Einleitung
Die Arabische Friedensinitiative (im Original: Arab Peace Initiative, API) wurde von der Arabischen Liga im März 2002 verabschiedet. Die Initiative beinhaltet das Angebot, dass, sollte sich Israel auf die Grenzen von 1967 zurückziehen und einen unabhängigen palästinensischen Staat mit Ost-Jerusalem als Hauptstadt anerkennen, die arabischen Staaten zur "Normalisierung" ihrer Beziehungen mit Israel bereit seien.
Zudem fordert sie eine Lösung der Flüchtlingsfrage in Übereinstimmung mit der UN-Resolution 194. Die API ist kein Friedensplan und sie als "Initiative" zu bezeichnen könnte missverständlich sein. Sie ist eher eine Absichtserklärung - wenn auch eine sehr bedeutsame - und gilt als eine der wichtigsten arabischen Erklärungen seit der Gründung Israels im Jahr 1948.
Jedoch sind solche Aufrufe eher als Ausdruck der Frustration über Israels Reaktion auf die API und die Fortsetzung seiner Politik in den besetzten Gebieten zu verstehen denn als eine wirkliche Abkehr von den Inhalten der Initiative. Denn im Grunde ist die API nichts anderes als die kollektive Bekräftigung dessen, was von einzelnen Mitgliedstaaten der Arabischen Liga (AL) bereits anerkannt und umgesetzt wurde. Vor diesem Hintergrund sind Aufrufe, die Initiative zurückzuziehen, vernachlässigbar.
Historischer Kontext der Initiative
Die API könnte als ein Zeichen dafür gewertet werden, dass die regierenden Eliten der wichtigsten arabischen Staaten von der Geschichte eingeholt wurden. Sie ist der Höhepunkt einer Reihe von Veränderungen im strategischen Denken der arabischen Führungen seit der Niederlage im Jahr 1967, als Israel drei arabische Armeen besiegte und Ost-Jerusalem, das Westjordanland, den Gazastreifen, den Sinai sowie die Golanhöhen besetzte. Es dauerte allerdings einige Jahre bis die arabischen Staaten die militärische Überlegenheit Israels akzeptierten. So kam es zunächst im September 1967, also unmittelbar nach dem Ende des Sechs-Tage-Krieges, auf einem arabischen Gipfeltreffen zum berühmten Beschluss der "drei Nein": Nein zu einer Anerkennung Israels, Nein zu Verhandlungen mit Israel, Nein zu einem Frieden mit Israel.
In der Folgezeit verbreitete sich innerhalb der arabischen Welt allmählich das Einsehen, dass es zunehmend unrealistischer wurde, Palästina gewaltsam zu befreien - insbesondere da abzusehen war, dass Israel weiterhin die Unterstützung der USA genießen würde. Dieser als Durchbruch anzusehende neue Denkansatz wurde vom damaligen ägyptischen Präsidenten Anwar Sadat und dem Vorsitzenden der Palästinensischen Befreiungsorganisation (PLO) Jassir Arafat forciert. Der Erfolg Sadats im Jahr 1979, den Kriegszustand mit Israel zu beenden und durch Diplomatie den Sinai zurückzugewinnen, bekräftigte die Ansicht - zumindest unter denen, die ohnehin offen waren für eine gewaltfreie Lösung -, dass Verhandlungen der vielversprechendere Weg seien.
Auch innerhalb der palästinensischen Führung kam es zu einem strategischen Umdenken. Die PLO unter dem Vorsitz Arafats verkündete im Jahr 1974 einen "Stufenplan" für die Befreiung, die mit der Etablierung der Palästinensischen Autonomiebehörde auf allen befreiten Gebieten des historischen Palästinas ihren Anfang finden sollte. Dies stellte eine, wenn auch implizite Abkehr vom ursprünglichen Ziel der PLO (Israel zu vernichten und ganz Palästina zu befreien) dar.
Im Jahr 1982 enthüllte Saudi-Arabien einen als "King Fahd"-Plan bekannt gewordenen Vorschlag, der im Kern der späteren API sehr ähnelte. Im Jahr 1988 akzeptierte die PLO schließlich die Resolution 242 des UN-Sicherheitsrates und schwor offiziell der Gewalt wie auch dem bewaffneten Kampf ab. Mit der Friedenskonferenz von Madrid im Jahr 1991 starteten bi- und multilaterale Verhandlungen und zwei Jahre später kam es schließlich zum berühmten Händedruck zwischen Yitzhak Rabin und Jassir Arafat auf dem Rasen des Weißen Hauses, gefolgt von der Unterzeichnung eines Friedenvertrages zwischen Israel und Jordanien im Jahr 1994. Diese Ereignisse, die sich über eine Zeitspanne von 20 Jahren erstrecken, trugen zur Anerkennung des Existenzrechts Israels in den arabischen Staaten bei.
Das Besondere an der API ist, dass die regierenden Eliten von so unterschiedlichen Staaten wie Syrien, Katar oder Algerien, neben Ägypten, Jordanien, der Palästinensischen Autonomiebehörde (PA) und anderen Mitgliedstaaten der AL sich erstmals offiziell für das Prinzip "Land für Frieden" aussprechen. In der arabischen Welt ist - zumindest auf Ebene der offiziellen Außenpolitik - längst keine Rede mehr von der "Befreiung ganz Palästinas". Inhaltlich birgt die API keine substanziellen Neuerungen. Im Grunde ist sie eine gemeinsame Erklärung der AL-Mitglieder, in der sie das bekräftigen, was sie als Einzelstaaten in bilateralen Verhandlungen mit Israel bereits anerkannten. Daher kann man sich die Frage stellen, weshalb diese Erklärung ausgerechnet im Jahr 2002 abgegeben wurde und nicht vor oder nach diesem Zeitpunkt. Der unmittelbare Kontext, der zur Verkündung der API führte, deutet darauf hin, dass sie in erster Linie für die internationale Staatengemeinschaft gedacht war und sich nur in zweiter Linie an Israel richtete. Um dies zu verdeutlichen, ist es hilfreich, zunächst die Rolle Saudi-Arabiens zu beleuchten.
Saudi-arabische Initiative
Die API wurde erstmals in Thomas Friedmans Kolumne in der New York Times im Februar 2002 erwähnt.
Die Entscheidung der Saudis, diese Exklusivmeldung durch einen amerikanischen Kolumnisten verkünden zu lassen, ist vor folgendem Hintergrund von Relevanz: Kurz nach den Anschlägen am 11. September 2001 - bei denen 15 der 19 Flugzeugentführer saudische Staatsbürger mit Verbindungen zu al-Qaida waren - geriet Saudi-Arabien unter enormen Druck seitens der USA. Die API - damals auch "Abdullah Plan" oder "saudische Friedensinitiative" genannt - konnte daher als Versuch Saudi-Arabiens und anderer "gemäßigter" arabischer Staaten wie Ägypten und Jordanien gewertet werden, die Spannungen mit den USA abzubauen.
Ein weiterer Faktor, der zum besseren Verständnis der Umstände beiträgt, die zur Verkündung der API führten, ist die im September 2000 ausgebrochene zweite Intifada mit blutigen Folgen für Israelis und Palästinenser. Das Scheitern des Oslo-Abkommens sowie über arabisches Satellitenfernsehen verbreitete Bilder leidender Palästinenser nährten bei den arabischen Führern Ängste vor einer Destabilisierung ihrer Regime und drohten ihre Legitimität und Glaubwürdigkeit zu erschüttern. Daher versuchten sie sich als Unterstützer der Palästinenser zu präsentieren und Druck auf die Regierung Ariel Scharons auszuüben, um im Gegenzug für normale Beziehungen mit der gesamten arabischen Welt eine friedliche Regelung des Konfliktes zu erreichen.
Der Text der Initiative musste einige Veränderungen durchlaufen, ehe ihr Syrien und Libanon zustimmten. Syrien erhob Einwände gegen die Bezeichnung "Normalisierung" (der Beziehungen) und ersetzte diese mit dem Ausdruck, die arabischen Staaten wollten "(...) im Rahmen dieses umfassenden Friedens normale Beziehungen zu Israel aufbauen".
Im Juni 2002 wurde sie von allen 57 Mitgliedern der Organisation der Islamischen Konferenz (OIK), einschließlich des Iran, angenommen. Die iranische Regierung stand damals unter der Führung des moderaten und reformorientierten Präsidenten Mohammad Khatami. Er wurde im Jahr 2005 vom Hardliner Mahmud Ahmadinedschad abgelöst. Im Laufe eines Staatsbesuches im Jahr 2007 in Riad wurde zwar von den saudi-arabischen Medien berichtet, dass auch Präsident Ahmadinedschad der API seine Unterstützung ausgesprochen habe. Jedoch wurde diese Nachricht umgehend von hochrangigen iranischen Regierungsmitgliedern dementiert. Offiziell unterstützen jedoch weiterhin alle OIK-Mitglieder die von Saudi-Arabien lancierte Initiative. Diese Position wurde selbst im Mai 2009 - also kurz nach dem verheerenden Gaza-Krieg - bekräftigt. Vor diesem Hintergrund ist die offizielle israelische Reaktion auf die API, die sich anfangs in Ablehnung und anschließend in Ambivalenz äußerte, umso irritierender.
Polarisierung in der arabischen Welt
Seit der Verkündung der Initiative im Jahr 2002 haben sich die Rahmenbedingungen im Nahen Osten erheblich verändert. Dazu trugen der Tod Arafats im Jahr 2004 und das darauf folgende Machtvakuum in den palästinensischen Gebieten bei, der Krieg zwischen Israel und der Hisbollah im Jahr 2006 sowie der Krieg zwischen Israel und der Hamas im Gazastreifen. Diese Ereignisse vor dem Hintergrund ausbleibender Fortschritte beim Friedensprozess haben unter den arabischen Eliten zu einer erneuten Polarisierung zwischen "Gemäßigten" und "Hardlinern" geführt. Das gemäßigte, moderate Lager umfasst die PA sowie Ägypten und Jordanien, die diplomatische Beziehungen zu Israel unterhalten, wie auch Saudi-Arabien. Sie alle haben strategische Beziehungen zu den USA. Dem steht das "Lager der Hardliner" mit Hamas, Syrien und seit kurzem auch das vom Iran unterstützte Katar gegenüber.
Das Beispiel Syriens zeigt, wie sich die Einstellung gegenüber der API bei den "Hardlinern" veränderte. Da es im Nahen Osten ohne Ägypten kein Krieg gegen Israel und ohne Syrien kein Frieden mit Israel geben kann, ist die syrische Unterstützung für die Initiative von enormer Bedeutung. Als die API im Jahr 2002 verkündet wurde, war Syriens Präsident Bashar Assad gerade einmal zwei Jahre im Amt. Seit seinem Amtsantritt entwickelte sich ein enges Verhältnis zwischen ihm und dem ägyptischen Präsidenten Husni Mubarak sowie der saudischen Königsfamilie, was wesentlich dazu beitrug, die syrischen Einwände gegen die API zu überwinden. Jedoch verschlechterten sich diese mit der Ermordung des populären libanesischen Ministerpräsidenten Rafiq Hariri im Februar 2005, für die der syrische Geheimdienst verantwortlich gemacht wird. Diese Ereignisse, gekoppelt mit Syriens anhaltender Unterstützung für die Hamas und Hisbollah, sowie seine strategische Allianz mit dem Iran führten dazu, dass sich die Regierung Assads allmählich vom gemäßigten arabischen Lager distanzierte.
Ein weiteres Beispiel für die Polarisierung innerhalb der arabischen Staatengemeinschaft ist der Sondergipfel der AL im Januar 2009. Katar drängte auf seine Einberufung als Ausdruck der Solidarität mit den Palästinensern, was von Ägypten und Saudi-Arabien abgelehnt wurde. Beide Staaten erklärten, dass der ohnehin anstehende Wirtschaftsgipfel in der darauf folgenden Woche in Kuwait ausreiche, um auf den israelischen Angriff auf Gaza zu reagieren. Allerdings kann auch von anderen Beweggründen Ägyptens und Saudi-Arabiens ausgegangen werden: Zum einen stehen beide Länder Katar aufgrund der kritischen Berichterstattung des dort angesiedelten Nachrichtensenders Al-Jazeera ohnehin mit großem Misstrauen gegenüber. Hinzu kommt, dass beide aufgrund ihrer politischen Nähe zu den USA zurückhaltend gegenüber Sondergipfeln in Krisenzeiten sind, da diese üblicherweise in stark emotionalisierten und populistischen Erklärungen gipfeln. Sie dienen oft dazu, zornige und aufgebrachte arabische Massen zu besänftigen, können jedoch gleichzeitig zu großer Verlegenheit vis-à-vis den USA führen. So entpuppte sich auch der trotz allem einberufene Sondergipfel in Doha als Treffpunkt arabischer und nicht-arabischer Hardliner; auch der Iran nahm mit einer von Präsident Ahmadinedschad persönlich geleiteten Delegation teil.
In seiner Rede auf diesem Gipfel erklärte Assad die Arabische Friedensinitiative für tot. Es folgten verbale Schlachten quer durch die arabische Welt und Assad erntete harsche Kritik aus dem moderaten Lager. Ein palästinensischer Berichterstatter warf ihm Populismus und kurzsichtige Interessen vor; es sei unmöglich von einem "Tod" der Initiative zu sprechen, da sie im Kern international anerkannte Normen einhalte, die bereits von allen arabischen Staaten, so auch Syrien, akzeptiert worden seien.
Position der Palästinenser
Die API genießt die volle Unterstützung der PA und ihres Präsidenten Mahmud Abbas. Ihnen ist durchaus bewusst, dass die Unterstützung der anderen arabischen Staaten primär auf Eigeninteressen beruht. Doch bietet ihnen die API einen diplomatischen Schutzschirm sowie eine dringend benötigte Stütze für ihren diplomatischen Kampf auf internationaler Ebene.
Sowohl die PA als auch die PLO bemühen sich daher proaktiv um internationale und israelische Unterstützung für die API. So hat die Palästinensische Autonomiebehörde in einem bislang beispiellosen Schritt Werbungen in israelischen Tageszeitungen
Im Gegensatz zu den von der Fatah dominierten PLO und Autonomiebehörde kann die Position der Hamas bestenfalls mit "konstruktiver Ambivalenz" umschrieben werden. Noch am Tag der offiziellen Verkündung der Initiative verübten Mitglieder des militärischen Flügels der Hamas ein Selbstmordattentat in Netanya, das in Israel als das "Pessach-Massaker" bekannt wurde und bei dem 20 Menschen getötet und über 100 verletzt wurden. Der damalige Hamas-Führer Scheich Ahmed Jassin erklärte, dass der Angriff dem arabischen Gipfel die Botschaft übermittelt habe, "dass das palästinensische Volk den Kampf für das Land fortsetzen und sich weiterhin verteidigen wird, ganz gleich welche Maßnahmen der Feind unternimmt".
Seitdem die API im März 2007 erneut bekräftigt wurde, legt die Hamas eine zweideutige Politik an den Tag. Viele ihrer Führer äußern sich ablehnend, andere dagegen neutral oder sogar positiv. Hamas-Führer Ismail Haniyeh war beim Gipfel in Riad im April 2007 anwesend und unterstützte die API insoweit, als er unterstrich, dass die Hamas die Initiative zwar nicht ablehne, zugleich aber keinerlei Kompromisse beim Rückkehrrecht der palästinensischen Flüchtlinge eingehen würde.
Hamas will ihre Positionen zur API erst dann offiziell festlegen, wenn die Initiative von Israel akzeptiert wurde. Was Hamas heute schon akzeptiert, ist die in der API geäußerte Forderung nach einem palästinensischen Staat auf den im Jahr 1967 von Israel besetzten Gebieten. Zu den Streitpunkten gehören neben der Frage nach dem Rückkehrrecht der Flüchtlinge auch die in der Initiative explizit geforderte Anerkennung des Staates Israel - was ein innerhalb der Hamas kontrovers diskutiertes Thema ist. Folgt man der herrschenden Meinung in den arabischen Staaten, wird sich die Hamas trotz allem im Rahmen des arabischen Konsenses bewegen, sobald sich erste Erfolge bei der Implementierung der API zeigen. Dies allerdings hängt vorrangig vom Verhalten Israels ab.
Israel und die Arabische Friedensinitiative
Die API bietet Israel das, was das Land seit seiner Gründung im Jahr 1948 anstrebt. Viele Jahre lang war es Israels größter Wunsch, ein solches Angebot unterbreitet zu bekommen. Weshalb, so ließe sich fragen, reagiert Israel bislang zurückhaltend? Es scheint, dass die "dramatische Veränderung" in der arabischen Position von der israelischen Regierung lediglich "mit einem Gähnen" quittiert wurde.
Zwar hat die israelische Regierung der Initiative bis heute weder offiziell zugestimmt noch lehnte sie sie ab, aber sie benannte Punkte, bei denen sie nicht zu Kompromissen bereit war, wie die palästinensische Flüchtlingsfrage und den Rückzug bis auf die Grenzen von vor dem Sechs-Tage-Krieg.
Man könnte argumentieren, Israel begehe einen historischen Fehler und seine Vorbehalte gegen die Initiative beruhten auf einer falschen Interpretation ihres Inhalts. So äußerten viele israelische Politiker ernste Zweifel an den Beweggründen der AL. Ihrer Ansicht nach sind die Bestimmungen der API - die Anerkennung des "Land für Frieden"-Prinzips als Voraussetzung für multilaterale Gespräche - nicht akzeptabel.
In dem Maße wie die Hamas nicht bereit ist auf das Rückkehrrecht der palästinensischen Flüchtlinge zu verzichten, will Israel sich mit keinem Lösungsvorschlag befassen, welcher die palästinensische Flüchtlingsfrage beinhaltet. Nur wird in der API das "Rückkehrrecht" nicht explizit erwähnt. Selbst die Formulierung, wie sie in der gegenwärtigen Fassung benutzt wird, gilt für viele in der arabischen Welt als "Ausverkauf" der Flüchtlinge.
Allerdings hat sich auch die israelische Position seitdem weiter entwickelt. Kurze Zeit nach dem obigen Zitat merkte Olmert an, dass er die Initiative schätze, ihre Bedeutung anerkenne und sich im Rahmen der Verhandlungen zwischen Israel und der palästinensischen Führung weiterhin auf sie beziehen wolle; er entwickelte sogar die Idee einer regionalen Konferenz, auf der sich die Regionalstaaten über weitere Schritte hinsichtlich der API austauschen könnten.
Auch sein Nachfolger Benjamin Netanjahu signalisierte Gesprächsbereitschaft zur API als er erklärte, dass er die Bemühungen der arabischen Staaten, den Friedensprozess voranzutreiben, sehr schätze und - gleichwohl die Angebote nicht endgültiger Natur seien - dadurch eine positive Stimmung erzeugt werden könne.
Was nun?
Israels indifferente Haltung gegenüber der Initiative verringert keineswegs ihre Bedeutung. Nach Jahrzehnten der innerarabischen Zwietracht und einem Wettlauf um bilaterale Lösungen und Abkommen mit Israel, hat es die API geschafft, die arabischen Staaten auf eine gemeinsame Vision von einem Frieden, der ein Mindestmaß an international anerkannten palästinensischen und arabischen Rechten absichert, einzustimmen. Die API präsentiert einen ausgewogenen Lösungsansatz, der die Interessen aller Parteien, Israel eingeschlossen, berücksichtigt. Daher ist es ihr auch gelungen, internationale Zustimmung und Unterstützung zu gewinnen.
Als Absichtserklärung bleibt die API weiterhin ein relevantes Dokument, auch wenn sie für viele in Israel offensichtlich nicht überzeugend genug ist. Somit bleibt auch mit dieser Initiative die 60 Jahre alte Frage unbeantwortet: Was müsste geschehen, um den arabisch-israelischen Konflikt zu lösen und einen überlebensfähigen Staat für die Palästinenser zu gründen, um zu einer friedlichen Einigung mit Syrien zu kommen, Sicherheit für Israel zu garantieren, Gerechtigkeit für die Flüchtlinge sowie übergreifende Stabilität für die Region herzustellen? Vermutlich werden die API wie auch andere Bemühungen zur Beilegung des Konflikts scheitern, wenn die internationale Gemeinschaft nicht entschlossen genug Druck auf Israel ausübt, keine weiteren Siedlungen auf besetzten Gebieten zu bauen, da dies die Gründung eines palästinensischen Staates zusätzlich erschwert.
Mit anderen Worten: nun ist Israel am Zug. Zurzeit ist das Land beunruhigt über die mutmaßlichen Versuche des Iran, Nuklearwaffen zu entwickeln - eine Sorge, die viele in der arabischen Welt teilen. Seine Beziehungen zur Türkei haben sich in Folge des Gaza-Krieges enorm verschlechtert. Die öffentliche Meinung in Europa schlägt um zugunsten der Palästinenser, was sowohl das Risiko eines Boykotts israelischer Produkte in sich birgt als auch für militärische und politische Persönlichkeiten Israels wegen Kriegsverbrechen angeklagt zu werden, wie in Großbritannien geschehen.
In seiner Rede vor Kandidaten für die israelischen Parlamentswahlen im Frühjahr 2009 fasste Akiva Eldar, renommierter Journalist bei Haaretz, die Entscheidung vor der Israel stehe in klare Worte: "Sie können die Initiative unterstützen, so wie sie sie auch ablehnen dürfen. Allerdings können die um das Vertrauen der Wähler ringenden zionistischen Parteien dem mit Abstand aussichtsreichsten diplomatischen Entwurf, den Israel je von den Arabern erhalten hat, nicht ausweichen. Jeder Kandidat muss eine eindeutige Position beziehen, ob die Regierung die Initiative annehmen oder ablehnen wird. Anders formuliert, was ziehen Sie eher vor: zusammen mit 22 arabischen Staaten eine Front gegen den Iran und seine Agenten zu errichten oder zusammen mit den Siedlern eine Front gegen den Rest der Welt?"
Übersetzung aus dem Englischen von Orhan Günden, Bonn.