt laut CharityScope der GfK (ehem. Gesellschaft für Konsumforschung) bei rund 9%. Patenschaften sind ein Instrument der Spenderbindung und zeichnen sich durch eine langjährig angelegte Spenderbeziehung aus. Die daraus resultierenden Dauerspenden sparen Verwaltungskosten. Gleichwohl darf der Aufwand nicht unterschätzt werden, der entsteht, um den Kontakt zwischen Pate und Patenkind aufrecht zu erhalten und zu begleiten.
Einzelkindpatenschaften sind die am weitesten verbreitete Form der Patenschaften. Eine hohe Durchschnittsspende und lange Bindung sprechen für sich. Dies ist jedoch nicht die einzige Patenschaftsform. Es lassen sich drei grundlegende Modelle unterscheiden, die sich auch für den Einsatz im Fundraising für die politische Bildung eignen:
1. Patenschaft als Bindungselement
Kinderpatenschaften, die auf finanzieller Unterstützung fußen, findet man im Bereich der politischen Bildung allenfalls in entwicklungspolitischen Bildungsprojekten. Zumeist handelt es sich bei Kinderpatenschaften formal um Projektpatenschaften. Das heißt, das gespendete Geld kommt nicht nur dem einen Kind zugute, sondern der Einrichtung oder dem Dorf, in dem es lebt. An reinen Personenpatenschaften wird häufig kritisiert, dass die Fokussierung auf eine einzelne Person diese zu sehr hervorhebt, anstatt das Gesamtsystem zu stärken.
Auch Projektpatenschaften werden als Fundraisinginstrument in der politischen Bildung hierzulande noch selten eingesetzt. Meist übernehmen Prominente eine mehr oder weniger symbolische Patenschaft, um für ein Projekt zu werben. Zum Teil unterstützen sie das Projekt beratend und/oder monetär.
Möchten Fundraiser/-innen mit Patenschaften dauerhaft Spender/-innen gewinnen, muss ihnen die Möglichkeit gegeben werden, die Entwicklung einer Person, eines Projektes oder einer Idee über einen längeren Zeitraum zu verfolgen. Spender/-innen wollen erleben, wie sich etwas durch ihre Spende verändert. Sie wollen, dass ein ganz bestimmtes, für sie konkret nachvollziehbares Thema oder Projekt, das sie wichtig finden, vorangetrieben wird. Sie wollen teilhaben, ohne sich (zunächst) zeitlich engagieren zu müssen.
Praxisbeispiel: Bei "Aktion Sühnezeichen Friedensdienste" (vgl.
Mehr unter: Externer Link: www.asf-ev.de/de/unterstuetze-uns/freiwilligen-patenschaft/
2. Objekt- und Namenspatenschaften
Bei Objekt- und Namenspatenschaften erfolgt oftmals nur eine einmalige Spende.
Bei der Namenspatenschaft erwerben die Geber/-innen durch ihre Spende das Recht, dass ein ganzes Projekt oder einzelne Komponenten nach ihnen benannt werden. So kann die Ausstattung für einen Seminarraum dadurch erwirtschaftet werden, dass die Namen der Spender/-innen beispielsweise auf Tischen und Stühlen dauerhaft verewigt werden. Für alle wird somit die Verbundenheit zum Projekt sichtbar.
Bei der Objektpatenschaft wählt die Patin oder der Pate ein bestimmtes Objekt aus, welchem seine Spende zugutekommt. Oftmals wird diese Form gewählt, um Objekte oder Denkmäler zu erhalten oder zu restaurieren. Als Dank für die Patenschaft wird meist der Spendername dem Objekt beigefügt. Zusätzlich können die Paten Vergünstigungen, z.B. Zugang zum Objekt/Denkmal erhalten.
Praxisbeispiel: Eine Form der Objektpatenschaft stellen die so genannten "Stolpersteine" dar. Dabei handelt sich um kleine Gedenktafeln aus Messing, die Pflastersteinen ähneln. Sie werden zur Erinnerung an in der NS-Zeit deportierte und ermordete jüdische Bewohner/-innen vor deren letzter Wohnstätte verlegt. Vorbeilaufende stolpern gedanklich über die Geschichte und das Unrecht. Jeder kann für einen Stolperstein eine symbolische Patenschaft übernehmen. In diesem Fall erscheint der Spendername nicht, um nicht in Konkurrenz zum Namen auf dem Stolperstein zu stehen. Doch auch wenn die Spender/-innen im "Verborgenen" bleiben, entsteht für den einzelnen eine hohe Identifikation mit "seinem" Objekt.
Mehr unter: Externer Link: www.stolpersteine.eu
3. Patenschaft als Mentoringprogramm
Die am häufigsten angewandte Patenschaftsform im Bildungsbereich ist das ehrenamtliche Engagement für ein Patenkind oder eine/-n Jugendliche/-n. Bekannt sind diese auch unter dem Namen „Mentoring“. Ziel ist es, einzelne Personen in ihrer Entwicklung zu stärken und zu begleiten. Der Pate oder die Patin übernimmt freiwillig für eine (begrenzte) Dauer eine Fürsorgepflicht. Die Beziehung zwischen Pate/Patin und dem Patenempfänger ist nicht partnerschaftlich gleichberechtigt. Die Pflichten sind einseitig verteilt.
Am bekanntesten sind Bildungspatenschaften. Bei diesen werden Patenschaften für Kinder und Jugendliche mit einem unsicheren sozialen Netzwerk, einer gering ausgeprägten Bildung oder mit Migrationshintergrund übernommen. Sie erhalten durch die individuelle Betreuung und das gelebte Vorbild der Mentorin/des Mentors Selbstvertrauen und Orientierung.
Mentorenprogramme setzen auf praktische Mitarbeit. Die Finanzierung des Projektes und die Betreuung der Paten-Tandems müssen gesondert geleistet werden.
Praxisbeispiele: Mentoringprojekte gibt es z.B. in allen großen politischen Parteien bzw. den parteinahen Stiftungen und Vereinen. Aktive Politiker/-innen begeistern den Nachwuchs für die politische Arbeit und begleiten sie in den Anfängen.
Die politische Bildung im engeren Sinne steht bei vielen Projekten für Migrantinnen und Migranten zwar nicht im Fokus. Im Rahmen eines Mentoringprogramms, wie etwa beim Berliner Flüchtlingsprojekt Xenion, lernen jedoch beide Seiten viel über politische und gesellschaftliche Zusammenhänge der jeweiligen Herkunftsländer, z.B. bei der Unterstützung von Behördengängen.
Beispiel Mentorenprogramm für Flüchtlinge beim Berliner Verein Xenion - Psychosoziale Hilfen für politisch Verfolgte e.V.: Externer Link: www.xenion.org/angebote/ehrenamtsprojekte/mentorenprogramm/
>> Entscheidend für alle Formen von Patenschaft ist der Wille der Patinnen und Paten, sich durch die Übernahme der Patenschaft zum Patenempfänger, -objekt, -projekt oder -thema zu bekennen: Ich übernehme (sichtbar) Verantwortung, damit sich etwas verändert.