Von den gegenwärtig rund 17 Millionen in Deutschland lebenden Menschen mit Zuwanderungsgeschichte bilden die Türkeistämmigen mit knapp drei Millionen – nach den (Spät-)Aussiedlern – die größte Gruppe. Etwa die Hälfte von ihnen ist eingebürgert. Sie sind jedoch, was Teilhabe- und Teilnahmechancen am gesellschaftlichen Leben betrifft, häufig an hinterster Stelle. Obwohl ihre Migrationsgeschichte bis 1961 zurückreicht, erscheinen sie der Mehrheitsgesellschaft offenbar noch immer als "fremd" und befremdlich. Ihre nach wie vor starken Herkunftsbezüge werden gelegentlich als "mangelnde Integrationsbereitschaft" gedeutet. Aber auch die Türkeistämmigen selbst bewerten das Integrationsgeschehen in Deutschland weniger positiv als andere Zuwanderergruppen, wie zuletzt das "Integrationsbarometer" vom Sachverständigenrat deutscher Stiftungen für Integration und Migration (SVR) gezeigt hat.
Unterschiedliche Prägungen
Die Türkei gehört zweifellos zu einem der widersprüchlichsten Länder des Nahen Ostens beziehungsweise Südosteuropas. Zwar hat sie sich durch den Ausbau wirtschaftsliberaler Programme seit 1983 stark nach Westen geöffnet und konnte unter der Regierung der AKP (Adalet ve Kalkınma Partisi, Gerechtigkeits- und Fortschrittspartei) bis etwa 2012/13 ein starkes Wirtschaftswachstum verzeichnen, aber all diese Entwicklungen haben landesweit kaum zu einem kulturellen Wertewandel in Richtung mehr Liberalität und Toleranz für Diversität geführt. Im Gegenteil: Spätestens seit 1994 hat es im türkischen Parteienspektrum einen deutlichen Rechtsruck gegeben. Ab Mitte der 1990er Jahre – also noch vor der AKP-Machtübernahme 2002 – ist die türkische Gesellschaft stärker religiös und konservativ geworden. Die AKP hat diese Tendenzen bereitwillig aufgegriffen und insbesondere im Bildungswesen weiter ausgebaut.
Wie extrem die Gegensätze in der Türkei und ihrer Entwicklung sind, zeigt allein der Blick auf die sehr unterschiedlichen Alphabetisierungs- und Geburtenraten in den verschiedenen Landesteilen: Während im Osten und Südosten der Türkei (in den Provinzen Van und Şanlıurfa) gerade einmal gut zwei Drittel der Bevölkerung lesen und schreiben können, liegt die Alphabetisierungsrate im Westen der Türkei (etwa in den Metropolen Istanbul und Izmir) weit über 90 Prozent. Gleichzeitig bekommt eine Frau in Van durchschnittlich rund sechs Kinder, in Izmir dagegen 1,75, was nur leicht über dem entsprechenden Wert in westeuropäischen Großstädten liegt.
Diese Befunde sind relevant, um die je unterschiedlichen sozialstrukturellen Prägungen und Orientierungen auch in Deutschland einordnen und verstehen zu können, die – zumindest in der ersten, noch selbst zugewanderten Generation – nicht ganz aufgegeben wurden. Insbesondere der wirtschaftliche Aufschwung und die damit gestiegene politische Bedeutsamkeit des Landes haben dazu geführt, dass das Herkunftsland für in Deutschland lebende Türkeistämmige als Identifikationsquelle immer attraktiver wurde, vor allem dann, wenn mit längerer Aufenthaltsdauer keine bessere Einbindung und Akzeptanz in der hiesigen Gesellschaft einhergegangen sind. Denn Menschen haben das Bedürfnis, Teil eines starken "Wir" zu sein; bei fehlenden Identifikationsangeboten in der deutschen Mehrheitsgesellschaft wird diese dann gegebenenfalls in einer "starken Türkei", in einem "starken Islam" oder anderem gesucht.
Darüber hinaus sind mit der Migration auch die zentralen Konfliktlinien der türkischen Gesellschaft, die sich in politischer, ethnischer und religiöser Ausprägung zeigen, auch nach Deutschland "importiert" worden; genauer gesagt, sind sie natürliche Folge bestehender transnationaler Bezüge von Menschen auch nach einer Migration. Diese finden regelmäßig ihren Niederschlag etwa im Umfeld von Wahlkampfveranstaltungen türkischer Politiker in Deutschland, nach militärischen Einsätzen der türkischen Armee im Südosten des Landes sowie in den vergangenen Monaten nach dem gescheiterten Putschversuch vom Juli 2016 in Auseinandersetzung mit staatsnahen Institutionen wie dem Moscheeverband DITIB (Türkisch-islamische Union der Anstalt für Religion) und inkriminierten Gruppen wie der Gülen-Bewegung.
Die erste Konfliktdimension liegt in den Spannungen zwischen laizistischen und religiösen Türken, deren Ursprung auf die Republikgründung 1923 zurückzuführen ist. Damals wurde von einer westlich orientieren Elite Laizismus verordnet, der von einem Großteil der Bevölkerung mehr oder weniger widerwillig angenommen wurde. Die heute regierende AKP ist seit einigen Jahren – im Bewusstsein ihrer Machtfülle – dabei, diese Verhältnisse wieder umzudrehen.
Die zweite Konfliktdimension ist die ethnische zwischen Türken und Kurden, die mit dem lange Zeit hochgehaltenen Selbstverständnis des türkischen Staates als ethnisch homogene Nation zu tun hat. Etwa ein Viertel bis ein Drittel der in Deutschland lebenden Türkeistämmigen sind ethnische Kurden, was in etwa ihrem Bevölkerungsanteil in der Türkei entspricht. Ihre genaue Zahl ist schwer zu erfassen, weil diese nach Staatsangehörigkeit und nicht nach ethnischen Selbstdefinitionen erfolgt. Darüber hinaus leben in Deutschland auch Kurden aus anderen Staaten, etwa aus Syrien, Iran und Irak, die sich hier politisch und sozial für Belange des kurdischen Volkes in der Türkei engagieren.
Die dritte Konfliktdimension ist die stets latente Spannung in der unterschiedlichen Deutung des Islam und den daraus abgeleiteten Lebensformen zwischen Aleviten und Sunniten. Schätzungen zufolge sind etwa zwei Drittel der Türkeistämmigen in Deutschland sunnitische Muslime, etwa 12 bis 15 Prozent sind Aleviten; die anderen gehören entweder kleineren konfessionellen Richtungen an oder sind konfessionslos. Während die türkischen Sunniten innerhalb der islamischen Rechtsschulen der hanefitischen Tradition folgen, sind kurdische Muslime aus der Türkei beispielsweise in ihrer religiösen Praxis stärker von der schafiitischen Tradition geprägt.
Bei einem genaueren Blick wird also deutlich, dass die im Alltag verwendete, vermeintlich eindeutige kategoriale Zuordnung von Menschen zu einer bestimmten Ethnie, Religion oder Herkunft brüchig wird. Auch etwaige Annahmen, dass mit einer Auswanderung in ein anderes Land Menschen im Laufe ihres Lebens ihre im herkunftskulturellen oder familiären Kontext erworbenen Kompetenzen, Kenntnisse und Orientierungen ablegen und eine "neue Sozialisation" durchlaufen, verkennen die "Mächtigkeit" früher Habitualisierungen; und sie übersehen die grundlegenden Befunde der Transnationalismusforschung. Denn Zuwanderer sind in ihrem Alltag häufig in mindestens doppelte soziale und kulturelle Bezugsnetze involviert, manchmal auch in transnationale Netzwerke, die jenseits von Aufnahme- und Entsendeland liegen – wenn etwa Türkeistämmige aus Deutschland heraus Netzwerke nach Belgien, Frankreich, Großbritannien oder in die USA unterhalten. Eine Analyse der Daten des Sozio-oekonomischen Panels hat gezeigt, dass mehr als drei Viertel der Türkeistämmigen aus der ersten Generation seit ihrer Ankunft in Deutschland mindestens einmal im Jahr die Türkei besucht haben; etwa 77 Prozent hatten Angehörige im Ausland.
Religiosität
In einer Vielzahl empirischer Studien wird zum einen die hohe Relevanz der Religion für die Identitätsentwürfe Türkeistämmiger deutlich, die zunächst als eine das Selbst stabilisierende Ressource anzuerkennen ist. Zum anderen führt die gelebte Religiosität innerhalb der Gruppe der Türkeistämmigen aber zu Spaltungen beziehungsweise zu einer deutlichen Differenzierung der individuellen Wertestruktur. Dies soll im Folgenden anhand einiger empirischer Studien und Befunde exemplarisch aufgezeigt werden.
Die Psychologen Jürgen Raithel und Joachim Mrazek haben in einer repräsentativen Studie, für die sie über 2100 "biodeutsche" und türkeistämmige Jugendliche im Alter von 14 bis 19 Jahren befragten, festgestellt, dass für die Identitätsdefinition "biodeutscher" Jugendlicher neben der primär nationalen Identität (deutsch) die sozialräumliche Verortung (etwa als Kölner, Berliner, Duisburger) und dann aber schon eine überregionale Zugehörigkeit (Europäer, Weltbürger) zentral ist. Die religiöse Dimension spielt für sie kaum eine Rolle, nur etwa acht Prozent gaben die Kategorie "Christ" an. Bei den türkeistämmigen Jugendlichen ergibt sich ein deutlich anderes Bild: Auch ihnen ist primär die national-ethnische (türkisch) Zugehörigkeit wichtig (94 Prozent), gefolgt von der Kategorie "Muslim" (86 Prozent) und dann aber bemerkenswerterweise von der Kategorie "Ausländer" (72 Prozent). Das Gefühl, nicht Teil der deutschen Gesellschaft zu sein, bildet also eine Kernkomponente ihrer Identität. Generell fühlen sich die türkeistämmigen Jugendlichen mehr "türkisch" als "biodeutsche" Jugendliche sich "deutsch" fühlen, wobei sich bei letzteren hinsichtlich der nationalen Identifikation markante Bildungseffekte zeigen: Hauptschüler empfinden sich eher als "deutsch", Gymnasiasten fühlen sich eher als "Weltbürger". Für die Türkeistämmigen lassen sich diesbezüglich hingegen kaum Bildungseinflüsse nachweisen. Stattdessen sind bei ihnen hinsichtlich der religiösen Dimension Bildungseffekte festzustellen: Türkeistämmige Hauptschüler fühlen sich eher als Muslime, Gymnasiasten etwas weniger.
In einer früheren Studie von 2011 mit türkeistämmigen Zuwanderern, Türken in der Türkei und "Biodeutschen" habe ich gezeigt, dass eine aktiv gelebte Religiosität die Wertewelt von Türken (in der Türkei) und türkeistämmigen in Deutschland deutlich stärker trennt als dies innerhalb der ethnisch deutschen Gruppe der Fall ist. Religiosität ist demnach für "Biodeutsche" eher eine private, spirituelle Angelegenheit, die andere Wertauffassungen nur unwesentlich berührt. Für die Gruppe der Türkeistämmigen und Türken (in Deutschland und in der Türkei) lässt sich hingegen zeigen, dass in der Religion eine die Wertestruktur deutlich prägende Kraft liegt.
Schließlich ist ein Befund aus Österreich zu nennen: Trotz sozioökonomischer Angleichungsprozesse – für die jüngere Generation etwa ist eine gewisse Aufwärtsmobilität feststellbar –, gibt es eine hohe Wertetransmission zwischen den Generationen beziehungsweise ein Festhalten an den Werten der Herkunftskultur der Eltern.
Für türkeistämmige Zuwanderer, die als eine große Gruppe von Diskriminierungen, Entwertungserlebnissen und Rückweisungen im sozialen Alltag betroffen sind, kann Religion die Funktion einer symbolischen Heimat annehmen, die neben der Orientierung im alltäglichen Handeln auch ein Gefühl transzendentalen Schutzes und Geborgenheit vermittelt.
Politisches Zuhause?
Menschen mit Migrationshintergrund bilden für die politischen Parteien in Deutschland ein immer wichtiger werdendes Potenzial; ihre spezifischen Bedürfnisse, Wünsche, Haltungen und Einstellungen sowie deren Dynamiken zu kennen, kann künftig wahlentscheidend sein. Über alle Zuwanderergruppen hinweg lässt sich festhalten, dass diese ihr politisches Zuhause eher in der SPD gefunden haben, mit deutlichem Vorsprung vor den Unionsparteien: 40,1 Prozent geben eine Präferenz für die Sozialdemokraten an, 27,6 neigen eher zu CDU/CSU. Bündnis 90/Die Grünen (13,2 Prozent) und Die Linke (11,3 Prozent) liegen fast gleichauf dahinter. Allerdings gibt es markante Unterschiede zwischen den beiden größten Zuwanderergruppen, den (Spät-)Aussiedlern und den Türkeistämmigen: Während die Gruppe der (Spät-)Aussiedler mit 45,2 Prozent nach wie vor deutlich die Union favorisiert, ist bei den Türkeistämmigen die SPD mit 69,8 Prozent die beliebteste Partei, dahinter folgen Bündnis 90/Die Grünen mit 13,4 Prozent, Die Linke mit 9,6 Prozent und schließlich die CDU/CSU mit 6,1 Prozent.
Haben wir es bei den Türkeistämmigen also mit einer überaus linksliberalen Gesinnung zu tun, die zugleich, wie oben gezeigt, nationalistisch und religiös geprägt ist? Wie ist dieser Widerspruch zwischen psychologischem Profil und Parteipräferenz zu erklären? Hierfür ist die Analyse des Wahlverhaltens mit Blick auf türkische Parteien hilfreich, wie sie sich sowohl bei den Stimmabgaben zum türkischen Parlament 2015 (Juni und November) als auch bei der Präsidentschaftswahl 2014 gezeigt hat – und sich beim bevorstehenden Referendum im April 2017 vermutlich erneut zeigen wird. Hier sehen wir eine hohe Präferenz für die gegenwärtig in der Türkei regierende AKP, die je nach Bundesland unter den in der Türkei Wahlberechtigten bei 50 bis 70 Prozent liegt, und somit etwas höher als bei den Wählerinnen und Wählern in der Türkei, was Deutschland zu einem begehrten Wahlkampfort für türkische Politiker macht.
Hält man nun die Präferenzen der Türkeistämmigen für die deutschen Parteien dagegen, ergibt sich also ein in doppelter Hinsicht vollkommen umgekehrtes Bild: spiegelverkehrt zur Präferenz einheimischer deutscher Wähler und spiegelverkehrt zur Präferenz der Parteien in der Türkei. Auch wenn ein Großteil der Türkeistämmigen eingebürgert und de jure im Besitz vollständiger Rechte ist, lässt sich die Dominanz der SPD und der Grünen stark auf die Parteiprogramme beziehungsweise auf die Haltung der Parteien zum Beispiel zu Integration, Minderheitenrechten oder doppelter Staatsbürgerschaft zurückführen. Insofern kann bei den türkeistämmigen Wählern in Deutschland durchaus von einer pragmatischen, das Eigeninteresse kalkulierenden Positionierung gesprochen werden.
Die parteipolitischen Präferenzen mit Blick auf die Türkei hingegen lassen sich in erster Linie mit den unterschiedlichen Migrationswellen erklären: In der ersten Phase der Migration, von 1961 bis 1973, rekrutierten sich die damaligen "Gastarbeiter", die danach schrittweise ihre Familien nachholten, eher aus der ländlichen Bevölkerung, die weitestgehend konservativ-islamisch geprägt war. In Deutschland organisierten sie sich über landsmannschaftliche Vereine (oft als "Kulturvereine") sowie über Moscheevereine, die gegenwärtig politisch eher zum Wählerreservoir der regierenden AKP zählen. Diese konservativ-religiösen Haltungen werden weitestgehend in den Familien an die nachfolgenden Generationen tradiert; generell ist die intergenerationale Wertetransmission bei Zuwanderern stark ausgeprägt.
In der zweiten größeren Migrationswelle, während und nach dem Militärputsch von 1980 sowie nach den lang andauernden Unruhen im Südosten der Türkei in den 1990er Jahren, kamen verstärkt Menschen mit einer eher politisch linken Gesinnung oder aus den überwiegend von Kurden bewohnten Gebieten und suchten in Deutschland Asyl. Gegenwärtig stellen neben (hier aufgewachsenen) linksliberalen Intellektuellen insbesondere kurdische und auch alevitische Gemeinden (aus ihrer historischen Spannung zum sunnitischen Islam) die größten Unterstützungspotenziale für die HDP und haben eine kritische Haltung zur AKP. Die türkische Sozialdemokratie – unter anderem mit der Betonung des Laizismus sowie der Atatürk’schen Reformen – bietet für die Türkeistämmigen in Deutschland kein scharfes Profil; ihre Themen (wie etwa der Laizismus) berühren die Lebenswelt der Türkeistämmigen weniger, ihr Adressatenkreis ist eher eine westlich, weltlich und städtisch orientierte Elite in der Türkei.
Am Beispiel dieses scheinbar widersprüchlichen Wahlverhaltens lässt sich die mehrfache Gespaltenheit der türkeistämmigen Zuwanderer nachvollziehen: Auf der einen Seite gibt es eine starke religiös-konservative Orientierung, die den Islamisierungstendenzen in der Türkei zumindest wohlwollend gegenübersteht, aber hier die stärksten Ausgrenzungserlebnisse macht und zu Recht mehr Teilhabe und Gleichberechtigung einfordert; auf der anderen Seite gibt es eine linksliberale Orientierung, die den politischen Entwicklungen in der Türkei höchst kritisch gegenübersteht, zugleich aber auch skeptisch ist, was ein stärkeres Empowerment von Muslimen in Deutschland betrifft, weil sie diese als "rückständig" und "vormodern" deutet. Eine Balance wäre hier eher mit einer Orientierung an Menschenrechten und allgemeinen Gleichheitsgrundsätzen herzustellen, jenseits von nationaler und religiöser Orientierung.
Emotionale Heimat?
Häufig wird die identifikative Integration, das "Sich-Deutsch-Fühlen" als Krönung einer gelungenen Integration betrachtet und insbesondere von den Nachfolgegenerationen – spätestens ab der dritten Generation – von der Mehrheitsgesellschaft auch erwartet. Die prominente Betonung herkunftskultureller Identitätsmerkmale wird im öffentlichen Diskurs hingegen als Zeichen gescheiterter Integration, manchmal gehässig auch als "Integrationsresistenz" oder "Integrationsverweigerung" gedeutet. In der Integrationsforschung hat sich jedoch seit Langem die Erkenntnis durchgesetzt, dass weder eine Identifikation mit der Aufnahmegesellschaft eine Rückweisung der Verbundenheit mit der Herkunftskultur bedeutet, noch die Identifikation mit der Herkunftskultur eine Ablehnung der Aufnahmegesellschaft markiert. Loyalitäten und Identifikationen sind kein Nullsummenspiel. Zuwanderer können in ihrem sozialen Alltag je nach Lebenssituation zwischen den verschiedenen kulturellen Bezugs- und Orientierungssystemen wechseln – etwa Mehrfachintegrationen und Mischidentitäten aufweisen –, ohne dass dies als ein Zeichen von Pathologie oder sozialer Exklusion beziehungsweise Selbstexklusion zu werten ist.
Um eine empirische Orientierung über die Stärke und Zusammenhänge der Identifikationen beziehungsweise Beheimatungen Türkeistämmiger zu bekommen, sollen im Folgenden einige repräsentative Daten vorgestellt werden, die das ZfTI 2015 in einer Mehrthemenbefragung in Nordrhein-Westfalen erhoben hat.