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Slowakei: "Es gibt noch viel Potenzial, das erschlossen werden kann." Gespräch mit Eduard Marček

/ 3 Minuten zu lesen

Unsere Europareise Fundraising führt in dieser Ausgabe in die Slowakei. Wir sprachen mit Eduard Marček, dem Vorsitzenden des Slowakischen Zentrums für Fundraising (Slovenské centrum fundraisingu). Das Ziel des Zentrums ist es, professionelles Fundraising und die Finanzierung von NGOs, öffentlichen und privaten Institutionen und zivilgesellschaftlichen Initiativen in der Slowakei, aber auch im Ausland zu fördern.

(© public domain)

Weitere Informationen: Externer Link: http://www.fundraising.sk/

Akquisos: Welchen Stellenwert hat Fundraising im Finanzierungsmix gemeinnütziger Organisationen in der Slowakei?

Eduard Marček: Finanzakquise aus diversen finanziellen Quellen ist entscheidend für die Stabilität und Nachhaltigkeit von fast allen gemeinnützigen und nichtstaatlichen Organisationen. In der Vergangenheit konnten es sich viele slowakische Organisationen leisten, ausschließlich von einer oder zwei Finanzierungsquellen (z.B. von öffentlicher Hand oder Stiftungsförderung) abhängig zu sein. In der Zukunft werden sie aber einen viel breiteren Finanzierungsmix nicht vermeiden können – wenn sie ihre Abhängigkeiten verringern und ihre Weiterentwicklung stärken wollen.

Akquisos: Wie ist die Spendenbereitschaft in der Slowakei ausgeprägt?

EM: Obwohl es keine komplexen Daten zur Spendenbereitschaft für verschiedene gemeinnützige Zwecke in der Slowakei gibt, haben einige Studien gezeigt, dass die Slowaken am liebsten den Gesundheitsschutz, soziale Hilfe für Bedürftige und religiöse Zwecke der Kirchen unterstützen. Dies ist am Erfolg einiger sozialer und kirchlicher Organisationen zu sehen. Ihre Fundraising-Ergebnisse beweisen, dass die Slowaken Jahr für Jahr mehr spenden, und das auch in der Krisenzeit.

Akquisos: Wer sind die wichtigsten Akteure bei der Unterstützung zivilgesellschaftlichen Engagements in der Slowakei? Und wie zeigt sich deren Rolle in der Professionalisierung von Fundraising?

EM: Auf der lokalen Ebene würde ich diese Rolle vor allem den kommunalen Stiftungen zuschreiben, die in mehreren Regionen der Slowakei tätig sind und die Bürgerinnen und Bürger vor Ort in das Leben und die Entwicklung der Kommune einbeziehen. Gleichzeitig mobilisieren sie die lokalen Quellen und lernen, wie man sie immer professioneller und langfristig nutzen kann. Auf der nationalen Ebene unterstützt vor allem das "Zentrum für Philantropie” die Entwicklung von Spenden. Im "Slowakischen Zentrum für Fundraising” bemühen wir uns, zur Entwicklung des professionellen Fundraising und des Fundraiser-Berufs beizutragen.

Akquisos: Was ist aus Ihrer Sicht die erfolgreichste slowakische Fundraising-Kampagne der letzten drei Jahre und warum?

EM: Mich persönlich hat die Crowdfunding-Kampagne des bekannten slowakischen Karikaturisten Martin Šútovec, der als "Shooty" bekannt ist, angesprochen. Vor den Wahlen in 2010 wollte er als Zeichen seiner persönlichen Missbilligung gegenüber der damaligen Regierung eine provokative Plakatkampagne auf den Weg bringen, die die drei höchstrangigen Regierungsvertreter persiflieren sollte. Der ursprüngliche Plan war es, die Karikatur auf drei öffentlichen Plakatflächen zu zeigen und auf diese Weise die Menschen vor den Wahlen zu informieren oder mobilisieren. Dazu brauchte er ungefähr 5.000 Euro, die er aber nicht zur Verfügung hatte. Deswegen hat er die Menschen in sozialen Netzwerken angesprochen und zur Unterstützung seiner humorvollen Kampagne aufgerufen. Zur Überraschung Aller, inklusive des Autors, ist es ihm gelungen, innerhalb von 15 Tagen die ursprünglich angedachte Summe mehr als 14-fach einzunehmen, so wurde aus drei geplanten Plakatflächen dann eine wichtige Informationskampagne vor den Wahlen. Meiner Meinung nach hat er zum ersten Mal gezeigt, wie wichtig nicht nur die Kommunikationsweise, Bekanntheit oder Originalität einer Fundraising-Idee ist, sondern auch, wie man die sozialen Medien nutzen kann, und zwar auf eine einfache Art und Weise. Und das hat funktioniert.

Akquisos: Wo sehen Sie das größte Potenzial im Fundraising der Slowakei in den nächsten 5-10 Jahren?

EM: Das größte Potenzial sehe ich eindeutig in der Entwicklung des Einzelpersonen-bezogenen Fundraisings. Bisher haben nur relativ wenige Organisationen die Vorteile dieser Finanzierungsweise erkannt und das Spendenpotenzial der Einzelnen entdeckt. Es ist sinnvoll und lohnt sich, mit den Spendern regelmäßig zu kommunizieren und sie in die Unterstützung seiner Mission einzubeziehen. Großes Potenzial hat meiner Meinung nach auch Großspender-Fundraising. In der Periode seit der samtenen Revolution im Jahr 1989 ist hier eine Gruppe von erfolgreichen und wohlhabenden Menschen aufgewachsen. Nun ist es nötig, diese Menschen zu finden, anzusprechen und in die Unterstützung gemeinnütziger Zwecke einzubinden. Zudem sehe ich eine große Nische in der Finanzakquise bei Testamenten. Es sind zwar die ersten Ansätze im Bereich Testamentspenden zu sehen, doch wir warten immer noch darauf, welche Organisation als erste eine Kampagne im Bereich Nachlassfundraising organisieren wird.

Akquisos: Vielen Dank für das Gespräch!

Fussnoten