I. Einleitung: die verschiedenen Dimensionen der Wasserkrise in Nahost
Wasser ist knapp im trockenen Nahen Osten. Die Region ist mit extremen hydrologischen Problemen wie einem äußerst geringen natürlichen Pro-Kopf-Aufkommen und starken hydrologischen Schwankungen konfrontiert. Aber die Wasserkrise in Nahost ist nicht nur eine hydrologische, sondern auch eine der nationalen Wasserinstitutionen und der zwischenstaatlichen Beziehungen. Da die meisten Oberflächen- sowie Grundwasservorkommen politische Grenzen überschreiten, ist Wasser auch Thema des Nahostkonflikts und der Frage nach territorialer Kontrolle und politischer Herrschaft.
Es ist viel darüber spekuliert worden, inwieweit Wasser Kriegsgrund oder Mittel zur Kooperation in der Region sein kann. Tatsache ist, dass es in der Mitte des 20. Jahrhunderts begrenzte militärische Auseinandersetzungen um Wasserprojekte am Jordan sowie etliche Vermittlungsversuche bei Wassernutzungen gegeben hat. Seit dem Beginn des Madrider Friedensprozesses 1991 war Wasser expliziter Bestandteil der Friedensverhandlungen, und alle grundlegenden Abkommen der neunziger Jahre berücksichtigen die Wassersituation. Ist damit die Grundlage für eine kooperative Nutzung in der Zukunft gelegt? Im Folgenden wird argumentiert werden, dass die Krise grundsätzlich managebar ist. Während erste wasserbezogene Abkommen im Rahmen des Nahost-Friedensprozesses Kompromisse aufweisen, versperrt die Architektur der Wasserverhandlungen allerdings bislang die Sicht auf zusätzliche Möglichkeiten für gegenseitige Gewinne und eine integrierte Bewirtschaftung. Die Auseinandersetzung um Wasser wird daher spannungsvoll und das Management der Ressourcen vergleichsweise teuer bleiben.
II. Die historische Aneignungregionaler Wasserressourcen
Das zentrale Oberflächenwassersystem des vorderen Nahen Ostens sind der Jordan und sein Nebenfluss Yarmuk. Das Wassereinzugsgebiet des Jordans umfasst Teile Libanons, Syriens, Israels, Jordaniens und des Westjordanlandes. Der Jordan wird derzeit hauptsächlich von Israel genutzt, der Yarmuk zumeist von Syrien und Jordanien.
Die Geschichte der Aneignung der Wasserressourcen in Nahost ist komplex und eng mit den zwischenstaatlichen Auseinandersetzungen in der Region verwoben. Während die Wasserressourcen der Region bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts weitgehend mit traditionellen Methoden genutzt wurden, setzte mit der Gründung des Staates Israel eine Art Wettlauf um Wasser ein.
In Anbetracht der hohen Anzahl palästinensischer Flüchtlinge entwickelte Jordanien Anfang der fünfziger Jahre seinerseits Pläne für einen Staudamm am Yarmuk (den Maqarin-/Al-Wehda-Damm) und für die Umleitung des Yarmuks in einen Bewässerungskanal parallel zum Unteren Jordan (den East-Ghor-/King-Abdullah-Kanal). Syrien und der Libanon diskutierten eine Umleitung der in Syrien entspringenden Jordan-Quelle (Banias).
Unter der Perspektive dieser wasserpolitischen Spannungen, der konkurrierenden wasserwirtschaftlichen Pläne sowie des palästinensischen Flüchtlingsproblems entsandte die US-Regierung von 1953 bis 1955 Botschafter Eric Johnston zur Vermittlung in der Wasserfrage. Nach langwierigen Verhandlungen konnte man sich 1955 auf der technischen Ebene auf einen gemeinsamen wasserwirtschaftlichen Plan für die Bewirtschaftung des Jordans und entsprechende Wasserentnahmen der verschiedenen Parteien einigen, den sog. Johnston-Plan (vgl. Tabelle 2). Während die israelische Regierung dem Plan letztlich zustimmte, beschloss die Arabische Liga, den Plan nicht zu ratifizieren. Der Grund für die Zustimmung Israels und die Ablehnung durch die Arabische Liga war derselbe: Die Unterzeichnung eines völkerrechtlichen Vertrages mit Israel hätte dessen politische Anerkennung bedeutet.
Trotz der gescheiterten Johnston-Verhandlungen blieben Israel und Jordanien auf technischer Ebene in Kontakt und begannen ihre wasserwirtschaftlichen Pläne unilateral umzusetzen. Israel verlegte nun endgültig die Entnahmestelle für den National Water Carrier an den See Genezareth. Dies bedeutete, dass das Wasser zusätzlich von 212 m unter dem Meeresspiegel gehoben werden musste. Der National Water Carrier wurde 1964 in Betrieb genommen. Jordanien nahm 1961 den East-Ghor-(späteren King-Abdullah-)Kanal in Betrieb, einen Bewässerungskanal im östlichen Teil der Jordansenke, der mit Yarmukwasser gespeist wird. Wiederholte Versuche zur Realisierung des Maqarin-/Al-Wehda-Dammes am Yarmuk sind bislang gescheitert. Jordanien und Syrien hatten diesbezüglich 1953 und 1987 Abkommen unterzeichnet, Israel jedoch Einspruch erhoben. Die USA versuchten Ende der siebziger Jahre im Konflikt um den Maqarin-Damm zu vermitteln. Ihre finanzielle Hilfe an Jordanien fiel jedoch aus, da auch sie Israel nicht zu einer Zustimmung bewegen konnten.
Während sich Israel und Jordanien zunächst stillschweigend im Rahmen der Johnston-Verhandlungen bewegten, war die Arabische Liga weiterhin nicht mit der Wasserableitung Israels einverstanden. 1964 wurde daher beschlossen, die in Syrien entspringende Jordanquelle (Banias) umzuleiten. Kurz nach Beginn der Bauarbeiten bombardierte Israel mehrmals die Baustelle. 1966 kam es zu einem endgültigen Abbruch dieses Projektes.
Die wasserstrategische Situation und die Machtverhältnisse im Jordanbecken änderten sich grundsätzlich nach dem Sechstagekrieg im Juni 1967. Mit der Besetzung der Golanhöhen und des Westjordanlandes gewann Israel die Kontrolle über fast alle Zuflüsse des Jordans sowie über die Grundwasserreserven des Westjordanlandes. Ab 1967 wurden mittels militärischer Verordnungen die Wasserrechte im Westjordanland und Gazastreifen israelischem Recht angeglichen und seiner Verwaltung unterstellt. Während Israel zu diesem Zeitpunkt den westlichen und nordwestlichen Westbank-Aquifer bereits fast vollständig nutzte und weitere Brunnen für israelische Siedlungen im Westjordanland bohrte, wurden von 1967 bis 1989 trotz steigender Bevölkerungszahlen und eines erhöhten Wasserbedarfs kaum neue Genehmigungen für Brunnenbohrungen an die Palästinenser erteilt.
III. Die Wasserkrise heute
Vergleicht man die Wassernutzungen Israels, Jordaniens und der Palästinenser heute, so sind infolge der geschichtlichen Entwicklung, der Kriege der Region, der Besatzung, unterschiedlicher planerischer Philosophien und wirtschaftlicher Kapazitäten erhebliche Unterschiede augenfällig: Der durchschnittliche Wasserverbrauch pro Kopf, gemittelt über alle wassernutzenden Sektoren, war 1994 in Israel mit 360 Kubikmetern mehr als dreimal so hoch wie in den palästinensischen Gebieten mit 110 m³ und mehr als 50 Prozent höher als in Jordanien mit 220 m³. Berücksichtigt man lediglich den Verbrauch der Haushalte, so lag das Verhältnis Israel-Jordanien-Westbank sogar bei 5:3:1 (230:70:45 Liter pro Kopf und Tag).
In der Tat sind die natürlichen Frischwasserressourcen in der Region ausgesprochen knapp in dem Sinne, dass sie nicht ausreichen, die Staaten der Region autark mit Wasser sowie mit lokal produzierten Lebensmitteln zu versorgen. Die für Letzteres erforderliche Menge wird für semi-aride Klimate auf ca. 1000 Kubikmeter pro Kopf und Jahr (m³/c/a) geschätzt, die für die Versorgung von Haushalten und industriellen Wassernutzern auf 100 m³/c/a.
Die Knappheit in der Region ist allerdings - mit der möglichen Ausnahme einiger lokaler Fälle - keine absolute und wird in dem Ausmaß relativiert, wie Staaten in der Lage sind, Wasser gebunden in der Form von Getreide und Grundnahrungsmitteln vom Weltmarkt zu importieren (sog. virtuelles Wasser)
IV. Die wasserwirtschaftlichenOptionen
Es werden zwei große Kategorien von Maßnahmen unterschieden: sog. "interne" Maßnahmen, die zusätzliche lokale Wasserressourcen verfügbar machen oder die Effizienz ihrer Bewirtschaftung steigern, sowie Maßnahmen zur Bereitstellung sog. "neuen und zusätzlichen" Wassers. Hiermit sind Maßnahmen gemeint, die Wasser über das sich in der Region regenerierende Dargebot hinaus verfügbar machen, insbesondere durch die Meerwasserentsalzung oder Wasserimporte.
1. Maßnahmen zur Bereitstellung "neuer und zusätzlicher" Ressourcen
Für die Meerwasserentsalzung werden konventionelle Meerwasserentsalzungsanlagen, meist basierend auf Umkehrosmose, diskutiert sowie die Möglichkeit, Meerwasser vom Mittelmeer bzw. Roten Meer mittels Kanälen zum Toten Meer zu leiten und den aufgrund der Höhendifferenz entstehenden hydrostatischen Druck zur Entsalzung mittels Umkehrosmose zu nutzen. Für den Wasserimport kommen Überlandleitungen, Tanker oder neuartige Vinylbehälter (sog. Medusabags) in Betracht. Vergleicht man diese Optionen in ökonomischer (s. Tabelle 3), ökologischer und politischer Hinsicht, so erweist sich die reguläre Meerwasserentsalzung als favorisierte Lösung.
2. "Interne" Managementmaßnahmen
Die Optionen zur Erschließung zusätzlicher lokaler Ressourcen sind relativ begrenzt und beziehen sich v. a. auf die Förderung relativ tief liegender Grundwassservorkommen (z. B. im Westjordanland in bis zu 1000 m Tiefe), die Entsalzung brackwasserhaltiger grundwasserführender Schichten oder die Stauung von Flutwasser (z. B. in den Wadis der Jordansenke). Die Kosten dieser Maßnahmen hängen sehr stark von den lokalen Bedingungen ab, liegen aber meist unter denen der Meerwasserentsalzung (ca. 30-70 Cents/m³).
Darüber hinaus bieten sich etliche Optionen zur effizienteren Bewirtschaftung der vorhandenen Wasserressourcen. Hier sind insbesondere die Optionen zur Reduzierung von Leitungsverlusten, zur Abwasserwiederverwendung sowie zur Nachfragesteuerung mittels kostendeckender Wasserpreise zu nennen. Die Reduzierung von Leitungsverlusten sind insbesondere in Jordanien und den palästinensischen Gebieten relevant, wo Leitungsverluste Anfang der neunziger Jahre bei zum Teil über 50 Prozent lagen (inklusive nicht abgerechnetes Wasser). Die Wiederverwendung von aufbereitetem Abwasser bietet sich für die landwirtschaftliche Nutzung an, da in der Landwirtschaft in vielen Fällen kein Wasser mit Trinkwasserqualität erforderlich ist. Abwasserwiederverwendung ist eine relativ günstige Maßnahme mit signifikantem Potential in der Region, insbesondere wenn die Abwasserproduzenten die Kosten der Aufbereitung tragen.
Die größte innenpolitische Herausforderung für die Wasserinstitutionen im Nahen Osten ist die Frage der landwirtschaftlichen Wassernutzung, dem weitaus größten Wassernutzer. 1994 lag der Anteil der Landwirtschaft an den Wassernutzungen in Israel bei 62 Prozent, in Jordanien bei 74 und in den Palästinensischen Autonomiegebieten bei 64 Prozent.
In Israel hat während der letzten 50 Jahre eine graduelle Umorientierung der Wasserpolitik stattgefunden, aufbauend auf einer Umorientierung der allgemeinen Wirtschaftspolitik von einer auf Bewässerungslandwirtschaft basierenden Volkswirtschaft hin zu einer postindustriellen Gesellschaft, in der die Landwirtschaft gegebenenfalls die Rolle spielt, hydrologische Krisen durch Reallokationen abzufedern.
3. Win-win Lösungen?
Letztlich handelt es sich bei der Bewirtschaftung der Wasserressourcen um ein ökonomisches Optimierungsproblem, wobei die Anrainer Wasserdargebot- und -nachfrage ökonomisch in Übereinstimmung bringen und sich die gegenseitigen Gewinne teilen könnten. Ökonomische Modelle sowie technisch-ökonomische Abschätzungen geben Hinweise darauf, dass eine integrierte Bewirtschaftung aller Ressourcen nach ökonomischen Gesichtspunkten gegenseitige Gewinne für alle Beteiligten bringen könnte.
V. Wasserpolitische Positionenim Nahost-Friedensprozess
Zu Beginn der neunziger Jahre stellten sich die wasserpolitischen Positionen der drei zentralen Parteien wie folgt dar: Für Jordanien, motiviert durch die Tatsache, dass bereits Anfang der neunziger Jahre der jordanische Wasserverbrauch das erneuerbare Dargebot überschritt und Jordanien sich im Laufe der Zeit im Hinblick auf die (stillschweigende) Umsetzung des Johnston-Plans von seinen israelischen und syrischen Nachbarn hintergangen fühlte, stellte die Wasserfrage einen bedeutenden Teil der Friedensverhandlungen mit Israel dar. Die Jordanier vermuteten, dass Israel mehr Wasser vom Yarmuk in den See Genezareth pumpte, als es offiziell zugab. Im Sinne einer gerechten Verteilung des Zugangs zu Wasser forderte Jordanien einen höheren Anteil am Yarmuk gemäß dem Johnston-Plan. Mit dem offiziellen Verzicht König Husseins auf das Westjordanland 1988 und der Anerkennung der PLO als direkter Verhandlungspartner der Palästinenser mit Israel infolge der Osloer Prinzipienerklärung vom 13. September 1993 fühlten sie sich der Pflicht entbunden, für die Palästinenser zu verhandeln.
Die Palästinenser forderten zunächst eine grundsätzliche Anerkennung ihrer Wasserrechte auf der Grundlage der "natürlichen Zuteilung" und grundlegender Bedürfnisse. Als Oberanrainer am bedeutenden Westbank-Aquifer fühlten sie sich durch die israelische Besatzungspolitik in ihren Anrainerrechten verletzt. Weiterhin forderten sie Anrainerrechte am Jordan unter Bezug auf die ehemals jordanische Quote für die westliche Jordansenke während der Johnston-Verhandlungen. Die Anerkennung der Wasserrechte wurde zur Bedingung für jegliche weitergehende Gespräche über konkrete Managementmaßnahmen gemacht. Im Wesentlichen wurde der Status quo nicht als legitim betrachtet, da er durch militärische Macht durchgesetzt worden war. Der palästinensischen Position lag somit die Forderung nach größerer Gerechtigkeit im Zugang zu Ressourcen und nach Kompensation für vergangenes Unrecht zugrunde. Ein Problem der Palästinenser war, dass sie, u. a. aufgrund der Besatzung, nur lückenhaftes Wissen über die Wasserressourcen hatten, was es ihnen erschwerte, eine inhaltliche Verhandlungsposition aufzubauen.
Die israelische Regierung lehnte die Diskussion von Wasserrechten zunächst grundsätzlich ab. Hintergrund war das Selbstverständnis, dass Israel ein Recht auf die von ihm entwickelten Wasserressourcen habe und dass diese Ressourcen von existenzieller Bedeutung für den israelischen Staat seien. Im Hinblick auf die Ressourcen des Westbank-Aquifers wurde argumentiert, dass diese größtenteils bereits vor 1967 von israelischem Territorium aus entwickelt worden seien. Das bedeutete jedoch nicht, dass Israel an Gesprächen über Wasser vollkommen uninteressiert war. Die israelische Sorge bezog sich allerdings darauf, dass das kostbare Nass in den arabischen Staaten und Gebieten nicht effizient genug genutzt würde und dass möglicherweise kostbare Frischwasserressourcen kontaminiert werden könnten. Das Wasserproblem wurde somit zu einem Managementproblem erklärt, und nach israelischem Verständnis erforderte effektives Management die Aufrechterhaltung israelischer Kontrolle. In den Vordergrund zur Lösung dieses Problems stellte Israel die Erschließung von neuen, zusätzlichen Wasserressourcen zur Sicherung der eigenen Zukunft und zur Lösung der weit akuteren Wasserkrise in den palästinensischen Gebieten und in Jordanien. Israel lehnte eine Anerkennung des Johnston-Planes als Verhandlungsgrundlage mit Hinweis auf die Nichtratifizierung durch die Arabische Liga und syrische Verletzungen des Abkommens ab. Nach Albin erkannte die israelische Regierung bereits früh ein humanitäres Recht auf Wasser für die Palästinenser an, bestritt aber immer, dass die Palästinenser ein Recht auf die Ausweitung landwirtschaftlicher Nutzungen hätten.
Die israelische Position hatte wesentlichen Einfluss auf die institutionelle Gestaltung der Wasserverhandlungen im Nahost-Friedensprozess. Israel bestand darauf, die Wasserfragen auf verschiedenen Ebenen zu behandeln. Ließ man sich auf die Einrichtung einer multilateralen Arbeitsgruppe zu Wasserressourcen ein, so sollten in diesem Rahmen lediglich Managementfragen diskutiert werden. Die Frage der Wasserrechte sollte, wenn überhaupt, nur bilateral in den jeweiligen Verhandlungen mit Jordanien, Syrien und der PLO behandelt werden. Syrien und Libanon boykottierten die multilateralen Verhandlungen von Anfang an.
VI. Die wasserbezogenen Abkommenim Nahost-Friedensprozess
Sowohl der israelisch-jordanische Friedensvertrag vom Oktober 1994 als auch die grundlegenden Abkommen zwischen Israel und der PLO, die Prinzipienerklärung vom September 1993, das Kairo- (Gaza-Jericho-)Abkommen vom Mai 1994 und das Taba- (Oslo-B-)Abkommen vom September 1995, behandeln die Wasserproblematik explizit. Darüber hinaus haben Israel, Jordanien und die Palästinensische Autonomiebehörde 1996 eine trilaterale Prinzipienerklärung über Wasser unterzeichnet. Im Rahmen bilateraler Verhandlungen zwischen Israel und Syrien wurden bisher keine Abkommen abgeschlossen.
1. Israel-Jordanien
Artikel 6 des israelisch-jordanischen Friedensvertrages vom 26. Oktober 1994 strebt eine umfassende und dauerhafte Lösung des Wasserkonflikts an, indem gegenseitig die "rechtmäßigen Wasserallokationen" anerkannt werden und man sich auf die gemeinsame Bereitstellung zusätzlicher Ressourcen einigt.
Die Umsetzung des Vertrages hat sich als zäh erwiesen, aber im Laufe der Zeit sind dennoch einige Vertragspunkte umgesetzt worden. Im Juli 1995 wurde mit der Winterspeicherung von Yarmukwasser für Jordanien im See Genezareth begonnen (20 MCM/a). Ab Mai 1997 wurden 35 MCM/a zusätzlich vom See Genezareth an Jordanien zur Verfügung gestellt, offensichtlich als Teil der 50 MCM/a zu identifizierenden Wassers. Im Dezember 1999 wurde das neue Wehr bei Adassiya in Betrieb genommen, das zusätzliches Yarmukwasser in den King-Abdullah-Kanal umleitet.
2. Israel-Palästina
Das wichtigste wasserbezogene Abkommen zwischen Israel und der PLO ist bisher Artikel 40 des Taba- (Oslo B-)Interim-Abkommens vom 28. September 1995. Vor dem Hintergrund der israelischen Verhandlungsposition ist der vielleicht herausragendste Aspekt des Abkommens, dass Israel die palästinensischen Wasserrechte im Westjordanland grundsätzlich anerkennt; diese sollen allerdings erst in den Verhandlungen über den permanenten Status abschließend verhandelt werden. Laut Albin verzichteten die Palästinenser im Gegenzug auf ihren Anspruch auf den Jordan.
Das Problem des Abkommens ist, dass der östliche Westbank-Aquifer weit weniger gut erforscht ist als andere Aquifere, dass er einen relativ hohen Anteil an salzführenden Schichten hat und dass damit seine Entwicklung für die Palästinensische Autonomiebehörde administrativ schwierig und teuer ist.
3. Die Multilateralen
Die Multilaterale Arbeitsgruppe zu Wasserressourcen wurde als Forum eingerichtet, um regionale Kooperation zu bestimmten Aspekten wie Daten und der Bereitstellung von zusätzlichem Wasser zu fördern und Geberaktivitäten zu koordinieren. Die offiziellen Treffen der Arbeitsgruppe kamen 1997 zum Stillstand; die meisten Projekte laufen allerdings auf technischer Ebene weiter.
VII. Einige Schlussfolgerungen
Inhaltlich lassen sich die bisherigen wasserbezogenen Abkommen folgendermaßen zusammenfassen: Abgesehen von möglichen Einschränkungen am Yarmuk bleiben die israelischen Nutzungen der grenzüberschreitenden Ressourcen unangetastet. Während Versuche unternommen werden, zusätzliche Ressourcen für Jordanien und Palästinenser zu entwickeln, erhält Israel in bilateralen Wasserkomitees quasi Vetorechte, ohne ähnliche Rechte im Hinblick auf seine eigene Nutzung der grenzüberschreitenden Ressourcen einzuräumen. Gleichzeitig werden "existierendes" sowie "neues und zusätzliches" Wasser institutionell getrennt behandelt.
Letztlich hängt die Beurteilung der bisherigen wasserbezogenen Abkommen im Rahmen der Nahost-Friedensverhandlungen von den weltanschaulichen Standards und zugrunde gelegten Gerechtigkeitskonzeptionen ab. Während Vertreter des Realismus argumentieren mögen, dass die zwischenstaatlichen Abkommen aufgrund der Freiwilligkeit ihres Zustandekommens als gerecht gelten können, sichtbare Kompromisse in Bezug auf die Ausgangspositionen der Konfliktparteien aufweisen und ihr Zustandekommen als solches als Erfolg zu beurteilen sei, mögen Vertreter des Institutionalismus fragen, ob die Verhandlungspositionen und die existierenden Nutzungen als legitim bzw. gerechtfertigt beurteilt werden können und ob die Abkommen völkerrechtlichen Normen genügen.
Während die getrennte Behandlung der Wasserfrage in bilateralen und multilateralen Verhandlungen sicherlich politisch aus israelischer und z. T. auch aus jordanischer Sicht verständlich ist, scheint die starre Trennung von "existierendem" sowie "neuem und zusätzlichem" Wasser den Parteien institutionelle Schranken aufzuerlegen, die die Sicht auf gegenseitige Gewinne (Win-win-Strategien) verhindern. Eine ökonomische Optimierung der Nutzungen würde erfordern, die gemeinsamen Ressourcen stärker zu poolen. Dies erfordert offensichtlich ein Maß an Vertrauen, das insbesondere unter den gegenwärtigen Verhältnissen die zwischenstaatlichen Beziehungen überfordert. Andererseits bleibt das Wassermanagement so vergleichsweise teuer, was in diesem Fall insbesondere die wirtschaftlich schlechter gestellten Anrainer trifft.
Die Frage, ob Wasser im Nahen Osten von der übergeordneten politischen Lage gelöst werden und als Katalysator für Kooperation auf technischer Ebene fungieren kann, hängt wiederum vom Betrachter ab. Miriam Lowi hat auf der Grundlage einer eingehenden Analyse der Verhandlungen in den fünfziger und siebziger Jahren argumentiert, dass Israels Position in Wasserfragen immer wieder ganz wesentlich von übergeordneten politischen Fragen bestimmt wurde und Fortschritte in der Wasserfrage ohne eine Lösung dieser übergeordneten Fragen nicht möglich waren.
Wenn man die Gelegenheit hatte, einen Eindruck von der Mühseligkeit und Konfliktgeladenheit des täglichen Geschäftes der "Kooperation" unter stark asymmetrischen Beziehungen zu gewinnen, so wird die Relativität von Konflikt und Kooperation deutlich. Während Kooperation vielleicht immer konfliktreich sein wird, ist dies sicherlich nur solange konstruktiv, wie beide Parteien einigermaßen gleichberechtigt interagieren und gegenseitige Gewinne im Blick haben. Die Situation wird vermutlich dann kritisch, wenn sich eine Partei systematisch übervorteilt fühlt. Insofern wird auch die politische Nachhaltigkeit internationaler Abkommen davon abhängen, wie akzeptabel diese für die beteiligten Parteien sind und ob diese minimalen Anforderungen an Fairness genügen.
Letztlich darf die Frage der Rolle der zwischenstaatlichen Kooperation um Wasser aber auch nicht überbewertet und muss in ihrem Verhältnis zu Managementaufgaben auf nationaler und lokaler Ebene beurteilt werden. Die zwischenstaatliche Dimension ist wichtig, da sie, wie insbesondere am palästinensischen Fall sichtbar wird, eine elementare Voraussetzung für nationales bzw. lokales Handeln darstellt. Auf der anderen Seite hängt die Güte der jeweiligen nationalen Wasserwirtschaft auch wesentlich von den nationalen Institutionen ab. In der Anpassungfähigkeit der nationalen Wasserinstitutionen der Region hat sich in den letzten Jahren viel bewegt. Gleichzeitig ist der Weg noch weit.