Die wissenschaftlichen Disziplinen Deutsch als Zweitsprache (DaZ) und Deutsch als Fremdsprache (DaF) beschäftigen sich mit dem Lehren und Lernen des Deutschen auf der Basis bereits vorhandener Kenntnisse in anderen Sprachen. Während sie ihrer Gründungsphase in den 1960er und 1970er Jahren überwiegend als praxisorientierte Disziplinen galten, haben sich DaZ und DaF inzwischen an den Schnittstellen von Linguistik, Pädagogik, Fremdsprachendidaktik, Spracherwerbsforschung sowie Kultur- und Literaturwissenschaften etabliert. Charakteristisch für die Verhandlung wissenschaftlicher Fragestellungen in Deutsch als Fremd- und Zweitsprache ist es, die Perspektive der Vermittlung und des Lehrens sowie des Lernens einzunehmen und zu fragen, welche Auswirkungen ein spezifisches Merkmal auf die Gestaltung und den Erfolg von Sprachlernprozessen für DaZ (innerhalb deutschsprachiger geografischer Räume beziehungsweise innerhalb der amtlich deutschsprachigen Länder und Regionen)
Diskurse über Sprache(n), Sprachgebrauch und Sprachnormen haben die Methodik des Lehrens und Lernens von Fremdsprachen und die Diskussion um (erfolgreichen) Zweitsprachenerwerb stets bestimmt. So sind Annahmen über die Funktion von Sprache eine Grundlage für Annahmen über das Lernen von Sprachen. Historisch folgt die Praxis des Lehrens und Lernens von Sprachen sich verändernden gesellschaftlichen Bedingungen und Notwendigkeiten. Das kann auch in der Geschichte der Fächer DaZ und DaF deutlich nachvollzogen werden.
Allgemeine sprachliche Herausforderungen
Prinzipiell kann davon ausgegangen werden, dass alle sprachlichen Formen Gegenstand von Sprachlernprozessen und/oder institutionalisierten Sprachvermittlungsprozessen sein können – so auch gendergerechte Sprache. Als Schreib- und Sprechweise ist gendergerechte Sprache Teil (und kontroverser Gegenstand) des aktuellen Sprachgebrauchs. Lehrpersonen und angehende Lehrkräfte setzen sich mit gendergerechten Verwendungsweisen im gesprochenen und geschriebenen Deutsch auseinander, Beispiele gendergerechter Sprache werden in Lernmaterialien systematisch aufbereitet oder auch in Sprachprüfungen verwendet. Noch ist dies nur in Ansätzen der Fall, da das Für und Wider gendergerechten Sprachgebrauchs, parallel zum gesellschaftlichen Diskurs, auch in der Fachdisziplin DaZ/DaF noch nicht ausdiskutiert ist.
Deutsch gilt gemeinhin als schwierige Sprache, und tatsächlich weist das Deutsche in vielen Bereichen eine eigene Komplexität auf – sei es in der Phonetik, der Wortschreibung oder der Wortstellung im Satz, um nur drei zu nennen. Als typische, aus dem Sprachsystem heraus resultierende Problembereiche für Deutschlernende unterschiedlicher Erstsprachen gelten unter anderem das Genussystem mit der Realisierung grammatischer Kongruenz in Nominalgruppen, die bestimmten Artikel die, der und das, die Präpositionen, die Flexion der Nomen, Adjektive und Verben, Nebensätze, aber auch Charakteristika des sprachlichen Handelns auf Deutsch.
Das Lernen einer Sprache ist jedoch nicht gleichzusetzen mit dem Lernen von Regularitäten des Sprachsystems. Während sprachsystematische Beschreibungen helfen, einzelne Phänomene besser zu verstehen und die zu lernende Norm gegebenenfalls auch besser erklären zu können, folgen Sprachlernprozesse als individuelle kognitive sowie als gesellschaftlich wirksame Prozesse anderen Regularitäten. Abhängig von zahlreichen Faktoren – etwa persönlichen Lernvoraussetzungen (vorhandene Sprachkenntnisse, Alter, kognitive Fähigkeiten, Lernerfahrungen), institutionellen Bedingungen (Kindergarten, Schule, Erwachsenenbildung), sozioökonomischen Faktoren und biografisch-sozialen Einflüssen (unterstützte Zuwanderung, Flucht- und Zwangsmigration, Aufwachsen in mehrsprachigen Familienkonstellationen) – sind Sprachlernprozesse individuelle dynamische Prozesse. Diese führen im Idealfall zu zunehmend kompetenten Sprecher:innen des Deutschen, die an immer komplexeren privaten und gesellschaftlichen Diskursen in der neuen Sprache teilhaben können.
Die Charakteristika des Deutschen, die aus verschiedenen linguistischen Perspektiven heraus detailliert und auf Basis sprachvergleichender Analysen beschrieben wurden, können sich als Schwierigkeiten beim Deutschlernen zeigen. Das heißt, sie stellen DaZ/DaF-Lernende vor Herausforderungen in der Rezeption, Produktion und Interaktion im mündlichen wie im schriftlichen Modus des Sprachgebrauchs. Insgesamt hat gendergerechte Sprache hieran jedoch einen recht geringen Anteil. DaF/DaZ-Lernende sind zunächst mit basalem Wortschatzerwerb, mit der Position und den Formen des Verbs im Satz oder Herausforderungen im Hörverstehen sowie der Aussprache beschäftigt. Allerdings spielen Personenbezeichnungen (Kind, Mann, Frau, Schwester, Bruder, Arzt, Ärztin und so weiter) und Beziehungen zwischen Personen (meine/deine/ihre/seine/ihre Schwester) vor allem zu Beginn von Sprachlernprozessen eine große Rolle. Hier würden sich also recht schnell Chancen und Schwierigkeiten gendergerechter Sprache im Deutscnen zeigen können (die Ärztin, die Ärztinnen, die Ärzt:innen). Es kann davon ausgegangen werden, dass gendergerechte Sprech- und Schreibweisen jedoch nicht per se eine Schwierigkeit darstellen. Nicht jedes potenziell schwierige Strukturmerkmal des Deutschen wird auch zwangsläufig zur (unüberwindbaren) Hürde.
Gendergerechte Sprache als Herausforderung
Das Ziel gendergerechter Sprache ist es unter anderem, die Trennung von Sprachsystem und Sprachgebrauch zu durchbrechen und sprachliches Handeln als Teil der (Re-)Produktion von gesellschaftlichen Strukturen anzusehen. Unter gendergerechter Sprache werden in Hinblick auf nominale Personenbezeichnungen im Gegensatz zum sogenannten generischen Maskulinum daher Formen des Splittings (Beidnennung der grammatisch maskulinen und femininen Formen, entweder als Paarform oder durch Segregation der Suffixe), der Neutralisierung (ohne Genderreferenz, beispielsweise durch Partizipienbildung), das generische Femininum (als symbolische Umkehrung des generischen Maskulinums) sowie weitere Formen (im Wort wandernde Unterstriche, x-Endungen und anderes mehr) gefasst.
Als wichtigste grammatische Informationen von Nomen gelten Genus, Numerus und Kasus. Klassischerweise beschäftigen sich DaZ/DaF-Lernende mit der grammatischen Kategorie Genus (maskulin/feminin/neutrum), wenn sie Nomen kennenlernen und Nominalgruppen sprachlich verarbeiten. Nomen sind spezifische Artikel (bestimmt/unbestimmt) zugeordnet, in denen in der Regel die Information zum Genus geliefert ist. Als flektierende Sprache hält das Deutsche im Bereich der Nominalflexion zahlreiche Regularitäten bereit, die Deutschlernende vor Herausforderungen stellen. Artikelwörter oder Pronomen in Sätzen bündeln die genannten grammatischen Informationen in nur einer Form. So kann die Form der die grammatischen Merkmale maskulin + Singular + Nominativ vermitteln (der Schlüssel). Dieselbe Form kann jedoch ebenso die Information feminin + Singular + Genitiv (der Schlüssel der Garage) oder feminin + Singular + Dativ (der Schlüssel der Garage gehört der Vermieterin) vermitteln. Die "Verschmelzung von Merkmalen in einem Flexiv wirkt sich erschwerend auf den Erwerb aus",
Aus der Perspektive von Lernenden scheint nun das Genussystem des Standarddeutschen in Verbindung mit dem Kasussystem typischerweise herausfordernd zu sein. Unzählige Vorschläge zur Vermittlungsmethodik täuschen nicht darüber hinweg, dass das Lernen und der Erwerb von Flexionsregularitäten im Nominalbereich für Lernende über lange Zeit hinweg eine Quelle von Unsicherheit bleibt.
Als Ziel von Sprachlernprozessen kann die rezeptive, produktive und interaktionale Teilhabe an zunehmend komplexen zielsprachigen Diskursen angenommen werden. Für den beginnenden Spracherwerb sind dies zunächst Diskurse über Themen der unmittelbaren Umgebung, die sich bei Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen in verschiedenen sozialen Settings stark unterscheiden können. Der Gemeinsame Europäische Referenzrahmen für Sprachen (GER)
Als ein Beispiel für Prozesse sprachlichen und gesellschaftlichen Wandels kann die obligatorische Angabe m/w/d gelten, ohne die aktuelle Stellenausschreibungen nicht mehr zulässig sind. Das offizialisierte und normalisierte d in Stellenausschreibungen kann als direkte Folge der Änderungen des Personenstandsgesetzes von 2018 sowie der Notwendigkeit, neue gesetzliche Grundlagen sprachlich repräsentiert zu wissen, gelesen werden. Werden nun im DaZ/DaF-Unterricht Lesekompetenzen beispielsweise mit Stellenanzeigen als Textsorte trainiert, was sehr üblich ist, müssen Lehrkräfte in der Lage sein, das d zu erklären, les- und verstehbar zu machen und als Lerngegenstand zu bearbeiten.
Während der Buchstabe, ganz ähnlich wie w und m leicht in seine Wortbedeutung aufgelöst werden kann, sind die mit "divers" verbundenen Repräsentationen sehr wahrscheinlich Gegenstand längerer Lern- und Aushandlungsprozesse – nicht nur im DaZ/DaF-Lernkontext. Der Diskurs darüber, was in der Kategorie "Gender" als "divers" verhandelt werden kann und soll, ist gesamtgesellschaftlich noch längst nicht abgeschlossen. Die Frage, die sich Sprachdidaktiker:innen und praktizierende sowie angehende Lehrkräfte nun stellen können (und gegebenenfalls auch sollten), ist: Wie können DaZ/DaF-Lernende dazu befähigt werden, in einer Sprache, die sie noch lernen, in biografischen Zusammenhängen, die sich zum Teil durch Flucht- und Zwangsmigration massiv verändern, aktiv an Ausschnitten zielsprachiger Diskurse zu partizipieren?
Die Rolle der Lehrenden für den Spracherwerb ist dabei kaum zu überschätzen. Deutschlernen auf Basis bereits vorhandener Sprachkenntnisse muss professionell angeleitet und unterstützt werden. Die Ausbildungs- und Arbeitsmarktsituation für DaZ/DaF-Lehrkräfte ist jedoch nicht bundeseinheitlich strukturiert, da sie keiner geschützten Berufsgruppe angehören. Die curricularen Grundlagen für die Ausbildung professioneller DaZ/DaF-Lehrkräfte reichen von länderspezifischen Regelungen zu (Zusatz-)Qualifikationen für Lehrkräfte im Schuldienst über Bachelor- oder Master-Studienangebote bis hin zu angebotsspezifischen Zulassungskriterien für Lehrkräfte in Integrationskursen des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (BAMF). In diesem gesellschaftlich hoch relevanten Feld fehlen also noch immer verbindliche Professionsstandards. Gleichwohl wird in den Curricula der entsprechenden Sprachkurse detailliert vorgeschlagen, welche Inhalte und sprachlichen Mittel Gegenstand des Lehrens und Lernens sein sollen.
Für die Kategorie "Gender" wird beispielsweise das Wissen um Gleichberechtigung der Geschlechter oder die Sensibilisierung für "potenzielle Unterschiede und Gemeinsamkeiten zwischen Herkunftsland und Zielland hinsichtlich der rechtlichen und gesellschaftlichen Stellung von Lesben, Schwulen, Bisexuellen, Transsexuellen und Intersexuellen (LGBTI), z.B. in Bezug auf gleichgeschlechtliche Lebensweisen" im Rahmencurriculum für Integrationskurse Deutsch als Zweitsprache angegeben.
Aus diesen Gründen und auch aus Mangel an Spracherwerbsstudien zu Fragen, wie Sprachlernende verschiedene Schreibweisen lesen oder Sprechweisen verstehen – ob es für sie also einen Unterschied macht, ob von Lerner*innen, Lerner/-innen, LernerInnen, Lernenden, Lerner:innen oder Lernern und Lernerinnen die Rede ist –, soll an dieser Stelle der Umweg über die Perspektiven angehender sowie aktiver DaZ/DaF-Lehrkräfte gegangen werden, um sich einer Antwort anzunähern.
Einstellungen der Lehrkräfte zu gendergerechter Sprache
Im Rahmen einer Studie haben wir kürzlich untersucht, wie Studierende der Fächer DaZ und DaF – also angehende Lehrkräfte, deren Rolle für die Auswahl und Vermittlung von Diskursausschnitten für Sprachlernprozesse zentral ist – zum Gebrauch von gendergerechter Sprache in Wissenschaft und Unterrichtspraxis stehen.
Als Impuls für die Positionierung wurden Fußnoten aus wissenschaftlichen Publikationen vorgestellt, in denen der jeweilige genderbezogene Sprachgebrauch erklärt wird. Der Text einer Fußnote lautete zum Beispiel: "Aufgrund der besseren Lesbarkeit ist in diesem Buch mit Schüler auch immer Schülerin gemeint." In einer anderen Fußnote stand: "Die vorliegende Arbeit bemüht sich um eine gendergerechte Schreibweise. Durch Sternchen gekennzeichnete Formulierungen verweisen auf männliche und weibliche Formen sowie auf solche jenseits dieser Unterscheidung." Im ersten Beispiel wird durch die Verwendung des grammatischen Maskulinums als generisches Maskulinum im Nomen Schüler davon ausgegangen, dass eine grammatische Kategorie (maskulin) in einer Personenbezeichnung (belebt, menschlich), für alle realen Personen aller Geschlechter Geltung beansprucht.
Die Befragungsergebnisse ergeben erwartungsgemäß ein heterogenes Bild. Im Allgemeinen, also über alle Formen hinweg, zeigen die Studierenden gegenüber gegenderten Schreibweisen in Personenbezeichnungen keine starken Emotionen – weder positive noch negative. Viele zeigen sich skeptisch oder gleichgültig.
Die Verwendung der Sternchen-Schreibweise hingegen löst durchaus positive und neutrale Gefühle aus: Die am häufigsten benannte Emotion ist hier Zufriedenheit, gefolgt von Gleichgültigkeit, schließlich Skepsis und Freude. Neben der Gleichgültigkeit als einem insgesamt stark vertretenen Gefühl zeigt der große Anteil der Nennungen von Zufriedenheit, dass diese Form der gendergerechten Sprache vergleichsweise hohe Zustimmung unter den Befragten auslöst.
Beim generischen Maskulinum überwiegt sehr deutlich das Gefühl der Gleichgültigkeit, gefolgt von Interesse und Skepsis mit einem kleineren Anteil an Zufriedenheit. Stärkere Gefühle, positiv oder negativ, werden selten genannt, eine Polarisierung der Studierenden in Bezug auf die Verwendung des generischen Maskulinums ist nicht erkennbar.
Die Ergebnisse der keineswegs repräsentativen Befragung weisen darauf hin, dass die befragten DaZ/DaF-Studierenden der Gesamtthematik des gendergerechten Sprachgebrauchs kaum stärkere positive oder negative Emotionalität entgegenbringen. Zugleich zeigt sich jedoch auch, dass die Befragten sich (noch) keine eindeutigen Meinungen gebildet haben, was sich in den häufigen Nennungen von Skepsis und Überforderung, aber auch dem mitunter itemspezifisch sehr ambivalenten Antwortverhalten niederschlägt. Besonders interessant erscheint über die verschiedenen gendergerechten Sprachgebrauchsvarianten hinweg die Angabe von Überforderung. Denn Überforderung könnte als Form von Irritation die Auseinandersetzung mit einem Phänomen und eine klarere Positionierung zum eigenen Sprachgebrauch und zur eigenen Verwendung gendergerechter Sprache auslösen.
Eine ähnlich angelegte Studie unter international praktizierenden DaZ- und DaF-Lehrkräften zwischen 22 und 68 Jahren (n = 203) fördert anschlussfähige Ergebnisse in den Emotionen Gleichgültigkeit, Zufriedenheit und Skepsis, aber auch eine stärkere Polarisierung gegenüber spezifischen Schreib- und Sprechweisen zutage. In zusätzlichen qualitativen Analysen offener Antworten wird die Ablehnung gendergerechter Sprache eher grundsätzlich und ohne Ausnahmen begründet, "bei einer Befürwortung [sind] häufig Nuancen und Einschränkungen erkennbar", zum Beispiel der Wunsch nach Vermeidung von Diskriminierung oder auch das Streben nach Gleichberechtigung.
Gendergerechte Sprache in Lehr- und Lernmaterialen
Neben der Befragung von Studierenden und Lehrenden kann auch der Blick auf Lehrmaterialien hilfreich sein, um etwas mehr über die Verwendung von gendergerechter Sprache in der DaZ/DaF-Praxis zu erfahren. Der Beitrag von etablierten Lehrmaterialien zur Vermittlung gendergerechter Sprache in DaZ und DaF darf insgesamt als recht gering eingeschätzt werden. So haben Lehrwerksanalysen seit den 1970er Jahren immer wieder geschlechterbinäre und stereotype Rollenbilder sowie die Dominanz der Verwendung maskuliner Schreibweisen in ihrer generischen Intention aufzeigen können.
Zwar bemühen sich Verlage, in neueren Lehrwerksgenerationen gesellschaftliche und sprachliche Vielfalt in Text und Bild so zu repräsentieren, dass diese weltweit einsetzbar wären, aber die ganze Breite des Diskurses zeigt sich vor allem in frei verfügbaren Materialien.
Diskursbefähigung
Geschlecht und Sprache markieren und positionieren Menschen. Während sich in bestimmten gesellschaftlichen Bereichen die möglichen Geschlechterpositionen zu verschieben scheinen und auch der Sprachgebrauch im Standarddeutschen hierzu langsam und unter großer medialer Aufmerksamkeit in Bewegung kommt, ist gendergerechte Sprache im Diskurs um das Lehren und Lernen von Deutsch (noch) kein Standardthema. Die Normierung und auch Normalisierung gendergerechter Sprache vollzieht sich äußerst langsam und unter erheblichem Gegenwind. Gleichwohl ist sie Ausdruck eines Teils gesellschaftlicher Diversität, die zunehmend stärker wahrgenommen, ausgehandelt und normalisiert wird. Der Diskurs um gendergerechte Sprache in Lernkontexten für DaZ und DaF spiegelt somit auch den gesellschaftlichen Diskurs um Norm und Normverschiebungen in Sprache, aber auch in Gesetzen und gesellschaftlichen Teilhabeoptionen für Menschen unterschiedlichster Charakteristika wider.
Die DaZ/DaF-Praxis ist weit davon entfernt, geschlechtliche Vielfalt im Deutschen inklusiv normalisiert zu repräsentieren und Lernenden beispielsweise neue Flexionstabellen als Lerngegenstand mitzugeben. Gleichwohl sollten, parallel zu Diskursen zur Abkehr von rassistischem Sprachgebrauch, auch genderdiskriminierende Schreib- und Sprechweisen aufgedeckt werden, um auch in Sprachlernkontexten eine Abkehr von nicht-inklusiven und potenziell diskriminierenden Formen einzuleiten beziehungsweise zu ermöglichen.
Aus sprachdidaktischer Sicht gibt es für den Kontext des Deutschlernens keinen Grund, gendergerechte Sprachverwendung nicht auch als Lerngegenstand anzusehen und zu etablieren. Welche Chancen und (echten) Hürden damit verbunden sein können, ist jedoch noch nicht ausreichend untersucht. Unter dem Aspekt der Befähigung von Deutschlernenden, sich an aktuellen gesellschaftlichen Diskursen zu beteiligen, führt indes kein Weg auch an geschlechtlich konnotierten Themen vorbei, zu denen Lernende früher oder später Position beziehen können sollten. Andernfalls "kann man die Lernenden kaum auf die Rezeption authentischer Texte und die Heterogenität des aktuellen Sprachgebrauchs vorbereiten".