Die Liste von möglichen Fundraisinginstrumenten wird länger und länger. In den letzten Jahren hat sich Crowdfunding dazugesellt. Immer häufiger taucht der Begriff auf, wenn es um neue Wege der Mittelakquise geht. In den USA wird Crowdfunding seit 2003 durchgeführt. In Deutschland starteten die ersten beiden Online-Plattformen im Herbst 2010.
Worum geht es beim Crowdfunding?
Die traditionelle Übersetzung von Crowdfunding lautet "Schwarmfinanzierung". Anstatt für ein einzelnes Projekt wenige Menschen zu suchen, die viel Geld geben, wird eine große Masse (=crowd) gewonnen, die das Projekt mit vielen kleineren Beträgen (=funds) unterstützt. Die Investitionshürde des Einzelnen sinkt, die Anzahl der benötigten Unterstützer/-innen steigt.
Damit ist das Konzept des Crowdfundings, das ursprünglich für Profit-Projekte entwickelt wurde, eng an das traditionelle Spendensammeln angelehnt. Schnell adaptierten es gemeinnützige Organisationen für ihre Projekte. Crowdfunding ist weder eine Ergänzung noch eine Alternative zu Fundraising. Es ist vielmehr ein Teilbereich, da es nur eine Möglichkeit der Finanzierung neben den anderen darstellt.
Spezifika des Crowdfundings
Crowdfunding gehört zum Online-Fundraising, die Unterstützer/-innen werden über Online-Plattformen gewonnen. Es ist jedoch von "klassischen" Online-Spendenkampagnen, wie sie bspw. auf Plattformen wie betterplace.de zu finden sind, durch drei spezifische Merkmale abzugrenzen. Diese Merkmale finden sich zwar zum Teil auch in Spendenkampagnen wieder, sie werden dort aber nicht so konsequent gehandhabt wie beim Crowdfunding.
1. Kurzer Kampagnenzeitraum
Crowdfunding-Aktionen laufen in der Regel zwischen 30 und 90 Tagen. Danach wird abgerechnet. Aufgrund dieses knappen Zeitfensters wird Crowdfunding grundsätzlich online durchgeführt. Über Social Media oder andere Online-Kanäle lässt sich die Idee am besten in kurzer Zeit an viele Menschen verbreiten. Voraussetzung für ein erfolgreiches Crowdfunding ist daher eine gute Social Media Basis. Wer Crowdfunding betreiben möchte, sollte bereits entsprechende Strukturen aufgebaut und erste Erfahrungen gesammelt haben. Ohne eine Zielgruppe, die Lust auf Online-Kommunikation und -Teilhabe hat, kann Crowdfunding nicht funktionieren.
2. Alles-oder-Nichts-Prinzip
Ist der Kampagnenzeitraum abgelaufen und das Finanzierungsziel ist nicht erreicht, erhalten die Unterstützer ihr Geld zurück! Dies ist bei klassischen Spendenkampagnen nicht möglich – eine Spende ist unwiderruflich. Wird ein Spendenziel nicht erreicht, kann der Zeitraum verlängert oder das Projekt um den fehlenden Geldbetrag verkleinert werden, um die eingegangenen Spenden zu nutzen. Crowdfunder/-innen starten ihr Projekt dagegen nicht mehr. Rund 50% der Crowdfunding-Aktionen scheitern, da der Mindestbetrag nicht zusammen kommt. In der Vorbereitung ist es daher besonders wichtig, dem benötigten Geldbetrag den realistisch erreichbaren Geldbetrag gegenüberzustellen. Die Ziele dürfen hier nicht überambitioniert sein.
3. Gegenleistung
Eine Spende ist grundsätzlich freiwillig. Spender/-innen wählen die Höhe selbst und erhalten keine Gegenleistung. Beim Crowdfunding ist die Gegenleistung jedoch entscheidend. Jede/r Unterstützer/-in bekommt eine gemäß der Unterstützungssumme vorab fest definierte Anerkennung. Dies hat verschiedene Auswirkungen: 1. Die Gegenleistung muss mitgedacht werden, das heißt es gilt ein dezidiertes Anreizsystem zu entwickeln. Das ist für viele gemeinnützige Organisationen, die bisher ausschließlich mit freiwilligen Spenden arbeiteten, ein grundsätzlich neues Denken. 2. Durch das Konstrukt „Geld gegen Leistung“ entfällt die Steuervergünstigung – sowohl für die Organisation, die die Einnahmen versteuert muss als auch für die Unterstützer/-innen (keine steuerliche Abzugsfähigkeit).
Crowdfunding – Ja oder Nein?
Trotz dieser strikten Kriterien bietet Crowdfunding gegenüber klassischen Online-Kampagnen klare Vorteile. "Man kann ganz neue Zielgruppen für sich gewinnen. Nämlich genau die, die mit rein altruistischen Argumenten nicht erreichbar sind", weiß Jörg Eisfeld-Reschke, Leiter der Fachgruppe Digitales Fundraising des Deutschen Fundraising Verbands und Spezialist für Crowdfunding-Projekte im gemeinnützigen Sektor. "Zudem ist die durchschnittliche Unterstützungssumme pro Kopf beim Crowdfunding deutlich höher als bei reinen Spendenkampagnen."
Ein weiterer Pluspunkt ist die Möglichkeit zur Partizipation, was es für die politische Bildung interessant macht. Partizipation beschränkt sich nicht auf den finanziellen Aspekt. Die Unterstützer/-innen können, sollen und wollen in der Regel am Projekt teilhaben. Dies ist dank der Gegenleistungen in besonderer Weise möglich: Soll für ein politisch bildendes Buchprojekt Crowdfunding betrieben werden, sind beispielsweise Gegenleistungen wie die Mitbestimmung bei der Auswahl eines Kapitels, Feedbackmöglichkeit zu ersten Entwürfen oder Diskussion mit dem Autor in einem eigenen Plenum denkbar.
Aber Vorsicht: Bereits bei klassischen Online-Kampagnen wird der Aufwand in der Regel deutlich unterschätzt und der daran gemessene Erfolg überschätzt. Bei einer Crowdfunding-Aktion sind Vorbereitung, Aufwand, Kosten und Risiko des Scheiterns nochmals größer. Neulinge des Online-Fundraisings sollten von den aussichtsreichen Methoden des Crowdfundings und dessen erfolgreichen Projekten lernen. Mit diesem Wissen können sie die erste eigene Online-Spendenkampagne starten.