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Ethische Herausforderungen für die Pflege in der Covid-19-Pandemie | Medizin und Ethik in der Pandemie | bpb.de

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Ethische Herausforderungen für die Pflege in der Covid-19-Pandemie

Annette Riedel Sonja Lehmeyer

/ 13 Minuten zu lesen

Tag für Tag erbringen professionell Pflegende einen Kraftakt: Neben außerordentlichen körperlichen, psychischen und emotionalen Leistungen ist auch der beträchtliche Zeitaufwand – oft weit über die eigentliche Arbeitszeit hinausgehend – nicht zu überschätzen.

Die Covid-19-Pandemie hat dabei bestehende Ordnungsmuster und Orientierungsdirektiven erschüttert, pflegeprofessionelle Gewissheiten und pflegeethische Prämissen destabilisiert. Sie forderte die Pflegenden in Bezug auf veränderte Ansprüche und Notwendigkeiten an die und in der professionellen Pflege heraus. Neben einem neuen, bis dato nicht existenten Krankheitsbild mit zunächst schwer zuordenbaren Symptomen, kamen die erheblichen Anforderungen an das Hygienemanagement hinzu: Kontaktbeschränkungen, Freiheitseinschränkungen und Isolation zum Schutz vulnerabler Bewohner*innen und Patient*innen. Zugleich offenbart die Covid-19-Pandemie seit langer Zeit bestehende personelle, strukturelle und professionelle Engpässe, eine zunehmende Arbeitsverdichtung, soziale Ungleichheiten in den gesellschaftlich bedeutsamen beruflichen Kontexten der professionellen Pflege – und zwar in allen Pflegebereichen. Die Pandemie zeigt, dass sich das pflegerische Versorgungssystem an der Belastungsgrenze befindet. In Situationen hochkomplexer Versorgungsanforderungen manifestiert sich die in der Vergangenheit realisierte bloß fragmentarische Professionalisierung der pflegerischen Handlungspraxis. Diese forciert den Engpass dadurch, dass es zuletzt vornehmlich um ein Mehr an Personal ging und weniger um die umfassende und an den professionellen Anforderungen ausgerichtete Qualifikation der (zukünftigen) Pflegefachkräfte. Sowohl die effektive und effiziente Umsetzung der Hygiene- und Schutzmaßnahmen wie auch das fachlich fundierte und ethisch reflektierte Entscheiden und Handeln in Situationen der Unsicherheit fordern indes ein umfassendes Wissen und ein hohes Kompetenzniveau. Die mangelnde Fokussierung auf eine fundierte und nachhaltige Qualifikation sowie der ausbleibende Einsatz einer angemessenen Anzahl dreijährig qualifizierter Pflegender und/oder entsprechend weitergebildeter Fachpflegekräfte zeigen gerade in Krisensituationen, in denen Qualifikation, Analyse, Reflexion wie auch Entscheidungs- und Handlungskompetenz besonders bedeutsam sind, ihre negativen Auswirkungen.

Lehren der Pandemie

Die für die professionelle Pflege grundlegende Perspektive auf die subjektiven Bedürfnisse und situativen Bedarfe der zu pflegenden Menschen und deren An- und Zugehörigen konnten und können unter den geforderten Rahmungen vielfach nicht realisiert werden, wie folgende Beispiele zeigen:

  • Die Einschränkungen der Freiheit, die einschneidenden Restriktionen des Rechts auf Selbstbestimmung wie auch die verletzten Grund- und Persönlichkeitsrechte beeinträchtigten die Lebensqualität der Bewohner*innen in der Langzeitpflege entscheidend und verletzten ihre physische und psychische Gesundheit.

  • Soziale Isolation und die damit verbundene Reduktion an Teilhabe führten während der Schließung der Einrichtungen zur Reduktion von körperlichen und kognitiven Ressourcen bei den Bewohner*innen und Patient*innen.

  • Menschen in Kliniken, auf Intensivstationen und in Einrichtungen der Langzeitpflege mussten angesichts der Besuchsverbote und der restriktiven Schutzmaßnahmen alleine, das heißt ohne die Begleitung durch An- und Zugehörige, ihren letzten Lebensweg gehen.

  • Mit dem Coronavirus infizierte Bewohner*innen wurden nicht in Kliniken verlegt.

Das im Rahmen der Pandemie über einen langen Zeitraum geforderte Reagieren und Handeln unter Unsicherheit und Ungewissheit fordert nun ein neues Vertrauen und Selbstbewusstsein in die professionelle Entscheidungs- und Handlungskompetenz – über die primäre Orientierung an externen Vorgaben und restriktiven Regelwerken hinausgehend. Das heißt, nach dieser Phase der berechtigten Handlungsunsicherheit ist die professionelle Analyse-, Reflexions- und Entscheidungskompetenz grundlegend und dahingehend neu zu stärken, dass professionell Pflegende über die Kompetenzen verfügen, im Sinne der pflegebedürftigen Menschen und ihres gesamtgesellschaftlichen Auftrages fachlich und ethisch begründet, verantwortungsvoll und achtsam zu entscheiden und zu agieren ("Advocacy-Funktion"). Um dieses Vertrauen wieder zu stärken, bedarf es zunächst der Einordnung und auch der ethischen Reflexion dessen, was war. Denn: Den eigenen pflegeprofessionellen Anforderungen und pflegeethischen Ansprüchen nicht gerecht werden, Erkrankungen nicht entgegenwirken oder auch den Tod eines Menschen nicht würdevoll und menschenrechtskonform gestalten zu können, führt zu Schuldgefühlen, zu moralischer Belastung bis hin zu moral distress und möglicherweise gar zum Berufsausstieg. Daher gilt es, innezuhalten, Raum für retrospektive ethische Analyse und Reflexion zu schaffen. Es braucht Angebote und Maßnahmen zur moralischen Entlastung und Stärkung der Pflegenden. Daher darf es keine Option sein, nach dem erfolgten Impfschutz möglichst rasch wieder in eine pflegerische "Normalität" zurückzukehren. Bedeutsam ist, die moralische Integrität als professionelle Pflegefachkraft wiederzuerlangen, sie zu stärken und moralische Entlastung zu erfahren, um auf dieser Basis Selbstwirksamkeit zu erleben. Es geht darum, die eigenen professionellen Kompetenzen und die professionelle Werteorientierung wieder in den Mittelpunkt zu rücken und als Kernbereich der professionellen Pflege zu etablieren.

Im Folgenden legen wir den Schwerpunkt auf das moralische Belastungserleben der professionell Pflegenden. Die moralische Belastung (neben der physischen, der psychischen, der emotionalen und der gesundheitlichen) kann mit ein bedeutsamer Grund dafür sein, dass Pflegende im Kontext der Pandemie (psychisch) krank werden, den Berufsverbleib infrage stellen oder den Beruf verlassen. Die Ursachen dieser Belastung liegen möglicherweise in fehlenden Ethikkompetenzen, fehlendem moralischen Mut der professionell Pflegenden und einer fehlenden oder nicht gelebten Ethikkultur.

Es gilt, die Notwendigkeit der moralischen Entlastung – einhergehend mit der Reflexion der individuellen und situativen moralischen Sensibilität und dem Bewusstsein für unauflösbare ethische Dilemma- und Konfliktsituationen – herauszustellen, die Bedeutsamkeit der (retrospektiven) Analyse und Reflexion moralisch belastender Situationen, aber auch die Bedeutsamkeit einer Ethikkultur in Zeiten der Krise und Unsicherheit herauszuarbeiten.

Ethische Konflikte und moralische Belastung

Public-Health-Krisen wie die Covid-19-Pandemie stellen die Gesellschaft und insbesondere auch die Gesundheitsberufe vor erhebliche ethische Herausforderungen, sie machen Menschen, die bereits verletzlich sind, noch verletzlicher. Sie fordern ethische Sensibilität und Verantwortung für menschenwürdige Lebensräume und Versorgungssituationen wie auch für Lebensqualität und Lebensschutz. Die ethischen Fragen im Großen (in der Gesellschaft) haben sich vielfach auch im Kleinen (in den Institutionen des Gesundheitswesens) gestellt. Nachfolgend liegt der Fokus auf den ethischen Konfliktfeldern, mit denen professionell Pflegende konfrontiert waren (Mikroebene). Für die Führungskräfte oder auch die Träger und Verbände waren es teilweise andere Fragen (beispielsweise Ressourcenfragen, Auslastungsfragen, Refinanzierungsfragen). Letztere sind als Protagonisten indes wiederum relevant, wenn es darum geht, die Vernetzung der Versorgungsstrukturen abzusichern, aber auch, um die Rahmenbedingungen für die moralische Entlastung durch die Organisationsethik zu eröffnen (Mesoebene). Der politische Handlungsbedarf (Makroebene) wird nachfolgend ebenfalls wiederholt angesprochen, insbesondere in Bezug auf die bedarfsgerechte Personalausstattung, die wesentlich Einfluss auf die psychischen und physischen Belastungen des Pflegepersonals nimmt.

Wie also wurden professionell Pflegende von der Pandemie auf einer moralischen Ebene getroffen? Pflegende in den Einrichtungen der Langzeitpflege wurden mit den Vorgaben der Isolation und Kontaktbeschränkung konfrontiert, die Infektionen reduzierten beziehungsweise deren Ausbreitung verhinderten. Angesichts des Handelns unter Unsicherheit wurden Pflegende in der Pandemie wiederholt mit der Frage konfrontiert, ob Interventionen und Schutzmaßnahmen geeignet beziehungsweise erforderlich sind. Neben der fachlichen Expertise, gemäß den Hygienevorgaben zu entscheiden, ging es vielfach auch um die ethische Abwägung und um eine ethisch begründete Entscheidungsfindung. Ein wiederkehrender ethischer Konflikt ergab sich aus dem Spannungsfeld zwischen der Freiheit der Bewohner*innen und Patient*innen und dem Schutz des Lebens, dem Schutz vor der Infektion mittels Isolation.

Um diesen ethischen Konflikt angesichts der Hygieneanforderungen auszubalancieren, traten insbesondere die Prämissen der Verhältnismäßigkeit einer Intervention und der Legitimation der Einschränkung von Grundrechten in den Fokus. Der Lebens- und Infektionsschutz der Bewohner*innen in der Langzeitpflege wie auch in den Einrichtungen der Eingliederungshilfe ließ vielfach die pflegebezogenen Maßnahmen in den Hintergrund rücken, die die Lebensqualität, Privatheit, soziale Teilhabe, die Entscheidungsfreiheit, Selbstbestimmung sowie die leibliche und seelische Integrität der Bewohner*innen fördern. Die Einschnitte in die Persönlichkeitsrechte und die räumliche und soziale Isolation waren vor allem für die Menschen mit kognitiven Veränderungen schwer nachvollziehbar und vielfach nur durch die Einschränkung ihrer Selbstbestimmung und Freiheit realisierbar. Die in diesem Kontext ergriffenen Maßnahmen und pflegebezogenen Konsequenzen standen vielfach dem professionellen Auftrag und dem pflegeprofessionellen Verständnis entgegen. Sie widersprachen auch den ethischen Prämissen professionellen Handelns, wie diese zum Beispiel im Ethikkodex des International Council of Nurses formuliert sind.

Vielfach fühlten sich die professionell Pflegenden verantwortlich dafür, die Restriktionen umzusetzen und gleichzeitig die Verhältnismäßigkeit zu wahren. Die Situation, sich nicht an den gültigen ethischen Werten orientieren zu können und die Verantwortung für Entscheidungen übernehmen zu müssen beziehungsweise Entscheidungen mittragen zu müssen, die nicht dem professionellen Werteverständnis entsprechen, führt zu moralischem Belastungserleben. Wiederkehrendes oder sich potenzierendes moralisches Belastungserleben wird als Stimulanz und Ursache von moralischem Stress – als psychologische Reaktion – angesehen.

Hinzu kommt, dass ein sehr großer Anteil aller an und mit Covid-19 verstorbenen Menschen in den Industrieländern ältere Bewohner*innen in stationären Langzeitpflegeeinrichtungen beziehungsweise ältere und hochaltrige Menschen sind. Die Pflegenden in den Einrichtungen der stationären Langzeitpflege wie auch die Pflegenden auf Intensivstationen mussten die Erfahrung machen, dass Menschen ohne einen letzten Kontakt mit An- und Zughörigen gestorben sind. Dies stand Ansprüchen einer angemessenen und an der Palliative Care ausgerichteten Begleitung in der letzten Lebensphase und im Sterben entgegen und verursachte bei den professionell Pflegenden moralisches Belastungserleben und moral distress. Genuine Prämissen der Palliative Care wie die Förderung der Lebens- und Sterbensqualität, die Förderung der Selbstbestimmung und der Einbezug der An- und Zugehörigen wie auch das Lindern von Leiden auf der psychischen, sozialen und spirituellen Ebene waren erheblich eingeschränkt oder gar unmöglich. Neben der belastenden Situation, zentrale Werte verletzt zu haben, kommen in einer rückblickenden ethischen Reflexion möglicherweise noch Schuldgefühle mit Blick darauf hinzu, die Sterbenden, die Toten, aber auch die Trauernden alleine gelassen zu haben.

Bereits an diesen beiden Beispielen wird die Mehrdimensionalität der potenziellen Belastungen deutlich. Parallel zu dem erheblichen physischen, psychischen und emotionalen Belastungserleben der professionell Pflegenden ist zugleich das moralische Belastungserleben bedeutend. Angesichts dieser enormen Belastungen ist es geboten, die professionell Pflegenden moralisch zu entlasten – und eine bewusste und unterstützende Ethikkultur zu etablieren und zu leben.

Moralische Entlastung und gelebte Ethikkultur

In Studien wird darauf verwiesen, dass moralischer Stress bei Pflegenden – als ein komplexes individuelles Phänomen – im Kontext und angesichts der Pandemie eine beachtliche Rolle spielt, dem es sich zu widmen gilt, um den damit einhergehenden Konsequenzen entgegenzuwirken. Denn: Die subjektiven Auswirkungen von moral distress auf die Betroffenen – im Rahmen, aber auch im Nachgang der Pandemie – sind vielfältig und können bis hin zu Burn-out-Syndromen oder gar zum Berufsausstieg führen. In der Versorgung der Patient*innen selbst führt moral distress zu Qualitätseinbußen in der professionellen Pflege, Versorgung und Begleitung.

Im Sinne der Pflegenden und ihrer Professionalität, aber auch, um ihnen ethische Reflexion und nachhaltige moralische Entlastung zu ermöglichen, sind organisationsethische Strukturen nötig. Organisationsethik sucht "nach den strukturellen Rahmenbedingungen einer Organisation, welche das alltagsethische Handeln in der alltäglichen Praxis ermöglichen". Fehlen indes Strukturen der Reflexion (wie ethische Fallbesprechungen, Prozesse der Ethik-Leitlinien-Entwicklung, Ethik-Visiten oder Ethik-Cafés), verbleiben moralisches Unbehagen und verfestigt sich moralischer Stress, verdichtet sich Handlungsunsicherheit oder gar Handlungsunvermögen, staut sich die moralische Belastung auf und leidet die Gesundheit.

Eine gelebte Organisationsethik und ein angemessenes, etabliertes und gelebtes moralisches Klima sind im Kontext von Krisen wie der Covid-19-Pandemie alternativlos. Es geht im Sinne einer professionellen Ethik und der ethischen Verantwortung der professionell Pflegenden darum, den Perspektivwechsel zu eröffnen und ein ethisch gut begründetes und ethisch verantwortetes Handeln zu ermöglichen.

Ethische Sensibilität wie auch die Fähigkeit, ethisch belastende Situationen und/oder ethische Konfliktsituationen zu identifizieren und zu benennen, fordern spezifische Ethikkompetenzen ein. Ethische Bildungsprozesse sind somit als wichtige Maßnahmen zu betrachten, um auf ethische Herausforderungen und Konflikte im Rahmen von Krisensituationen wie auch in Situationen der moralischen Verunsicherung und Unsicherheit ethisch reflektiert und kompetent reagieren zu können und in der Folge moralisches Belastungserleben bestenfalls zu verhindern, zumindest aber zu reduzieren.

Noch nie war es – angesichts der wie unter einem Brennglas sichtbar gewordenen Missstände – in den Bereichen der Pflege- und Sorgearbeit so relevant, für moralische Entlastung zu sorgen, entsprechende institutionelle Rahmungen zu schaffen und ethische Bildung zu forcieren. Insbesondere im Sinne der Gesundheit der professionell Pflegenden und ihrer pflegeberuflichen Integrität, aber auch im Sinne der Achtung professionell-ethischer Standards und der Pflegequalität für die Pflegebedürftigen wie auch im Hinblick auf die Sicherstellung der pflegerischen Versorgung an sich, fordern diese drängenden Desiderate klare Akzentsetzungen seitens der Sozialpolitik, der Verbände und Träger.

Was aus der Pandemie für die Pflege folgt

Die französische Philosophin Monique Lanoix sprach im Kontext der Covid-19-Pandemie von einer "humanitären Krise" in der Langzeitpflege. Diese darf sich weder für die Bewohner*innen und ihre An- und Zugehörigen noch für die professionell Pflegenden wiederholen. Die Pandemie ist folglich nicht ausschließlich eine gesundheitliche Krise, sie verweist zugleich auf die professionellen, institutionellen und strukturellen Verwundbarkeiten. "Die Covid-19-Pandemie zeigt uns wie durch ein Vergrößerungsglas alle Dilemmata auf allen Pflegeebenen und in allen Settings auf; Dilemmata, die bereits bestanden und nach der Pandemie bestehen und sich verschärfen werden." Neben den Erkrankten und pflegebedürftigen Menschen waren und sind insbesondere die Pflegenden selbst im Kontext der Pandemie vielfältigen Gefährdungen und Belastungen ausgesetzt. Sie sind in der Folge besonders schutzbedürftig. Die beschriebenen Belastungssituationen fordern zeitnah entlastende und stärkende Interventionen. Die moralische Belastung ist ein Aspekt der multiplen Belastungsfaktoren, vielfach einer zunächst verborgenen Belastungssituation, die langfristig indes nicht nur individuelle gesundheitliche Folgen hat, sondern auch einerseits den Patient*innen schadet – und andererseits das Berufsfeld Pflege immer unattraktiver macht. In der Folge:

  • gebührt dem moralischen Belastungserleben eine gleichwertige professionelle und organisationale Achtung wie den psychischen und physischen Belastungssituationen;

  • obliegt es den Institutionen des Gesundheitswesens, organisationsethisch gerahmte Maßnahmen zur Prävention moralischer Belastungssituationen zu etablieren, insbesondere um moralischem Stress vorzubeugen und ethisch systematisiert sowie ethisch gut begründete Entscheidungen zu lancieren;

  • sind zeitnah nachhaltige Maßnahmen zur pflegeethischen Qualifikation zu forcieren, um pflegeberufliche Ethikkompetenzen zu entwickeln und zu verdichten, moralischen Mut zu stärken, moralisches Urteils- und Handlungsvermögen zu entfalten und die moralische Integrität der professionell Pflegenden zu schützen und zu erhalten;

  • müssen die in der Covid-19-Pandemie offenbarten Missstände in den Einrichtungen des Gesundheitswesens zeitnah ausgeräumt, die bestehende Unterfinanzierung und die mangelnde Koordination von Gesundheitsleistungen behoben werden, um die Pflege- und Versorgungsqualität zu gewährleisten und einem fortschreitenden "Pflegexit" zu begegnen.

Und: Um die Pflege wieder als attraktives Arbeits- und Handlungsfeld zu etablieren, sind Politik, Träger und Verbände angehalten, zukunftsweisend für eine bedarfsgerechte qualitative und quantitative Personalausstattung und für verbesserte Arbeitsbedingungen Sorge zu tragen. Eine bessere Vergütung allein ist hier nicht ausreichend. Bezüglich richtungsweisender Interventionen ist Eile geboten, denn: Der Fachkräftemangel fordert zeitnahe Maßnahmen, um die Gesundheitsversorgung und die professionelle Pflege langfristig sicherstellen zu können.

ist Professorin für Pflegewissenschaft und Ethik an der Hochschule Esslingen sowie Vizepräsidentin der Akademie für Ethik in der Medizin und Mitglied im Deutschen Ethikrat. E-Mail Link: annette.riedel@hs-esslingen.de

ist Pflegepädagogin und Pflegewissenschaftlerin an der Hochschule Esslingen. Sie forscht zur Ethikkompetenzentwicklung im Kontext der praktischen Pflegeausbildung. E-Mail Link: sonja.lehmeyer@hs-esslingen.de