"Mehr Putzfrauen in die Politik! Sie sind an schmutzige Geschäfte gewöhnt." In zwei metaphernbasierten Studien zu Politikbildern von Jugendlichen trifft diese Aussage bei zahlreichen Befragten auf Zustimmung. Und auch eine Erhebungsreihe des Eurobarometers offenbart, dass ein erheblicher Anteil der Bevölkerung politische Parteien und die "Gruppe der Politiker" mit Bestechung beinhaltendem Machtmissbrauch konnotiert. Skandalträchtige Ereignisse wie die "Ibiza-Affäre" oder die "Masken-Affäre" bestätigen immer wieder einprägsam dieses Bild. Die Wahrnehmung von Politiker*innen und Parteien als korrupt trägt zu Politik- und politischer "Prozessverdrossenheit" bei, lässt die für Demokratien so wichtige Ressource des politischen Vertrauens erodieren und unterminiert die Bereitschaft der Bevölkerung zur politischen Beteiligung, indem ihr politisches Responsivitätsgefühl – also die Wahrnehmung, dass Politik auf Interessen der Bürger*innen reagiert – vermindert wird. Wer davon ausgeht, dass politische Entscheidungen käuflich sind, hat wenig Anreiz, sich an demokratischen Mitbestimmungsprozessen zu beteiligen.
Dass Korruption ein geeigneter und bedeutsamer Gegenstand der politischen Bildung ist, lässt sich aus mehreren Perspektiven argumentieren. Zum einen ist Korruption eine politische, ökonomische und gesellschaftliche Realität, die politische Bildung in Auseinandersetzung mit dieser Realität aufgreifen sollte. Es gibt sie seit Menschengedenken und in allen Gesellschaften und politischen Systemen; Politik, Wirtschaft und Gesellschaft gänzlich ohne Korruptionsfälle sind wohl utopisch. Zum anderen ist Korruption eine Herausforderung für die Demokratie, die ihre Funktionsfähigkeit, Legitimität und letztlich auch ihren Bestand gefährden kann. Auch eignet sich der Gegenstand politische Korruption, um Politikverdrossenheit gezielt zu begegnen. So kann politische Bildung an bereits vorhandene Vorstellungen der jeweiligen Zielgruppe anknüpfen, gängige Vorurteile gegenüber der Politik aufgreifen und die Fähigkeit und Bereitschaft zur demokratischen politischen Teilhabe stärken.
Im Folgenden wird zunächst kurz auf das Phänomen der (politischen) Korruption eingegangen, um anschließend Ziele, Prinzipien und vielversprechende Ansätze einer Auseinandersetzung mit Korruption in der politischen Bildung vorzustellen.
Politische Korruption – ein schillerndes Phänomen
Der Begriff "Korruption" ist den meisten Bürger*innen geläufig und wird auch in der Alltagssprache verwendet. Zugleich dürften viele Menschen Schwierigkeiten haben, Korruption präzise zu definieren, und Aussagen zu Korruption liegen oft unterschiedliche Begriffsverständnisse zugrunde. Auch in der Wissenschaft gibt es keine einheitlich verwendete Definition, es existiert vielmehr eine große Vielfalt von Korruptionsbegriffen, die sich auch zwischen und innerhalb von Disziplinen unterscheiden. Der Begriff geht auf das lateinische Wort corrumpere ("verderben") zurück und hat eine aktive und eine passive Bedeutung, sodass man andere korrumpieren, aber eben auch selbst verderben kann. Während sich klassische Konzeptionen von Korruption auf einen degenerierten Zustand der gesamten Gesellschaft oder politischen Ordnung bezogen, bezeichnen neuzeitliche Begriffskonzepte spezifische Handlungen spezifischer Akteure. Dabei reicht das Spektrum von weiten Definitionen wie "Missbrauch anvertrauter Macht zum privaten Vorteil" bis zu konkreteren Begriffsbestimmungen politischer Korruption wie "Missbrauch anvertrauter öffentlicher Entscheidungsgewalt zum privaten Nutzen durch geheime Transaktion, die in der Demokratie vorausgesetzte Verhaltensstandards verletzt". Was unter "privatem Nutzen" verstanden wird – nur materielle oder auch immaterielle Vorteile, nur der eigene persönliche Nutzen oder auch der Nutzen für Dritte, seien es Verwandte oder die eigene Partei – ist wiederum eine Definitionsfrage. Ebenso unbestimmt ist die Frage, wann genau hier von "Missbrauch" der anvertrauten Macht zu sprechen ist.
Korruption gilt als Wahrnehmungsdelikt. In diesem Sinne hat der Politikwissenschaftler Arnold Heidenheimer eine Typologie entworfen, die Korruption nicht allein am Ereignis selbst festmacht, sondern sie nach dem Grad der gesellschaftlichen Wahrnehmung unterscheidet (black, grey and white corruption): Ein und derselbe Vorfall kann demnach in verschiedenen Ländern oder zu verschiedenen Zeiten unterschiedlich klassifiziert werden – je nach vorherrschender Wahrnehmung in der jeweiligen Bevölkerung. Korruption im öffentlichen Dienst setzt grundsätzlich die Idee voraus, dass der Staatsdiener beziehungsweise die Staatsdienerin als "unpersönliche Person" dem Ganzen gegenüber loyal zu sein hat. Nur so lässt sich davon abweichendes Verhalten identifizieren und problematisieren. Definiert man Korruption nicht nur als illegitimes, sondern auch als illegales Verhalten, so hängt die Einordnung von Handlungen als korrupt wiederum vollständig von der jeweils geltenden Rechtslage und Rechtsprechung ab.
Dem Phänomen sind Graubereiche inhärent. Eine Definition beseitigt nicht die Schwierigkeit, reale Vorfälle als Korruption zu klassifizieren oder eben nicht. Ein Grund hierfür ist, dass Motive von Entscheidungen und unmittelbare Tauschbeziehungen zwischen Handlungen involvierter Partner oft schwer nachweisbar sind. Doch helfen eine differenzierte Auseinandersetzung und eine reflektierte Begriffsbestimmung, bestimmte Ereignisse und Strukturen, ihre Ursachen, Wirk- und Verbreitungsmechanismen sowie (materielle und immaterielle) Kosten klarer zu analysieren und so auch Maßnahmen zur Vermeidung und Bekämpfung von Korruption identifizieren und herbeiführen zu können. Gegen ein unbestimmtes Phänomen einer "verdorbenen Politik" lässt sich wenig ausrichten, man wendet sich angewidert und enttäuscht von Politik ab oder man geht vermeintlichen Heilsbringern auf den Leim, die populistisch eine Ablösung der verteufelten Elite versprechen, oft ohne konkrete und geeignete Maßnahmen zur Verhinderung von Korruption vorzuschlagen.
Gerade Lobbyismus und Korruption werden im öffentlichen Diskurs gerne gleichgesetzt. Lobbyismus ist für viele negativ konnotiert, man denkt zunächst an große finanzstarke Konzerne, nicht an gemeinnützige Umwelt-NGOs oder Interessenverbände benachteiligter Minderheiten. Dabei wird übersehen, dass Lobbying durchaus auch eine positive Funktion in der pluralistischen Demokratie hat: Lobbytätigkeiten sind ein Weg der Interessensartikulation, sie bringen politischen Entscheidungsträger*innen wichtige Informationen über gesellschaftliche und wirtschaftliche Problemlagen sowie Lösungsideen. Die Übergänge sind hier fließend und müssen ausgeleuchtet werden, um geeignete Vorkehrungen treffen zu können, die demokratieschädigendem Lobbyismus und Korruption entgegenwirken.
Ziele der Auseinandersetzung mit Korruption in der politischen Bildung
Ziel der Behandlung von Korruption in der politischen Bildung ist folglich ein differenzierterer Umgang mit diesem vielschichtigen Phänomen. Hierfür erforderlich ist die Fähigkeit zur Analyse von Fällen und Strukturen, Ursachen und Folgen von Korruption. Dazu ist auch eine sorgfältige Auseinandersetzung mit Begriffen und Konzepten, Modellen und Theorien notwendig. Anhand der Korruptionsthematik kann so auch ganz grundsätzlich die Bedeutung von Definitionen in den Sozialwissenschaften und die Relevanz von Begriffsverständnissen für den demokratischen Diskurs vermittelt und eine exemplarische Anwendung von Arbeitsdefinitionen und theoretischen Modellen geübt werden.
Politische Bildung zielt außerdem auf die Förderung der politischen Urteilsfähigkeit, insbesondere bezüglich der Eignung von Maßnahmen zur Verhinderung und Bekämpfung von Korruption, sowie der politischen Handlungsfähigkeiten, Maßnahmen einer wirksamen Antikorruptionspolitik herbeizuführen. Es geht ihr bei der Auseinandersetzung mit Korruption also nicht nur um Wissensvermittlung (die in anderen Kontexten von Bildungsmaßnahmen zu Korruption oftmals fokussiert wird), sondern ganz zentral auch um die Förderung der politischen Urteils- und Handlungsfähigkeit der Lernenden. Korruption ist ein stark emotional besetztes Thema, das durch politische Bildung einer kognitiven Analyse zugänglich gemacht werden kann. Erst dadurch wird eine Reflexion und Beurteilung geeigneter Problemlösungsansätze ermöglicht und zu entsprechendem politischem und sozialem Handeln befähigt. Dabei ist es wichtig zu verdeutlichen, dass es hier keine pauschalen Lösungen gibt, sondern Antikorruptionsmaßnahmen so vielfältig sind wie Korruptionsarten und ihre Eignung von der jeweils vorliegenden Problematik abhängt.
Zu den Zielen politischer Bildung gehört auch die Förderung politischer Motivationen, wie Interesse und Selbstwirksamkeitsüberzeugungen, sowie demokratischer Einstellungen. Indem Politik in Bildungsveranstaltungen nicht mit Korruption gleichgesetzt, sondern das Phänomen differenziert behandelt wird, wird einer pauschalen Politik(er)verdrossenheit und einem stark negativen Responsivitätsgefühl begegnet. Indem Lösungsansätze zur Verhinderung und Bekämpfung von Korruption aufgezeigt werden, kann einem verbreiteten Gefühl der Ohnmacht entgegengewirkt und können politische Selbstwirksamkeitserwartungen der Teilnehmenden gestärkt werden. Politische Bildung hat in der Auseinandersetzung mit Korruption in zweifacher Hinsicht auch präventiven Charakter: Einerseits werden Einstellungen gefördert, die einer Mitwirkung an oder Tolerierung von korrupten Handlungen entgegenwirken, indem Einsichten in die Schädlichkeit von Korruption für Demokratie, gesellschaftlichen Zusammenhalt und ökonomische Entwicklung vermittelt werden. Andererseits stärkt politische Bildung zu Korruption die Resilienz der Lernenden gegenüber simplen populistischen Narrativen und Heilsversprechen, welche die Regierenden pauschal als korrupte Elite disqualifizieren und sich selbst als rettendes, vermeintlich sauberes Gegenmodell anpreisen.
Bei der Auseinandersetzung mit Korruption in der politischen Bildung geht es außerdem um die Förderung von Medienkompetenz. Eine Voraussetzung für die angemessene Beurteilung von Korruption und ihrer Bekämpfung ist es nämlich auch, die Selektions- und Darstellungslogik des Mediensystems zu durchblicken. Nachrichtenfaktoren wie Aktualität, Personalisierung, Bekanntheit involvierter Akteure oder Schaden für Dritte machen den "Nachrichtenwert" eines Geschehnisses aus. In die Schlagzeilen gelangen daher skandalisierbare Einzelereignisse, die je nach Medium nicht analytisch durchleuchtet, sondern vor allem moralisierend bewertet werden und bald wieder aus der Berichterstattung verschwinden. Korruptionsproblemen zugrunde liegende strukturelle Bedingungen und präventive Lösungsansätze erhalten dagegen deutlich weniger Aufmerksamkeit. Mündige Bürger*innen sollten jedoch nicht nur skandalisierte Einzelfälle wahrnehmen, sondern Anreizstrukturen und Gelegenheiten sowie Ansätze für Antikorruptionsmaßnahmen erkennen lernen. Politische Medienkompetenz ist daher eine wichtige Grundlage, um Korruptionsmeldungen einer Quellenkritik zu unterziehen, auf Basis der eigenen Vorkenntnisse zu bewerten und mit einer ergänzenden Recherche zu flankieren.
Didaktische Ansätze und Methoden
Grundsätzlich gelten für die Auseinandersetzung mit Korruption die anerkannten Prinzipien der politischen Bildung, wie Teilnehmenden- und Problemorientierung, Fall- und Konfliktorientierung, Handlungs- und Diversitätsorientierung, Forschungs- und Kompetenzorientierung sowie die im "Beutelsbacher Konsens" skizzierten Prinzipien Überwältigungsverbot und Kontroversitätsgebot.
Bildungsansätze sollten entsprechend den Lebensweltbezug für die Lernenden greifbar machen und allgemeine Erkenntnisse zu Korruption exemplarisch vermitteln. Dies gelingt beispielsweise über die Auseinandersetzung mit bekannten Fällen politischer Korruption, anhand derer die Teilnehmenden sich dem Phänomen annähern und seine Ursachen, Folgen und Kosten sowie Gegenmaßnahmen erarbeiten können. Durch Konkretisierung, anschließende Abstraktion und Re-Konkretisierung beziehungsweise Transfer auf einen anderen Korruptionsfall erfolgt die Auseinandersetzung anwendungs- und praxisorientiert und kann so nachhaltig Analyse-, Urteils- und Problemlösefähigkeiten anstatt trägen Wissens fördern.
Die Fokussierung auf bestimmte Korruptionsfälle birgt allerdings auch Tücken, insbesondere den Fallstrick einer unangemessenen Generalisierung. Bei der Auseinandersetzung mit Korruption in der politischen Bildung gilt es zu vermeiden, dass aus Einzelfällen der Schluss gezogen wird, alle Politiker*innen oder die gesamte Parteienlandschaft seien korrupt. Vielmehr muss eine differenzierte Auseinandersetzung verdeutlichen, dass dem nicht so ist, und Wege struktureller Veränderung aufzeigen, um künftig ähnliche Fälle von Korruption zu verhindern.
Hilfreich für Verständnis und Analyse, sowohl der Motive und Funktionsweisen als auch der Kosten und Bekämpfungsansätze, sind Prinzipal-Agenten-Modelle von Korruption. Diese ordnen die Tauschbeziehung zwischen einem bestechenden und einem bestochenen Akteur in eine Dreieckskonstellation ein. Einer Person (dem korrupten Agenten) wird von anderen (dem Prinzipal) Macht anvertraut. Diese Macht nutzt der korrupte Agent aus, um einen dritten, bestechenden Akteur qua Amtsgewalt zu begünstigen, wobei eine Gegenleistung in Form von Geld, geldwerten Vorteilen oder immateriellen Vorteilen vom bestechenden Akteur an den korrupten Agenten fließt. Im Falle von politischer Korruption ist der Prinzipal die Bürgerschaft, die dem korrupten öffentlichen Agenten, zum Beispiel in Form eines Parlamentsmandats oder eines Beamtenpostens, Macht übertragen hat, allerdings unter der Prämisse, dass der Agent die Gestaltungsmacht zum Wohle des gesamten Prinzipals nutzt und dabei Gleichbehandlungsgrundsätze berücksichtigt. Gegen diese Prinzipien verstößt der Agent im Falle der korrupten Tauschhandlung. Das Modell lässt sich ebenso wie andere Definitionsansätze zunächst auch auf fiktive alltägliche Situationen anwenden, zum Beispiel auf Tauschhandlungen im Bildungskontext (etwa Aushilfe im Garten des Lehrers oder der verbeamteten Dozentin, gegen Bezahlung oder umsonst, im Tausch für bestimmte Notengebung), und dann auf politische Kontexte übertragen.
Für eine exemplarische Bearbeitung sind neben konkreten Fallanalysen auch Ländervergleiche interessant, die auf korruptionsförderliche beziehungsweise -hinderliche Bedingungen und bestimmte Antikorruptionsmaßnahmen eingehen. Problemorientierte Zugänge gehen von den materiellen und immateriellen Kosten von Korruption aus und versuchen, geeignete Lösungen zu finden und zu deren Umsetzung zu befähigen. Ein diversitätsorientierter Zugang kann beispielsweise das Phänomen der Ämterpatronage fokussieren, bei dem Gleichheitsgrundsätze verletzt werden und das oftmals auch mit strukturellen Diskriminierungen (zum Beispiel bezüglich der Kategorien race, class, gender) einhergeht. Konfliktorientierte Zugänge wiederum nehmen einen politischen Konflikt um Antikorruptionsmaßnahmen zum Ausgangspunkt politischer Bildung. Dabei bietet sich die Thematik der Parteienfinanzierung unter Behandlung der ihr inhärenten Zielkonflikte an, aber auch Regelungen zur Verhinderung von Ämterpatronage, zur Regulierung von Nebentätigkeiten von Abgeordneten oder einer Entschärfung des "Drehtüreffekts". Solche Policy-Vorschläge werden in Gesellschaft und Politik sehr kontrovers diskutiert. Um dieser Kontroversität in der politischen Bildung gerecht zu werden, eignen sich diskursive, handlungsorientierte Methoden wie Pro-Contra-Debatten, eine Positionierung im Raum, Fish Bowls, Podiumsdiskussionen oder auch Zukunftswerkstätten.
Im Fokus konfliktorientierter Zugänge stehen nicht allein das Problem und seine mögliche Lösung, also bestimmte Policies, sondern die Auseinandersetzung um geeignete Lösungsansätze und der Prozess, diese in eine politische Entscheidung zu überführen. Ein solcher Prozess lässt sich gut in einem Planspiel simulieren. Hier schlüpfen Schüler*innen in die Rolle von politischen Akteuren, zum Beispiel Parlamentsabgeordneten unterschiedlicher Fraktionen, die mit zeitlichen Restriktionen unterschiedliche Interessen in eine gemeinsame Entscheidung überführen sollen. Sie gewinnen dabei unter anderem Einsichten in das Pluralismusprinzip und die Schwierigkeiten politischer Kompromissfindung, bauen Vorbehalte gegenüber politischen Prozessen ab und stärken im eigenen Handeln ihre Selbstwirksamkeitsüberzeugungen. Man kann in Planspielen Maßnahmen der Antikorruptionspolitik, etwa die Einführung eines Lobbyregisters, fokussieren, aber auch Lobbygruppen als relevante Akteure berücksichtigen. Zentral ist eine abschließende Nachbesprechung (Debriefing), bei der das komplexitätsreduzierte Planspielsetting mit der Realität verglichen wird, um Lernprozesse zu stimulieren und Fehlschlüsse aus der Spielerfahrung zu vermeiden.
Weitere handlungsorientierte Zugänge sind szenische Darstellungen oder Rollenspiele zu Situationen von (politischer) Korruption zum Einstieg, aber auch politische Exkursionen, wie lobbykritische Stadtführungen, welche etwa die für eine bessere Regulierung von Lobbytätigkeiten eintretende NGO Lobbycontrol in Berlin anbietet. Auch Satire ist ein interessanter, bislang wenig erforschter Zugang für die Auseinandersetzung mit Korruption in Bildungsveranstaltungen. Die Möglichkeiten reichen von Karikaturenanalysen über die Sichtung von politischer Satire in Videomaterial bis hin zur eigenständigen Produktion von satirischen Darstellungen politischer Korruption. Satire birgt große Chancen für einen motivierenden und alltagsbezogenen Zugang zum Thema. Allerdings beinhalten die Überzeichnung der Darstellung und die subtile Zuspitzung der Kritik in satirischen Darstellungen auch eine Herausforderung für den Anspruch politischer Bildung, Korruption multiperspektivisch und sachlich zu analysieren und eine unangemessene Generalisierung ("alle Politiker sind korrupt", siehe oben) zu vermeiden.
Im Sinne des Forschenden Lernens – einem didaktischen Konzept, bei dem die Lernenden den Forschungsprozess selbst mitgestalten – kann schließlich auch auf die Messung von Korruption näher eingegangen werden. Da Korruption "im Geheimen blüht" und auf die Verschwiegenheit involvierter Akteure angewiesen ist, lässt sich das empirische Ausmaß von Korruption nicht einfach bestimmen. Auch kann man vom "Hellfeld", also den aufgedeckten Korruptionsfällen, nicht einfach auf das Ausmaß des "Dunkelfelds" unentdeckter Korruption schließen. Dies lässt sich gut mit dem Bild eines Eisbergs veranschaulichen, der teilweise unter Wasser liegt. Auch eine Zunahme aufgedeckter Korruption muss keine tatsächliche Zunahme von Korruption bedeuten, sondern kann auf intensivierte investigative Recherchen und eine effektivere Strafverfolgung zurückgehen. Die kritische Auseinandersetzung mit der Messung von Korruption, wie dem Corruption Perceptions Index von Transparency International, der Korruption über die Wahrnehmung unterschiedlicher Akteure erfasst, birgt spannende Lerngelegenheiten, die auch grundsätzliche Einsichten in die Generierung von Wissen durch sozialwissenschaftliche Forschung vermitteln können.
Stärkung demokratischer Kultur und sozialen Kapitals
Korruption schadet der Demokratie. Sie verursacht materielle und immaterielle Kosten für die Gemeinschaft und kann dabei auch das soziale Kapital einer Gesellschaft unterminieren. Schon dies spricht dafür, die Herausforderung Korruption in der politischen Bildung zu behandeln. Darüber hinaus bietet der Gegenstand vielfältige Lerngelegenheiten für die politische Bildung. Dabei lassen sich die Bedeutung von Definitionen für den politischen Diskurs veranschaulichen sowie Medien- und Forschungskompetenzen der Lernenden fördern. Politische Bildung kann einem verbreiteten Ohnmachtsgefühl entgegenwirken, indem sie Analyse- und Urteilsfähigkeiten bezüglich politischer Korruption fördert und Handlungsmöglichkeiten zu ihrer Verhinderung und Bekämpfung aufzeigt und erprobt. Damit kann die Auseinandersetzung mit Korruption in der politischen Bildung einen Beitrag zur Stärkung einer demokratischen politischen Kultur leisten und die künftige Durchsetzung geeigneter Antikorruptionsmaßnahmen befördern.